Die Fa. Hammerer & Kühlwein war ein Fürther Spielwarenhersteller. Die Produktionsstätten befanden sich u. A. in der Schwabacher Straße 164, Holzstraße 44, Marienstraße 7, Lobitzstraße 7, Jahnstr. 34 - 36 sowie in der Lange Straße 53. Die Firma bestand unter mehreren Namen und Eigentümern insg. von 1909 bis 1962. Die Markung der Spielzeuge enthalten fast alle das Kürzel "HK" für Hammerer und Kühlwein. Nur wenige Produkte wurden mit dem Kürzel "MZ" gemarkt, MZ für Mödel und Zeilein.

Jubiläumsprospekt 50 Jahre H & K, 1961

Gründerjahre

Die Gründung des Unternehmens fand ca. 1909 durch den Vergoldergehilfe Johann Hammerer und dessen Ehefrau Margareta im Hinterhaus der Schwabacher Straße 164 statt. Beide stellten vermutlich in der eigenen Wohnung zunächst in kleiner Stückzahl Blechspielzeuge her. Das Fürther Adressbuch von 1911 listet die Firma "Johann und Margareta Hammerer, Blechspielwarenfabrikation" ab diesem Zeitpunkt in der Holzstraße 44 aus, die Fabrikation fand offensichtlich nun im 1. Obergeschoss des Gebäudes statt. Zur gleichen Zeit existierte die Kartonagenfabrik Johann Kühlwein in der Marienstraße 7. Die Firma war ebenfalls um die Jahrhundertwende gegründet worden. Beide Firmen gerieten durch die Folge des 1. Weltkrieges und der daraus resultierenden Inflation 1914 - 1923 in eine finanzielle Schieflage, so dass die beiden Firmengründer jeweils ihr Geschäft verkaufen mussten. Die Metallspielwarenfabrik Johann Hammerer wurde an den jüdischen Kaufmann Moritz Saalheimer verkauft, während die Kartonagenfabrik Kühlwein an Herrmann Gutmann verkauft wurde. Mitte der 1920er Jahre übernahm Saalheimer ebenfalls von Gutmann die Firma Kühlwein - ob es bereits im Vorfeld eine Zusammenarbeit beider Firmen gab - ist aktuell nicht belegt. Jedoch erscheint ab 1926 erstmalig der Firmenname Hammerer und Kühlwein - Inhaber Moritz Saalheimer - als Produktionsstätte für Blechspielzeug in den einschlägigen Unterlagen auf. Das Handelsregister von 1928 weist das Unternehmen im Erdgeschoss der Lobitzstraße 7 aus. Über Art und Umfang dieser Produktionszeit ist wenig bekannt. Bekannt ist lediglich, dass der Schwerpunkt der Produktion anfänglich bei dem sog. "Groschenspielzeug" lag, oder auch "Pennytoys" genannt. Diese einfachen Spielzeuge wurden in der Regel nicht gemarkt und waren meist nur für den Export ausgelegt. Zu den ersten bekannten Spielzeugen zählen kleinere Fahrzeuge mit und ohne Uhrwerk in verschiedenen Ausführung, so z.B. eine Limousine mit Chauffeur, ein Krankenwagen und ein Express-Lieferwagen. Erstmals erscheint die Markenbezeichnung "JoHaKü" auf dem Kühlergrill der Fahrzeuge bzw. im Nummernschild des Fahrzeuges. Überliefert ist auch, dass bereits in der ersten Zeit auch Schiffe und Flugzeuge produziert wurden.

Bedingt durch die Expansion erfolgt Ende der 1920er Jahre die Verlagerung der Firma nach Nürnberg in die Gibitzenhoferstraße, bzw. nur kurze Zeit später in die noch größeren Räumlichkeiten in der Geisseestraße. Firmenleiter war weiterhin Moritz Saalheimer, der in dieser Zeit bereits 30 bis 50 Mitarbeiter beschäftigte. Über seinen in London lebenden Bruder Adolf Saalheimer baute Moritz Saalheimer das Im- und Exportgeschäft der Firma auf, so dass das Blechspielzeug aus (jetzt) Nürnberg, in alle Welt verkauft werden konnte. Trotz des Exportgeschäfts blieb die Firma aber, gemessen an den lokalen Konkurrenten GAMA oder Göso, stets ein eher mittelständiges Unternehmen. Genaue Absatz- und Produktionszahlen sind allerdings nicht bekannt, da keine Firmenunterlagen mehr vorhanden sind.

