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Die '''Lungenheilstätte''' im Fürther [[Stadtwald]] - auch Waldkrankenhaus genannt - war ein Sanatorium zur Behandlung von Tuberkuloseerkrankten (Tbc) Frauen und wurde am [[25. November]] [[1903]] in Betrieb genommen. Während des 2. Weltkrieges diente das Gebäude als SA-Schule für die [[NSDAP]]. Nach dem Krieg wurde das Gebäude der ursprünglichen Nutzung wieder zugeführt, bis es [[1980]] als Gesundheitseinrichtung aufgegeben wurde. Seit [[2002]] sind im ehem. Waldkrankenhaus 24 private Wohnungen/ Lofts unter dem Eigennamen "Wohnen im Ludwigspark" entstanden.  
 
Die '''Lungenheilstätte''' im Fürther [[Stadtwald]] - auch Waldkrankenhaus genannt - war ein Sanatorium zur Behandlung von Tuberkuloseerkrankten (Tbc) Frauen und wurde am [[25. November]] [[1903]] in Betrieb genommen. Während des 2. Weltkrieges diente das Gebäude als SA-Schule für die [[NSDAP]]. Nach dem Krieg wurde das Gebäude der ursprünglichen Nutzung wieder zugeführt, bis es [[1980]] als Gesundheitseinrichtung aufgegeben wurde. Seit [[2002]] sind im ehem. Waldkrankenhaus 24 private Wohnungen/ Lofts unter dem Eigennamen "Wohnen im Ludwigspark" entstanden.  
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== Entstehung ==
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== Entstehung um die Jahrhundertwende ==
 
[[Bild:Letalität Tbc Fürth 1905.jpg|thumb|right|Tuberkulosesterblichkeit in [[Fürth]] von [[1881]] bis [[1912]]]]Neben der extrem hohen [[Nathanstift|Säuglingssterblichkeit]] zählte die Stadt [[Fürth]] Ende des 19. Jahrhunderts ebenfalls zu den am meisten von der Tuberkulose heimgesuchten Städte des Deutschen Reichs. Etwa 13 % aller Todesfälle in [[Fürth]] ließen sich auf die Tuberkulose zurückführen <ref>* Quelle: E. Krentz, Öffentliche und private Wohlfahrtseinrichtungen allgemeiner Art in der Stadt Fürth, Erlangen, 1915, S. 19 f.</ref>. Ursache war in aller Regel die hohe Arbeitsbelastung im Allgemeinen und vorallem die schlechten Wohnungsverhältnisse und der völlig unzureichende Ernährungszustand der Fürther Bevölkerung im Speziellen. Als Gegenmaßnahme wurde eine ganze Bündel an Maßnahmen geplant und umgesetzt. Zunächst gründete Bürgermeister [[Georg Friedrich von Langhans]] eine Stiftung, in der u.a. [[1898]] die Fürther Aussteueranstalt ihr 100jähriges Bestehen mit einer Spende von 100.000 Mark krönte und deren Rente zur Verzinsung des Anlagekapitals für die Lungenheilanstalt zur Verfügung stellte. Zusätzlich spendete die jüdische Fabrikantenfamilie Neumann in den 90er Jahren ebenfalls 100.000 Mark in die Stiftung. 40.000 Mark kamen von dem Heistättenverein Erlangen sowie 25.000 Mark vom "Dt. Zentralkomitee zur Errichtung von Heistätten für Lungenkranke". Nach einem weiteren Darlehn der Mittelfränkischen Versicherungsanstalt von 250.000 Mark zu 1,5 % Zinsen stand die Finanzierung. Ergänzt wurde die Bekämpfung der Tuberkulose ab [[1906]] mit der Schaffung eines "''Stadtarztes im Hauptamt, der neben seiner Tätigkeit als Schul- und Armenarzt die Stadt in allen ärztlichen und hygienischen Fragen''" beratete<ref>* Quelle: E. Krentz, Öffentliche und private Wohlfahrtseinrichtungen allgemeiner Art in der Stadt Fürth, Erlangen, 1915, S. 19 f.</ref>. Damit war [[Fürth]] eine der ersten Städte im Deutschen Reich, die eine Stelle für diesen Zweck schuf. Ab [[1909]] ergänzte die Stadt - auf Beschluss der Stadtrates - das Angebot zur Eindämmung der Tuberkulose, in dem es die Fürsorgestelle für Lungenkranke in der [[Blumenstraße]] 22 unter der Leitung des Stadtarztes errichte.  
 
