Die Blattmetallschlägerei war ein traditionelles Fürther Handwerk.

Dieser Artikel wurde im Rahmen des Fürther Jubiläums "200 Jahre eigenständig" im Jahr 2018 überarbeitet

Bereits Anfang des 18. Jahrhunderts fertigte man in Fürth Blattgold, Blattsilber und andere Blattmetalle. Mitte des 18. Jahrhunderts kam dann die Fabrikation von Bronzefarben (Metallpulver) dazu. Ende des 19. Jahrhunderts war Fürth das weltweite Zentrum der Bronzefarbenherstellung. Es gab große Fabriken und kleine, handwerkliche Zulieferer sowie weiterverarbeitende Betriebe.


Entwicklung der Blattmetallschlägerei

Grundvoraussetzung für die Herstellung von Blattmetall ist die große Dehnbarkeit des verwendeten Materials wie Gold, Silber, Aluminium, Zinn, Zink oder der Legierungen, besonders Bronze. Im Metallhammerwerk wird das Material zunächst bei 1200°C geschmolzen und anschließend in Barren (Zaine) von 30 cm Länge und je 1,5 cm Breite und Höhe gegossen. Durch mächtige Walzen werden daraus dann meterlange, dünne Bänder gestreckt. Um die Geschmeidigkeit der Bänder zu erhalten, muss man sie dann immer wieder ausglühen. Nach dem Zerschneiden der 20-25 m langen und 3 cm breiten Bänder in Blätter von 60 cm Länge, lässt man 100-200 solcher zwischen Zinkblechen zusammengebundener Blätter durch die Zainhämmer breitschlagen. Durch viele weitere Arbeitsvorgänge und unter Einsatz der unterschiedlichsten Hämmmer entstehen immer dünnere Metallstreifen (=Zainmetall).[1] Es folgen noch etliche weitere Arbeitsgänge wie Ausglühen, Einlegen in Pergamentformen und weiteres Ausschlagen unter schweren Quetschhämmern. In den Handschlägereien wird aus dem entstandenen Lothmetall durch mehrfaches Schlagen das Blattmetall erarbeitet.

Etliche Erfindungen führten im 19. Jahrhundert zum Fortschritt in der Metallschlägerei und nebenbei auch zur Bronzefarbenherstellung. Eine entscheidende Veränderung brachte insbesondere der Einsatz von Dampfkraft für die Walzwerke, die Zainhämmer, die Quetschhämmer und später auch die Maschinen- oder Federhämmer, die auch die Handschläger immer mehr ersetzten. Die besten Zeiten der Blattmetallhersteller waren vor allem in den sechziger und siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts, als das Blattmetall besonders in den USA für die Tapeten-, Bordüren-, Papier- und Goldleistenfabrikation benötigt wurde. Als allgemein vorherrschende Betriebsform galt lange der im Verlagssystem produzierende Klein- bzw. Mittelbetrieb, teils entstanden auch Manufakturen.[2]