 
Verkaufsschlager Saltoflieger Artist, ca. 1935

Die 1930er Jahre markieren die besten Geschäftsjahre der Metall- und Blechspielwarenfabrik Hammerer und Kühlwein. Insbesondere ein zweirädriges Flugzeug mit Uhrwerk wird zum Verkaufsschlager. Das Besondere an dem Spielzeug war, dass es nach dem Aufziehen vorwärts vorfuhr um dann anschließend einen Salto rückwärts zu machen. Der "Saltoflieger Artist" (HK 546) wurde zum Verkaufsschlager der Firma, neben anderen zwei- und viermotorigen Propellerflugzeugen (HK 541 bzw. HK 542). Ebenfalls im Sortiment eine uhrwerkbetriebenen Maus (HK 537) und ein Gepäckwagen mit Fahrer (HK 547).

Arisierung 1938

Mit der Machtergreifung 1933 durch die Nationalsozialisten fangen die Probleme der Firma Hammerer & Kühlwein an. Moritz Saalheimer, Kaufmann mit jüdischer Abstammung, scheint das Problem zu erahnen und versucht bereits frühzeitig einer Arisierung zuvor zukommen. Er überredet einen langjährigen Mitarbeiter die Firma zu übernehmen. Eduard Mödel, der ursprünglich als Werkzeugmacher bei der Firma angefangen hatte und inzwischen Werkmeister war, übernimmt die Firma gemeinsam mit dem Werkzeugmacher Max Zeilein zu dem von der Arisierungskommission festgesetzten Summe von 40.000 Reichsmark, was in der Regel lediglich 1/10 des tatsächlichen Kaufpreises entsprach. Das Geld musste Mödel sich aus dem Verwandtenkreis zusammenleihen und auf ein Sperrkonto der NSDAP einzahlen, von dem Saalheimer nie auch nur einen Pfennig erhalten hat. Saalheimer gelang 1938 noch die Flucht nach England zu seinem Bruder, so dass er einer Deportation entgehen konnte.

Mödel und Zeilein führen die Geschäfte während des 2. Weltkrieges fort. Der Firmenstandort wurde erneut gewechselt, dieses Mal an den Rand der westlichen Altstadt Nürnbergs, in die Solgenerstraße. Wie alle anderen Mitbewerber ändert sich auch bei Hammerer und Kühlwein das Sortiment. Die Firma stellt nun ebenfalls Kriegsspielzeug her, darunter ein Panzerwagen (HK 544), der mit einer Kanone Erbsen abfeuern kann.

Kurz vor Kriegsende wird am 17. März 1945 der Betrieb während eines nächtlichen Bombenangriffs der Alliierten nahezu vollständig zerstört.

Nachkriegszeit und Niedergang

Während Eduard Mödel aufgrund seines hohen Alters nicht kriegstüchtig war, wurde Zeilein offensichtlich noch zum Wehrdienst eingezogen und kam in Kriegsgefangenschaft. Mödel begann unmittelbar nach Kriegsende mit dem Wiederaufbau der Firma. Dieser gestaltete sich aber als sehr schwierig, da weder die Betriebsstätte noch die Produktionsanlagen sowie die Rohstoffe mehr vorhanden waren. Mit den noch wenig geborgenen bzw. instandgesetzten Werkzeugen startete das Unternehmen ca. 1948 wieder mit der Produktion. Neue Produktionsstätte ist wieder die alte Wirkungsstätte in Fürth, dieses Mal in der Jahnstraße 34 - 36 im zweiten Obergeschoss. Eisenblech war nach dem Krieg stark reglementiert und konnte nur mittels Materialzuteilung bezogen werden. Zu den ersten Nachkriegsprodukten gehörte der Vorkriegs-Verkaufsschlager "Saltoflieger", der nun mit dem Zusatz "Made in U.S. Zone Germany" gemarkt wurde. Bereits ein Jahr zuvor hatte sich Moritz Saalheimer aus dem Exil wieder bei Mödel gemeldet, und im Rahmen des Rückerstattungsgesetztes einigte man sich offensichtlich auf eine Entschädigungszahlung in Höhe von 40.0000 DM. Der Kontakt schien auch nach der "Restitution" gut gewesen zu sein, da Saalheimer als Exporteur der Spielwaren von Hammerer und Kühlwein in England agiert.