[[Bild:Letalität Tbc Fürth 1905.jpg|thumb|right|Tuberkulosesterblichkeit in [[Fürth]] von [[1881]] bis [[1912]]]]Neben der extrem hohen [[Nathanstift|Säuglingssterblichkeit]] zählte die Stadt [[Fürth]] Ende des 19. Jahrhunderts ebenfalls zu den am meisten von der Tuberkulose heimgesuchten Städte des Deutschen Reichs. Etwa 13 % aller Todesfälle in [[Fürth]] ließen sich auf die Tuberkulose zurückführen <ref>* Quelle: E. Krentz, Öffentliche und private Wohlfahrtseinrichtungen allgemeiner Art in der Stadt Fürth, Erlangen, 1915, S. 19 f.</ref>. Ursache war in aller Regel die hohe Arbeitsbelastung im Allgemeinen und vorallem die schlechten Wohnungsverhältnisse und der völlig unzureichende Ernährungszustand der Fürther Bevölkerung im Speziellen. Als Gegenmaßnahme wurde eine ganze Bündel an Maßnahmen geplant und umgesetzt. Zunächst gründete Bürgermeister [[Georg Friedrich von Langhans]] eine Stiftung, in der u.a. [[1898]] die Fürther Aussteueranstalt ihr 100jähriges Bestehen mit einer Spende von 100.000 Mark krönte und deren Rente zur Verzinsung des Anlagekapitals für die Lungenheilanstalt zur Verfügung stellte. Zusätzlich spendete die jüdische Fabrikantenfamilie Neumann in den 90er Jahren ebenfalls 100.000 Mark in die Stiftung. 40.000 Mark kamen von dem Heistättenverein Erlangen sowie 25.000 Mark vom "Dt. Zentralkomitee zur Errichtung von Heistätten für Lungenkranke". Nach einem weiteren Darlehn der Mittelfränkischen Versicherungsanstalt von 250.000 Mark zu 1,5 % Zinsen stand die Finanzierung. Ergänzt wurde die Bekämpfung der Tuberkulose ab [[1906]] mit der Schaffung eines "''Stadtarztes im Hauptamt, der neben seiner Tätigkeit als Schul- und Armenarzt die Stadt in allen ärztlichen und hygienischen Fragen''" beratete<ref>* Quelle: E. Krentz, Öffentliche und private Wohlfahrtseinrichtungen allgemeiner Art in der Stadt Fürth, Erlangen, 1915, S. 19 f.</ref>. Damit war [[Fürth]] eine der ersten Städte im Deutschen Reich, die eine Stelle für diesen Zweck schuf. Ab [[1909]] ergänzte die Stadt - auf Beschluss der Stadtrates - das Angebot zur Eindämmung der Tuberkulose, in dem es die Fürsorgestelle für Lungenkranke in der [[Blumenstraße]] 22 unter der Leitung des Stadtarztes errichte.  
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== In Betriebnahme 1903 ==
 