Entwicklung der Bronzefarbenfabrikation

Bis Mitte des 18. Jahrhunderts wurden die Abfälle der Metallschlägerei (Schabin/Schawin/Schabig) nicht weiter verwendet, sondern weggeworfen. 1750 kam der Maurer Andreas Huber aus Fürth auf den Einfall, diese Abfälle kleingerieben als Metallpulver zu verkaufen. (Eine andere Quelle führt die Fürther domprobsteilichen Goldschlagerordnung, in der der Chavin-Verkauf geregelt wird, auf, um eine viel frühere Bronzefarbenfabrikation zu beweisen.[3]) 1781 stellten der Metallschläger Conrad Pickel und der Franzose Courrier in Fürth ein goldähnliches Bronzepulver her. Nachdem es den Bemühungen der Fürther und Nürnberger Fabrikanten gelungen war, die Bronzefarben in fast allen Farbtönen herzustellen, stieg die Nachfrage nach diesen Metallfarben enorm an. Bald reichten die "Abfälle" der Metallschlagerei nicht mehr aus und es musste extra zum Zwecke der Bronzefarbenfabrikation Blattmetall geschlagen werden. Lange Zeit war dies reine Handarbeit. Der erste Versuch einer Anwendung von Maschinenarbeit zum Metallschlagen stammte von Johann Christian Reich d. J. Das Drehen und Wenden blieb bei Reichs Maschine allerdings nach wie vor dem Arbeiter überlassen. Eine von dem Nürnberger J. G. Lauter im Jahr 1841 entwickelte Maschine war die erste, die das Schlagen und Wenden zugleich erledigte. Die für die Bronzefarbenfabrikation wichtigsten Erfindungen waren die durch Dampfkraft in Bewegung gesetzten Hämmer- und Reibmaschinen von J. Brandeis. Das Hammerwerk konnte das Blech so dünn ausschlagen, dass 1 Kilogramm Legierung 120 Quadratmeter Blattmetall ergab. Waren die Metallblätter dann gerieben, wurden sie unter Zusatz von Öl weiter behandelt und durch vorsichtiges Erhitzen gefärbt, d.h. mit Anlauffarben versehen.[4]

