Sahlmannvilla
- Objekt
- Geschäftshaus
- Baujahr
- 1867
- Baustil
- Spätklassizistisch
- Bauherr
- Familie Sahlmann
- Geokoordinate
- 49° 28' 15.17" N, 10° 59' 27.82" E
- Abbruchjahr
- 1983
Die 1867 errichtete Sahlmannvilla war ein ortsbildprägender Villenbau der gleichnamigen, großbürgerlichen Familie Sahlmann am Bahnhofplatz 4. Im Kartenausschnitt in der Faktenbox auf der rechten Seite wird der ehemalige Standort des Gebäudes im aktuellen Stadtplan angezeigt.
Geschichte
Die Sahlmanns waren eine über Nürnberg und Fürth verteilt lebende Bürgerfamilie, die vor allem als Hopfenhändler zu Wohlstand gekommen war. Aus der Familie gingen mehrere Persönlichkeiten wie Anton, Bernhard und Karl hervor, die als Mitglieder des Magistrats, Stifter und Aufsichtsräte großer Fürther Unternehmen bedeutende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens waren. Die besondere Bedeutung der Familie und ihres Stammsitzes zeigt sich in der Tatsache, dass Anton Sahlmann hier am 25./26. Mai 1906 sogar Gastgeber Prinz Ludwigs bei dessen Besuch in Fürth war.
Während des Nationalsozialismus wurde das Gebäude zur Reichspogromnacht konfisziert. Die NSDAP nutzte den Bau, um jüdische Mitbürger festzusetzen und anschließend über den benachbarten Bahnhof per zu deportieren, u.a. in das Konzentrationslager Izbica in Polen. Gegen Ende des 2. Weltkrieges diente die Villa als Gefechtsstand der Deutschen Wehrmacht.
In den 1950er Jahren befand sich in dem Gebäude die Schulzahnklinik und Säuglingsfürsorgestelle der Stadt Fürth.[1]
Abriss 1983
Das Gebäude wurde vermutlich in den 1970er Jahren von der Dresdner Bank (heute: Commerzbank) gekauft und als solches genutzt. Allerdings wurden im Rahmen der Umgestaltung des Bahnhofplatzes zum Platz der Zukunft (Bebauungsplan 302) auch der Abriss der Sahlmannvilla erwogen. Neben dem Abriss der Villa sah der Bebauungsplan 302 auch den Abriss weiterer Gebäude an der Nordseite des Bahnhofplatzes vor, sowie den Abbruch der ehem. Hauptpost. Nur aus wenigen Bereichen der Stadtgesellschaft kamen Bedenken über diesen Bebauungsplan. So wendete sich u.a. der damals noch relativ junge Altstadtverein St. Michael gegen die Abrisspläne, allerdings vergeblich. Auch nach eigenem Bekunden hat der damalige Stadtbaurat Wolfgang Schneider dem Eigentümer einen Bauwettbewerb unter Erhalt der Sahlmannvilla vorgeschlage. Allerdings hatte die Zentrale der Dresdner Bank ohne Rücksprache mit der Bauverwaltung in Fürth bereits dem Bay. Landesamt im München eine Abrissgenehmigung abgerungen.[2] Die Sahlmannvilla wurde 1983 unter Protest zu Gunsten eines historisierenden Neubaus, abgerissen. Lediglich ein Balkon wurde erhalten und an der südlichen Gebäudeecke über den Eingang angebracht - als Erinnerung an den Vorgängerbau.
Sonstiges
Der Abriss der Sahlmannvilla sorgte innerhalb des Altstadtvereins zu massiven Zerwürfnissen. Insbesondere das Gründungsmitglied des Altstadtvereins, Ernst-Ludwig Vogel, sprach sich vehement für den Erhalt der Villa bzw. gegen die Entscheidung der Stadt Fürth zum Abriss aus. Hierzu gab er, als zweiter Vorsitzender und Pressesprecher des Altstadtvereins, am 28. Februar 1983 eine mehrseitige Stellungnahme heraus, in der er die Stadt Fürth dafür massiv rügte und den Stadträten und dem Oberbürgermeister Scherzer jegliche Qulifikation absprach.[3] Allerdings, so der spätere Vorwurf des Altstadtvereins, hatte Vogel diese Stellungnahme nicht mit dem Vorstand - insbesondere dem ersten Vorsitzenden - abgesprochen. So kam es im Frühjahr 1983 zu einer Aussprache im Rahmen der Jahreshauptversammlung des Altstadtvereins, in deren Folge Vogel von seinen Ämtern zurücktrat und auch nicht mehr für den Vorstand kandidierte. Der Vorstand stellte sich zwar inhaltlich weitestgehend hinter den Forderungen Vogels hinsichtlich des Erhalts der Villa, allerdings gingen ihnen einige Formulierungen deutlich zu weit. Mit Vogels Rücktritt schied 1983, nach nur knapp zehn Jahren des Vereinsbestehens, das letzte Gründungsmitglied aus dem Vorstand aus.
Alte Adressen
- Lerchenstraße 6 (bis 1875)
- Gebhardtstraße 6 (1875 - 1890)
Literatur
- Fürther Freiheit April 1983: Quo vadis Altstadtverein? Die "Aera Vogel" ist zu Ende, Fürth Eigenverlag, S. 18 ff.
Lokalberichterstattung
- Bernd Noack: "Der Abbruch der Villa tut mir sehr leid". In: Fürther Nachrichten vom 19. Mai 1983
Siehe auch
Einzelnachweise
Bilder
Die Filiale der Dresdner Bank, Gustav-Schickedanz-Straße 17, Ecke Bahnhofplatz;
vorher stand hier die Sahlmannvilla, an die nur noch ein historisches Balkon-Element erinnertPflasterabeiten am Bahnhofplatz - Foto oben die Filiale der Dresdner Bank heute Commerzbank früher stand hier die Sahlmannvilla, links das ehem. Kaufhaus Quelle, September 1985
Die Sahlmannvilla am Bahnhofplatz um 1900; im Vordergrund der Centaurenbrunnen im historischen Park, im Hintergrund Häuser an der Bahnhofstraße