Giorgio Mulini: Unterschied zwischen den Versionen

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== Leben und Wirken ==
== Leben und Wirken ==
Einst zog er, noch weit vor dem ersten Weltkrieg mit zwei weiteren Freunden aus Bagni di Lucca weg. Die Grenzschließung zu Italien im Zuge des beginnenden 1. Weltkrieges verhinderte die Rückkehr nach Bagni di Lucca. Einer der Freunde wollte das Risiko doch eingehen und galt seither als vermisst. Der zweite Freund Giorgios ließ sich in Nürnberg nieder und gründete dort eine Familie. Der Freund, sein Name war wohl Paolo Nerici, machte sich in Nürnberg selbständig mit einem Milch- und/oder Fischgeschäft. Der Kontakt zwischen den beiden Freunden blieb zeitlebens bestehen.


Einst zog er, noch weit vor dem ersten Weltkrieg mit zwei weiteren Freunden aus Bagni di Lucca weg. Die Grenzschließung zu Italien im Zuge des beginnenden
Giorgio Pietro Fortunato Mulini hatte noch zwei Schwestern in Italien. Eine hieß Amalia, die zweite hieß Maria Iole Mulini (geb. 28. August 1897). Um die Häuser in der Wasserstraße zu kaufen, reiste er um das Jahr 1925 zurück nach Bagni di Lucca, um dort sein Erbe zu 2/3 Zug um Zug zu verkaufen. Die Familie Mulini besaß u.a auch Weinberge. 1/3 des Erbes stand den Schwestern zu. Giorgio setzte damals einen Verwalter für die Abwicklung seines italienischen Vermögens ein.
1. Weltkrieges verhinderte die Rückkehr nach Bagni di Lucca. Einer der Freunde wollte das Risiko doch eingehen und galt seither als vermisst.  
Der zweite Freund Giorgios ließ sich in Nürnberg nieder und gründete dort eine Familie. Der Freund, sein Name war wohl Paolo Nerici, machte sich in Nürnberg selbständig mit einem Milch- und/oder Fischgeschäft. Der Kontakt zwischen den beiden Freunden blieb zeitlebens bestehen.  


Giorgio Pietro Fortunato Mulini hatte noch zwei Schwestern in Italien. Eine hieß Amalia, die zweite hieß Maria Iole Mulini (geb. 28.8.1897).
Mit dem Vermögen aus dem sukzessiven Verkauf seines Erbes bzw. Eigentums erwarb Mulini die Häuser Wasserstraße 19 – 21 und das vierfach Grab auf dem Fürther Friedhof. Der Marmor der Grabumrandung und des Grabsteins stammt aus der Gegend um Bagni di Lucca und wurde damals von Giorgio gekauft und nach Fürth gebracht. Noch heute gibt es diese Gesteinsart (rötlicher Marmor) kein zweites Mal auf dem Fürther Friedhof. Voraussichtlich handelt es sich um Carrara Marmor, ein Abbaugebiet unweit von Bagni die Lucca.
Um die Häuser in der Wasserstraße zu kaufen, reiste er um das Jahr 1925 zurück nach Bagni di Lucca, um dort sein Erbe zu 2/3 Zug um Zug zu verkaufen. Die Familie Mulini besaß u.a auch Weinberge.
1/3 des Erbes stand den Schwestern zu. Giorgio setzte damals einen Verwalter für die Abwicklung seines italienischen Vermögens ein.
 
Mit dem Vermögen aus dem sukzessiven Verkauf seines Erbes bzw. Eigentums erwarb Mulini die Häuser Wasserstraße 19 – 21 und das vierfach Grab auf dem Fürther Friedhof. Der Marmor der Grabumrandung und des Grabsteins stammt aus der Gegend um Bagni di Lucca und wurde damals von Giorgio gekauft und nach Fürth gebracht. Noch heute gibt es diese Gesteinsart (rötlicher Marmor) kein zweites Mal auf dem Fürther Friedhof.  
Voraussichtlich handelt es sich um Carrara Marmor, ein Abbaugebiet unweit von Bagni die Lucca.


