Das Kino „Weltspiegel“ zeigte den sorglos-heiteren Spielfilm „Sprechstunde für Liebe“. Der Filmkuss am Ende durfte natürlich nicht fehlen. Bis dahin tummelten sich reizende Frauen und interessante Männer in turbulenten Verwicklungen im Großstadtgetriebe New Yorks. Viele Fürther kamen sich sicher vor wie auf einem anderen Planeten. Die vorgeschaltete Wochenschau zeigte einen Tag bei der Marine in New York, „dynamischen Fußball“ sowie ein Frauen-Hockeyspiel. 16. Januar 1946 Eine siebenköpfige Einbrecherbande konnte von der Fürther Kriminalpolizei nach einem Einbruch nachts dingfest gemacht werden. Die sichergestellten geraubten Sachen (Schuhe und Textilien) waren für die Betreuung von Flüchtlingen bestimmt gewesen. Letztmalig wurden alle Industriebetriebe, Großhandelsfirmen, Einzelhändler und gewerbliche Handwerksbetriebe angeschrieben, sich beim Wirtschaftsamt Fürth (Kohlenmarkt 3, Zimmer 32) registrieren zu lassen, um dem Gesetz Nr. 8 der amerikanischen Militärregierung zu genügen. Man forderte alle früher unter die Nürnberger Gesetze fallenden Personen auf, die während der Nazizeit zu Geldstrafen verurteilt wurden, sich mit ihren Unterlagen beim Staatskommissar für die Betreuung der Juden in Bayern (München, Prinzregentenstraße 5) schriftlich zu melden. Am 21. Januar 1946 hatten alle Schüler des Humanistischen Gymnasiums zur endgültigen Aufnahme in der Gaststätte Reuel (Karolinenstraße 11) zu erscheinen. Die Klassen 6-8 um 8 Uhr, die Klassen 4-5 um 9 Uhr und die Klassen 1-3 um 10.30 Uhr. 19. Januar 1946 Eine weitere Frist wurde bis 23. Januar verlängert: Alle Einwohner Fürths, die Mitglied der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen waren, mussten sich bis zu diesem Zeitpunkt bei der Polizei registrieren lassen. Danach hatten Säumige mit empfindlichen Strafen zu rechnen. So wurde die erste Welle der „Entnazifizierung“ eingeleitet. Viele konnten das Tricksen nicht lassen: Das Fürther Wohnungsamt stellte fest, dass immer mehr Wohnungen oder Zimmer hochoffiziell zu gewerblichen Zwecken verwendet wurden. Durch diese Umwandlung versuchten Wohnungsinhaber eine Unterbringung von Flüchtlingen zu verhindern. Das Wohnungsamt machte auf mögliche Strafanzeigen aufmerksam, außerdem wurde bei solchen Räumen auf Kosten des Wohnungsinhabers der frühere Zustand wiederhergestellt und die Räume Obdachlosen zugewiesen. 23. Januar 1946 Die Fürther Stadtwerke beklagten einen außerordentlichen Anstieg der Belastung des Stromversorgungsnetzes in den letzten Tagen. Die bürokratischen Bestimmungen sahen vor, dass die Benutzung von Heizgeräten, Bügeleisen oder Staubsaugern in den Hauptbelastungszeiten von 10 bis 12.30 Uhr und von 17 bis 19 Uhr verboten war, weiterhin durfte als Beleuchtung in jedem Haushalt pro Raum nur eine Lampe bis 60 Watt Verwendung finden. Eine Schaufensterbeleuchtung war grundsätzlich verboten. Durch häufige Nichteinhaltung dieser Vorschriften kam es deshalb immer wieder zu Stromunterbrechungen. In den beiden Fürther Kinos „Alhambra“ und „Weltspiegel“ lief der große Dokumentarfilm „Todesmühlen“, der die Grausamkeiten in den KZ-Lagern zeigte. Der Eintrittspreis betrug einheitlich 60 Pfennige. (Der Film wurde eine Woche lang gleichzeitig in allen damals 130 bayerischen Kinos gezeigt.) Zugunsten ehemaliger KZ-Häftlinge veranstaltete die Betreuungsstelle Fürth einen großen Bunten Abend im Stadttheater, u.a. mit Anni Coty, Gusti Rainhoff, Richard Holm und Hannes Lampmann (alle Opernhaus Nürnberg). 26. Januar 1947 Aus dem Fonds der Stadt Fürth für das „Frankenhilfswerk“ erhielten die laufend unterstützten Wohlfahrtsempfänger zur Beschaffung von Brennstoffen eine Beihilfe. Die Auszahlung erfolgte gegen Vorlage des Unterstützungsausweises. Wieder einmal wies man in der Presse darauf hin, dass Jugendlichen unter 18 Jahren der Aufenthalt auf der Straße nach Einbruch der Dunkelheit verboten war. Für Sonderunterricht oder Bibelstunden am Abend erteilte die zuständige Fürther Polizeiwache einen Sonderausweis. Harte Zeiten für die Kids. 2
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