Reichspogromnacht in Fürth
Thema noch in Bearbeitung
Zerstörung in der Reichspogromnacht
Wie überall im Deutschen Reich fand am 9. November 1938 die alljährliche Gedenk- und Totenfeier der NSDAP für die getöteten Anhänger beim Hitlerputsch am 8. und 9. November 1923 in München statt. Die Fürther Parteiführer versammelten sich im Stadttheater, das sie eine Stunde später verließen, um in ihrem Stammlokal, im Café Fink, weiterzufeiern. Erst um Mitternacht soll Oberbürgermeister Franz Jakob von bevorstehenden Aktionen gegen die Juden erfahren haben. Dieses Gerücht beinhaltete auch das "Inbrandstecken jüdischer Gebäude". Da für die Altstadt akute Brandgefahr bestand, befahl Jakob dem technischen Leiter der Feuerwehr, Johannes Rachfahl, alle Gebäude rund um die große und kleine Synagoge, Waisenhaus, Realschule, jüdisches Krankenhaus, unter allen Umständen zu schützen. SA-Obersturmführer von Obernitz mobilisierte seine Truppe; zum größten Teil handelte es sich um Mitglieder der SA-Schule im Fürther Stadtwald. Gegen 1:00 Uhr sprengten sie mit Rammwerkzeugen die schweren Eisentore auf, die den jüdischen Besitz zwischen König- und Mohrenstraße abgrenzten. In der Synagoge zerschlugen sie den Thoraschrein, holten die Gebetsrollen heraus, warfen alles, was sie von den Wänden rissen, auf einen Haufen und zündeten es an. Das Feuer breitete sich schnell auf die ganze Synagoge aus. Weisungsgemäß schützte die Feuerwehr die angrenzenden Häuser, wollte jedoch auch im Gotteshaus selbst löschen, was aber durch SA-Männer verhindert wurde. Bis zum Morgen brannte die Synagoge vollständig aus. In dieser Nacht kam es zu weiteren Ausschreitungen: Die Schaufenster jüdischer Geschäfte zerbarsten, das Inventar wurde zertrümmert, die Warenbestände teilweise geplündert. Fast alle Juden wurden aus ihren Häusern geholt und auf dem Schlageterplatz zusammengetrieben. Auch die 42 Kinder aus dem Waisenhaus in der Julienstraße mussten, teilweise nur mit ihren Nachthemden bekleidet, in der kalten Novembernacht bis zum Morgen ausharren. Frauen und Kinder entließ man nach Hause. Der Chronist berichtet, dass 132 Männer in Autobussen nach Dachau abtransportiert wurden.[1]
Mit der zynischen Umschreibung Reichskristallnacht verharmlosten die Nationalsozialisten ihr zerstörerisches Werk und die Untaten jener Nacht im November 1938. In ihrer Propagandamaschinerie machten sie den lange aufgestauten Volkszorn verantwortlich, es handelte sich aber um einen gezielt geplanten Schlag. In dieser Nacht wurde die Hauptsynagoge komplett zerstört. Die ausgebrannte Ruine wurde danach abgerissen. Durch Vernichtung und Neubebauung erinnert heute an den Schulhof nur noch ein Denkmal in der Geleitsgasse, von Kunihiko Kato, aus dem Jahr 1986.
Zeitzeugenberichte
Herr Willi Adelhardt zum Synagogenbrand am 9. November 1938:
Als damals 10-jähriger bin bis zum Goldenen Schwan gelaufen, als es hieß, dass es in der Altstadt brenne. Das Areal südlich der Königstraße war abgesperrt. Am Löwenplatz sah ich, wie aus der Bäckerei eines jüdischen Inhabers Brot und Semmeln auf die Straße geworfen wurden. Fenster waren und wurden eingeworfen. Ich konnte nicht begreifen, warum mit den jüdischen Bürgern derart umgegangen wurde. Und dass selbst Grabsteine im jüdischen Friedhof umgeworfen wurden. Ich selbst hatte nur die besten Erfahrungen, so mit dem Kinderarzt Dr. Hollerbusch. Dieser wohnte in der Königstraße beim Judengässla und hat mich behandelt.[2]
Literatur
- Manfred Mümmler: Der Pogrom zu Fürth. Die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938. In: Fürther Heimatblätter, 1988/4, S.101 - 112
Einzelnachweise
- ↑ Manfred Mümmler: Der Pogrom zu Fürth. Die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938. In: Fürther Heimatblätter, 1988/4, S.101 - 112
- ↑ Zeitzeugenbericht, Archiv FürthWiki, Aktennr. '22'
Bilder
Das Synagogendenkmal in der Geleitsgasse, 2017
Das Synagogendenkmal in der Geleitsgasse vor Gebäude Königstraße 44, im Hintergrund Marktplatz 2 im September 1986
Die jüd. Synagoge nach der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938, rechts der zerstörte Westgiebel der Hauptsynagoge (=Altschul), gleich daneben, links hinten die zerstörte Mannheimer Schul
Die jüd. Synagoge nach der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938; auf der linken Seite die niedergebrannte Neuschul oder Kaalsschul und dahinter die Ruine der Hauptsynagoge, der Altschul.
Die jüd. Synagoge nach der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938. Blick von der Mohrenstraße; links die Neuschul, Mitte die Altschul, rechts das intakte Gebäude die Mohrenstraße 26
Die jüd. Synagoge nach der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938; Blick von der Südseite
Foto vom Schulhof nach der Reichspogromnacht; Ansicht von der Mohrenstraße, hinter dem Tor links Schulhof 2 ("Neuschul"), rechts die "Altschul"