Toruń
Toruń/Polen (ehem. Thorn) ist eine polnische Großstadt südlich von Danzig. Die Stadt gehörte während der Besetzung Polens durch den Nationalsozialismus zum sog. Raum der Freien Stadt Danzig (Westpreußen), der durch den Versailler Vertrag definiert wurde. Dieser Bereich unterlag nicht der militärischen Verwaltung des Generalgouvernement, sondern wurde durch eine Zivilverwaltung gem. der Regelung des Deutschen Reiches verwaltet. Der Gau Danzig wurde durch den in Fürth geborenen Albert Forster als Gauleiter verwaltet, die Stadt Thorn durch den damaligen NS-Oberbürgermeister Franz Jakob. Neben dem damaligen Oberbürgermeister Jakob verlegten zwischen 1939 und 1944 eine Vielzahl von Beamten, Beschäftigten, Künstler, Handwerker und weitere Berufsgruppen ihr berufliches Wirken von Fürth nach Thorn und leiteten zum Teil maßgeblich die Stadtverwaltung während der Besetzung Polens.
Durch aktuelle Forschungen zum Wirken Dr. Adolf Schwammbergers, aber auch des NS-Oberbürgermeisters Jakob, während der Zeit des Nationalsozialismus wurden erstmals die Beziehungen beider Städte erforscht und vertieft. 2018 wurde erstmals eine offizielle Delegation der Stadt Fürth zu einer Gedenkveranstaltung der Stadt Toruń entsandt, gefolgt von einer weiteren größeren Delegation im Jahr 2019, in der sich u.a. Vertreter aus allen Fraktionen und dem Oberbürgermeister Dr. Thomas Jung befanden. Die Gedenkveranstaltung findet jährlich Ende Oktober im angrenzenden Erholungsgebiet Barbarka vor den Toren der Stadt Toruń statt, in der an die ermordeten polnischen und jüdischen Bewohner Toruńs gedacht wird, die bei Massenhinrichtungen in der Zeit von 1939 bis 1940 in Barbarka ermordet wurden. Für 2020 war ein Gegenbesuch der Stadt Toruń in Fürth geplant, der jedoch auf Grund der Corona-Pandemie abgesagt werden musste.
2021 fand eine Sonderausstellung im Stadtmuseum Fürth statt, in der die Zeit der Besetzung Toruńs während des Nationalsozialismus unter Beteiligung der Fürther Führungsmannschaft beleuchtet wurde. Grundlage der Ausstellung war eine zuvor in Polen gezeigte Ausstellung, welche die Zeit der NS-Besetzung im historischen Rathaus im Toruńer Rathaus darstellte.
Literatur
- Kamran Salimi, Martin Schramm: Dr. Adolf Schwammberger in Thorn (1939-1944). In: Fürther Geschichtsblätter, 1/2018, S. 3-29 - online abrufbar (PDF)
Siehe auch
Lokalberichterstattung
- Johannes Alles: Nazi-Verbrechen: Fürther Delegation besucht Toruń. In: Fürther Nachrichten vom 30.Oktober 2019 (Druckausgabe) - online abrufbar
- Martin Schramm: Als Fürther Nazis Thorn regierten. In: Fürther Nachrichten vom 14. April 2021 - online abrufbar
Weblinks
- Bezirks-Museum in Toruń/Muzeum Okręgowe w Toruniu - Website (polnisch/deutsch)
- Staatliches Archiv Toruń/Archiwum Państwowe w Toruniu - Website (polnisch)
- General Elżbieta Zawacka Foundation/Fundacja Generał Elżbiety Zawackiej - Website (polnisch)
- TORUŃ / Pamięci ofiar zbrodni na Barbarce (Zum Gedenken an die Opfer des Verbrechens in Barbarka) - Website (polnisch)
Bilder
Delegierte der Stadt Fürth, gemeinsam mit Vertretern des Bündnis gegen Rechts, bei der Gedenkveranstaltung für die getöteten Polen und Juden während des Nationalsozialismus in Toruń/ Polen, Okt. 2019
Gauleiter Albert Forster bei einer Kundgebung zur Aushändigung der Ausweise in die sog. "Deutsche Volksliste" im Artushof im ehem. Thorn (Toruń), 1942 / Fotomontage mit Zustand 2018
Sitzung der "Deutschen Volkslisten" in Thorn am 22. Oktober 1942; Sitzungsleiter OB Franz Jakob, rechts Gauleiter Forster und Joseph Goebbels
Gauleiter Albert Forster bei einer Kundgebung zur Aushändigung der Ausweise in die sog. "Deutsche Volksliste" im Artushof im ehem. Thorn (Toruń), 1942
Dr. Adolf Schwammberger, ca. 1942
Besuch des Gauleiters Albert Forster in Thorn, rechts im Bild Dr. Adolf Schwammberger, ca. 1942.
Dr. Adolf Schwammberger bei einem Vortrag in Thorn, ca. 1942.
Gauleiter Albert Forster bei einem Besuch in Thorn, im Hintergrund rechts Dr. Adolf Schwammberger, ca. 1942.
Oberbürgermeister Franz Jakob in Thorn, mit Gauleiter Albert Forster (2. von rechts), Dr. Adolf Schwammberger (2. von links) und Oberdonau und Landeshauptmann von Oberösterreich August Eigruber (rechts außen), ca. 1942