== In Betriebnahme 1903 ==
 
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Am [[7. Dezember]] [[1903]] traf die erste Patientin ein, nach nur vier Monaten war das Haus bereits voll belegt, und dies blieb auch so bis [[1928]]. Bereits [[1906]] wurde durch den Ausbau des Dachgeschosses die Bettenzahl auf 66 Betten erhöht. 1906 kam ebenfalls das Ärztehaus auf dem Gelände hinzu. [[1922]] und [[1927]] wurde erneut Platz für weitere Betten geschaffen durch zusätzliche Diensträume, so dass gegen [[1927]] 76 Betten aufgestellt werden konnten. [[1906]] erfolgte zusätzlich die Anbindung an das städtische Wassernetzwerk, so dass der Wasserturm vor Ort nur noch als Vorratsbehälter genutzt wurde. Ab [[1912]] wurde das "Luftbad" errichtet, [[1913]] erfolgte die erste Anschaffung eines Kraftwagens und [[1914]] wurde die große Wandelhalle im Park hinzugefügt. Ab [[1922]] hatte die Einrichtung eine eigene Starkstromanlage und ab [[1927]] konnten die Patientinnen mit einem eigenen Filmvorführgerät unterhalten werden.  
Am [[7. Dezember]] [[1903]] traf die erste Patientin ein, nach nur vier Monaten war das Haus bereits voll belegt, und dies blieb auch so bis [[1928]]. Bereits [[1906]] wurde durch den Ausbau des Dachgeschosses die Bettenzahl auf 66 Betten erhöht. 1906 kam ebenfalls das Ärztehaus auf dem Gelände hinzu. 1922 und 1927 wurde erneut Platz für weitere Betten geschaffen durch zusätzliche Diensträume, so dass gegen [[1927]] 76 Betten aufgestellt werden konnten. [[1906]] erfolgte zusätzlich die Anbindung an das städtische Wassernetzwerk, so dass der Wasserturm vor Ort nur noch als Vorratsbehälter genutzt wurde. Ab [[1912]] wurde das "Luftbad" errichtet, [[1913]] erfolgte die erste Anschaffung eines Kraftwagens und [[1914]] wurde die große Wandelhalle im Park hinzugefügt. Ab [[1922]] hatte die Einrichtung eine eigene Starkstromanlage und ab [[1927]] konnten die Patientinnen mit einem eigenen Filmvorführgerät unterhalten werden.  
      
Bis [[1928]] wurden 8.400 Patientinnen behandelt, von denen vier in der Anstalt verstarben. Der Pflegesatz betrug anfangs 3 Mark täglich, der jedoch bis [[1928]] auf 6.50 Mark gesteigert werden konnte. Zur Betreuung der inzwischen 76 Patientinnen waren [[1928]] folgendes Personal vor Ort:
 
Bis [[1928]] wurden 8.400 Patientinnen behandelt, von denen vier in der Anstalt verstarben. Der Pflegesatz betrug anfangs 3 Mark täglich, der jedoch bis [[1928]] auf 6.50 Mark gesteigert werden konnte. Zur Betreuung der inzwischen 76 Patientinnen waren [[1928]] folgendes Personal vor Ort:
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== Das Ende der Heilstätte ==
 
== Das Ende der Heilstätte ==
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Die Patientenzahl ging stetig zurück, einmal wegen der besseren Ernährungssituation und zum anderen wegen dem von Versicherungsanstalten forcierten Ausbau ihrer eigenen Anstalten im Bundesgebiet. Auch das Angebot der Stadt Fürth, die Heilstätte der Landesversicherungsanstalt zum Kauf anzubieten, rettet die Einrichtung nicht da das Bundesverteidigungsministerium kein Interesse zeigte. Im Mai [[1956]] empfahl der Bay. Kommunale Prüfungsverband die Heilstätte wegen Unwirtschaftlichkeit zu schließen. Am [[1. Oktober]] [[1958]] beschloss demzufolge der [[Stadtrat]] die Auflösung der Heilstätte und die Überführung dessen in eine Rehabiltationsabteilung des [[Stadtkrankenhauses]] mit 85 Betten.
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Danach war es ein Reha-Krankenhaus und der Betrieb wurde ab 1980 langsam eingestellt. Im September 1994 gab die Stadt eine Verkaufsanzeige für das Sanatorium, das Ärtzehaus, den Wasserturm, das Pförtner- und Verwalterwohnhaus auf.
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In dieser Zeit ging man von einer durchschnittlichen Belegung von knapp 80 Betten aus, die mit 28.800 Pflegetagen mit einem jährlichen Zuschuss von 60 bis 100.000 DM veranschlagt wurden. Die Umbaukosten beliefen sich auf rund 200.000 DM, vorallem durch den Einbau eines Krankenbettenaufzugs. Am [[19. Januar]] [[1959]] wurden die ersten Patienten im ehem. Waldkrankenhaus aufgenommen. Gleichzeitig wurden auch die Belegabteilungen für Augen- und HNO-Heilkunde in das Waldkrankenhaus verlegt.  
Um [[2001]] begann unter dem Namen ''Ludwigspark'' der Umbau zur Luxuswohnanlage. Der Umbau war 2003 abgeschlossen.
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Das Sanatorium hatte Liegehallen (je ca. 25 m lang) direkt am Haus, dazu noch zwei hölzerne (ca. 40 m lang) östlich und westlich des Haupthauses im Wald. Die westlich steht heute (2012) noch und ist überraschend gut erhalten. Das Dach ist noch dicht und die Seitenwände sind obenfalls noch ohne Schaden. Rund 3/4 der vorderen Brüstung und die Dachrinne fehlen. Dem Gestänge nach zu schließen gab es einen Sonnenschutz.
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Seit [[1959]] bis einschließlich [[1981]] wurden im Waldkrankenhaus ca. 27.000 Patienten medizinisch versorgt von knapp 38 Beschäftigten. Die Anschaffungswerte der Gebäude und der Einrichtung betrugen bis dahin ca. 2 Mio. DM - ohne Grundstückswert.
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Im September [[1994]] gab die Stadt eine Verkaufsanzeige für das Sanatorium, das Ärtzehaus, den Wasserturm, das Pförtner- und Verwalterwohnhaus auf. Bis dahin war hier ein Teil des Patientenarchives des [[Klinikum Fürth]] untergebracht. Um [[2001]] begann unter dem Namen ''Ludwigspark'' der Umbau zur Luxuswohnanlage mit 24 großzügigen Wohnungen. Der Umbau ist [[2003]] abgeschlossen worden. Die Parkfläche beträgt aktuell 40.000 qm und die Bruttogeschossfläche beträgt 2.656 m². Die Baukosten beliefen sich laut Bauträger auf 2.56 Mio Euro.  
    
