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[[Datei:Einverleibung Fürth Nürnberg 1922.jpg|mini|300px|right|Postkarte zu dem Thema Einverleibung Fürth nach Nürnberg, lief bereits 1905!]]Bestrebungen zur Eingemeindung Fürths nach [[Nürnberg]] und umgekehrt wurden erstmals am [[14. Mai]] [[1833]] schriftlich in der gemeinsamen Einladung beider [[Oberbürgermeister]] der Städte [[Fürth]] und [[Nürnberg]] zur Gründung der [[Ludwigseisenbahn]] formuliert. In den darauffolgenden Jahrzehnten gab es wiederholt von beiden Seiten Bestrebungen, die Städte zu fusionieren, die jedoch alle scheiterten. | [[Datei:Einverleibung Fürth Nürnberg 1922.jpg|mini|300px|right|Postkarte zu dem Thema Einverleibung Fürth nach Nürnberg, lief bereits 1905!]]Bestrebungen zur Eingemeindung Fürths nach [[Nürnberg]] und umgekehrt wurden erstmals am [[14. Mai]] [[1833]] schriftlich in der gemeinsamen Einladung beider [[Oberbürgermeister]] der Städte [[Fürth]] und [[Nürnberg]] zur Gründung der [[Ludwigseisenbahn]] formuliert. In den darauffolgenden Jahrzehnten gab es wiederholt von beiden Seiten Bestrebungen, die Städte zu fusionieren, die jedoch alle scheiterten. | ||
== Initiativen zur Eingemeindung der Stadt Fürth bis 1920 == | ==Initiativen zur Eingemeindung der Stadt Fürth bis 1920== | ||
* [[14. Mai]] [[1833]]: Erstmalig schriftliche Erwähnung der Idee einer Eingemeindung durch die [[Bürgermeister]] beider Städte Binder und [[Franz Joseph von Bäumen|Bäumen]] im Zuge der Errichtung der [[Ludwigseisenbahn]].<ref>Verkehrsmuseum Nürnberg, Archiv, Akten der Ludwigseiensbahngesellschaft 1/1, S. 11 - 21 </ref> In der Einladung vom [[14. Mai]] [[1833]] zur Gründung einer Gesellschaft für die Errichtung einer Eisenbahn mit Dampffahrt zwischen [[Nürnberg]] und Fürth hieß es u. a.: ''Fürth wird durch dieses ... Kommunikationsmittel in den Stand gesetzt, um so viel leichter und bequemer an den Kunst- und Bildungsanstalten Nürnbergs ... teilzunehmen, denn beide Städte werden einander so nahe gerückt, dass sie fast nur eine Stadt ausmachen ... Diese Unternehmung würde ... die Aussicht eröffnen, das hier angefangene Werk für eine noch viel wichtigere Kommunikation fortzusetzten, wodurch die vereinigten Städte Nürnberg und Fürth zu Hauptpunkten des Binnenhandels zwischen dem Main und der Donau und zu Haupttransitplätzen des Großhandels zwischen Westen und Osten von Europa erhoben werden könnten.''<ref>Unterhaltungen und Mittheilungen von und für Bayern zum Nutzen und Vergnügen, Jahrgang VIII, Nr. 12, Nbg. 15.6.1833, S. 96</ref> Dieser Behauptung wurde zwar widersprochen, wenn auch zunächst aus einem anderen Grund als dem der Heimatverbundenheit (Ablehnung der Technik als solches, Kapitalismuskritik etc.). | * [[14. Mai]] [[1833]]: Erstmalig schriftliche Erwähnung der Idee einer Eingemeindung durch die [[Bürgermeister]] beider Städte Binder und [[Franz Joseph von Bäumen|Bäumen]] im Zuge der Errichtung der [[Ludwigseisenbahn]].<ref>Verkehrsmuseum Nürnberg, Archiv, Akten der Ludwigseiensbahngesellschaft 1/1, S. 11 - 21 </ref> In der Einladung vom [[14. Mai]] [[1833]] zur Gründung einer Gesellschaft für die Errichtung einer Eisenbahn mit Dampffahrt zwischen [[Nürnberg]] und Fürth hieß es u. a.: ''Fürth wird durch dieses ... Kommunikationsmittel in den Stand gesetzt, um so viel leichter und bequemer an den Kunst- und Bildungsanstalten Nürnbergs ... teilzunehmen, denn beide Städte werden einander so nahe gerückt, dass sie fast nur eine Stadt ausmachen ... Diese Unternehmung würde ... die Aussicht eröffnen, das hier angefangene Werk für eine noch viel wichtigere Kommunikation fortzusetzten, wodurch die vereinigten Städte Nürnberg und Fürth zu Hauptpunkten des Binnenhandels zwischen dem Main und der Donau und zu Haupttransitplätzen des Großhandels zwischen Westen und Osten von Europa erhoben werden könnten.''