Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik
Das Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik ist ein international führendes Forschungs- und Entwicklungszentrum für die industrielle Röntgentechnik in Fürth-Atzenhof, Flugplatzstraße 75.
Geschichte
Im Jahr [1998] wurde das Entwicklungszentrum Röntgentechnik (EZRT) als eine gemeinsame Abteilung des Fraunhofer IIS, Erlangen und des Fraunhofer-Instituts für Zerstörungsfreie Prüfverfahren IZFP, Saarbrücken & Dresden, in Erlangen gegründet. Seit 2000 befand sich das damals so genannte Ultrafeinfokus-Röntgenentwicklungszentrum in Fürth in der Uferstadt. Im Jahr 2010 wurde die 400 m2 große und 14 Meter hohe Testhalle für einen Linearbeschleuniger LINAC in Fürth-Atzenhof fertig gestellt. In dieser in Europa einzigartigen Halle wurden seit dem neue Computertomographie-Methoden zur zerstörungsfreien Prüfung großer Bauteile entwickelt, wie z. B. Flugzeugteile, Autos oder Container. 2013 wurde schließlich der neue Standort des Fraunhofer EZRT in Fürth-Atzenhof offiziell eröffnet und etwa 170 Mitarbeiter konnten unter der Leitung von Prof. Dr. Randolf Hanke auf das Gelände des ehemaligen Flugplatzes umziehen. Auf insgesamt 5.000 m2 entstanden Labors, Werkstätten, Büros und Seminarräume, ferner ein Hörsaal und eine Kantine.[1] Hier steht auch der größte Computer-Tomograph der Welt, mit dem bereits etliche besondere Projekte durchgeführt wurden.
Seit 2018 arbeitet das Institut zusammen mit zwei weiteren Fraunhofer-Forschungsgruppen an dem vom Bayerischen Wirtschaftsministerium geförderten Projekt Big Picture, in dem hochauflösende Messtechnikverfahren für die Anwendung in der Industrie weiter entwickelt werden sollen. Diese Technologien ermöglichen sichere Kontrollverfahren bei der Produktion auch von großformatigen Bauteilen mittels Inline-Computertomographie.
Im gleichen Jahr erhielten drei Fürther Mitarbeiter für ihre hervorragenden Leistungen zur Entwicklung der XXL-Computertomographie den Joseph-von-Fraunhofer-Preis, der mit 50.000,- Euro dotiert ist.[2]
Am 1. Oktober 2020 übergab Prof. Dr. Randolf Hanke die Leitung an Dr. Norman Uhlmann.[3]
Wolfgang Holub, Chef-Ingenieur am EZRT, erhielt 2020 den Anwenderpreis der Deutschen Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung (DGZfP) für seine Forschungen zur "roboterbasierten Computertomographie an Großbauteilen in der Automobiltechnik" im Wert von 3.000 Euro. Die Forschungen sind von weitreichender Bedeutung für zerstörungsfreie Prüfungen.
Einrichtungen
Am Standort Fürth forschen und entwickeln in enger Zusammenarbeit die Abteilungen Anwendungsspezifische Methoden und Systeme, Produktionsmonitoring und Berührungslose Mess- und Prüfsysteme. Schwerpunkt ist das Gebiet der zerstörungsfreien Prüfung, insbesondere die röntgentechnischen und optischen Prüftechniken. Im Forschungsfeld Zerstörungsfreie Prüfung erforschen und entwickeln die Wissenschaftler Methoden und Systeme, die es erlauben, Prüfaufgaben zu erledigen, ohne das Prüfobjekt in seiner Funktion zu beeinträchtigen oder zu zerstören. Die Abteilung Anwendungsspezifische Methoden und Systeme konzentriert sich hauptsächlich auf die Entwicklung von Sensorik, Methoden und Systemen im Bereich der Materialforschung und -entwicklung. Herzstück ist die mit drei Meter dicken Wänden umgebene Testhalle zum Durchleuchten ganzer Autos oder von Kleinflugzeugen mittels Computertomografie. Daneben gibt es zahlreiche Messstationen, die mit Röntgenstrahlen, Ultraschall, Thermografie und Laserstrahlen arbeiten.[4] In der großen Testhalle werden die Untersuchungsobjekte um die fixen Messgeräte gedreht. Zukünftig werden die Apparate selbst mobil, können untereinander kommunizieren und werden mit selbstlernenden Systemen versehen. Auf inzwischen 6 000 m2 forschten 2019 schon über 200 Wissenschaftler. Auf der benachbarten Erweiterungsfläche sind bereits zusätzliche Baukörper, darunter eine CT-Hochenergie-Testhalle, geplant.
