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Aiques Mortes liegt mitten zwischen Weiden, Steppen und lichten Wäldern, zwischen Salinen und Kanälen, ganz umgeben von einer weißgrauen, unge­ wöhnlich hohen, mittelalterlichen Stadtmauer. Die"Stadt der toten Wasser" ist mit ihren Befestigungen eine der eindrucksvollsten mittelalterlichen Wehranlagen, die meine Augen sahen. Noch liegen, bis auf wenigen an der Nordseite, alle Gebäude innerhalb der Mauern. Nichts scheint sich hier seit den Tagen des achten Kreuzzugs verändert zu haben. Nur die elektri­ schen Leitungen und die Telegrafendrähte sind hinzugekommen - man merkt es, weil sie stören. Von hier aus führte St.Louis seinen unglücklichen Kreuzzug. Die alte Kreuzfahrerkirche hat sich nur wenig verändert. Auf dem Marktplatz steht inmitten des Jahrhunderte alten Staubes das Denk­ mal des Heiligen. Drohend blickt von der Hauptfestung der "Tour de Constance", der Turm der Beständigkeit herüber. Noch heute scheint er den Hugenottinnen nachzutrauern, die hier inmitten der heißen Sümpfe ihr Leben ließen. "Resistez"-widersteht, hatte eine von ihnen, Marie Durand in den Stein geritzt. Bis heute hat es dem Zahn der Zeit widerstanden. Auf der Hauptstraße blüht das Souvenirgeschäft. Aber weiter hinten, im Ostviertel ist es ruhig und leer. Zwei fauchende Katzen raufen sich in den regennassen Kopfsteinpflastergassen um einen Kisch. Der Seewind trägt den fauligen Geruch eines Sumpfweihers vor der Stadt wie einen Pesthauch in die engen Gassen mit den braungrauen,niedrigen Häusern. Die ersten Regentropfen zeichnen kleine, schwarze Punkte in den Staub. Ein Lastwagen nimmt uns mit nach Westen. Er ist alt, uralt, der Fahrer dafür umso netter. Die hochgetürmte Ladung rattert vorbei an weiten Salz­ steppen, den Sansouires, an Schilfdickichten, Sanddünen, Sumpfen, Seen und Salinen. Vorbei an großen Stierherden und Gruppen der halbwilden weißen Pferde, die nach Meinung vieler Forscher als die letzten Abkömm­ linge des Pferdes von Solture eine bodenständige Rasse bilden. Vorbei an den Gardians, den europäischen Cowboys, die diese Herden bewachen, hier in diesem seltsamen Land, in das alljährlich die Zigeuner eine Wallfahrt zur"Schwarzen Sara"machen. Vorbei an dem riesigen Naturschutzgebiet um den Etang du Vaccures, in dem Pelikane, Seidenreiher und Flamingos - die einzigen Europas brüten; vorbei an der letzten Heimstätte europäischer Adler und Biber. Am nächsten Tag ist es dann soweit« die Pyrenäen sind erreicht. Stolz und einmalig zeigen sie sich in ihrem Farbenspiel, aus dem der Atem der Urzeit weht. Gold und purpurfarben leuchten die Weinberge der Ostpyrenä­ en und nur langsam werden die Landschaften herber, ernster und rauher, die von Urgel, von Navarra und die von Andorra. Dieser Zwergstaat mit seinen 5ooo Einwohnern war das Ziel unseres Lasters und so sitzen wir nun in dem großen Tal an der neuen Straße, eingeklemmt zwischen Frank­ reich und Spanien. Unter Leuten, die mühsam leben vom Schnapsverkauf und vom Fremdenverkehr und die sonst Hirten und Gebirgsbauern sind. Canillo,Odeillo,LaMasana,Enchamps,San Julie de Loira, das sind die Dör­ fer. Andorra de Vella ist die Hauptstadt.Auch sie ist nur ein etwas grö­ ßeres Straßendorf mit einigen modernen Häusern an der Starße.12 Gemein­ degendarmen passen auf, daß den ehrenwerten Schmugglern nichts abhanden kommt.Fast alle Bewohner sind dreisprachig«Katalonisch,Spanisch und Französisch.Die an der Straße sprechen sogar einige Brocken Deutsch-gut für den Fremdenverkehr.Br ist hier überhaupt recht üppig und die Tourist­ enautos wälzen sich mühsam von Frankreich nach Spanien her durch das Land Billiger Alkohol und Verhökerung von steurlich benachteiligten Objekten locken Uber die Grenze und bringen Geld unter die Leute.Das Haupttal ist zu einem romantischen Durchgangsaufenthalt für kilometerfressende Auto­ fahrer geworden. Die alten Kirchen wirken wie schlecht platzierte Muse­ umsstücke .Wer wie wir Zeit und ein wenig Glück hat,der findet schon etwas seitwärts noch das alte Andorra der Hirten und Schmuggler in dem einsamenHochtal unter der mächtigen Kulisse der Pyrenäengipfel. Zwei Tage konnten wir in einem der selten gewordenen Häuser, die Tucholsky beschreibt verbringen, dann nahm uns der PKW eines Ehepaares aus Karls­ ruhe mit nach Norden. mz