<ref>Unterhaltungen und Mittheilungen von und für Bayern zum Nutzen und Vergnügen, Jahrgang VIII, Nr. 12, Nbg. 15.6.1833, S. 96</ref> Dieser Behauptung wurde zwar widersprochen, wenn auch zunächst aus einem anderen Grund als dem der Heimatverbundenheit (Ablehnung der Technik als solches, Kapitalismuskritik etc.). | ||
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[[Datei:Einverleibung Fürth.jpg|mini|300px|right|Postkarte zu dem Thema Einverleibung Fürth nach Nürnberg, 1902]] | [[Datei:Einverleibung Fürth.jpg|mini|300px|right|Postkarte zu dem Thema Einverleibung Fürth nach Nürnberg, 1902]] | ||
* 1902: Es erscheinen zwei Postkarten mit dem Thema | * 1902: Es erscheinen zwei Postkarten mit dem Thema Vereinigung der beiden Städte, die Fürth in keinem guten Licht dastehen lassen. Auf einer der beiden Postkarten ist der [[Oberbürgermeister]] [[Theodor Kutzer]] zu sehen, der auf seinen Schultern die "Bedingungen" der Vereinigung schultert. So soll aus Sicht der Stadt Fürth ein neues Krankenhaus, eine neue Verkehrsbrücke und die Leyher Unterführung entstehen. An der Stadtgrenze weist ein Nürnberger Grenzer mit angedeuteten Gesichtszügen des damaligen Oberbürgermeisters von Schuhs Kutzer auf ein Schild mit der Aufschrift "Gefälleinnahmen" hin, verbunden mit der Befürchtung, dass die Nürnberger Finanzkasse durch die Eingemeindung zu sehr belastet werden würde. | ||
[[Datei:AK Kärwa um 1900 32.jpg|mini||300px|rechts|Kirchweihansichtskarte mit dem Thema der Eingemeindung beider Städte, ca. 1905]] | [[Datei:AK Kärwa um 1900 32.jpg|mini||300px|rechts|Kirchweihansichtskarte mit dem Thema der Eingemeindung beider Städte, ca. 1905]] | ||
* [[22. November]] [[1904]]: Die Gemeindebevollmächtigten der Stadt Fürth beantragen beim Nürnberger [[Magistrat]] eine Beratung zur Zusammenlegung beider Städte. Dieser Bitte ging eine geheime Sitzung der Fürther Gemeindebevollmächtigen voraus, in dem 28 von 42 der anwesenden Bevollmächtigten am [[22. November]] [[1904]] sich für Verhandlungen mit Nürnberg ausgesprochen hatten. Als dies in Fürth bekannt wurde, rief dies in der Bevölkerung hohe Wellen der Entrüstung hervor - laut dem Fürther Central Anzeiger "kochte die Fürther Volksseele".<ref>Stadtarchiv Fürth, Fach 229, 36. Zeitungsartikel vom Fürther Central Anzeiger vom 16.11.1904</ref> In den darauf folgenden Bürgerversammlungen lehnten viele Fürther die Eingemeindung ab. Auch der [[Magistrat]] in Nürnberg konnte sich mehrheitlich eine Eingemeindung nicht vorstellen, so dass diese Initiative schnell wieder fallengelassen wurde.<ref name="Ohm">[[Barbara Ohm]], Fürth - Geschichte der Stadt, Hrsg. Stadt Fürth, 2007, S. 281 </ref> Entgegen dem Fürther Central Anzeiger schrieb Käppner in seiner Chronik, dass der Magistrat sich am 6. Dezember 1904 mit dem Thema befasste. Hierzu schrieb er: ''Beabsichtigte Verhandlungen mit der Stadtgemeinde Nürnberg wegen allenfallsiger Eingemeindung der Stadt Fürth in die Stadt Nürnberg haben in den letzten Wochen einen großen Teil der Bevölkerung sowohl, als auch in der Presse, teils für, teils gegen zum Ausdruck gelangte. Eine in den Geismannsaal einberufene Volksversammlung - es waren nur Gegner der Einverleibung eingeladen - sprach sich einstimmig gegen die Eingemeindung aus. In der gestrigen Sitzung des Gemeindekollegiums wurde der Antrag an den Magistrat, "Verhandlungen mit Nürnberg wegen event. Eingemeindung der Stadt Fürth mit Nürnberg einzuleiten", einstimmig zurückgezogen. Im Magistrat war die eine Hälfte der Mitglieder für, die andere gegen Einverleibung. Im Gemeindekollegium waren 24 für und 14 gegen die Einverleibung. 