Es bestand bis zum Tode Giorgios ein loser Briefkontakt zwischen Giorgio und seinen Schwestern in Italien. Es ist anzunehmen, dass Giorgios Eltern damals bereits verstorben waren, da Giorgio nie darüber sprach und es auch keine Korrespondenz mit den Eltern gab.
Es bestand bis zum Tode Giorgios ein loser Briefkontakt zwischen Giorgio und seinen Schwestern in Italien. Es ist anzunehmen, dass Giorgios Eltern damals bereits verstorben waren, da Giorgio nie darüber sprach und es auch keine Korrespondenz mit den Eltern gab.
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Erste Besuche des Dorfes Bagni di Lucca folgten in Form von Tagesausflügen in den 70er Jahren durch die Töchter Giorgios. Ein nachhaltiger persönlicher Kontakt kam jedoch nie zustande. Es waren immer nur Aufenthalte von wenigen Stunden in Bagni di Lucca. Erst der Urenkel Mulinis, Harald Schiener, ließ durch intensive Nachforschung, die teils über dem Heiligen Stuhl / Vatikan erfolgten, die Kontakte mit den nachfolgenden Generationen der „italienischen Mulinis“ wieder aufleben.  
Erste Besuche des Dorfes Bagni di Lucca folgten in Form von Tagesausflügen in den 70er Jahren durch die Töchter Giorgios. Ein nachhaltiger persönlicher Kontakt kam jedoch nie zustande. Es waren immer nur Aufenthalte von wenigen Stunden in Bagni di Lucca. Erst der Urenkel Mulinis, Harald Schiener, ließ durch intensive Nachforschung, die teils über dem Heiligen Stuhl / Vatikan erfolgten, die Kontakte mit den nachfolgenden Generationen der „italienischen Mulinis“ wieder aufleben.  


Der Vater von Giorgio war Leopoldo Mulini, geb. 21.9.1848. Dessen Frau war „Marianna“ Mulini, geborene Lucchesi.  
: Der Vater von Giorgio war Leopoldo Mulini, geb. 21.9.1848. Dessen Frau war „Marianna“ Mulini, geborene Lucchesi.  
Der Vater Giorgios hatte noch drei weitere Brüder. Paolo (geb. 29.4.1829), Giovanni und Nicodemo Mulini.
: Der Vater Giorgios hatte noch drei weitere Brüder. Paolo (geb. 29.4.1829), Giovanni und Nicodemo Mulini.
Der Großvater Giorgios war auch ein Nicodemo Mulini (geb. 20.10.1800), der mit Giulianetti Caterina
: Der Großvater Giorgios war auch ein Nicodemo Mulini (geb. 20.10.1800), der mit Giulianetti Caterina (geborene Michele) verheiratet war. Der Großvater hatte einen Bruder namens Luigi (geb. 1789)
(geborene Michele) verheiratet war. Der Großvater hatte einen Bruder namens Luigi (geb. 1789)
: Giorgios Urgroßvater war Fortunato Mulini, geb. 1755, der mit Anna Maria verheiratet war.  
Giorgios Urgroßvater war Fortunato Mulini, geb. 1755, der mit Anna Maria verheiratet war.  


Giorgios Tochter Marianna Pola Amalia Richter erhielt vom Vater also die Namen seiner Schwester Amalia und seiner Mutter Marianna. Der Bruder Leopold „Leo“ wurde nach Giorgios Vater Leopoldo benannt. Anna „Anni“ (verh. Ott) erhielt den Vornamen von Giorgios Urgroßmutter.
Giorgios Tochter Marianna Pola Amalia Richter erhielt vom Vater also die Namen seiner Schwester Amalia und seiner Mutter Marianna. Der Bruder Leopold „Leo“ wurde nach Giorgios Vater Leopoldo benannt. Anna „Anni“ (verh. Ott) erhielt den Vornamen von Giorgios Urgroßmutter. Betty dürfte nach der Mutter Babette genannt worden sein.
Betty dürfte nach der Mutter Babette genannt worden sein.


