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Am Montagnachmittag wurde aus der Pegnitz unterhalb des Fürther Friedhofs die Leiche eines 16jährigen Mädchens geborgen. Die Tote wies untrügliche Spuren von Gewalt auf. An der Leiche war mittels eines Wehrmachtskabels ein schwerer Pflasterstein befestigt. Am Hinterkopf und unterhalb des linken Armes waren Stichwunden zu erkennen. Die Tote war im 7. Monat schwanger. Der gründlich vorbereitete Mord erfolgte mit außergewöhnlicher Rohheit. Die Tat blieb ungesühnt. Alle ehemaligen deutschen Kriegsgefangenen, die sich in der Stadt oder im Landkreis Fürth aufhielten und an einem demokratischen Erziehungskurs mit Erfolg teilgenommen hatten, mussten sich im Fürther Rathaus, Zimmer 68, unter Vorlage ihrer Papiere registrieren lassen. Die Stadt Fürth gab erfreut bekannt, dass aufgrund hochherziger amerikanischer Hilfe für 2000 bis 4000 Fürther Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren eine tägliche Schulspeisung möglich wurde. Am staatlichen Versehrtenkrankenhaus Erlangen, Neue Schule, Ohmplatz 2, fand ein „Gehkurs für Oberschenkelamputierte“ statt. Da die Teilnehmerzahl beschränkt war, hatten sich Interessenten aus ganz Mittelfranken vormerken zu lassen. Hin- und Rückfahrt waren kostenlos. 4. September 1946 Zu den populärsten Fürthern zählte damals schon Dr. Ludwig Erhard, der 1897 in Fürth geboren wurde. Er wuchs in der Sternstraße auf (heute Ludwig-Erhard-Straße). Die Eltern betrieben dort ein Wäschegeschäft. Ludwig Erhard studierte in Frankfurt a.M. Wirtschaftswissenschaften und Soziologie. Während der Naziherrschaft leistete er bereits wissenschaftliche Vorarbeiten für den Wiederaufbau in der Nachkriegszeit. In der amerikanischen Zone übte er beratende Funktionen bei der Militärregierung aus. Presse und Rundfunk verbreiteten seine Thesen zum Aufbau der deutschen Wirtschaft. Für die Fürther „Fahrbereitschaft“ wurden neue Gebührensätze festgelegt: Für einen Tagesfahrbefehl 10 Pfennige, Wochenfahrbefehl 50 Pfennige, Monatsfahrbefehl oder Fernverkehrsgenehmigung über 80 km je 2,-- RM. Die vorgeschriebene Registrierung der arbeitsfähigen Bevölkerung erwies sich als schwierig. Nichtstuer und Arbeitsscheue waren kaum zu erfassen, da sie sich nicht um die vorgeschriebenen Meldetage kümmerten. Umgekehrt stellte man – insbesondere um die Zeit der Lebensmittelkarten-Ausgabe – ein Ansteigen von Scheinarbeitsverträgen fest. Um dem katastrophalen Mangel an Heizmaterial für den nächsten Winter vorzubeugen, streckte die Fürther Stadtverwaltung rechtzeitig die Fühler aus. Bei 16 Forstämtern wurde man „Holzkunde“. Die größten Lieferungen kamen aus dem Frankenwald. 7. September 1946 Die Fürther Polizei schlug Alarm: Die Jugend drohte zu verwahrlosen. Die Straftaten stiegen mit jedem Monat an. Nun erließ man eine Verordnung, wonach alle Personen bis zu 25 Jahren, die keine Arbeit hatten, von der Polizei aufgegriffen werden konnten. Die jungen Leute wurden in Arbeitserziehungsanstalten gesteckt. Die entstehenden Kosten übernahm der Staat. Städtische Arbeiter hatten stundenlang an der Entleerung der Abortgruben im Bereich Dengler- und Badstraße zu arbeiten. Grund war der eingeworfene Unrat: Blumensträuße, Gemüseabfälle und sogar Zement verstopften die Rohre. Das Fürther Stadtkrankenhaus benötigte laufend Blutspender. Interessenten wurden gebeten, sich im Krankenhaus, 1. Stock, Zimmer 150, zu melden. Als Entschädigung gab es eine Lebensmittelzulage. Die Bamberger Symphoniker gaben im Fürther Stadttheater unter der Leitung von Kurt Lechner ein Orchesterkonzert. Solistin war Olga Luzia Lenssen am Piano. Peter Igelhoff gastierte mit seinen Musikanten in der Non-Stop-Schau unter dem Motto „Wir machen Musik“. Zentral-Lichtspiele: „Nacht im Hafen“, ein spannender Milieufilm aus der alkohol- und verbrechengeschwängerten Spelunken-Atmosphäre mit Jean Gabin, Ida Lupino und Thomas Mitchell in den Hauptrollen. 11. September 1946 Im Fürther Logenhaus (Kulturverein) kam es zur ersten Versammlung der Gewerkschaftsfunktionäre und Betriebsräte. In Nürnberg hatten sich seit Kriegsende etwa 48.000, in Fürth 6000 Arbeitnehmer gewerkschaftlich neu organisiert. Das internationale Rote Kreuz aus der Schweiz lieferte 25 Kisten und zwei Ballen an wertvollen 20