3 Mitglieder abwesend, 1 Sitz erledigt.''<ref>Paul Käppner: Chronik der Stadt Fürth, Central Verlag Fürth, erweiterte Auflage Fronmüllerchronik, 1907, S. 778</ref> | * [[22. November]] [[1904]]: Die Gemeindebevollmächtigten der Stadt Fürth beantragen beim Nürnberger [[Magistrat]] eine Beratung zur Zusammenlegung beider Städte. Dieser Bitte ging eine geheime Sitzung der Fürther Gemeindebevollmächtigen voraus, in dem 28 von 42 der anwesenden Bevollmächtigten am [[22. November]] [[1904]] sich für Verhandlungen mit Nürnberg ausgesprochen hatten. Als dies in Fürth bekannt wurde, rief dies in der Bevölkerung hohe Wellen der Entrüstung hervor - laut dem Fürther Central Anzeiger "kochte die Fürther Volksseele".<ref>Stadtarchiv Fürth, Fach 229, 36. Zeitungsartikel vom Fürther Central Anzeiger vom 16.11.1904</ref> In den darauf folgenden Bürgerversammlungen lehnten viele Fürther die Eingemeindung ab. Auch der [[Magistrat]] in Nürnberg konnte sich mehrheitlich eine Eingemeindung nicht vorstellen, so dass diese Initiative schnell wieder fallengelassen wurde.<ref name="Ohm">[[Barbara Ohm]], Fürth - Geschichte der Stadt, Hrsg. Stadt Fürth, 2007, S. 281 </ref> Entgegen dem Fürther Central Anzeiger schrieb Käppner in seiner Chronik, dass der Magistrat sich am 6. Dezember 1904 mit dem Thema befasste. Hierzu schrieb er: ''Beabsichtigte Verhandlungen mit der Stadtgemeinde Nürnberg wegen allenfallsiger Eingemeindung der Stadt Fürth in die Stadt Nürnberg haben in den letzten Wochen einen großen Teil der Bevölkerung sowohl, als auch in der Presse, teils für, teils gegen zum Ausdruck gelangte. Eine in den [[Geismannsaal]] einberufene Volksversammlung - es waren nur Gegner der Einverleibung eingeladen - sprach sich einstimmig gegen die Eingemeindung aus. In der gestrigen Sitzung des Gemeindekollegiums wurde der Antrag an den Magistrat, "Verhandlungen mit Nürnberg wegen event. Eingemeindung der Stadt Fürth mit Nürnberg einzuleiten", einstimmig zurückgezogen. Im Magistrat war die eine Hälfte der Mitglieder für, die andere gegen Einverleibung. Im Gemeindekollegium waren 24 für und 14 gegen die Einverleibung. 3 Mitglieder abwesend, 1 Sitz erledigt.''<ref>Paul Käppner: Chronik der Stadt Fürth, Central Verlag Fürth, erweiterte Auflage Fronmüllerchronik, 1907, S. 778</ref> | ||
* Januar [[1908]]: Prinz Ludwig der III. von Bayern (ab [[1913]] der letzte König von Bayern) brachte erneut die Idee einer Eingemeindung gegenüber der Presse auf.<ref>Stadtarchiv Fürth, Fach 229, 36. Nordbayerische Zeitung vom 16.01.1908</ref> | * Januar [[1908]]: Prinz Ludwig der III. von Bayern (ab [[1913]] der letzte König von Bayern) brachte erneut die Idee einer Eingemeindung gegenüber der Presse auf.<ref>Stadtarchiv Fürth, Fach 229, 36. Nordbayerische Zeitung vom 16.01.1908</ref> | ||