Er erwarb 1926 die Wohnhäuser in der Wasserstraße 19 – 21, in deren Hinterhof er seit mindestens 1918 Eis herstellte und in denen die Familie viele Jahre vorher bereits wohnte. Die Häuser wurden um das Jahr 1710 erbaut und später im Juli 1974 im Wege der Altstadtsanierung abgerissen. Der letzte eingetragene Eigentümer war die Neue Heimat Bayern.  
Er erwarb [[1926]] die Wohnhäuser in der Wasserstraße 19 – 21, in deren Hinterhof er seit mindestens [[1918]] Eis herstellte und in denen die Familie viele Jahre vorher bereits wohnte. Die Häuser wurden um das Jahr 1710 erbaut und später im Juli [[1974]] im Wege der Altstadtsanierung abgerissen. Der letzte eingetragene Eigentümer war die Neue Heimat Bayern.  


== Eisherstellung in Fürth ==
== Eisherstellung in Fürth ==
Giorgio Mulini war der erste Eishersteller in Fürth. Sein Ruf als erster und einziger Eishersteller im Hinterhof seiner eigenen Häuser in der Wasserstraße 19 – 21 war legendär. Von Fürth und Nürnberg kamen die „Eishungrigen“ und erwarben das '''Mulini-Eis'''. Im Sommer führte sie ihr weg oft weiter in das Fürther Flussbad. Den „alten Fürthern“ war jener „Italiener aus der Wasserstrass“ bis ins hohe Alter ein Begriff. Noch 70 Jahre nach seinem Tod hört man die Leute vom „Italiener aus der Wasserstrass´“ erzählen.
Giorgio Mulini war vermutlich der erste Eishersteller in Fürth. Sein Ruf als erster und einziger Eishersteller im Hinterhof seiner eigenen Häuser in der Wasserstraße 19 – 21 war legendär. Von Fürth und Nürnberg kamen die „Eis hungrigen“ und erwarben das '''Mulini-Eis'''. Im Sommer führte sie ihr weg oft weiter in das Fürther Flussbad. Den „alten Fürthern“ war jener „Italiener aus der Wasserstrass“ bis ins hohe Alter ein Begriff. Noch 70 Jahre nach seinem Tod hört man die Leute vom „Italiener aus der Wasserstrass´“ erzählen.


Giorgio war jener legendäre wie gleichsam charismatischer '''Handelsmann''' (so seine eigene Berufsbezeichnung), der als erster (wohl in ganz Franken) das italienische  
Giorgio war jener legendäre wie gleichsam charismatischer '''Handelsmann''' (so seine eigene Berufsbezeichnung), der als erster (wohl in ganz Franken) das italienische Eis im Hinterhof seiner Häuser in der Wasserstraße anbot. Er verkaufte nicht nur selbst, sondern hatte einige Unterhändler, Wiederverkäufer und Standorte. Das „Gewerbe für die Anfertigung und Verkauf“ von Speiseeis hatte er am [[27. Mai]] [[1918]] beantragt und betrieb es bis zum [[17.Juni]] [[1951]] (Todesdatum). Der Gewerbebetrieb „Eis“ wurde von seiner Frau Babette übernommen und noch bis zum 20. Juni 1955 mit Tochter Marianna betrieben. Dann wurde das Gewerbe abgemeldet.  
Eis im Hinterhof seiner Häuser in der Wasserstraße anbot. Er verkaufte nicht nur selbst, sondern hatte einige Unterhändler, Wiederverkäufer und Standorte. Das „Gewerbe für die Anfertigung und Verkauf“ von Speiseeis hatte er am 27. Mai 1918 beantragt und betrieb es bis zum 17.6.1951 (Todesdatum).
Der Gewerbebetrieb „Eis“ wurde von seiner Frau Babette übernommen und noch bis zum 20. Juni 1955 mit Tochter Marianna betrieben. Dann wurde das Gewerbe abgemeldet.  


