Military Government war die von der US Army eingerichtete Militärregierung. Sie nahm in Fürth am 23. April 1945 unter Captain John D. Cofer ihre Arbeit auf. Hierzu wurden im Rathaus der Stadt Räume durch die US Army beschlagnahmt, womit Cofer seinen Amtsitz als Stadtkommandant und Chef der zivilen amerikanischen Militärregierung und Stadtoberhaupt von Fürth wahrnehmen konnte.

Rathaus mit US-Flagge und Schild "Military Government Area Nuernberg Office Fuerth"

Ziele waren die Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung und des zivilen Lebens in der Stadt und die Wahrung der Interessen der Siegermächte nach dem Zweiten Weltkrieg. Cofers Nachfolger wurde 1946 Major A. C. Abbot. Dann folgte als erster Zivilist bis 1949 Stewart Hillard. Letzter Vertreter des Military Government in Fürth war Charles M. Emerick, der am 19. Dezember 1951 die Verwaltung der Stadt Fürth endgültig in die Hände von Oberbürgermeister Hans Bornkessel übergab.

Weg nach Fürth

Cofer und sein Team gehörten dem Detachment B-229 an, die bereits von 1942 bis 1944 in den Vereinigten Staaten bzw. später in Großbritannien auf ihre Rolle im besetzten Deutschland vorbereitet wurden. Die Rekrutierung dieser Personen wurde durch die Allierten im Vorfeld in der Regel mit Sorgfalt getroffen, so dass diese Funktion häufig Personen übernahmen, die bereits Führungsaufgaben im öffentlichen Dienst oder in der Wirtschaft hatten. Das Detachment B-229 war 1944 in Shrivenham/ Großbritannien zusammengestellt worden, mit der Aufgabe im Zielgebiet ihre Aufgaben als Stadtverwaltung zu übernehmen. Die Offiziere "studierten von dieser Zeit an ständig die besonderen Bedingungen, die wirtschaftlichen, politischen und Verwaltungsstrukturen" ihrer Bestimmungsorte. Die Einheit wurde im September 1944 nach Frankreich verlegt und ca. 35 Meilen südwestlich von Paris, in Rochefort, einquartiert. Die Moral der Truppe war nicht die Beste, da die Unterkunft in Frankreich äußerst unbefriedigend war. So waren die Offiziere aus Platzmangel während des Winters lediglich in Zelten untergebracht, so dass diese stark unterkühlt waren. Im Februar 1945 wurde das Detachment B-229 über die Eifel nach Bad Neuenahr/ Ahr in Rheinland-Pfalz. Fast hätte diese Einheit Geschichte geschrieben, denn sie hatten den Befehl als erste US-Truppe über die Brücke von Remagen zu gehen. Da die Truppe zu schlecht ausgestattet war, kam es nicht dazu, so dass die Einheit zunächst weitere vier Wochen in Bad Neuenahr/Ahr blieb. Der nächste Zwischenstopp war Bad Fredeburg im Sauerland ehe die Einheit am 21. April 1945 den Befehl bekam. nach Fürth zum Zielort ihres Einsatzes zu ziehen. Am 23. April 1945 kam das Detachment B-229 am späten Abend nach einer zweitägigen Fahrt frierend, übermüdet und hungrig an - um das Interims-Detachment abzulösen, dass schon seit drei Tagen in Nürnberg erwartet wurde.[1]