Besondere Projekte
Mit den riesigen Detektoren wurde im Jahr 2015 unter anderem ein 66,4 Millionen Jahre alter versteinerter Schädel eines weiblichen Tyrannosaurus Rex gescannt. Er wog 500 Kilogramm und war im US-Bundesstaat Montana gefunden worden. 2022 entstanden etwa 2.500 Einzelbilder einer SE 41 Enigma-Dechiffriermaschine. Ziel war es, die Technik der Maschine bis ins Detail zu erkunden, was durch das Öffnen nicht möglich war, weil dadurch das Gerät, gefüllt mit einer rätselhaften Masse, zerstört worden wäre.[5] Im Dezember des gleichen Jahres wurde das bisher größte Objekt geröntgt. Elf Meter maß der Helikopter, der in sieben Phasen a zwanzig Minuten durchleuchtet wurde.[6]
In den Jahren 2021 und 2023 wurden in Zusammenarbeit mit den Staatlichen Museen zu Berlin auch einige ausgewählte sogenannte Benin-Bronzen untersucht. Sie sollten in Atzenhof mittels modernster industrieller Röntgen-Computertomographie erfasst und studiert werden.[7]
Literatur
- Bernd Müller: Die Riesenröhre vom Atzenhof. In Fürth steht der größte Computertomograf der Welt. In: Bild der Wissenschaft, Ausgabe 8/2013, S. 76 - 82
Lokalberichterstattung
- Christina Merkel: Bagger, bitte zum Röntgen! Größter Tomograph der Welt in Fürth. In Nürnberger Zeitung vom 12. Juli 2013 - online abrufbar
- Nina Daebel: Mit Kernspin ging es los. In Fürther Nachrichten vom 18. März 2017 - online abrufbar
- fn: Geld für Forscher. In: Fürther Nachrichten vom 17. Februar 2018 (Druckausgabe)
- Volker Dittmar: Geldregen für Fürther Röntgenforscher. In: Fürther Nachrichten vom 28. Mai 2018 (Druckausgabe)
- Armin Leberzammer: Lohn für Vorstoß in gigantische Dimensionen. In: Fürther Nachrichten vom 13. August 2018 (Druckausgabe)
- fn: Wenn das Auto in den Computertomographen kommt. In: Fürther Nachrichten vom 18. August 2018 (Druckausgabe) bzw. nordbayern.de vom 20. August 2018 - online abrufbar
- Volker Dittmar: Fürther Forscher durchleuchten Raketenjäger Me 163. In: Fürther Nachrichten vom 27. März 2019 (Druckausgabe) bzw. Fürther Forscher durchleuchten XXL-Raketenjäger Me 163. In: nordbayern.de vom 28. März 2019 - online abrufbar
- Christina Merkel: Das Geheimnis der Mumie. In: Fürther Nachrichten vom 5. Juni 2019 (Druckausgabe)
- Volker Dittmar: Pionierarbeit mit Strahlenquellen. In: Fürther Nachrichten vom 19. November 2019 (Druckausgabe)
- Fürther Forschungszentrum mit weltweiter Strahlkraft. In: Fürth StadtZeitung, Nr. 22 vom 4. Dezember 2019, S. 11 – PDF-Datei
- Volker Dittmar: Durchblick im Feiermodus In: Fürther Nachrichten vom 28. Januar 2020 (Druckausgabe) und 125 Jahre Röntgenstrahlen: Fürther Physiker blicken durch. In: Fürther Nachrichten vom 28. Januar 2020 - online abrufbar
- fn: Mit Röntgentechnik in der Erfolgsspur. In: Fürther Nachrichten vom 7. August 2020 (Druckausgabe)
- nn: Preis für Fürther Forscher. In: Nürnberger Nachrichten vom 11. Mai 2021 (Druckausgabe)
- Thomas Scherer: Einblick in mysteriöse Chiffriermaschinen, in: Fürther Nachrichten vom 22. März 2022 (Druckausgabe)
- Christina Merkel: Im Inneren der Maschine, in: Fürther Nachrichten vom 20. Dezember 2022 (Druckausgabe)
- Claudia Ziob: Benin-Bronzen werden durchleuchtet, in: Fürther Nachrichten vom 28. Februar 2023, S. 26 (Druckausgabe)
- Julia Ruhnau: Helikopter auf dem Röntgentisch, in: Fürther Nachrichten vom 25. März 2023, S. 42 (Druckausgabe) bzw. Fraunhofer-Institut: Ganzer Helikopter landet im riesigen Fürther Röntgengerät In: nordbayern.de vom 26. März 2023 - online abrufbar
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Christina Merkel: Bagger, bitte zum Röntgen! Größter Tomograph der Welt in Fürth. In Nürnberger Zeitung vom 12. Juli 2013
- ↑ Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V., Mitteilung über die Preisverleihung (abgerufen am 29.05.2018) - Joseph-von-Fraunhofer-Preis 2018
- ↑ Namen im Gespräch - Randolf Hanke. In: Fürther Nachrichten vom 21. Oktober 2020 - Druckausgabe
- ↑ Volker Dittmar: Pionierarbeit mit Strahlenquellen. In: Fürther Nachrichten vom 19. November 2019
- ↑ Thomas Scherer: Einblick in mysteriöse Chiffriermaschinen, in: Fürther Nachrichten vom 22. März 2022
- ↑ Christina Merkel: Im Inneren der Maschine, in: Fürther Nachrichten vom 20. Dezember 2022
- ↑ Claudia Ziob: Benin-Bronzen werden durchleuchtet, in: Fürther Nachrichten vom 28. Februar 2023
Bilder
Informations Tafel zum Golfpark Gelände am ehem. Flugplatz Fürth-Atzenhof im Juni 2022
Eingang zum Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik am ehem. Flugplatz Fürth-Atzenhof, August 2021
Eingang zum Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik am ehem. Flugplatz Fürth-Atzenhof, August 2021
Ostseite des Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik am ehem. Flugplatz Fürth-Atzenhof, August 2021
Eingang zum Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik am ehem. Flugplatz Fürth-Atzenhof, August 2021
2010: Neubau des Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik am früheren Flugplatz Fürth-Atzenhof im Hintergrund einer der umgebauten ehem. Flugzeughangars
2010: südl. ehemaliger Hangar am früheren Flugplatz Fürth-Atzenhof jetzt modern umgebauter Firmensitz im Golfpark Fürth. Im Hintergrund neue Wohnhäuser, im Bau befindliche Gebäude Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik und die Alte Werft von 1918
2010: Neubau des Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik am ehem. Flugplatz Fürth-Atzenhof
2010: Alte Werft von 1918 von der Rückseite her - im Hintergrund der Neubau des Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik