Seite:Kuntermann 1946-47.pdf/27

Version vom 20. Dezember 2024, 11:16 Uhr von Zonebattler (Diskussion | Beiträge) (→‎Nicht korrekturgelesen: Die Seite wurde neu angelegt: „Notquartiere angewiesen waren. Physik und Chemieunterricht war überhaupt nicht mehr möglich. Die wertvollen naturwissenschaftlichen Sammlungen der Schule lagen ausgelagert auf dem Fußboden von Räumen anderer Gebäude. Man verstand die Verlegung des Lazaretts nach Fürth umso weniger, als im Südteil des Lagers Langwasser genügend geeignete Baracken zur Verfügung standen, außerdem war nur ein geringer Teil der rund 350 Lazarettinsassen tat…)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Diese Seite wurde noch nicht korrekturgelesen.

Notquartiere angewiesen waren. Physik und Chemieunterricht war überhaupt nicht mehr möglich. Die wertvollen naturwissenschaftlichen Sammlungen der Schule lagen ausgelagert auf dem Fußboden von Räumen anderer Gebäude. Man verstand die Verlegung des Lazaretts nach Fürth umso weniger, als im Südteil des Lagers Langwasser genügend geeignete Baracken zur Verfügung standen, außerdem war nur ein geringer Teil der rund 350 Lazarettinsassen tatsächlich bettlägerig. Die Schuheinzelhandelsgeschäfte waren ab sofort verpflichtet, Flüchtlinge auf Flüchtlingsbezugsmarken mit dem Aufdruck der Serie II aus ihren Beständen zu beliefern. Flüchtlingsplakate und Etiketten waren zu entfernen. Die Bezeichnung „Flüchtlingsware“ durfte nicht mehr angewendet werden. In der Metallwarenfabrik Götz und Sohn, Jakobinenstraße 24, brach ein Großbrand aus. Die Fürther Berufsfeuerwehr musste zwei Stunden löschen. Vermutlich hatte glühende Aschereste das Feuer entfacht. In dem brennenden Lager waren Eisenteile und Volksgasmasken gelagert. Weltspiegel: „Mutige Frauen“, ein amerikanischer Kriegsfilm, der opferbereite tapfere Krankenschwestern in den Mittelpunkt stellte. In der Hauptrolle war Claudette Colbert zu bewundern. 20. November 1946 In Deutschland hatten durch die Wirren des Krieges 26.400 Kinder ihre Eltern verloren. Fast ausschließlich waren es Kinder aus den Ostgebieten. Durchschnittlich 100 Kinder fanden über die Zentralsuchkartei des BRK ihre Eltern wieder, bis Ende Oktober in Bayern 1650 Kinder. Auch in Fürth war der Suchdienst schon dreimal erfolgreich. Aber von vielen kleinen Kindern war überhaupt nichts bekannt, oft nicht einmal der eigene Name. In den NN wurden deshalb jetzt sechs Bilder von Kindern veröffentlicht, in der Hoffnung, die dazugehörigen Eltern zu finden. Ein lang gehegter Wunsch der Altstadtbewohner ging endlich in Erfüllung: Das Städtische Volksbad an der Geleitsgasse 13 wurde wieder geöffnet. Gebadet werden konnte von Dienstag bis Samstag durchgehend von 9 bis 20 Uhr. Der Flüchtlingsstrom hatte auch im Monat Oktober in keiner Weise nachgelassen. Nicht weniger als sechs Flüchtlingszüge mit 2120 Vertriebenen wurden nach Fürth dirigiert. Als neues Lager nahm man das Logenhaus (Kulturverein) in Beschlag und stattete es mit 120 Betten aus, außerdem entstand noch ein Kleinlager in der früheren Gaststätte „Wittelsbach“ in der Mathildenstraße. In über 40 Fürther Lagern lebten nun mehr als 3000 Flüchtlinge, die anderen 19.000 waren bei Fürther Bürgern einquartiert. Größtes Problem der Lagerbetreuungen war, die Baracken winterfest zu machen. In einem Leserbrief an die NN kritisierte man, dass Kinder die Lebensmittelkarten der höheren Altersstufe ohne Milch- und andere Sonderzuteilungen schon vor ihrem Geburtstag erhielten. In einer Morgenveranstaltung im Non-Stop-Theater am Sonntag bestritt der Tenor Alexander Miltschinoff das Programm. Er sang die schönsten und bekanntesten Opernarien. Kein Wunder, dass er am Ende noch ein paar Zugaben geben musste. 23. November 1946 Für Sonntag, den 1. Dezember, war ein Volksentscheid über den Entwurf der Bayerischen Verfassung und die Wahl des Bayerischen Landtags angesetzt. Wählen und entscheiden konnte man von 8 bis 18 Uhr. Der Stadtkreis Fürth war wieder in 81 Stimmkreise eingeteilt. Beim Volksentscheid war bei „Ja“ oder „Nein“ anzukreuzen. Der Fürther Haushalt 1946/47 wurde im Stadtrat unter Dach und Fach gebracht. Einnahmen und Ausgaben waren mit 12.316.784 RM angegeben. Die Etatverabschiedung bot den Zuhörern damals noch keine hitzigen Redeschlachten, bedeutete sie nicht mehr als einen bescheidenen Anfang, das Finanzgebaren in einer Zeit der Not auf eine einigermaßen brauchbare Basis zu stellen. Der von OB Dr. Bornkessel vorgeschlagene Haushaltsplan wurde einstimmig angenommen. Der Oberbürgermeister rühmte das herzliche Vertrauensverhältnis zwischen Stadtverwaltung und Stadträten. Zum äußeren Ausdruck der Verbundenheit verbrachten anschließend Stadtoberhaupt, Referenten, Stadträte und Vertreter der Presse einige Stunden zwanglosen Zusammenseins in der Gaststätte „Stadtwappen“ in der Bäumenstraße. Die festgesetzte Einkellerungsmenge von 2 ½ Zentner Kartoffeln musste für Personen über drei Jahre vorerst auf 1 Zentner gekürzt werden, um eine gleichmäßige Versorgung der noch nicht mit Kartoffeln belieferten Verbraucher zu gewährleisten. Die Ernte war einfach zu schlecht ausgefallen. Die Beschwerden über das lange Anstehen bei der Verteilung der jeweiligen Lebensmittelkarten rissen nicht ab. Das Ernährungsamt teilte dazu mit, dass in Fürth als einziger Stadt gleicher Größe die Marken an „einem“ Tag zur Ausgabe gelangten. Andere Städte organisierten diese Aktion über mehrere Tage. In Fürth hatte man davon Abstand genommen, um Einbrüche und Diebstähle in die Verteilungsstellen auf 27