Seite:Kuntermann 1946-47.pdf/33

Diese Seite wurde noch nicht korrekturgelesen.

Personen pro Raum! Aus einem Leserbrief an die NN zum Alltagswahnsinn des Zugfahrens: Der Zug ab Fürth/Hbf nach Zirndorf sollte um 12.27 Uhr fahren. Täglich hatte der Zug zwischen einer und drei Stunden Verspätung. Endlich, um etwa 14 Uhr wird eine Lokomotive (Typ 1835) angehängt. Kurz nach der Sieben-BogenBrücke gibt die Lok infolge der geringen Steigung ihren Geist auf. Die vielen Fahrgäste steigen aus und gehen zu Fuß weiter. Sie laufen teilweise bis nach Zirndorf. Die Kohlennot im Winter machte auch vor den Schulen nicht Halt. Schüler der höheren Schulen schickte man mit Anleitungen für die häusliche Arbeit nach Hause. Sie wurden zu einem bestimmten Datum zur Aufgabenbesprechung wieder einbestellt. Eine „Wintersammlung für Ausgewiesene“ wurde für die Zeit vom 12. bis 19. Januar angesetzt. Schüler und Schülerinnen der Oberklassen gingen mit Sammelblock von Haus zu Haus und holten die Waren ab. Die Sachspender erhielten Quittungen. Je ein Päckchen Karamelltrunk erhielten in Fürth Kinder bis zu 10 Jahre in der 97. Zuteilungsperiode. Die Ware konnte ab 20. Januar auf die mit dem Aufdruck EA Stadt-Fürth versehenen Sonderabschnitte E 709 durch den Milchhandel bezogen werden. 15. Januar 1947 Immer mehr Bürger wandten sich an die Stadtverwaltung, da man keine Erklärung dafür hatte, warum Strom so knapp sein sollte, zumal die Strom liefernden alpinen Flüsse Isar, Lech, Iller, Inn und Donau durch die Schneeschmelze eine sehr hohe Wasserführung aufwiesen. Hauptgrund der Knappheit war die nicht mehr existierende „Verbundwirtschaft“. Sie war durch die Zonengrenzen weggefallen, die riesigen 220- und 110 kV-Freileitungen waren stromlos. Dazu kam, dass Österreich aus den Tiroler Wasserkraftwerken keinen Strom mehr nach Bayern lieferte. Bayern war auf sich selbst angewiesen. Im Dezember liefen drei Transportzüge mit Flüchtlingen in Fürth ein. Diese brachten 773 Vertriebene, darunter erstmals 269 Ungarn. In der Wirtschaft Ramor, Wilhelmshöhe, hatte sich eine fünfte Wärmestube gebildet. Über die Presse rief man die Bevölkerung dazu auf, Lektüre für alle Wärmestuben zu spenden. Auch Spiele aller Art wurden angenommen. Die Räumung des Gebäudes der Oberrealschule an der Kaiserstraße im Frühjahr schien wieder in weite Ferne zu rücken, zog doch der Chefarzt mit seiner Familie in das Dienstwohnhaus des Schuldirektors ein. Infolge der katastrophalen Kohlenlage musste auch im Gasverbrauch zu weiteren Einschränkungsmaßnahmen geschritten werden. Es wurden deshalb ab sofort die Abgabezeiten auf 5.30 bis 7.30 Uhr, 10.30 bis 13 Uhr und 16.30 bis 22 Uhr festgesetzt. Abnehmer, die in den Abgabezeiten mehr als die ihnen zustehende Gasmenge verbrauchten, wurde die Gaszufuhr wie schon 1946 eine Woche lang und im Wiederholungsfall auf drei Wochen gesperrt. Weltspiegel: „Abe Lincoln in Illinois“, ein amerikanischer Geschichtsfilm über den berühmten Präsidenten auf seinem Weg zum Weißen Haus. 18. Januar 1947 Das Fürther Ernährungsamt bestrafte fünf Lebensmittelgeschäfte mit insgesamt 260 RM wegen Belieferung ungültiger und gefälschter Lebensmittelbedarfsnachweise, vier Lebensmittelgeschäfte mit insgesamt 500 RM wegen Zuckerverfehlungen, zwei Gemüsehandlungen mit insgesamt 300 RM wegen unberechtigtem An- und Verkauf von Gemüse, eine Fischhandlung mit 200 DM wegen Schwarzhandels mit Karpfen und drei Personen mit insgesamt 1800 DM wegen Doppelbezugs von Lebensmittelkarten. Bei einer Betriebsräte-Versammlung der Fürther Betriebe wurde eine Entschließung angenommen, nach der die Werktätigen nicht gewillt waren, ihre Belange in der kommunalen Verwaltung oder sonstwo durch Mitglieder der ehemaligen NSDAP bearbeiten zu lassen und damit auf deren Gnade oder Ungnade angewiesen zu sein. Anlass war eine Bemerkung OB Dr. Bornkessels, Beamte und Behördenangestellte, welche Mitglieder der NSDAP waren, als „kleine Nazis“ zu bezeichnen. Man wollte unbedingt erreichen, dass ehemalige Nazis nicht wieder in den öffentlichen Dienst gelangten, egal ob „große“ oder „kleine“ Nazis. In Leserbriefen beschwerte man sich über das Verhalten der Generalintendanz des Fürther Stadttheaters. Das Lustspiel „Lisa benimm dich“ musste für den 15. Dezember wegen Erkrankung des Hauptdarstellers abgesagt werden. Es wurde auf den 22. Dezember verschoben. Drei Tage vorher musste die Aufführung wiederum abgesagt und auf den 29. Dezember verlegt werden. Etwa 1000 Menschen standen an diesem Abend vor verschlossenen Türen. Kein Hinweis auf einen Grund der 33