Wirken in Fürth

Das Team um Captain John D. Cofer bestand im April 1945 zunächst aus zwei Unteroffizieren und sechs einfachen Soldaten. Von der in England und Frankreich ausgebildeten achtköpfigen Mannschaften schafften es nur Cofer und ein Soldat an den Zielort. Das Detachment B-229 quartierte sich zunächst in den Amtsräumen im Rathaus ein und ließ an der Fassade ein Holzschild „Military Government“ anbringen. Die Aufgaben waren vielfältig. Es galt, trotz der Kriegszerstörungen, des Mangels an Lebens- und Transportmitteln und an Brennstoffen die Verwaltung und die Sicherheit der Stadt aufrecht zu erhalten. An höhere Dienststellen waren teilweise tägliche Berichte zu schreiben und die Verbindung zu den hier stationierten - aber organisatorisch völlig getrennten - Militäreinheiten aufrecht zu erhalten. „Stadtkommandanten“ in Fürth waren immer die höchsten Offiziere der in den Fürther Kasernen stationierten Truppen der US Army. Cofer war kein Bestandteil dieser Einheiten, sondern auf deren Unterstützung angewiesen, wenn er etwa Transportmittel benötigte. Zusätzlich wurde ein Mitteilungsblatt der Amerikanischen Militärregierung Fürth herausgegeben, das erstmals am 16. Mai 1945 erschien. Zu den ersten Publikationen der Stadt Fürth in der Nachkriegszeit gehört u.a. der Druck eines Amerikanischen Wörterbuches, dem American Textbook am 1. Juli 1945, zur Verbesserung der Kommunikation zwischen den Alliierten und der deutschen Bevölkerung.

Captain Cofer selbst „genoss den Ruf eines korrekten, ruhigen Mannes mit ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn“ und galt als „ausgesprochen deutschfreundlich“.[1] Er musste den Widerspruch zwischen der Schaffung einer funktionierenden Verwaltung und der Ausschaltung der nationalsozialistisch belasteten, aber dabei erforderlichen, Fachleute lösen. Zuerst versuchte er das Problem pragmatisch anzugehen. Dabei ließ er sich bei den Stellenbesetzungen von deutschen NS-Gegnern beraten. Vor allem der militärische Abschirmdienst Counter Intelligence Corps (CIC) und eine Direktive zur Entnazifizierung aus dem US-Hauptquartier vom Juli 1945 zwangen Cofer aber dazu, alle ehemaligen NSDAP-Parteimitglieder, ob wichtig oder unwichtig, ob überzeugt oder mitlaufend, zu entlassen. So sah er sich u.a. heftiger Kritik ausgesetzt, als er den damaligen Stadtkämmerer Adolf Schwiening, ehemals Mitglied der NSDAP seit 1937, vorrübergehend zum ersten Nachkriegs-Oberbürgermeister ernannte. Aufgrund einer Beschwerde des CIC startete die amerikanische Militärregierung in Bayern sogar eine Untersuchung gegen Cofer, dem - zu Unrecht, wie sich herausstellte - sogar vorgeworfen wurde, russische Agenten in seinem Büro zu beschäftigen. Cofer musste auf eine härtere Linie umschwenken und bis Oktober 1945 hatten bereits die Hälfte aller pensionsberechtigten Bediensteten der Stadt Fürth die Entlassungspapiere erhalten.[2]

Die Chefs der beiden Detachments, Cofer und Whitaker (Ansbach), die anfangs manchen als finster und unnahbar erschienen waren, genossen sogar schon bald großes Ansehen in der Bevölkerung. Man schätzte sie wegen ihrer Fairness, und vor allem rechnete man es ihnen hoch an, dass sie die DPs (Displaced Persons = Zwangsarbeiter, Zwangsverschleppte) im Zaum zu halten verstanden und manche Fehler des CIC rückgängig gemacht hatten. Ein halbes Jahr nach der Etablierung der Militärregierung standen sie auch mit ‚ihren‘ Landräten und Bürgermeistern schon fast in freundschaftlichem Kontakt.[1]

