Seite:Kuntermann 1948.pdf/9

Diese Seite wurde noch nicht korrekturgelesen.

Baugeschäften in Bayern. Seit 1945 war Röllinger an Bauwerken wie dem Nürnberger Hauptbahnhof, dem Straßenbahndepot Maxfeld oder dem ersten Nürnberger Altstadtbau beteiligt. Jetzt lud die Firma 600 Betriebsangehörige von 50 Baustellen zu einem „Kameradschaftsabend“ ins Fürther Logenhaus ein, um ihnen angesichts der schwierigen Arbeitsbedingungen einen vergnüglichen Abend der Entspannung zu bieten. Die „Arbeitsgemeinschaft der Kleingärtner Fürth und Umgebung“ hielt ihre übliche Jahresversammlung ab. In enger Zusammenarbeit mit der Stadt Fürth war es gelungen, 1947 insgesamt 89.200 qm Gartenland an 200 Familien neu zur Bewirtschaftung übergeben zu können. Auf der Warteliste standen weitere 420 Anwärter für Kleingärten. Die Kleingärtner übten damals eine wichtige Funktion für die Selbstversorgung mit Lebensmitteln aus. Die lokale Presse erinnerte an den 75. Geburtstag von Jakob Wassermann. Der in Fürth geborene jüdische Schriftsteller wurde durch Werke wie „Die Juden von Zirndorf“, „Caspar Hauser“, „Der Fall Maurizius“ oder „Mein Weg als Deutscher und Jude“ berühmt. Wassermann starb 1934 in Österreich. 1933 wurden seine Werke als Bücher „wider den deutschen Geist“ auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Die SpVgg kam im Abstiegskampf zu einem unerwartet klaren 3:1-Auswärtssieg bei Viktoria Aschaffenburg. Die Tore für Fürth erzielten Vorläufer (2) und Meier. Damit verbesserte man sich auf Rang 18 der Tabelle. In der Non-Stop-Schau gastierte im Märzprogramm der Ur-Schwabe Willy Reichert mit spritzigen Pointen aus dem „Ländle“. Dazu gab es natürlich Akrobatik und musikalische Beiträge, letztere unter der Orchesterleitung von Hugo Reker. Samstag, 13. März 1948 Der Fürther Abgeordnete Willi Fischer (SPD) brachte im bayerischen Landtag einen Antrag ein, demzufolge die Bayerische Staatsregierung beauftragt werden sollte, geeignete Schritte zu unternehmen, eine „bessere Versorgung der Bevölkerung des Wirtschaftsgebietes Nürnberg-Fürth und Umgebung im Hinblick auf Ernährung und Hausbrand zu gewährleisten“. 750.000 Menschen waren hier zu versorgen und Nürnberg als mittelfränkisches Zentrum war stark zerstört. Trotzdem flossen die meisten Mittel in die oberbayerischen Gebiete. Auch bei Sonderaufrufen und Sonderzuteilungen würde Mittelfranken benachteiligt werden. Im Fürther Stadtrat kam es zu Klagen über braunen Zucker. Der aufgerufene „Kuba-Rohrzucker“ war stark verunreinigt und daher in einem ungenießbaren Zustand. Man versicherte, dass seit 1. März kein brauner Zucker mehr im Handel wäre. Das tägliche lästige „Schlange stehen“ dauerte bei Fischzuteilungen am längsten. Ein System für Kundeneinschreibungen wie bei Eiern oder Gemüse gab es für Fisch nicht, da die Zuteilungen recht selten waren. Im gesamten Fürther Bereich gab es 16 Frischfisch-Verkaufsstellen. Gefahren der Verkehrsregelung: Die Kreuzung Nürnberger und Jakobinenstraße galt damals als Fürths gefährlichster Verkehrsknotenpunkt. Jetzt wurde der dort in der Mitte stehende und den Verkehr regelnde Polizist von einem Kraftfahrzeug angefahren, auf die Straße geworfen und schwer verletzt. Nach wie vor Flüchtlingsnot: Noch immer harrten im Flüchtlingslager „Espan“ annähernd 200 Ausgewiesene seit Monaten auf eine Zuteilung einer Privatunterkunft, aber es wurde für die Behörden immer schwieriger, weitere Quartiere zu ermitteln. Wegen der teilweise unzumutbaren Zustände im „Espan“ musste sogar das Lager „Badstraße“ als Durchgangslager herangezogen werden. Auch die Kranken brachte man kaum noch unter. Das Stadtkrankenhaus auf der Schwand war weiterhin chronisch überbelegt, die Krankenstation in der Marienstraße platzte aus allen Nähten. Mittwoch, 17. März 1948 Das Fürther Wohnungsamt geriet immer mehr in die Kritik. Wie sollten die wenigen Wohnungen auf die Masse der Bewerber verteilt werden? Allein im Monat Februar wurden 2022 Wohnungsgesuche eingereicht. Von 1410 Zuzugsgesuchen im gleichen Monat wurden nur 159 genehmigt. Die Fürther Bevölkerung sprach von „Wohnungsdiktatur“. Alles hing vom Zartgefühl des Wohnungsreferenten ab. Deshalb forderte man, den Wohnungsausschuss wieder mit Mitgliedern des Stadtrats zu besetzen. In einem Leserbrief beschwerte man sich über die Belegung des Warteraums 2. Klasse im Fürther Hauptbahnhof. Die Reichsbahndirektion wurde aufgefordert, diese Einrichtung Reisenden und nicht Nichtstuern zur Verfügung zu stellen. Etwa 30 „Drohnen der Fürther Gesellschaft“ zechten dort täglich schon am Nachmittag und zwangen dadurch Reisende, sich in klirrender Kälte am Bahnsteig

9