* {{Chronik Politik||1912| Fürths Bürgermeister [[Theodor Kutzer]] schlägt in einer Denkschrift "Beiträge zur Frage der Vereinigung der Stadt Fürth mit Nürnberg" erneut die Zusammenlegung beider Städte vor.}} Der Vorschlag basiert auf rein pragmatischen Sichtweisen, z. B. durch vermeintliche Einsparpotentiale bei einer gemeinsamen Verwaltung oder gemeinsamen Bauten etc. [[Theodor Kutzer|Kutzer]] selbst vertrat in seiner Denkschrift die Ansicht, dass "''das offenbar wirtschaftlich zusammengehörige Gebiet''" zusammengelegt gehört.<ref>Theodor Kutzer, Beiträge zur Frage der Vereinigung der Stadt Fürth und Nürnberg, Fürth 1912, S. 9</ref> Weder der Ältestenausschuss des Gemeindekollegiums [[Nürnberg]] zeigt sich in seiner Sitzung am [[16. April]] [[1912]] von den Plänen [[Theodor Kutzer|Kutzers]] angetan (2 der 4 Fraktionen lehnten die Aufnahme von Verhandlungen ab), noch war die Fürther Bevölkerung von dieser Idee begeistert, insbesondere die heimlich geführten Verhandlungen führten in der Bevölkerung zu massivem Ärger. Es gründeten sich die ersten Vereine gegen eine vermeintliche Eingemeindung, so z. B. das "[[Treu Fürth|Freie Bürgerkomitee Fürth]]", mit dem Ziel, die [[1914]] anstehenden Gemeindewahlen unter der Wahlkampf-Parole ''Für oder gegen Einverleibung'' zu führen. Auch nach dem Rücktritt des Bürgermeister [[Theodor Kutzer|Kutzers]] löste sich das Bürgerkomitee nicht auf, um präventiv allen weiteren Überlegungen zuvorkommen zu können.<ref name="Schwammberger, S. 105"/> Das Bürgerkomitee kann als frühe Form des später gegründeten Vereins "[[Treu Fürth]]" verstanden werden. Zu den Unterstützern gehörte auch [[Alfred Nathan]], der sich [[1912]] deutlich gegen eine Einverleibung Fürths nach Nürnberg ausgesprochen hatte. Auf der Seite der Befürworter der Eingemeindung befand sich in Fürth überwiegend die [[ | * {{Chronik Politik||1912| Fürths Bürgermeister [[Theodor Kutzer]] schlägt in einer Denkschrift "Beiträge zur Frage der Vereinigung der Stadt Fürth mit Nürnberg" erneut die Zusammenlegung beider Städte vor.}} Der Vorschlag basiert auf rein pragmatischen Sichtweisen, z. B. durch vermeintliche Einsparpotentiale bei einer gemeinsamen Verwaltung oder gemeinsamen Bauten etc. [[Theodor Kutzer|Kutzer]] selbst vertrat in seiner Denkschrift die Ansicht, dass "''das offenbar wirtschaftlich zusammengehörige Gebiet''" zusammengelegt gehört.<ref>Theodor Kutzer, Beiträge zur Frage der Vereinigung der Stadt Fürth und Nürnberg, Fürth 1912, S. 9</ref> Weder der Ältestenausschuss des Gemeindekollegiums [[Nürnberg]] zeigt sich in seiner Sitzung am [[16. April]] [[1912]] von den Plänen [[Theodor Kutzer|Kutzers]] angetan (2 der 4 Fraktionen lehnten die Aufnahme von Verhandlungen ab), noch war die Fürther Bevölkerung von dieser Idee begeistert, insbesondere die heimlich geführten Verhandlungen führten in der Bevölkerung zu massivem Ärger. Es gründeten sich die ersten Vereine gegen eine vermeintliche Eingemeindung, so z. B. das "[[Treu Fürth|Freie Bürgerkomitee Fürth]]", mit dem Ziel, die [[1914]] anstehenden Gemeindewahlen unter der Wahlkampf-Parole ''Für oder gegen Einverleibung'' zu führen. Auch nach dem Rücktritt des Bürgermeister [[Theodor Kutzer|Kutzers]] löste sich das Bürgerkomitee nicht auf, um präventiv allen weiteren Überlegungen zuvorkommen zu können.<ref name="Schwammberger, S. 105"/> Das Bürgerkomitee kann als frühe Form des später gegründeten Vereins "[[Treu Fürth]]" verstanden werden. Zu den Unterstützern gehörte auch [[Alfred Nathan]], der sich [[1912]] deutlich gegen eine Einverleibung Fürths nach Nürnberg ausgesprochen hatte. Auf der Seite der Befürworter der Eingemeindung befand sich in Fürth überwiegend die [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|Sozialdemokratie]]. Sie wollte sich mit dem ablehnenden Beschluss des Ältestenrats in Nürnberg nicht zufrieden geben und verlangte eine erneute Verhandlung des Punktes. In einer Parteiversammlung erwog man sogar, die Einverleibung zur "Parteisache" zu erklären, dies wurde aber von der Mehrheit der Mitglieder abgelehnt. Vielmehr bat man OB Kutzer, die Angelegenheit zwei bis drei Jahre ruhen zu lassen, bis dahin hätte man in Fürth und Nürnberg als Sozialdemokratie die erforderlichen Mehrheiten, so dass man die Einverleibung dann ohne Widerstände umsetzen könne. | ||
