keine Energie entnehmen. Immer häufiger in Gaststätten anzutreffen: Auf der Getränkekarte steht nichts von „Wein“. Verlangte der Gast nach einem derartigen Getränk und steckte dem Ober einen Fünfzigmarkschein zu, so wurde plötzlich Wein serviert. Wo ein wenig Korruption war, da war auch Wein. Alle politischen Parteien warben um die Gunst der Flüchtlinge. Die FDP führte in der Fürther Non-StopSchau eine Flüchtlingsversammlung durch. Man wollte sich dafür einsetzen, dass zwischen Flüchtlingsunternehmen und einheimischen Gewerbetrieben ein Mischungsverhältnis von 1:4 entsteht. 13. September 1947 Seit dem 13. Juli 1947 war Fürth wieder Großstadt. Die statistische Nachrechnung ergab einen Wert von knapp über 100.000 Einwohnern. Im ersten Halbjahr 1947 wurden in Fürth 1214 Menschen geboren und 788 Personen starben. Bezeichnend für die schwierigen Verhältnisse war die große Zahl von Einwohnern, die Krankenzulagen erhielten. Waren es im Januar 4311, so waren es im August schon 6154. Zählte man noch die Zahl der werdenden und stillenden Mütter hinzu sowie die hohe Zahl von Schwerarbeitern, so ergab das rund 20.000 Personen – ein Fünftel der Gesamtbevölkerung! Nach Angaben des bayerischen Innenministeriums durften anlässlich des bevorstehenden Tages der „Opfer des Faschismus“ am Sonntag nur solche Veranstaltungen stattfinden, die der Würde des Tages angepasst waren. Der mehrere Jahre am Fürther Stadttheater erfolgreich tätig gewesene Regisseur und Dramaturg Eduard Rogati bekam von der französischen Besatzungsbehörde die Lizenz als Intendant des neuen Corsotheaters in Berlin. Fürther Notruf nach Gemüse: Es wurde heftig darüber geklagt, dass in München Gemüse im Überfluss vorhanden war. Der Verkauf von Gemüse war dort frei und niemals musste man Schlange stehen. Jetzt forderte man, dass der Münchner Gemüseberg auch die „Auslandsbayern nördlich der Donau“ erfassen möge, zumal viele Lastwagen aus Oberfranken die frische Ware an Nürnberg/Fürth vorbei nach München transportierten. 17. September 1947 Fürther Eltern forderten angesichts der Schuhknappheit kürzere Schulwege für ihre Kinder. So mussten mehrere Jungen täglich von der Leyher Straße zum Pfisterschulhaus und ein Mädchen von der Leyher Straße zur Pestalozzischule laufen. Ursache war die Tatsache, dass das Schulhaus an der Frauenstraße sowie die Maischule nach dem Freiwerden noch nicht für den Unterricht hergerichtet waren. Außerdem besuchten im neuen Schuljahr etwa 600 Kinder mehr als im Vorjahr die Volksschulen. Zum Bezug von je zwei Päckchen Backpulver wurde der Sonderabschnitt 604 der Lebensmittelkarten 106 mit dem Vermerk EA Fürth-Stadt unter der Bezeichnung L 11-16, L 21-25, L 31-35 und L 41-45 aufgerufen. Das städtische Flussbad wurde am 15. September „behördenamtlich“ geschlossen. So wie es Anfang Mai wieder geöffnet wurde, ob zum Baden oder zum Schlittschuhlaufen. Die Temperaturen und damit die Flexibilität des Öffnungs- und Schließungstermins spielte damals keine Rolle. Der Kreisverband des BRK hatte am Sonntagvormittag Versehrte und Hinterbliebene ins Kolonnenhaus eingeladen. Man informierte die Betroffenen nach dem derzeitigen Stand der Rentenversorgung nach dem Körperbeschädigten-Leistungsgesetz. In Bayern musste jeder davon Betroffene zwar komplett neue Unterlagen zur Beantragung einreichen, aber man rechnete mit den ersten Bescheiden für Anfang Oktober und – was den meisten Betroffenen am wichtigsten erschien – ersten Auszahlungen Ende Oktober. 20. September 1947 Schwierigkeiten ohne Ende: Die Milchversorgungslage entwickelte sich zunehmend trostloser. Immer weniger Lieferungen kamen in den Milchläden an. Ferner musste Fürths Baurat Heinisch zugeben, dass die Schulen im bevorstehenden Winter wahrscheinlich nicht mit Kohlenlieferungen rechnen könnten. Ein wenig Entgegenkommen bei Obst und Gemüse: Von Münchner Seite war zu hören, dass die Landeshauptstadt „vorübergehend etwas bevorzugt“ war. Man sagte Fürth eine Zuweisung von 6 bis 7 Lastzügen zu. Pech hatte Festwirt Brunner auf dem Nürnberger Volksfest: Nachdem er nicht mehr mit anhören konnte, wie seine Zeltbesucher über das Dünnbier schimpften, schenkte er eben Vollbier aus. Die Maß kostete allerdings 30 RM. Die Kriminalpolizei setzte dem Spuk ein Ende. So nebenbei fand man im Eisschrank 56
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