In den 1950er Jahren wird der Schwerpunkt der Spielwarenproduktion eher auf figürliches Spielzeug gelegt. So entstehen u.a. Spielzeuge als Tanzbär, Schlittenfahrer, Eisverkäufer mit Fahrrad oder einem Schlittenfahrer. Auch die Flugzeugserien der Vorkriegszeit werden weiter ausgebaut und erfreuen sich großer Beliebtheit. 1951 folgt der letzte Umzug der Firma, dieses Mal in die ehem. Spiegelfabrik in der Lange Straße 53, neben den großen Spielwarenhersteller aus Fürth GAMA und Göso. Der Umzug und die Nachkriegszeit bescheren der Firma ein letztes Mal eine Blütezeit, in der ca. 80 bis 100 Mitarbeiter in Lohn und Brot stehen. Das Sortiment ist vielfältig, meist Flugzeuge und Hubschrauber. Auch der zweite Verkaufsschlager entstand in dieser Zeit, nach dem vom Eduard Mödel geschaffenen Saltoflieger kam der Motorradclown, der sich während der Fahrt ebenfalls mehrfach überschlagen kann. Trotz der Blüte kann die Firma aber nicht mehr an den Umsätzen der Vorkriegszeit anknüpften und bleibt somit stets hinter den Mitbewerbern als mittelständiges Unternehmen. Eine besondere Bedeutung in dieser Zeit kommt der Verpackung zu. Eduard Mödel erkannte frühzeitig, dass die Verpackung eines Spielzeuges auf dem neuen Markt eine wesentliche Bedeutung zuteilwird, da diese die Käufer positiv zum Kauf ermuntern kann. Während vor dem Krieg die Verpackungen meist schmucklos waren und lediglich aus grauer oder brauner Pappe mit einer aufgedruckten Artikelnummer ausgeliefert wurden, änderte sich dies nach dem 2. Weltkrieg rasant. Die Herstellung und Zeichnung der nun meist bunten und bedruckten Kartons mit den zu verkaufenden Spielzeugen wurden zur Familienangelegenheit erklärt und stets mitgestaltet. Die ersten Motive waren noch nach Vorlagen des Bruder Theodor Mödel angefertigt, die kolorierte Bleistiftzeichnungen abbildeten. Später wurden die Ausführungen deutlich bunter und glichen eher Aquarellzeichnungen.

Gegen Ende der 1950er Jahre tut sich die Firma zunehmend schwerer sich auf dem Markt zu behaupten. Dies hatte verschiedene Gründe. Primär hat sich die Firma durch die fast vollständige Zerstörung der Betriebsstätte 1945 nie wieder richtig erholt. Des Weiteren hatte die Firma die Umstellung von Metall auf Plastik verschlafen. Fast alle Mitbewerber wechselten die Produktion auf vom Werkstoff Blech auf das günstigere und vielseitiger einsetzbare Plastik in dieser Zeit, nicht jedoch Hammerer und Kühlwein. Lediglich wenige Plastikteile fanden den Weg in die Produktion, so z.B. bei dem Ende der 1950er Jahre entstandenen rechnenden Hund "Fips". Jedoch nicht nur die Mitbewerber aus Fürth bzw. aus dem deutschen Mark bereiteten der Firma zunehmend Absatzschwierigkeiten - vor allem die "billig Konkurrenz" aus Japan verschärfte die Situation zusehend, so dass die Auftragsbücher einen immer stärkeren Rückgang der Absätze verzeichneten. Neben der Billigimporte gab es noch zwei weitere Probleme. Erstens, die japanischen Hersteller bauten zum Teil die gleichen Produkte der Firma Hammerer und Kühlwein 1:1 in Plastik zu deutlich günstigeren Verkaufspreisen nach. So finden man z.B. in dieser Zeit die identischen Nachbauten der Schlittenfahrer und des Eisverkäufers der Firma Hammerer und Kühlwein als japanische Plastik-Nachbauten, so dass die Firma auf ihren eigenen Originalprodukten sitzen blieb. Das zweite Problem betraf die wachsenden Differenzen in der Firmenleitung zwischen Eduard Mödel und Max Zeilein. Mödel warf Zeilen mangelndes Interesse an der Geschäftsführung vor bzw. zu großes Interesse an seinem Posten als Vorstand der Spielvereinigung Fürth, die auf "Kosten" der eigenen Geschäftsführung stattfand.

All die oben genannten Probleme und der steigende Lohndruck bei sinkenden Umsatzzahlen führten schließlich 1962 zu dem Aus der Firma. Alle Rettungsversuche, z.B. durch die massenhafte Herstellung von Knackfröschen (sog. Krikri´s) für den amerikanischen Markt, führten zu keinem Erfolg. Die noch vorhandenen Werkzeuge wurden teils verschrottet, teils an Mitbewerber verkauft, so dass heute aus der ehem. Firma nichts mehr erhalten geblieben ist. 1959 feierte die Firma noch ihr 50jähriges Bestehen - drei Jahre später war der Fürther Spielwarenhersteller nur noch Geschichte. Die letzte Produktionsstätte in der Langen Straße 53 wurde im September 2018 für den Bau eines Wohngebäudes abgerissen, so dass auch hier nichts mehr an den ehemaligen Spielzeughersteller mehr erinnert.

Literatur

Siehe auch