* [[1917]]: Durch die [[Erster Weltkrieg|Kriegswirren]] und der finanziellen Schieflage beider Städte wird die Zusammenlegung beider Städte erneut zum Thema. Insbesondere regt der Regierungspräsident und Jurist Dr. Julius Ritter von Blaul einen paritätisch besetzten Ausschuss von je 9 Vertretern beider Städte an. Diesem Anliegen schloss sich der Handelsvorstand Nürnberg, das Handelsgremium Fürth sowie der inzwischen zum König ernannte Ludwig III. von Bayern an.<ref>Stadtarchiv Fürth, Fach 229, 34</ref> Ausgelöst hatte die Diskussion der Großkaufmann und Geheime Kommerzienrat C. F. Zahn aus Nürnberg, der einer der führenden Männer der Handelskammer Nürnbergs war. In der Bay. Staatszeitung erschien ein Artikel mit der Überschrift: "Nürnberg-Fürther Zukunftsfragen", in der er die Frage Zweckmäßigkeit der Eingemeindung erneut befürwortete. Der Artikel, aber auch die Aktivitäten des Handelsgremiums in dieser Sache, löste in der Fürther Bevölkerung erneut eine große Beunruhigung aus. Eine Woche nach dem Antrag der Handelskörperschaften, am 11. Dezember 1917, behandelte der Stadtmagistrat in geheimer Sitzung erneut das Thema der Eingemeindung. Nach einer dreistündigen Diskussion stellte OB Dr. Robert Wild den Antrag, das Ersuchen der Handelsgremien auf Prüfung der Zweckmäßigkeit einer Vereinigung beider Städte abzulehnen. Er begründete seine Ablehnung allerdings nicht mit politischen Gründen, sondern vielmehr aus praktischen Erwägungen heraus, da durch den | * [[1917]]: Durch die [[Erster Weltkrieg|Kriegswirren]] und der finanziellen Schieflage beider Städte wird die Zusammenlegung beider Städte erneut zum Thema. Insbesondere regt der Regierungspräsident und Jurist Dr. Julius Ritter von Blaul einen paritätisch besetzten Ausschuss von je 9 Vertretern beider Städte an. Diesem Anliegen schloss sich der Handelsvorstand Nürnberg, das Handelsgremium Fürth sowie der inzwischen zum König ernannte Ludwig III. von Bayern an.<ref>Stadtarchiv Fürth, Fach 229, 34</ref> Ausgelöst hatte die Diskussion der Großkaufmann und Geheime Kommerzienrat C. F. Zahn aus Nürnberg, der einer der führenden Männer der Handelskammer Nürnbergs war. In der Bay. Staatszeitung erschien ein Artikel mit der Überschrift: "Nürnberg-Fürther Zukunftsfragen", in der er die Frage Zweckmäßigkeit der Eingemeindung erneut befürwortete. Der Artikel, aber auch die Aktivitäten des Handelsgremiums in dieser Sache, löste in der Fürther Bevölkerung erneut eine große Beunruhigung aus. Eine Woche nach dem Antrag der Handelskörperschaften, am 11. Dezember 1917, behandelte der Stadtmagistrat in geheimer Sitzung erneut das Thema der Eingemeindung. Nach einer dreistündigen Diskussion stellte OB Dr. Robert Wild den Antrag, das Ersuchen der Handelsgremien auf Prüfung der Zweckmäßigkeit einer Vereinigung beider Städte abzulehnen. Er begründete seine Ablehnung allerdings nicht mit politischen Gründen, sondern vielmehr aus praktischen Erwägungen heraus, da durch den Ersten Weltkrieg die Beamtenschaft so stark dezimiert ist, dass eine eingehende Prüfung nicht möglich sei. Zusätzlich ergänzte er seine Ausführungen damit, ''dass man die Bevölkerung, für die der Krieg sowieso schon genug Unangenehmes bringe, nicht unnötig aufregen [solle]. Außerdem stünden Tausende von Bürgern an der Front, ohne deren Mitwirkung eine solch wichtige Angelegenheit nicht entschieden werden dürfe. Eine Einverleibung müsse der Volksstimmung und nicht den Wünschen Einzelner entsprechen.''