Das Goldene Horn, dieser schmale, gewundene Meeresarm, der sich vom Bosporus nach Nordwesten ins ^and schiebt, ist weit davon entfernt, etas mit Gold zu tun zu haben. Im Gegenteil, er ist erfüllt von dem beißenden, schwarzem Rauch aus den Schloten der rußigen Schlepper, dem Dröhnen der Schiffssirenen, dem Tuten der Baskassen und dem singenden Rufen der Männer in den Segelschiffen und Ruderboten. Die beiden Brücken, die es überqueren, sind Eng­ pässe, durch die sich Menschen und Fahrzeuge drängen und quälen. An der östlichen Galata-Brücke, ist die Hauptanlegestelle der Fähren nach dem asiatischen Ufer hinüber. Schwer stampft der kleine Dampfer gegen die Strömung vom Schwarzen Meer her. Der Bug zerschneidet zischend das tintig-blaue Wasser des Bosporus. In der dunstigen Ferne tauchen schon die weißgrauen Mauerko­ losse der bilderbu-öhfestungen Rumeli und Anatoli Hisar auf. Zwei Störche ziehen in tiefem Flug hinüber nach Asien. Und dann ist da Stambul mit seinen alten Moscheen, seinem Gaesengewirr, seinen Bazars, seinen alten Holzhäusern und den Brunnen und Palästen. Ganz im Gegensatz auf der anderen Seite des goldenen Horns der völlig europäisierte Stadtteil mit dem eintönigen Anblick moderner kubischer Bauten, Botschaftspalästen und Hotels, wie in einer europäischen Großstadt. Aber scheinbar unberührt von all dem großstädtischen Treiben kreisen in den Mittags- und Abendstunden Geier und Milane am Istambulen Himmel und spähen nach Abfällen. Das faszinierendste an Stambul ist der große Bazar. Früher war dieses Lalyrint von Gassen, Höfen, Durchgängen und Ge­ wölben das pulsierende Handelszentrum des Osmanischen Reiches. Er ist ein Stadtteil für sich. Alles kann man hier kaufen. Den größten Ramsch und die erlesensten Kostbarkeiten. Das öhrenbetäubende Geschrei der Verkäufer, die vor den Eingängen ihrer Buden und Gewölbe stehen und heiser und gestenreich ihre Ware anpreisen, die immer wife der neuen Gerüche der Singsang der Wasserverkäufer und das schier babylonische Sprachengewirr vermischen sich zu einem bunten, vielfältigen Kaleidcdcop. Wir sind der quirlenden Geschäftigkeit des Basans wieder ent­ ronnen. Nun stehen wir vor der "Blauen Moschee". Sie ist eine der schönsten im Bereich des ganzen vorderen Orients. Dicke, schwere Teppiche dämpfen Jedes laute Geräusch. Schweigend lassen wir uns nieder und lauschen dem eintönigen Chorus einer Koranschule mit kleinen Jungen. Stadt der 200 Menschen wird Istambul oft genannt. Und gegen die strahlende "Blaue Moschee" wirkt die Hagia Sophia, das gewaltigste Bauwerk öhristlicher Kultur:mit ihrem schmutziggelben Verputz fast etwas schäbig. Aber wenn man erst unter der gewaltigen, der christlichen Kosmos symbolisierenden Kappel des unter Kaiser Justinian geschaffenen Bauwerkes steht, ist man vom Eindruck dieser Architekten überwältigt. V»er sich für Bauwerke be­ geistern kann, wird Monate in Istambul leben müssen, um alle Eindrücke richtig in sich aufzunehmen. Und dann sitzen wir in einer kleinen Gartenkneipe. Vom Marmara­ meer kommt ein leichter, erfrischender Abendwind herüber. Der dickflüssige Wein ist herrlich. Plötzlich erhellt sich der Himmel. In Istambul sind die Lichter der Straßenbeleuchtung aufgeflammt. Vom Schwarzen Meer her tuckert eine Kette von sechs Fischerboten. Aus einem Lautsprecher krächzen eintönige türkische und arabische Sehlager und seltsam - unser Ohr hat sich längst:ran die schein­ baren Disharmonien dieser "Katzenmusik" gewöhnt. Es war ein herrliches Besäufnis. Mit französisch sprechenden Türken