Chronik

  • Bereits im 16. Jahrhundert hat "auf dem Gelände der heutigen Wolfsgrubermühle" ein erstes Messingwerk (Messinghammer) gestanden, welches "laut Gottlieb Wunschels Häuserchronik über die Zerstörungen des 30jährigen Krieges hinaus bis Mitte des 17. Jahrhunderts existiert haben" soll.[5]
  • Ab 1705 haben sich Nürnberger, Nördlinger und Augsburger Metallschläger in Fürth niedergelassen.[6]
  • Der domprobstl. Amtmann führte 1725 für die Gold-, Silber- und Metallschläger eine Zunftordnung ein.[7]
  • Spätestens ab 1750 Herstellung von Bronzefarben. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde zudem das weiße Metallblatt beliebt, das aus einer Legierung von Zinn mit Zink bestand und echtem Blattgold sehr ähnlich war. In Nürnberg durfte nur edles Metall geschlagen werden. Da die Nachfrage damit nicht befriedigt werden konnte, gerieten die Nürnberger Goldschläger den Fürther gegenüber in Hintertreffen [8].
  • 1777 Auch der Ansbacher Markgraf erließ jetzt eine Ordnung für die Gold- und Silberschläger. Durch die Rivalität der bambergischen Handwerker, Meister und Gesellen mit den ansbachischen ergab sich in Fürth eine relative Gewerbefreiheit, die dazu führte, dass sich immer mehr Metallschläger auch aus Nürnberg in Fürth ansiedelten, weil sie hier weitgehend ohne einengende Handwerksfestlegungen produzieren konnten.
  • In der Zeit der napoleonischen Kriege zu Beginn des 19. Jahrhunderts litten die Goldschläger ganz besonders, weil sie viel nach Amerika exportierten und dieser Absatzmarkt lange Zeit durch Ausfuhrsperren blockiert war.
  • 1839 erhielt der Bildhauer und Vergolder G. Leber ein königliches Patent, "ein Gewerbsprivilegium auf eine von ihm erfundene kombinirte Metall-, Zinn-Blattschlag- und Reib-Maschine für die Bereitung von ächten und unächten Metallbüchern und Broncefarben für den Zeitraum von fünfzehn Jahren".[9]
  • Am 16. Oktober 1850 erhielt J. Brandeis für sein maschinelles Bronzefarben-Fabrikationsverfahren ein Privilegium für das Königreich Bayern auf 10 Jahre zuerkannt.[10]
  • 1853 produzierte die Fürther Blattmetallschlägerei bei 75 Meistern mit 330 Arbeitern und 330 Arbeiterinnen jährlich 3 Millionen Bücher Metall.[11]
  • Im Jahr 1866 werden Fabriken aufgezählt, die bereits mit Dampfmaschinen ausgestattet waren, darunter vier Bronzefabriken: Benda und Brandeis, Lepper sowie Eiermann & Tabor. Dies ist kein Zufall, da diese Branche aus der Metallschägerei hervorgegangen war. Die beschwerlichen Arbeitsgänge wie das Ausschlagen, die Arbeit der Stämpfer oder das Walzen wurden von den Maschinen übernommen[12]. Trotz der lauten Schlagmaschinen und die Ruß- und Rauchbelästigungen durch die Kraftübertragung, gegen die die Nachbarn der Betriebe vorgingen, wuchs die Anzahl der Metallschläger weiter.
  • Um die schweren Arbeitsbedingungen zu erleichtern, einen Zehn-Stunden-Tag und höhere Löhne zu erreichen gründeten die Metallschläger im Zeitraum von 1872 bis 1875 die Internationale Gewerkschaftsunion. Die herausragenden Persönlichkeiten der Gewerkschaftsbewegung in Fürth waren dabei Hans Böckler und Martin Segitz, die selbst Metallarbeiter waren.
  • Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts hin hat dann ein "Wandel vom Handwerk zum Handel" stattgefunden. "Die Unternehmer bezeichneten sich jetzt als „Blattgoldfabrikanten“, schlugen meist nicht mehr selbst sondern betätigten sich nur noch als Kaufleute und ließen andernorts produzieren."[13]
  • Im 19. Jahrhundert betrieben die Fürther Fabrikanten "gut 100 mit Wasserkraft betriebene Hammer- und Stampfwerke an den Bächen und Flüssen im Umland".[14]
  • 1890 lassen sich, einschließlich einer Handlung, 30 Bronzefarbenfabriken nachweisen.[15]
  • Das Adressbuch von 1891 nennt 180 Betriebe der Feingold- und Metallschlägerei, vorwiegend kleine Betriebe, in denen handwerklich wie im 18. Jahrhundert gearbeitet wurde. Zwar wurden in der Metallschlägerei mittlerweile maschinelle Hämmer eingesetzt, um das langwierige und kräftezehrende Ausschlagen des Metalls zu beschleunigen und zu vereinfachen, doch mussten die letzten Arbeitsgänge nach wie vor mit der Hand ausgeführt werden, um das hauchdünne Blattmetall von 0,0001 Millimeter Dicke zu erreichen[16]. Etliche Firmen, wie z.B. Eiermann & Tabor hatten ihre Produktion mit den Stämpfern auch ins Umland verlegt.
  • 1891 trat Martin Segitz als Fürther Vertrauensmann in Frankfurt beim Gründungskongress des Deutschen Metallarbeiterverbandes für einen Zusammenschluss auf nationaler Ebene ein.
  • Anlässlich eines Streiks der Metallschläger trat Hans Böckler 1894 in den Metallarbeiterverband ein. Auch er hatte Metallschläger gelernt und noch 13 Stunden am Tag hart gearbeitet. Auch aufgrund seiner erfolgreichen Bemühungen um die Verbesserung er Arbeitsbedingungen wurde er 1901 Vorsitzender des Fürther Gewerkschaftskartells[17].
  • Nach der Jahrhundertwende kam es durch die vermehrte Umstellung von Blattmetall zu Bronzefarben, durch die günstige industrielle Produktionsweise und auch die Verwendung der billigen Papierformen bei der Maschinenschlägerei anstatt der bei den Handschlägern üblichen Formen aus Rinderdarm zum Aussterben der Handmetallschlägerei.[18]
  • Der letzte Goldschlägerbetrieb von Schienerer wurde 1941 geschlossen. Heute finden wir "nur noch zwei Betriebe, die uns an die lange Goldschlägertradition der Stadt erinnern. Das Handelsunternehmen Klein & Jacob" sowie die Firma Leonhard Kurz.[19]