<ref>Nürnberger Stadtarchiv: Chronik der Stadt Nürnberg. 1917. Fürth 14. Dezember 1917, Vereinigung von Nürnberg und Fürth, S. 18 ff.</ref> Die folgende Abstimmung ergab ein unentschieden mit 9 zu 9 Stimmen. In einer erneuten Abstimmung, unter Beteiligung des Vorsitzenden OB [[Robert Wild]], wurde der Antrag nun abgelehnt. Die Gemeindebevollmächtigten, die der Sitzung des Magistrats nur beobachtend hinzugezogen waren, stimmten anschließend ebenfalls über die Angelegenheit mit dem Ergebnis ab, dass 18 Stimmen für eine Weiterverfolgung des Themas waren und 16 dagegen. Nach der damaligen Gemeindesatzung (Art. 4 Abs. 3 der Bayr. Gem.O. vom 24. April 1869) konnte aber ein solcher Beschluss nur dann umgesetzt werden, wenn beide Gremien - also Magistrat und Gemeindebevollmächtigte - dem Antrag zugestimmt haben. Nachdem der Magistrat den Antrag jedoch abgelehnt hatte, war die Zustimmung der Gemeindebevollmächtigten irrelevant. Die Fürther Bevölkerung nahm diesen Beschluss - insbesondere durch das aktive Zutun des OB Wild - wohlwollend zur Kenntnis. | ||
[[Datei:Logo Treu Fürth.jpg |mini|right|Logo des neu gegründeten Vereins Treu Fürth]] | [[Datei:Logo Treu Fürth.jpg |mini|right|Logo des neu gegründeten Vereins Treu Fürth]] | ||
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* [[29. November]] [[1920]]: Nachdem sich die politischen Unruhen in Franken/Bayern wieder gelegt hatten, kam es nach zweijähriger Unterbrechung der ersten Verhandlungen beider Städte erneut unter der Führung von Regierungspräsidenten Dr. von Blaul zu neuen Gesprächen. In der ersten Sitzung am [[29. November]] [[1920]] kam OB Dr. [[Robert Wild|Wild]] zu dem Ergebnis, dass eine Eingemeindung Fürths nach Nürnberg nicht in Frage kommen könnte. Der Ausschuss beschloss daraufhin einstimmig (je 9 Vertreter der jeweiligen Stadt), dem Vorschlag von 1. Bürgermeister Dr. Luppe aus Nürnberg zu folgen, wonach die beiden Städte sich über die Frage einer gemeinsamen Lösung zur Einheitsgemeinde Gedanken machten sollten. Oberregierungsrat Dorn wurde beauftragt, beim Staatsministerium des Innern in München nachzufragen, ob dieses Ansinnen Aussicht auf Erfolg hätte. Der inzwischen [[1918]] gegründete [[Treu Fürth|Verein zur Wahrung der Interessen der Stadt Fürth]] richtete eine Eingabe an den Stadtrat, welcher die Aufrechterhaltung der Selbständigkeit forderte, da die von Dr. Luppe vorgeschlagene Form der Einheitsgemeinde nichts anderes als eine "verkappte Eingemeindung" darstelle. | * [[29. November]] [[1920]]: Nachdem sich die politischen Unruhen in Franken/Bayern wieder gelegt hatten, kam es nach zweijähriger Unterbrechung der ersten Verhandlungen beider Städte erneut unter der Führung von Regierungspräsidenten Dr. von Blaul zu neuen Gesprächen. In der ersten Sitzung am [[29. November]] [[1920]] kam OB Dr. [[Robert Wild|Wild]] zu dem Ergebnis, dass eine Eingemeindung Fürths nach Nürnberg nicht in Frage kommen könnte. Der Ausschuss beschloss daraufhin einstimmig (je 9 Vertreter der jeweiligen Stadt), dem Vorschlag von 1. Bürgermeister Dr. Luppe aus Nürnberg zu folgen, wonach die