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LIEBE MITBÜRGERINNEN UND MITBÜRGER, LIEBE FREUNDE DER FÜRTHER ALTSTADT! Nun hat also endlich der große, langersehnte Bau-Boom in der bis heute so einsamen Sanierungswüste auf dem Gans­ berg begonnen. Von weitem schon signalisieren Kräne, daß wieder etwas los ist an der ältesten Stelle Fürths; große Baugruben lassen hoffen, daß aus dem bisherigen städti­ schen Luxus-Super-Sandkasten endlich wieder ein Platz intakter Altstadtkom m unikation, wenn auch im neuen Gewand, erstehen möge. Die spezifische Fürther Version des häufig zitierten und o ft mißbrauchten „Phönix aus der Asche” !

Bläddla" einmal gesondert befassen w ird. Die dorthin ge­ wählten Architekten (warum eigentlich nur Architekten?) können einem schon nicht mehr leid tun; man muß wohl vielmehr sich m it dem Gedanken befassen, sie künftig nur noch als moderne Märtyrer zu betrachten... Und es bleibt wieder einmal (zum wievielten Mal? wie o ft noch?) nur noch die Hoffnung, daß der verbleibende Rest der Sanierungsgebietbebauung das künftig wieder w e tt­ machen werde, was bislang an der bereits bestehenden Südbebauung versäumt wurde. Eine trügerische Hoffnung? Hoffentlich nicht.

Bei aller Euphorie über den nun doch recht flotten Start des Altstadtwiederaufbaus sollte man freilich nicht ver­ gessen — auch wenn so mancher es allzu gerne täte —, daß nahezu fünfzehn Jahre lang eben fast nichts geschehen war, weil man statt schrittweiser, behutsamer Objektsanie­ rung {wie in vielen anderen Städten auch) sich m it der (Fehl-)Konzeption „Flächensanierung” völlig verkalkuliert hatte! Und die Schuld für diese bereits im Prinzip enthal­ tene Verzögerung dem allgemeinen Rückgang in der Bau­ konjunktur zuzuschreiben — wie es allen Ernstes in einigen Broschüren des vergangenen Kommunalwahlkampfs be­ hauptet wurde —, ist wohl ein allzu billiger Versuch, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Stattdessen blieb dem Bürger lange Jahre nichts anderes übrig, als sich dem viel­ strapazierten „Prinzip H offnung" zu verschreiben. Die Freude, daß nun endlich sichtbare Fortschritte in der Altstadtsanierung gemacht sind, wird freilich angesichts der derzeit bestehenden Neubauten (v.a. im Bereich der Katharinen-, Schlehen- und verlängerten Rosenstraße) getrübt: unterbieten doch die Wohnbauten der „Neuen H eim at" in ihrer einfallslosen „ästhetischen Q ualität" — wohl besser: schlichten bis schlechten äußeren Gestal­ tung — und der daraus resultierenden städtebaulichen Wirkung/Beeinträchtigung jeden sozialen Wohnungsbau der anfänglichen Fünfziger Jahre um etliches! Was damals noch unzureichendes Material, möglichst rascher Wiederaufbau und dringendes Sparen (viel Wohnbedarf auf Kosten archi­ tektonischer Schönheit) notwendig m it sich brachte, kann heute lediglich (im Gegensatz zu sonst überall gewohnten höheren Qualitätsansprüchen auch im äußeren Erschei­ nungsbild) als bewußte Inkaufnahme architektonischer Billigware aufgrund ausschließlicher Profitorientierung in­ terpretiert werden! Die Modernisierungsprojekte der „Neu­ en Heim at" an der unteren Königstraße seien ebenso wie die der städtischen WBG ausdrücklich von dieser K ritik ausgenommen. Bei einem vornehmlich auf Umsatzsteigerung und Investi­ tionszwang ausgerichteten Unternehmen, wie es die „Neue H eim at" als die größte Baugesellschaft in Europa dar­ stellt, historisches Bewußtsein oder gar ausreichende Be­ rücksichtigung ortsbedingter, schwieriger Forderungen zu erwarten, hieße allerdings, Luftschlösser zu bauen und sich auch noch darüber zu wundern, daß sie sofort wieder Zu­ sammenstürzen! Bedauerlich ist dabei vor allem, daß es sich bei dem Sanierungsträger um ein gewerkschaftliches Unternehmen handelt, von dem man eigentlich doch an­ nehmen sollte, daß es sich sozialer und humaner erweisen würde ... Aber dieses Unternehmen ist eben doch zu groß geworden, als daß es sich den Mechanismen des „sozialen M arkts" entziehen könnte; es ist vielmehr zum stärksten Kapitaleigner auf dem ganzen Kontinent geworden. Dies erklärt so manches. Die nächstliegende Hoffnung, daß da der institutionalisierte Prügelknabe „Baukunstbeirat" sich als entscheidendes Re­ gulativ erweisen könnte, hat man auch schon in anderen Fällen begraben müssen. Seine (mehr oder weniger) A lib i­ funktion hat viele Gründe, m it denen sich das „Altstadt2

Endlich bekommt auch Fürth seine Stadthalle. Das Er­ freulichste daran für eine Bürgerinitiative, die unter dem M otto „Projekt einer Wiederbelebung" der Fürther A lt­ stadt angetreten ist, dürfte ihr Standort sein. Im Hickhack der Meinungen hat doch die Vernunft gesiegt, die Stadt­ halle zum Kristallisationspunkt des Sanierungsbereichs zu machen (siehe auch die Stellungnahme der Bürgerver­ einigung im „Altstadt-Bläddla 1 /7 7 "!); daß dieser Vernunft erhebliche finanzielle Zuwendungen von Bund und Land ein wenig nachgeholfen haben, spricht keineswegs gegen sie. Wie ursprünglich bereits vorgesehen, hat ein Architekten­ wettbewerb (freilich im Eilzugtempo) manchem zumin­ dest den Eindruck vermitteln können, als sei der Weis­ heit letzter Schluß dadurch gefunden worden. Sieht man genauer hin, wird man jedoch über das Ergebnis dieses Wettbewerbs nicht so recht froh. Zwar soll der Sachver­ stand der zuständigen Jury nicht im geringsten bezwei­ felt werden; ebensowenig wie das Bemühen des gesamten Fürther Stadtrats, sich die Entscheidung über den Bauauf­ trag nicht leicht zu machen. Und dennoch: es bleiben er­ hebliche Zweifel, weshalb ausgerechnet eine Lösung prä­ miert wurde, die sich mehr von der Altstadt abkehrt als sich ihr zuwendet. Denn was soll die (besonders lobend her­ vorgehobene) Orientierung einer Schauseite an einem Wiesental, das künftig durch eine vier- bis sechsspurige Hauptverkehrsstraße (die Westspange im Verlauf des heu­ tigen Rednitzbeckens) davon getrennt werden wird? Wozu dient weiter die absolute Fixierung dieser Stadthalle auf eine U-Bahn (ja geradezu ihre architektonische Abhängig­ keit davon), die erst in Perry Rhodans Zeiten oder viel­ leicht überhaupt nie gebaut wird? Man hatte die Chance einer Alternativlösung (in Form des zweiten Preisträgers), die den Forderungen der Fürther Altstadt gerechter zu werden versprach (unmittelbare, städtebaulich einfallsreiche Anbindung an den geplanten