24.342
Bearbeitungen
KKeine Bearbeitungszusammenfassung |
|||
Zeile 34: | Zeile 34: | ||
== Leben und Wirken == | == Leben und Wirken == | ||
Bernstein kam als Sohn eines Großhändlers für Garn und englische Waren in Fürth auf die Welt. Er besuchte zunächst die Lateinschule in Fürth, sowie später das Gymnasium in Nürnberg und Frankfurt. Nach dem Abitur studierte er in Würzburg, Heidelberg, Leipzig und München Rechtswissenschaften, wo er | Bernstein kam als Sohn eines Großhändlers für Garn und englische Waren in Fürth auf die Welt. Er besuchte zunächst die Lateinschule in Fürth, sowie später das Gymnasium in Nürnberg und Frankfurt. Nach dem Abitur studierte er in Würzburg, Heidelberg, Leipzig und München Rechtswissenschaften, wo er zuletzt seit 1877 lebte und seit 1881 als selbständiger Anwalt tätig war. Seine rhetorischen Fähigkeiten, die er stets bei Plädoyers vor Gericht unter Beweis stellte, verschafften ihm einen gewissen Grad an Berühmtheit, die weit über die Münchner Stadtgrenze hinaus reichte.<ref>Dr. Peter Czoik: Literaturportal Bayern - das Blaue vom Himmel, online abgerufen am 1. Februar 2018 | 0:01 Uhr</ref> | ||
== Zensur- und politischer Anwalt == | == Zensur- und politischer Anwalt == | ||
Als Rechtsanwalt war Bernstein gefragt bei Schriftstellern und Künstlern in Zensurprozessen aller Art. Als frei improvisierender Redner war Bernstein berühmt und konnte die Massen (etwa gegen die lex Heinze) bewegen. Prozesse, in denen er als Anwalt auftrat, wurden besucht wie sensationelle Theaterstücke, die großen Tageszeitungen druckten seine Plädoyers so ausführlich ab, dass er sich Vorwürfen ausgesetzt sah, das Werbeverbot für Anwälte zu unterlaufen. Das Münchener Amtsgerichtsgebäude musste umgebaut werden, um den Publikumsansturm bewältigen zu können. | Als Rechtsanwalt war Bernstein gefragt bei Schriftstellern und Künstlern in Zensurprozessen aller Art. Als frei improvisierender Redner war Bernstein berühmt und konnte die Massen (etwa gegen die lex Heinze) bewegen. Prozesse, in denen er als Anwalt auftrat, wurden besucht wie sensationelle Theaterstücke, die großen Tageszeitungen druckten seine Plädoyers so ausführlich ab, dass er sich Vorwürfen ausgesetzt sah, das Werbeverbot für Anwälte zu unterlaufen. Das Münchener Amtsgerichtsgebäude musste umgebaut werden, um den Publikumsansturm bewältigen zu können. | ||
Im Auftrag der [[SPD]] legt Bernstein die Unhaltbarkeit des Sozialistengesetzes offen. Im Prozess gegen den Fürsten Eulenburg wurde er Verteidiger vom Journalisten Maximilian Harden, der in der in der sog. Harden-Eulenburg-Affäre (Outing-Kampagne über homosexuelle Umtriebe) eine Staatsaffäre provozierte. Im „Residenzprozess“ verhilft er einem zu Unrecht Beschuldigten, dem König Ludwig II. zehntausend Mark gestohlen zu haben, zu Freispruch. Weiterhin verteidigt er die | Im Auftrag der [[SPD]] legt Bernstein die Unhaltbarkeit des Sozialistengesetzes offen. Im Prozess gegen den Fürsten Eulenburg wurde er Verteidiger vom Journalisten Maximilian Harden, der in der in der sog. Harden-Eulenburg-Affäre (Outing-Kampagne über homosexuelle Umtriebe) eine Staatsaffäre provozierte. Im „Residenzprozess“ verhilft er einem zu Unrecht Beschuldigten, dem König Ludwig II. zehntausend Mark gestohlen zu haben, zu Freispruch. Weiterhin verteidigt er die aufständischen Bauern von Fuchsmühl in einem jahrzehntelangen Rechtsstreit über Holzrechte des Freiherrn von Zollern und schließlich vertrat er den anarchistischen Dichter Erich Mühsam, die Schriftsteller Ludwig Thoma oder Paul Lindau und setzt sich, wenn auch vergeblich, für den Journalisten Felix Fechenbach ein. Die gerichtlichen Auseinandersetzungen um die von ihm verteidigte Zeitschrift Simplicissimus gehören mit zu den Höhepunkten der Rechtsgeschichte und wurden von Bernstein und vom Simplicissimus häufig durch geplante Provokation zur Erlangung öffentlicher Aufmerksamkeit bewusst genutzt. | ||
== Der Schriftsteller == | == Der Schriftsteller == | ||