Siehe auch

Literatur

  • Gilbert Krapf: "Schmelzen, Schlagen, Stampfen: Blattgold, Blattmetalle und Bronzefarben aus Fürth" in: Fürther Geschichtsblätter, FGB 1/2008 online
  • Friedrich Morgenstern: "Die Fürther Metallschlägerei. Eine mittelfränkische Hausindustrie und ihre Arbeiter", Tübingen, 1890 online

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Erhard Schraudolph: Vom Handwerkerort zur Industriemetropole. Selbstverlag, Historischer Verein für Mittelfranken, Ansbach (Mittelfränkische Studien, Band 9), 1993, S. 92.
  2. Erhard Schraudolph: Vom Handwerkerort zur Industriemetropole. Selbstverlag, Historischer Verein für Mittelfranken, Ansbach (Mittelfränkische Studien, Band 9), 1993, S. 94.
  3. Friedrich Morgenstern: "Die Fürther Metallschlägerei. Eine mittelfränkische Hausindustrie und ihre Arbeiter", Tübingen, 1890, S. 47 online
  4. Johannes Rudolph Wagner: "Die Darstellung der Bronzefarben" in: Polytechnisches Journal, 1867, Band 186, Nr. CVII. (S. 463–473) online-Digitalisat
  5. Gilbert Krapf: "Schmelzen, Schlagen, Stampfen: Blattgold, Blattmetalle und Bronzefarben aus Fürth" in: Fürther Geschichtsblätter, FGB 1/2008, S. 11f online
  6. Blattmetallschläger. In: Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 62.
  7. Friedrich Morgenstern: "Die Fürther Metallschlägerei. Eine mittelfränkische Hausindustrie und ihre Arbeiter", Tübingen, 1890, S.7 online
  8. Barbara Ohm: Der wirtschaftliche Aufschwung im 18. Jahrhundert. In: Fürth - Geschichte der Stadt, Fürth, 2007. S.99 - 105
  9. "Fürther Tagblatt" vom 1. Februar 1839, S. 112
  10. Friedrich Morgenstern: "Die Fürther Metallschlägerei. Eine mittelfränkische Hausindustrie und ihre Arbeiter", Tübingen, 1890, S. 127 online
  11. Kunst- und Gewerbeblatt 1853, München 1853, S. 742
  12. Barbara Ohm: Die ersten Fürther Fabriken mit Dampfmaschinen. In: Fürth - Geschichte der Stadt, Fürth, 2007. S.198 - 201
  13. Gilbert Krapf: "Schmelzen, Schlagen, Stampfen: Blattgold, Blattmetalle und Bronzefarben aus Fürth" in: Fürther Geschichtsblätter, FGB 1/2008, S. 23 online
  14. Gilbert Krapf: "Schmelzen, Schlagen, Stampfen: Blattgold, Blattmetalle und Bronzefarben aus Fürth" in: Fürther Geschichtsblätter, FGB 1/2008, S. 3 online
  15. Johann Heinrich Brettinger - Handels- und Gewerbeadreßbruch Nürnberg-Fürth einschließlich der umliegenden Orte, Nürnberg 1890/91, S. 142/143
  16. Barbara Ohm: Eine wichtige Zeit - Die Hochindustrialisierung. In: Fürth - Geschichte der Stadt, Fürth, 2007. S.198 - 201
  17. Barbara Ohm: Kehrseite der Industrialisierung - Die sozialen Probleme. In: Fürth - Geschichte der Stadt, Fürth, 2007. S.230 - 231
  18. Friedrich Marx, Fürth in Vergangenheit und Gegenwart, Fürth 1887, S. 218 - 223; Karl Lohmüller, Die Entwicklung des Metallschlägergewerbes unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in der Feingoldschlägerei in Mittelfranken, Diss. Erlangen 1936, S. 26 - 29
  19. Gilbert Krapf: "Schmelzen, Schlagen, Stampfen: Blattgold, Blattmetalle und Bronzefarben aus Fürth" in: Fürther Geschichtsblätter, FGB 1/2008, S. 30 online