Als Standardsorten des Mulini-Eis galten Schokolade, Vanille und Zitrone. Insbesondere die zahllosen Gäste des [[Flussbad]]es an der [[Rednitz]] kauften sich auf dem Weg zum Bad das Eis im Waffelhörnchen, das Mulini mit einem Spatel aus einem großen Behälter heraus schabte. Einen Kugelportionierer, wie sie heute verwendet werden, gab es zu dieser Zeit noch nicht. Für ein "Zehnerla" wurde meist großzügig das Eis verteilt, und nach Aussagen der Tochter Marinna Richter, gab es auch mal das Eis umsonst, wenn seine Kunden "knapp bei Kasse" waren. Das Speiseeis Mulinis wurde nicht nur von den Fürther Kunden geschätzt, es verschaffte ihm auch eine gewisse Bekanntheit über die Stadtgrenze hinaus. So kamen auch Nürnberger zu ihm, um sein Speiseeis zu essen.
Als Standardsorten des Mulini-Eis galten Schokolade, Vanille und Zitrone. Insbesondere die zahllosen Gäste des [[Flussbad]]es an der [[Rednitz]] kauften sich auf dem Weg zum Bad das Eis im Waffelhörnchen, das Mulini mit einem Spatel aus einem großen Behälter heraus schabte. Einen Kugelportionierer, wie sie heute verwendet werden, gab es zu dieser Zeit noch nicht. Für ein "Zehnerla" wurde meist großzügig das Eis verteilt, und nach Aussagen der Tochter Marinna Richter, gab es auch mal das Eis umsonst, wenn seine Kunden "knapp bei Kasse" waren. Das Speiseeis Mulinis wurde nicht nur von den Fürther Kunden geschätzt, es verschaffte ihm auch eine gewisse Bekanntheit über die Stadtgrenze hinaus. So kamen auch Nürnberger zu ihm, um sein Speiseeis zu essen.


Die Eisherstellung erfolgte in einer sich drehenden Schüssel, die mit Roheis gekühlt wurde. Neben dem Verkauf im Hinterhof der [[Wasserstraße]], wurde das Eis auch in der [[Erlanger Straße]] bei einem Händler vertrieben, den Mulini mit einem Leiterwagen belieferte.  
Die Eisherstellung erfolgte in einer sich drehenden Schüssel, die mit Roheis gekühlt wurde. Neben dem Verkauf im Hinterhof der [[Wasserstraße]], wurde das Eis auch in der [[Erlanger Straße]] bei einem Händler vertrieben, den Mulini mit einem Leiterwagen belieferte. Um im Winter auch Einnahmen zu erzielen, besann sich Mulini offensichtlich seiner italienischen Wurzeln und fertigte in einer weiteren Hütte im Hinterhof Heiligenfiguren und Kruzifixe aus Gips an. Mit einem großen Rucksack und Leiterwagen "bewaffnet" lief Mulini anschließend in die Fränkische Schweiz, wo er die angefertigten Sachen vor Ort an die Bauern verkaufte.
 
Um im Winter auch Einnahmen zu erzielen, besann sich Mulini offensichtlich seiner italienischen Wurzeln und fertigte in einer weiteren Hütte im Hinterhof Heiligenfiguren und Kruzifixe aus Gips an. Mit einem großen Rucksack und Leiterwagen "bewaffnet" lief Mulini anschließend in die Fränkische Schweiz, wo er die angefertigten Sachen vor Ort an die Bauern verkaufte.


== Tod ==
== Tod ==
Mulini starb [[1951]] im Alter von 72 Jahren im [[Klinikum Fürth]] an den Folgen eines Schlaganfalls. Durch den Abriss der Häuser im Rahmen der [[Flächensanierung|Gänsberg-Sanierung]] ist heute von Mulinis Wirkungsstätte nichts mehr erhalten.
Mulini starb am [[17. Juni]] [[1951]] im Alter von 72 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls im [[Klinikum Fürth]]. Durch den Abriss der Häuser im Rahmen der [[Flächensanierung|Gänsberg-Sanierung]] ist heute von Mulinis Wirkungsstätte nichts mehr erhalten.


== Lokalberichterstattung ==
== Lokalberichterstattung ==
91.170

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