Bernstein selbst betrachtete seine literarische Tätigkeit als Freizeitbeschäftigung und war sich dessen bewusst, mit seinen teilweise erfolgreichen Lustspielen den literarischen Ansprüchen nicht genügen zu können, die er selbst als Kritiker an andere stellte. Doch nutzte er das Medium der Unterhaltungsdramatik zur Vermittlung linksliberaler Wertvorstellungen wie moderne Mädchenerziehung, freie Sexualität, Emanzipation, Ablehnung des Antisemitismus, soziale Verantwortung, demokratische Grundeinstellung etc. an ein breites Publikum. Sprachliche Qualität haben seine nie gesammelten, über seine | Bernstein selbst betrachtete seine literarische Tätigkeit als Freizeitbeschäftigung und war sich dessen bewusst, mit seinen teilweise erfolgreichen Lustspielen den literarischen Ansprüchen nicht genügen zu können, die er selbst als Kritiker an andere stellte. Doch nutzte er das Medium der Unterhaltungsdramatik zur Vermittlung linksliberaler Wertvorstellungen wie moderne Mädchenerziehung, freie Sexualität, Emanzipation, Ablehnung des Antisemitismus, soziale Verantwortung, demokratische Grundeinstellung, etc. an ein breites Publikum. Sprachliche Qualität haben seine nie gesammelten, über seine Reden, Plädoyers und Theaterstücke bunt verstreuten Aphorismen. | ||
Auch als durch Deutschland tourender Vortragsredner setzte Bernstein sich für die neue Literatur des Naturalismus ein und begründete diesen bereits Anfang der 1880er Jahre theoretisch in Reden, über die meist auf der ersten Seite überregionaler Blätter (Münchner Neueste Nachrichten, Frankfurter Zeitung, Berliner Tageblatt) berichtet wurde. Er nahm, ohne dies je in Buchform zu veröffentlichen, an diesen prominenten Publikationsorten vieles von dem vorweg, was andere später in Büchern publizierten und was heute als programmatische Begründung des Naturalismus gilt. | Auch als durch Deutschland tourender Vortragsredner setzte Bernstein sich für die neue Literatur des Naturalismus ein und begründete diesen bereits Anfang der 1880er Jahre theoretisch in Reden, über die meist auf der ersten Seite überregionaler Blätter (Münchner Neueste Nachrichten, Frankfurter Zeitung, Berliner Tageblatt) berichtet wurde. Er nahm, ohne dies je in Buchform zu veröffentlichen, an diesen prominenten Publikationsorten vieles von dem vorweg, was andere später in Büchern publizierten und was heute als programmatische Begründung des Naturalismus gilt. | ||
Zeile 54: | Zeile 54: | ||
== Der Salon Bernstein == | == Der Salon Bernstein == | ||
Gemeinsam mit seiner Frau Elsa, die unter dem Pseudonym "Ernst Rosmer" selbst als | Gemeinsam mit seiner Frau Elsa, die unter dem Pseudonym "Ernst Rosmer" selbst als Dramaturgin Erfolge feiern konnte, unterhielt Bernstein einen der bedeutendsten Salons der Jahrhundertwende. Hier verkehrten u. a. Theodor Fontane, Henrik Ibsen, Paul Heyse, Gerhart Hauptmann, Thomas Mann, Ludwig Ganghofer, Ludwig Thoma, Frank Wedekind, Hugo von Hofmannsthal, Rainer Maria Rilke, Max Halbe, Hermann Sudermann, Otto Brahm, Ricarda Huch, Eduard von Keyserling, Georg Hirth, Erich Mühsam, Klabund, Franziska von Reventlow, Annette Kolb, Tilla Durieux, Richard Strauss, Engelbert Humperdinck, Bruno Walter, Franz von Stuck, Olaf Gulbransson, Friedrich August von Kaulbach, Maximilian Harden und Max Weber.<ref>[[Wikipedia:Max Bernstein|Max Bernstein - Wikipedia]]</ref> | ||
== Veröffentlichungen (in Auswahl) == | == Veröffentlichungen (in Auswahl) == | ||
Zeile 60: | Zeile 60: | ||
* ''Münchener Bunte Mappe'' (Anthologie, 1884) | * ''Münchener Bunte Mappe'' (Anthologie, 1884) | ||
* ''Ein Kuß'', ''Mein neuer Hut'', ''Blaubart'' (alle drei Stücke 1886 in Fürth aufgeführt) | * ''Ein Kuß'', ''Mein neuer Hut'', ''Blaubart'' (alle drei Stücke 1886 in Fürth aufgeführt) | ||
* ''Kleine Geschichten'' (Erzählungen 1888) | * ''Kleine Geschichten'' (Erzählungen, 1888) | ||
* ''Münchener Jahresausstellung von Kunstwerken aller Nationen'' (1889) | * ''Münchener Jahresausstellung von Kunstwerken aller Nationen'' (1889) | ||
* ''Blau'' (Lustspiel 1894) | * ''Blau'' (Lustspiel, 1894) | ||
* ''D’ Mali'' (Schauspiel 1903) | * ''D’ Mali'' (Schauspiel, 1903) | ||
* ''Narrische Leut’'' (Erzählungen 1904) | * ''Narrische Leut’'' (Erzählungen, 1904) | ||
* ''Herthas Hochzeit'' ( | * ''Herthas Hochzeit'' (Lustspie,l 1907) | ||
* ''Die Sünde'' (Lustspiel 1909) | * ''Die Sünde'' (Lustspiel, 1909) | ||
* ''Der gute Vogel'' (Lustspiel 1913) | * ''Der gute Vogel'' (Lustspiel, 1913) | ||
* ''Herrenrecht'' (Schauspiel 1916) | * ''Herrenrecht'' (Schauspiel, 1916) | ||
* ''Gesindel'' (Soziales Drama 1921) | * ''Gesindel'' (Soziales Drama, 1921) | ||
* ''Theaterbriefe'' (Kritiken in den Münchner Neuesten Nachrichten) | * ''Theaterbriefe'' (Kritiken in den Münchner Neuesten Nachrichten) | ||