Spiegelfabriken
Die Spiegelherstellung und Verarbeitung war und ist noch heute ein sehr wichtiges Gewerbe in Fürth.
Geschichte
Die Spiegelherstellung im 19. Jahrhundert erfolgte meist nicht in Fabriken, sondern in Heimarbeit, die folgendermaßen organisiert war: Der "Spiegelfabrikant" war ein Unternehmer, der die rohen Gläser bei z.B. böhmischen Glashütten kaufte, sie von den Schleifmühlen in der Umgebung schleifen und polieren ließ und sie dann zu den Arbeitern nach Hause lieferte. Dort wurden die Gläser von der ganzen Familie mit dem Quecksilber und der Zinnfolie belegt.[1]
Die Blütezeit der Spiegelherstellung war im ausgehenden 19. Jahrhundert. Im Adressbuch von 1891 wurden ganze 78 Spiegel- oder Spiegelnebenprodukte herstellende Firmen gelistet. Fürth war "die Stadt der Spiegel".
In Volksmund werden die Fürther deshalb manchmal heute noch "Glasschleifer" genannt.
Auch das " Glasscherbenviertel ", in dem vor allem die Arbeiter der Hofspiegelfabrik N. Wiederer & Co. wohnten, erinnert noch an die Bedeutung der Spiegelherstellung in Fürth.
Seit 2007 steht ein neun Meter hohe Spiegel-Säule in der Konrad-Adenauer-Anlage in Erinnerung an die traditionreiche Fürther Spiegelindustrie.
Herstellung der Spiegel
- Ursprünglich wurden "Quecksilberspiegel" hergestellt: Dafür brachte man eine dünne Zinnfolie auf dem Glas aus, die sich - nach dem Übergießen mit Quecksilber - zu einer stabilen Quecksilberlegierung, dem Amalgam, verband. Allerdings ist Quecksilber hochgiftig und führte bei den Arbeitern und Arbeiterinnen zu häufigen Erkrankungen und einer hohen Sterblichkeit. So schrieb das Polytechnische Journal bereits 1860: "Wenn man die bejammernswürdigen Gestalten der zahlreichen Arbeiter und ihrer Familien in Fürth und der Umgegend von Nürnberg gesehen hat, die ihre Gesundheit durch das gewöhnliche Belegverfahren der Spiegelgläser mit Quecksilber eingebüßt haben und die einem frühen Tode oder hülflosen Alter entgegensiechen, so wird man von Mitleiden ergriffen."[2] Daher kam es 1886 zum Verbot von Quecksilberspiegeln.
- In der Zwischenzeit hatte der deutsche Chemiker Justus von Liebig eine neue Methode der Spiegelherstellung entdeckt: Er fand heraus, dass sich beim Vermischen von Aldehyd und Silbernitrat eine Silberschicht an der Glaswand abscheidet. So konnten in der Folgezeit "Silberspiegel" hergestellt werden.
Bekannte Fürther Spiegel- und Glas-Fabriken (Auswahl)
- Flabeg (hervorgegegangen aus der DETAG)
- Seligman Bendit & Söhne
- Spiegelfabrik Bechmann
- Uvex
- MEKRA-Lang
- Hofspiegelfabrik N. Wiederer & Co.
- Geo Eugen Schwarz & Co - Nachfolgefirma Wiederer 1932-1977
- Hemmersbach
- Deutsche Glas- und Spiegelfabriken Sidmund Morgenthau (Nürnberger Str. 38)
Literatur
- Kilian, Georg: Einiges über Glas und Tafelglas. In: Fürther Heimatblätter, 1961/4, S.167 - 176
- Müller, Bernhard: Aus der Geschichte der bayerischen Glasindustrie. In: Fürther Heimatblätter, 1961/4, S.177 - 182
- „Ordnung und Articul denen Glaßer Meistern in dem Marckh-Flecken u. Ambt Fürth ertheilt den 3. Februar Anno 1727“. In: Fürther Heimatblätter, 1961/4, S.183 - 187
- Spiegel. In: Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 342
- Gilbert Krapf: Spiegelglas für Fürth. In: Fürther Geschichtsblätter, 1/2006, S.2 - 25
- Michael Müller: Seligman Bendit & Söhne. Spiegelglas- und Fensterglas-Fabriken. In: Fürther Geschichtsblätter, 2/2006, S.51 - 75 und 3/2006, S.91 - 112
Lokalberichterstattung
- Ziob, Claudia: Wieder verliert Fürth eine Traditionsfirma. In: Fürther Nachrichten vom 11. Juli 2012 - online abrufbar
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Ueber die Silberspiegelfabrication. In: Polytechnisches Journal 1860, Band 157, Nr. L. (S. 205–212) - zum online-Digitalisat
- ↑ Ueber die Silberspiegelfabrication. In: Polytechnisches Journal 1860, Band 157, Nr. L. (S. 205–212) - zum online-Digitalisat
Weblinks
- o.N.: Ueber die Silberspiegelfabrication. In: Polytechnisches Journal 1860, Band 157, Nr. L. (S. 205–212) - zum online-Digitalisat