1931
Anfang des Jahres 1931 lebten 79.558 Personen auf Fürther Stadtgebiet. 10.599 davon waren
arbeitslos, bis Oktober hatte sich diese Zahl auf 12.644 erhöht. In der Stadt gab es 65 Ärzte (6
davon im Krankenhaus), 16 Zahnärzte, 14 Hebammen und 8 Apotheker. Die Säuglingssterblichkeit
lag bei 8,5%. Von den 1200 Lebendgeborenen im Jahr 1930 waren 307 nichtehelich. Auf den
Straßen der Kleeblattstadt fuhren gerade mal 1945 Autos, regelmäßig wurden 32.750 Mülleimer
geleert und es gab noch vier Dienstmänner, die täglich mit ihren Karren bereitstanden. Fürth hatte
zwar 21 Taxikonzessionen vergeben, doch nur noch zehn Taxis fuhren auf den Straßen. Der
Flughafen in Fürth-Atzenhof wurde auf 15 Strecken angeflogen. Im Vorjahr fertigte man 2514
Flüge ab.
Auch in Fürth hatten Populisten Hochkonjunktur. Die Stadträte Jakob (NSDAP) und Hausladen
(KPD) sorgten mit unzähligen Anträgen immer wieder für Behinderungen im Stadtrat. Die Nazis
stellten sogar einen Antrag auf Auflösung des Stadtrates.
Der Fürther Stadtrat kürzte in mehreren Etappen die Bezüge aller städtischen Beschäftigten. Bis
Ende des Jahres mussten die 1089 Beamten, Angestellten und Arbeiter auf durchschnittlich
24,76% ihrer Einkommen verzichten. Obwohl die Stadt ihre Bürger mit zusätzlichen Abgaben wie
Wohnungsluxussteuer, Bürgersteuer oder Wohlfahrtsabgabe belastete, stieg das Defizit im
Haushalt aufgrund der Wohlfahrtsleistungen für die Arbeitslosen auf 735.968 RM an. Bei über 18
Mio RM Schulden mussten jährlich 1,6 Mio RM für Zins und Tilgung aufgewendet werden. Durch
die mehrfach erhöhte kommunale Getränkesteuer in Kombination mit der angehobenen Biersteuer
kam es auch in Fürth zu einem "Wirtesterben", da die Gäste regelrecht "hinausgesteuert" wurden.
Die Stadt Fürth zahlte einem arbeitslosen Ehepaar 63 RM monatlich, je Kind kamen 16 RM
Wohlfahrtsleistung hinzu. Die erwerbsfähigen Arbeitslosen mussten sich einmal pro Monat im
"Wolferla" (Wohlfahrtsamt) zum "Stempeln" einfinden, um sich weitere Auszahlungen zu sichern.
In den kälteren Monaten verbrachten viele den Tag in Wärmestuben. Wer es sich leisten konnte zu
heizen, ließ sich "böhmische Braunkohle" liefern, wobei es die Kohlenhändler mit der Füllmenge
oft nicht so genau nahmen. Immer mehr Bürger suchten eine kleinere Wohnung. Bei der Stadt
Fürth waren 5.106 Wohnungssuchende gemeldet. Wer seine Miete nicht mehr bezahlen konnte,
landete nach der Zwangsräumung im Obdachlosenasyl. Nicht wenige Personen konnten eine
Wohnung überhaupt nicht mehr halten, da die Stadt Fürth auch ihre Gebühren z.B. für Wasser und
Abwasser sowie die Feuerschutzabgabe deutlich erhöhte. Diesen Personen blieb nur die
Übernachtung in Treppenhäusern oder Unterführungen. Die drei Fürther Volksbäder hatten
Hochkonjunktur, verfügten doch nur wenige Wohnungen über ein eigenes Bad.
Je drastischer die Leistungskürzungen ausfielen, desto mehr schlossen sich die Reihen der
militaristisch orientierten Interessenverbände. Von Ihnen kam der größte Druck. Allein die
"Kriegergenossenschaft Fürth" zählte 2443 Mitglieder. Zur Linderung der Not organisierte die Stadt
Fürth über den Verein "Nothilfe Fürth e.V." (Geschäftsführer Rechtsrat Dr. Bornkessel)
Sachspendensammlungen sowie eine "Volksküche". Die vom Verein ausgegebenen
Gabenscheine zur Einlösung bei bestimmten Geschäften hießen in der Bevölkerung despektierlich
"Bettlerschecks".
Mit 2340 Mitgliedern war der TV Fürth 1860 der größte Sportverein in Fürth. Seine Handballer
erkämpften zum fünften Mal die Süddeutsche Meisterschaft. Die SpVgg mit ihren 1399 Mitgliedern
schaffte es mit ihren Fußballern bis in die Endrunde der Meister. Namen wie Neger, Franz,
Leinberger, Hagen, Appis und Kießling kannte jedes Kind.
Zu Schuljahresbeginn 1931/32 wurden an den Fürther Volksschulen 5.769 Schülerinnen und
Schüler unterrichtet. Bei 137 Klassen lag der Durchschnitt bei 42,1 Schülern pro Klasse. Um Tbc
aufzuspüren, wurden sämtliche Schulanfänger mit der "Moroschen Tuberkulin-Salbe" eingerieben.
Für bedürftige Kinder gab es nach wie vor die tägliche "Schulspeisung" in Form von einem Glas
Milch und Weißbrot. Schuljahresbeginn war der 16. April. Für weiterführende Schulen wurde das
Schulgeld um rund 40% (!) erhöht. Viele männliche Schulanfänger trugen den blau-weißen
Matrosenkragen von "Bleyle", die Mädchen weiße Kittelschürzen. Die Zugehörigkeit zu einem
Gymnasium erkannte man an den verschiedenen Farben der Schülermützen.
Kommunale Höhepunkte 1931 waren am 1. Mai die Einweihung des von Kommerzienrat Hans
Lohnert gestifteten Sportplatzes in der Fürther Südstadt sowie die Eröffnung des neuen Fürther
Krankenhauses auf der Schwand am 11. Juli.
Für kulturelle Abwechslung sorgten fünf Kinos sowie das zusammen mit der Stadt Nürnberg
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