Sonnenstraße 36: Unterschied zwischen den Versionen

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''Die Wohnlichkeit des Kasinos litt unter der unzweckmäßigen Lage seiner Räume zum Eingang und zueinander. Sofort dem Eingang gegenüber lag der große Saal, da er nur selten benutzt wurde, meist verschlossen, und das ganze Kasino in zwei, nur durch einen dunklen Gang verbundene Hälften trennend. Wendete man sich nach links, so kam man am Ordonanzenraum mit dem stets duftenden Speiseaufzug vorbei ins Frühstückszimmer und durch dieses in den täglich benützten Eßraum der Tischgesellschaft, welchem Dank seiner viereckigen Form mit einer Front von drei dicht neben einander liegenden übergoßen Fenstern, der stets verschlossenen Flügeltüre nach dem Saal und der dritten Türe nach dem Gang auch der erlesenste Geschmack keine Behaglichkeit abgewinnen konnte. Der  am meisten und allseitigst benützte Raum war das Frühstückszimmer. Seine mit Rupfen bespannten Wände zierten hübsche Bilder und Geweihe und seine Möbel hatten die vorschriftsmäßige Gestaltung möglichst abgestreift, was natürlich nicht ohne pekuniäre Opfer des Offizierskorps zu erreichen gewesen war. Fast täglich kamen nach dem winterlichen Rekruten-Drillen und den Reitschulen, oder dem sommerlichen Ausrücken die Offiziere des  Regiments zusammen, besprachen dies und das, lachten sich eins oder schwemmten dienstlichen Aerger mit einem dünnen Schoppen hinunter.''
''Die Wohnlichkeit des Kasinos litt unter der unzweckmäßigen Lage seiner Räume zum Eingang und zueinander. Sofort dem Eingang gegenüber lag der große Saal, da er nur selten benutzt wurde, meist verschlossen, und das ganze Kasino in zwei, nur durch einen dunklen Gang verbundene Hälften trennend. Wendete man sich nach links, so kam man am Ordonanzenraum mit dem stets duftenden Speiseaufzug vorbei ins Frühstückszimmer und durch dieses in den täglich benützten Eßraum der Tischgesellschaft, welchem Dank seiner viereckigen Form mit einer Front von drei dicht neben einander liegenden übergoßen Fenstern, der stets verschlossenen Flügeltüre nach dem Saal und der dritten Türe nach dem Gang auch der erlesenste Geschmack keine Behaglichkeit abgewinnen konnte. Der  am meisten und allseitigst benützte Raum war das Frühstückszimmer. Seine mit Rupfen bespannten Wände zierten hübsche Bilder und Geweihe und seine Möbel hatten die vorschriftsmäßige Gestaltung möglichst abgestreift, was natürlich nicht ohne pekuniäre Opfer des Offizierskorps zu erreichen gewesen war. Fast täglich kamen nach dem winterlichen Rekruten-Drillen und den Reitschulen, oder dem sommerlichen Ausrücken die Offiziere des  Regiments zusammen, besprachen dies und das, lachten sich eins oder schwemmten dienstlichen Aerger mit einem dünnen Schoppen hinunter.''
[[Datei:6. Feldartillerie-Regiment (8).jpg|thumb|right|Der prächtig eingerichtete Speisesaal des Kasinos im 2. OG des Dienstgebäudes]]
[[Datei:6. Feldartillerie-Regiment (8).jpg|mini|right|Der prächtig eingerichtete Speisesaal des Kasinos im 2. OG des Dienstgebäudes]]
''Wandte man aber vom Eingang aus seine Schritte nach rechts, so ging es am Arbeitszimmer des Wirtschafters vorbei in eine winzige und kaum eingerichtete Garderobe, von welcher niemand sagen konnte, wozu sie eigentlich da war; dann in das Bibliothekszimmer mit wenig Schmuck und Büchern und schließlich in das Empfangszimmer. Dieses war, abgesehen von seiner ungünstigen Lage in der hintersten Ecke des Kasinos ein ganz hübscher Repräsentationsraum, von dem aus der Saal durch eine zweite Flügeltür erreichbar war. Alle diese Räume gewannen erst einiges Ansehen, als unter Oberst Merlack an ihre gründliche Erneuerung und bessere Ausstattung gegangen wurde, soweit Schema F und der schmale Geldbeutel der Offiziere dies zuließen. Der kunstsinnige Major Seuffert erwarb sich ein bleibendes Verdienst durch die wohlüberlegte Sparsamkeit und den guten Geschmack, mit dem er an die Ausschmückung des Offizierskasinos heranging; als aber S. K. Hoheit Prinzregent Luitpold uns eine wertvolle Kopie seines lebensgroßen Bildnisses von Kaulbach schenkte, bildete diese den schönsten und vielbewunderten Schmuck des Ganzen.''
''Wandte man aber vom Eingang aus seine Schritte nach rechts, so ging es am Arbeitszimmer des Wirtschafters vorbei in eine winzige und kaum eingerichtete Garderobe, von welcher niemand sagen konnte, wozu sie eigentlich da war; dann in das Bibliothekszimmer mit wenig Schmuck und Büchern und schließlich in das Empfangszimmer. Dieses war, abgesehen von seiner ungünstigen Lage in der hintersten Ecke des Kasinos ein ganz hübscher Repräsentationsraum, von dem aus der Saal durch eine zweite Flügeltür erreichbar war. Alle diese Räume gewannen erst einiges Ansehen, als unter Oberst Merlack an ihre gründliche Erneuerung und bessere Ausstattung gegangen wurde, soweit Schema F und der schmale Geldbeutel der Offiziere dies zuließen. Der kunstsinnige Major Seuffert erwarb sich ein bleibendes Verdienst durch die wohlüberlegte Sparsamkeit und den guten Geschmack, mit dem er an die Ausschmückung des Offizierskasinos heranging; als aber S. K. Hoheit Prinzregent Luitpold uns eine wertvolle Kopie seines lebensgroßen Bildnisses von Kaulbach schenkte, bildete diese den schönsten und vielbewunderten Schmuck des Ganzen.''


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