Michael Berolzheimer
- Namenszusatz
- Dr., Hofrat
- Vorname
- Michael
- Nachname
- Berolzheimer
- Geschlecht
- männlich
- Geburtsdatum
- 22. Januar 1866
- Geburtsort
- Fürth
- Todesdatum
- 5. Juni 1942
- Todesort
- Mt. Vernom, New York USA
- Beruf
- Jurist, Rechtsanwalt
- Religion
- jüdisch
Person | Verwandtschaftsgrad |
---|---|
Daniel Berolzheimer | Großvater |
Heinrich Berolzheimer | Vater |
Karolina Berolzheimer | Mutter |
Melitta Berolzheimer | Ehefrau |
Philip Berolzheimer | Bruder |
Waldemar Schweisheimer | Sohn |
Dr. Michael Berolzheimer (22. Januar 1866 in Fürth; gest. 5. Juni 1942 in Mt. Vernom, New York USA) war kgl. bayerischer Hofrat und von Beruf Jurist und Rechtsanwalt. Er kam aus der bekannten Fürther Bleistiftfabrik-Familie Berolzheimer. Dr. Berolzheimer heiratete am 26. September 1903 Melitta Dispeker (auch Diespecker, geschiedene Schweis(s)heimer, geb. 21.10.1867, gest. 1942) aus München. Melitta Berolzheimer brachte aus erster Ehe drei Kinder mit in die Familie: Waldemar, Nelly und Robert.[1]
Emigration und Verfolgung
Dr. Berolzheimer war Gründer und Inhaber einer Rechtsanwaltskanzlei, arbeitete aber in München für die Alte Pinakothek und die Deutsche Orientgesellschaft. Mit seiner Familie wohnte er zunächst in Fürth und Nürnberg, wechselte aber anschließend nach der Hochzeit den Wohnsitz nach Untergrainau in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen. Berolzheimer war passionierter Kunstsammler, seine Sammlung umfasste 1900 ca. 800 graphische Blätter deutscher und italienischer Künstler des 18. und 19. Jahrhunderts. Darunter waren Werke von den Künstlern Johann Georg von Dillis, Joseph Anton Koch, Carl Rottmann, Moritz von Schwind, Eugen Napoleon Neureuther, Philipp Veit, Bonaventura Genelli u. v. m.
Wie sein Vater engagierte sich Berolzheimer im kulturellen und sozialen Bereich durch eine Stiftung an die Bayerische Staatsgemäldesammlung sowie an seinem Wohnort in Untergrainau. Trotz seiner unstrittigen Verdienste sah er sich seit der Machtergreifung 1933 durch die Nationalsozialisten zunehmend unter Druck gesetzt, so dass er im Sommer 1938 mit Hilfe eines befreundeten Anwalts aus München (Robert O. Held) das Land verlassen konnte. Er emigrierte zu seiner Familie in die USA und verbrachte die letzten Jahre seines Lebens im Exil.
Arisierung
Sein Vermögen und die Kunstsammlung musste die Familie Berolzheimer 1938 bei der Flucht zurück lassen. Er floh zunächst am 25. Juli 1938 nach Zürich, ehe er in die USA einreisen konnte. Die Sammlung wurde vom 30. November bis 1. Dezember 1938 und im März 1939 in Abwesenheit Berolzheimers auf zwei Auktionen bei Adolf Weinmüller versteigert, einem überzeugten Nationalsozialisten und Profiteur des NS-Regimes, der durch Arisierungen im Kunstbereich eine gewisse Bedeutung erreichte. Berolzheimer erfuhr zwar von den Auktionen, hatte aber keinen Einfluss auf das Geschehen und erhielt auch nichts von dem Erlös. Eines seiner bekanntesten Kunstwerke war der erste Entwurf des Bildes "Der Arme Poet" von Carl Spitzweg aus dem Jahr 1837.
Im Rahmen der Arisierungsaktion veranlasste das Finanzamt in Garmisch-Partenkirchen in einem Bescheid vom 15. Dezember 1938, dass die Familie Berolzheimer in der Folge der Pogromnacht eine sog. "Kontributionszahlung" in Höhe von 80.000 RM zahlen müsse - eine vom NS-Regime willkürlich festgelegte "Judenvermögensabgabe". Des Weiteren wurde Michael Berolzheimer bis zum 5. Februar 1941 in Abwesenheit gezwungen, sein Grundbesitz in Untergrainau zu verkaufen. Nur fünf Monate später vermeldete die Gestapo-Leitstelle München, dass „das gesamte in Deutschland befindliche Vermögen des B. und seiner Ehefrau sichergestellt" worden sei. Ein Jahr später verstarb Dr. Michael Berolzheimer im Exil.
Wiedergutmachung
Unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg wurde der ehemalige Freund und Fluchthelfer Rechtsanwalt Held in München kontaktiert und damit beauftragt, die arisierten Kunstgegenstände wiederzufinden und der Familie zurückzuführen. Held nahm 1947 die Untersuchungen auf und so konnten bereits 1950 einige Kunstgegenstände aus der Sammlung Berolzheimer der Familie zurückgegeben werden. So erhielt die Familie von der Städtischen Galerie im Lenbachhaus München 1950 zwei Werke zurück. Es folgten weitere Kunstgegenstände aus der Albertina in Wien 2010 (29 Zeichnungen) und aus dem Kupferstichkabinett in Berlin 2011.
Bekannt wurde der Arisierungsfall Berolzheimer im Jahr 2010, als die Klassik Stiftung Weimar ihre Bestände vollständig auf deren rechtmäßige Erlangung untersuchte. Dabei suchte die Stiftung systematisch nach sog. "NS-Raubkunst" im eigenen Bestand - und wurde auch in der Folge mehrfach fündig. So befanden sich u. a. auch vier Zeichnungen in der Kunstsammlung Weimar, die auf den Besitz von Michael Berolzheimer zurückzuführen waren. Inzwischen wurden die Zeichnungen der Familie wieder zurückgegeben. In einer Ausstellung im Foyer des Hauses wurden bis Sommer 2016 verschiedene Fälle der Provenienzforschung vorgestellt - so auch die der Familie Berolzheimer.
Auch "Der Arme Poet" wurde der Familie wieder zurückgegeben. Das bekannte Bild bzw. dessen erster Entwurf wurde im November 1938 durch das NS-Regime widerrechtlich verkauft. Nach der Rückgabe des Bildes an die Familie verkaufte der Sohn Dr. Waldemar Schweisheimer das Bild am 26. Januar 2012 bei Sotheby’s in New York. Das Bild wurde für ein Anfangsgebot zwischen 60. bis 80.000 USD aufgerufen. Verkauft wurde das Bild allerdings für 542.500 USD (ca. 510.000 Euro).
Siehe auch
Weblinks
- Stiftung Klassik Weimar - Der Fall Berolzheimer
- Deutsches Zentrum Kulturgutverluste - Jüdische Sammler und Kunsthändler (Opfer nationalsozialistischer Verfolgung und Enteignung) - Berzolheimer, Dr. Michael
- New York - Abteilung Finanzen - Homepage
- Auktionshaus Sotheby’s New York - Auktion "Der Arme Poet"
Einzelnachweise
- ↑ Michael Berolzheimer Collection 1325-1942 - online-Digitalisat