==Siehe auch==
 
==Siehe auch==
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* [[Heilstättenstraße]]
 
* [[Heilstättenstraße]]
 
* [[Arbeiterwohlfahrt|Waldheim Sonnenland]]
 
* [[Arbeiterwohlfahrt|Waldheim Sonnenland]]
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* [[Stadtkrankenhaus]]
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* [[Klinikum Fürth]]
    
==Literatur==
 
==Literatur==
    
* ''Lungenheilstätte''. In: [[Adolf Schwammberger]]: ''[[Fürth von A bis Z]]. Ein Geschichtslexikon''. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 254
 
* ''Lungenheilstätte''. In: [[Adolf Schwammberger]]: ''[[Fürth von A bis Z]]. Ein Geschichtslexikon''. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 254
   
* Jahres-Bericht der Heilstätte der Stadt Fürth. - Erschienen: 1.1903/04 - 2.1905[?]. - Nebent.: Die Lungenheilstätte der Stadt Fürth (Bestand in der UB Erlangen)
 
* Jahres-Bericht der Heilstätte der Stadt Fürth. - Erschienen: 1.1903/04 - 2.1905[?]. - Nebent.: Die Lungenheilstätte der Stadt Fürth (Bestand in der UB Erlangen)
   
* Heilstätte Oberfürberg über Fürth i/Bayern, Waldsanatorium : 1903 - 1953 ; Festschrift zum 50-jährigen Bestehen am 25. November 1953. - Fürth, 1953. - 33 Bl. : Ill.
 
* Heilstätte Oberfürberg über Fürth i/Bayern, Waldsanatorium : 1903 - 1953 ; Festschrift zum 50-jährigen Bestehen am 25. November 1953. - Fürth, 1953. - 33 Bl. : Ill.
   
* [[Renate Trautwein]]: [[1000 Fürther FrauenLeben]], Nürnberg 2007, Seite 100 - 104
 
* [[Renate Trautwein]]: [[1000 Fürther FrauenLeben]], Nürnberg 2007, Seite 100 - 104
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* Ordner 1 & 2: Waldkrankenhaus, Historisches Archiv Klinikum Fürth, ca. 1900 - 1960
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* Einrichtung zur Bekämpfung sozialer Krankheiten in Fürth, Bericht für 1911, Fürth 1912. S. 76 f.
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* Geschichte der Stadt Fürth, Barbara Ohm, Fürth, 2007, S. 222 f.
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* E. Krentz, Öffentliche und private Wohlfahrtseinrichtungen allgemeiner Art in der Stadt Fürth, Erlangen, 1915, S. 19 f.
    
==Einzelnachweise==
 
==Einzelnachweise==
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