Die Größe der Einheit in Fürth veränderte sich laufend. Im Mai 1945 kamen vier weitere Offiziere nach Fürth in das Detachment, darunter ein Captain Carl Barker - ein 35jähriger bulliger und "humorloser" Berufssoldat der dafür bekannt war, dass er starke Ressentiments gegenüber die der deutschen Bevölkerung hatte. Otto Gellinger, ein Fürther Sozialdemokrat, schilderte eine Szene mit Barker, die für Ihn typisch war: "Bezeichnend für seinen Charakter und seine Einstellung waren die Spiele, die er trieb, indem er Zigaretten, Schokolade u.a. auf den Tisch legte, mich sitzen ließ und aus dem Zimmer ging. Nach seinem Kommen prüfte er, ob was fehlte."[1] Zu den Aufgaben Barkers gehörte es u.a. den Aufbau der deutschen Polizei in die Wege zu leiten, später fiel die Frage der Entnazifizierung ebenfalls in seinen Verantwortungsbereich. Neben Barker arbeitete noch ein Offizier für den Bereich "Trade and Industry" / Wirtschaft und Gilbert N. Harrison, ein Rechtsanwalt aus Brownwood in Texas, der die deutschen Justizbehörden wieder zum Laufen bringen sollte. Ab Mai 1945 stieß noch ein Deputy Military Government Officier zum Team von Cofer, um diesen in seiner Arbeit zu unterstützen und zu entlasten.

Im Juni 1945 kam noch ein Property Control Officier hinzu, dessen Aufgabe es sein sollte das jeweils arisierte Eigentum der ehemaligen jüdischen Bevölkerung sicherzustellen und treuhänderisch zu verwalten. Allerdings stellt sich relativ schnell heraus, dass der Offizier offensichtlich eine zwielichte Person war. Ein ehemaliger deutscher Angestellter sagte später aus, dass man mit ihm "aber den Bock zum Gärtner gemacht" hatte, da der Eindruck erweckt wurde, "dass er weit mehr daran interessiert war, aus seiner Person für sich selber das Beste herauszuholen. Er wurde bald vor ein Kriegsgericht gestellt und nach USA zurückgeschafft."[3] Seine Stelle besetzte ab Herbst 1945 der Feldwebel Charles R. Mont, der in der Fürther Bevölkerung sehr beliebt war und den Spitznamen "Mister Mont" bekam.

Im September 1945 erreichte das Detachment B-229 seine größte Stärke. Insgesamt gehörten dem Team ständig mindestens drei Offiziere, ein Feldwebel und fünf Soldaten an. Somit waren in alleine 1945 insgesamt 17 Offiziere und 23 "Gemeine" in Fürth für die amerikanische Militärregierung tätig, wovon aber nur sechs der 17 Offiziere und vier der 23 einfachen Dienstgraden im Vorfeld eine spezielle Ausbildung für ihre akutelle Aufgabe genossen. Alle anderen wurden kurzfristig durch die US-Army angeworben und in die neue Tätigkeit "reingeworfen". Allerdings seinen - nach eigenen Angaben durch die Militärregierung - keine ernsthafte Beeinträchtigungen dadurch entstanden.

Counter Intelligence Corps - Spionageabwehr

Das Counter Intelligence Corps (CIC) war der Nachrichtendienst/ Abschirmdienst des Heeres der Amerikanischen Streitkräfte und hatte (in Fürth) folgende Aufgaben:

  • die Allierten Streitkräfte vor Spionage, Sabotage und Subversion schützen,
  • den ehem. deutschen Geheimdienst sowie alle geheimdienstlichen und paramilitärischen Organisationen zu bekämpfen,
  • bestimmte Personengruppen zu verhaften, gegen die ein Haftbefehl vorlag,
  • bei der Auflösung der NSDAP und deren Organisationen mitwirken,
  • Offiziere des deutschen Generalstabes festzusetzen und Deserteure der Wehrmacht aufzuspüren,
  • bei Verstößen gegen das Kriegsrecht zu ermitteln.

