18.461
Bearbeitungen
Zeile 26: | Zeile 26: | ||
[[Datei:Taufschüssel Poppenreuth a.jpg|400px|mini|left|Beckenschlägerschüssel aus Messing]] | [[Datei:Taufschüssel Poppenreuth a.jpg|400px|mini|left|Beckenschlägerschüssel aus Messing]] | ||
Die ins steinerne Taufbecken einzusetzende Taufschüssel aus Messing ist nicht nur um einiges älter als der Stein, sondern auch als das Stiftungsjahr vermuten lässt. Sie gehört zu den ersten Anschaffungen nach den Verwüstungen und Plünderungen des [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieges]]. Als Beckenschlägerschüssel wurde ihr Ornament im Boden über einer Model, also einer negativen Form „geschlagen“. Eine Beckenschlägerschüssel ist gewissermaßen ein Abdruck. Diese Technik war im Nürnberger Raum um das Jahr 1500 sehr verbreitet <ref>Renate Schmoll: ''Die Majuskelinschrift auf Nürnberger Beckenschlägerschüsseln'' in: ''Zeitschrift für Bayerische Kirchengeschichte (ZBKG)'', 75. Jahrgang 2006, Seite 296 zitiert Thomas Eser aus Ausstellungskatalog des GNN, Nürnberg 2002, Seite 106:</br> | Die ins steinerne Taufbecken einzusetzende Taufschüssel aus Messing ist nicht nur um einiges älter als der Stein, sondern auch als das Stiftungsjahr vermuten lässt. Sie gehört zu den ersten Anschaffungen nach den Verwüstungen und Plünderungen des [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieges]]. Als Beckenschlägerschüssel wurde ihr Ornament im Boden über einer Model, also einer negativen Form „geschlagen“. Eine Beckenschlägerschüssel ist gewissermaßen ein Abdruck. Diese Technik war im Nürnberger Raum um das Jahr 1500 sehr verbreitet <ref>Renate Schmoll: ''Die Majuskelinschrift auf Nürnberger Beckenschlägerschüsseln'' in: ''Zeitschrift für Bayerische Kirchengeschichte (ZBKG)'', 75. Jahrgang 2006, Seite 296 zitiert Thomas Eser aus Ausstellungskatalog des GNN, Nürnberg 2002, Seite 106:</br> | ||
"''Vorgeformte, glatte Messingbecken werden im erhitzten Zustand mit der Vorderseite nach unten auf eine Stahlform, die im Negativ ein figürliches oder ornamentales Relief trägt, gelegt. Der Beckenschläger treibt nun die Rückseite des Beckens mit gezielten Hammerschlägen so in die Stahlmatrize, dass sich auf der Vorderseite der erhabene Dekor abzeichnet. Anschließend wird die Schüssel mit Punzen weiter veredelt, gelegentlich sind großflächige Teile frei getrieben.''"</ref> | "''Vorgeformte, glatte Messingbecken werden im erhitzten Zustand mit der Vorderseite nach unten auf eine Stahlform, die im Negativ ein figürliches oder ornamentales Relief trägt, gelegt. Der Beckenschläger treibt nun die Rückseite des Beckens mit gezielten Hammerschlägen so in die Stahlmatrize, dass sich auf der Vorderseite der erhabene Dekor abzeichnet. Anschließend wird die Schüssel mit Punzen weiter veredelt, gelegentlich sind großflächige Teile frei getrieben.''"</ref>. | ||
Zu den häufigsten Darstellungen jener Beckenschlägerschüsseln gehört das Motiv von Adam und Eva. Seltener findet sich eine Abbildung der sogenannten „Traubenträger“ (also Josua und Kaleb), bzw. von der Verkündigung Mariens - wie im Fall der Poppenreuther Taufschüssel.<ref>Die biblische Grundlage für diese Szene findet sich im Evangelium [https://www.bibleserver.com/text/LUT/Lukas1, Lukas 1, 26 - 38]</ref> | Zu den häufigsten Darstellungen jener Beckenschlägerschüsseln gehört das Motiv von Adam und Eva. Seltener findet sich eine Abbildung der sogenannten „Traubenträger“ (also Josua und Kaleb), bzw. von der Verkündigung Mariens - wie im Fall der Poppenreuther Taufschüssel.<ref>Die biblische Grundlage für diese Szene findet sich im Evangelium [https://www.bibleserver.com/text/LUT/Lukas1, Lukas 1, 26 - 38]</ref> | ||
Die Model, auf der das Bildmotiv getrieben wurde, gab die Größe der Schale vor. Diese konnte nur variieren, wenn das runde Zentralmotiv um einen Ring vergrößert wurde. Dieser Ring ist bei der Poppenreuther Taufschale ein gotisch erscheinendes Schriftband in Majuskelform<ref> Schreibweise, in der alles in Großbuchstaben verfasst wird - im Gegensatz zu „Minuskel“</ref> - eine rein ornamentale Kalligraphie ohne jegliche Aussage. Darum umläufig findet man noch Zierpunzen, die von der Schauseite her eingeschlagen worden sind. <br /> | Die Model, auf der das Bildmotiv getrieben wurde, gab die Größe der Schale vor. Diese konnte nur variieren, wenn das runde Zentralmotiv um einen Ring vergrößert wurde. Dieser Ring ist bei der Poppenreuther Taufschale ein gotisch erscheinendes Schriftband in Majuskelform <ref> Schreibweise, in der alles in Großbuchstaben verfasst wird - im Gegensatz zu „Minuskel“</ref> - dass schwer zu entziffern ist, woraufhin man lange eine rein ornamentale Kalligraphie ohne jegliche Aussage vermutete <ref>Renate Schmoll: ''Die Majuskelinschrift auf Nürnberger Beckenschlägerschüsseln'' in: ''Zeitschrift für Bayerische Kirchengeschichte (ZBKG)'', 75. Jahrgang 2006, Seite 297 f; kommt aber nach Vergleichen mit ähnlichen Beckenschlägerschüsseln, die trotz unterschiedlicher Motivik immer die gleiche Buchstabensequenz aufweisen, zu dem Schluss, dass hier eine abgekürzte religiöse Bedeutung vorliegt. Christogramm und Mariogramm mit Bezug auf die beiden Personen sind hier selbsterklärend und entfalten bei profanen Gerätschaften, wo sie ebenso verwendet wurden, eine [https://www.wissen.de/lexikon/apotropaeisch#:~:text=apotrop%E1%BA%A1%CC%88isch&text=magische%20Eigenschaft%20von%20Gesten%2C%20Dingen,von%20Schaden%3B%20Substantiv%3A%20Apotrop%C3%A4um apotropäische]] Wirkung.</ref>. Darum umläufig findet man noch Zierpunzen, die von der Schauseite her eingeschlagen worden sind. <br /> | ||
Der äußerste Ring eines getrieben Ornamentes geht nicht auf. Er wirkt auf der linken unteren Seite „zusammengepfuscht“. Damit verrät er etwas über die Herstellungsweise: Die Modelvorlagen wurden in Form von Segmentbögen zusammengestellt, bis sie halbwegs einen Kreis ergaben. | Der äußerste Ring eines getrieben Ornamentes geht nicht auf. Er wirkt auf der linken unteren Seite „zusammengepfuscht“. Damit verrät er etwas über die Herstellungsweise: Die Modelvorlagen wurden in Form von Segmentbögen zusammengestellt, bis sie halbwegs einen Kreis ergaben. | ||
Bearbeitungen