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f Ott; Diese Leute haben wohl recht bis zu inem gewissen Grade. Überall,'wo es um Beurteilung von Institutionen/Personen und deren Ver­ halten geht,kommt Meinung ins Spiel,Bloßes Faktenwissen (z.B.Zahl der

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Abgeordneten im Bundestag) ist der Tod des politischen Interesses und führt zu verhängnisvoller Entpolitisierung,wie es der "Staatsbürger— kundeünterricht" in der Weimarer Republik leider zeigt.Je farbiger und

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aktueller die Beispiele,an denen sich der Unterricht orientiert,desto ODER POLITISCH BEEINFLUSST?

größer ist die eventuelle Gefahr der Beeinflussung,auch wenn man nicht manipulieren will. Penn.:'.Vas halten sie von Beeinflussung? Genügt es ihnen, Informationen

Penn.:Sollte man allgemein früher als zur Zeit mit dem Sozialkundeunterricht anfangen und warum?

zu geben,oder erwischen sie sich manchmal,wie sie eine Stunde zur

Ott:Ja,zumindest in der 9.Klasse,und wenn es nur

"Meinungsäußerungsstunde" uafunktioniert haben?

der Grund ist:Schüler die nach der 9.Klasse aus­

Ott;Ach GottlDie Beeinflussung durch den Lehrer wird wohl als zu groß

treten und ins Berufsleben üherwechseln (sie ha*

eingeschätzt.In einem freiheitlichen System tragen viele Faktoren zur

ben ja die allgemeine Schulpflicht erfüllt)»haben

politischen Bildung bei:In erster Linie die Eltern,dann der Freundes­

-im Unterschied zu Hauptschülern- nie etwas systematisch über die ge­

kreis ,weniger schon die Massenmedien, .'.'enn der Lehrer hin und wieder ei

sellschaftliche oder politische Gegenwart erfahren.Das Gymnasium soiir-

nen Tupfer setzt -vorausgesetzt,er vermeidet parteipolitische rferbung-

te aber wohl nicht weniger leisten als andere Schulen,zudem sollte

dürfte das eigentlich nicht die gesamte politische Denkrichtung eines

der austiztende Schüler als künftiger Staatsbürger und Mitarbeiter in

Gymnasiasten zon der zehnten Klasse aufwärts verwirren.

der Wirtschaft gefördert werden,um sich leichter zurechtzufinden.

Andererseits:Auch der Lehrer darf manchmal seine persönliche Meinung

Pennl:Wer sollte politisch bilden dürfen und sollten diese Lehrkräfte

sagen,wenn er diese als solche angibt und als nicht verbindlichen

einer strengeren Prüfung der Gesinnung unterworfen werden?Wenn ja,wa­

lehrstoff.Der Lehrer hat ein bisschen mit dem "Professor"gemein,und

rum? Ott:Eine eigenartige Präge!Zunächst:"Politisch bilden"im weiteren Sin­

Professor kommt von"profiteri" =bekennen.Durch Bekenntnis persönlichen Berührtseins von Problemen wird das

ne wird jeder Lehrer jedes Faches mehr oder minder,auch wenn er es

.motionale Interesse der Schüler

sicher gefördert,wenn es immer wieder in Frage gestellt und relatif

gar nicht beabsichtigt,und sei es nur durch eine beiläufige Bemerkung

viert wird. Penn. :>*’as würden sie machen,wenn sie einen Schüler beobachten der ex­

zu irgendeine» aktuellen Problem oder zu irgendeinem Schülerverhalten natürlich ist Gesinnungsschnüffelei abzulehnen in einem Staat,der

tremistisches Gedankengut verbreitet,oder mit sich trägt?

sich als freiheitlicher Rechtsstaat versteht (in einem solchen Staat

O t t : Man muß einen solchen Schüler irgendwie ansprechen,eher unauffäl­

gilt ja das Grundrecht der freien Meinungsbildung).Jeder Lehrer legt ja bei Dienstantritt einehEid auf die Verfassung ab -das reicht wohl

lig,aber sachlich.Jedes autoritäre Zurechtveisen dürfte falsch sein, fragen ist wohl richtig.Motive und Folgen des extremistischen Denkens

als Sicherung.Falls nicht:Ein Extremist wird wohl, auf Dauer nicht im Dienst bleiben können,dafür sorgen schon die Schüler (-eitern).

sollten überdacht 'werden.Das hat der Schüler vielleicht noch nicht ge­ tan,als Lehrer sollte man ihm dabei helfen,als Älterer dem Jüngeren.

Penn.:Wo hört politische Bildung auf,wo fängt Beeinflussung an? Ott:Das lässt sich nur theoretisch beantworten.Auf alle Fälle da,wo der Lehrer seine Schüler parteipolitisch wirbt.Er muß ihnen die Frei­ heit lassen,sich parteipolitisch beliebig zu engagieren -soweit es sich um demokratische Parteien handelt,und soweit Schüler nicht ihrer­

Penn.:Wle stehen sie zu den Schrifte^die vor der Schule verteilt wer­ den? würden sie diese verbieten,da sie ja auch von kleineren Schülern gelesen werden,oder meinen sie,daß diese Schriften ein "Beitrag"zur politischen Bildung sein können? Ott:DaS politisches Material verteilt wird,ist nichts ungewöhnliches,

seits versuchen,Mitschüler zu indoktrinieren.Wie gesagt,eine scharfe Grenze lässt sich in der konkreten Diskussionssituation nicht mehr

schließlich sind alle Zeitungen -in Wahlkampfzelten auch ganze Plakat­

ziehen. Penn.: Was halten sie von Leuten,die die Beeinflussung auf dem poli-

wände- voll davon.Sie können ja auch die politische Meinungsbildung der künftigen "mündigen Staatsbürger" formen,vielleicht ganz anders,

ischen Sektor

als es die Verfasser solcher Materialien erstreben.Das zeigt doch ein

unvermeidbar im Sozialkundeunterricht halten?

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