Zu den oben genannten Personengruppen, die zu verhaften waren, existierte eine Anweisung des obersten Hauptquartier der Allierten Expeditionsstreitkräfte - dem sog. Supreme Headquarters Allied Expeditionary Force. In dem "Arrest Categories Handbook" war definiert, dass folgende Personen automatisch in Arrest genommen werden müssen:

  • Die deutschen Geheimdienste: das Personal des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA), der Geheimen Feldpolizei und des Reichssicherheitsdienstes
  • Die Sicherheitspolizei, Gestapo und Grenzpolizei ab dem Rang eines Kriminalsekretärs
  • Höhere Polizeibeamte, Regierungspräsidenten, Landräte, Höhere SS- und Polizeiführer
  • Kriminalpolizei, Ordnungspolizei und spezialisierte Polizeikräfte ab dem Rang eines Oberstleutnants bzw. Oberregierungs- und Kriminalrats oder mit einem SS-Offiziersdienstgrad
  • Führer und Offiziere der paramilitärischen Organisationen: Waffen-SS, Allgemeine SS, Sturmabteilungen (SA), Hitlerjugend, Nationalsozialistisches Kraftfahrkorps (NSKK), Nationalsozialistisches Fliegerkorps (NSFK), Reichsarbeitsdienst (RAD), Bund Deutscher Mädel
  • Beamte der NSDAP („Nazi Party Officials“): Verwaltungsbeamte ab Kreisebene, Ortsgruppenleiter und deren Stellvertreter, Parteimitglieder ab Abschnittsleiter, das Ausbildungspersonal der Ordensburgen, Schulungsburgen, Adolf-Hitler-Schulen und der Napolas, alle Nationalsozialistischen Führungsoffiziere
  • Staatsbeamte: Angehörige des höheren Dienstes, die seit dem 1. März 1939 berufen worden waren, Staatsbeamte ab dem Rang eines Ministerialrates unabhängig vom Einstellungsdatum

Das bedeutete in der Konsequenz, dass die CIC hunderte, wenn nicht sogar tausende Personen in Fürth um Landkreis festnehmen musste, angefangen von SS-Leuten und NSDAP-Funktionäre, sowie Amts- und Propagandaleiter der Orts- und Kreisgruppen einschließlich der Beamten, Landräte und Oberbürgermeister. Zusätzlich sollten alle Personen verhaftet werden, die sich "verdächtig verhielten" bzw. sich verdächtig machten.

In Fürth stand das CIC unter der Leitung des jungen und relativ unerfahren Lieutenant Thomas K. Hodges, der laut John Cofer seiner Aufgabe kaum gewachsen war. Hodges verstand kein Deutsch und hatte keine größeren Kenntnisse über das Wesen des Nationalsozialismus. Der zusätzlich Erfolgsdruck und das Gefühl "beobachtet" zu sein, führte zusätzlich dazu, dass Hodges in der Öffentlichkeit nicht den Eindruck wecken wollte, dass er nicht scharf genug gegen Nazis vorging. Diese unterschiedlichen Faktoren bewirkten in der Konsequenz, dass Hodges einen unberechenbaren Zickzack-Kurs verfolgte, was selbst bei der sonst eher besonneneren Militärregierung zu Kopfschütteln führte.

Während die Verhaftung der sog. "Partei-Bonzen" in der Bevölkerung große Sympathie und Beifall fand, wurde die Verhaftung "kleiner" Parteimitglieder eher kritisch bis ablehnend von der Bevölkerung gesehen, was dem CIC zum Teil den Ruf einer "amerikanischen Gestapo" einbrachte. Noch größeren Ärger zog die CIC auf sich, wenn sie Personen verhafteten und mitnahmen, die Opfer des NS-Systems waren, aber auf Grund von Denunziationen auf den Verhaftungslisten der CIC kamen.

Literatur

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Hans Woller: Gesellschaft und Politik in der amerikanischen Besatzungszone. Die Region Ansbach und Fürth. Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte. Institut für Zeitgeschichte, Band 25, R. Oldenbourg Verlag, München, 1986, S. 61 ff.
  2. Vgl. Weekly Summary, Det. Fürth, 3. November 1945, in: NA, RG 260, 9/96-2/13 (aus Woller)
  3. Fürther Heimatblätter, Die Wiederaufrichtung der Justiz in Fürth durch die Amerikaner, April - August 1945, Nr. 1 / 1970, S. 2

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