beiden Städte sich über die Frage einer gemeinsamen Lösung zur Einheitsgemeinde Gedanken machten sollten. Oberregierungsrat Dorn wurde beauftragt, beim Staatsministerium des Innern in München nachzufragen, ob dieses Ansinnen Aussicht auf Erfolg hätte. Der inzwischen [[1918]] gegründete [[Treu Fürth|Verein zur Wahrung der Interessen der Stadt Fürth]] richtete eine Eingabe an den Stadtrat, welcher die Aufrechterhaltung der Selbständigkeit forderte, da die von Dr. Luppe vorgeschlagene Form der Einheitsgemeinde nichts anderes als eine "verkappte Eingemeindung" darstelle. | ||
== Anfang der 1920er Jahre == | ==Anfang der 1920er Jahre== | ||
[[Datei:Großgemeinde Nürnberg Fürth 1922.jpg|miniatur|rechts|Die geplante neue Großgemeinde Nürnberg-Fürth, 1922]] | [[Datei:Großgemeinde Nürnberg Fürth 1922.jpg|miniatur|rechts|Die geplante neue Großgemeinde Nürnberg-Fürth, 1922]] | ||
[[Bild:Treu Fürth Werbung.jpg|mini|left|Zeitungsanzeige gegen die Städtevereinigung vom 21. Januar 1922]]Aufgrund der politischen Ereignisse Anfang der 1920er Jahre (Kriegsende, Novemberrevolution und der Einführung der Weimarer Republik) wurde ab [[1920]] erneut das Thema Vereinigung beider Städte konkreter und ernsthafter als bisher vorangetrieben. Mitentscheidend für die Zusammenlegung beider Städte waren ebenfalls die gerade kommunalpolitisch notwendigen und geplanten Strukturmaßnahmen beider Städte, so dass man sich einen finanziellen Vorteil durch den Zusammenschluss erhoffte (z. B. Neubau von Krankenhäusern, Bau eines gemeinsamen Hafens für die Binnenschifffahrt, gemeinsame Führung der Theater beider Städte, etc.). Auch die Chancen für einen Zusammenschluss standen dieses Mal besser, da es in beiden Städten klare [[SPD]]-Mehrheitsverhältnisse in den Rathäusern gab, so dass keine parteipolitischen Differenzen zu erwarten waren. | [[Bild:Treu Fürth Werbung.jpg|mini|left|Zeitungsanzeige gegen die Städtevereinigung vom 21. Januar 1922]]Aufgrund der politischen Ereignisse Anfang der 1920er Jahre (Kriegsende, Novemberrevolution und der Einführung der Weimarer Republik) wurde ab [[1920]] erneut das Thema Vereinigung beider Städte konkreter und ernsthafter als bisher vorangetrieben. Mitentscheidend für die Zusammenlegung beider Städte waren ebenfalls die gerade kommunalpolitisch notwendigen und geplanten Strukturmaßnahmen beider Städte, so dass man sich einen finanziellen Vorteil durch den Zusammenschluss erhoffte (z. B. Neubau von Krankenhäusern, Bau eines gemeinsamen Hafens für die Binnenschifffahrt, gemeinsame Führung der Theater beider Städte, etc.). Auch die Chancen für einen Zusammenschluss standen dieses Mal besser, da es in beiden Städten klare [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]]-Mehrheitsverhältnisse in den Rathäusern gab, so dass keine parteipolitischen Differenzen zu erwarten waren. | ||
Folgende Formen der Eingemeindungen waren im Gespräch:<ref>Herbert Schnittger: Die Eingemeindungsverhandlungen zwischen Nürnberg und Fürth von 1900 bis 1933, Inauguraldissertation der Jur. Fakutlät der FAU Erlangen-Nürnberg, Fürth, 1952, S. 3 ff. </ref> | Folgende Formen der Eingemeindungen waren im Gespräch:<ref>Herbert Schnittger: Die Eingemeindungsverhandlungen zwischen Nürnberg und Fürth von 1900 bis 1933, Inauguraldissertation der Jur. Fakutlät der FAU Erlangen-Nürnberg, Fürth, 1952, S. 3 ff. </ref> | ||
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* Das Zusammengehen einzelner Verwaltungszweige in Form einer AG, GmbH oder eines abgeschlossenen Vertrages. Diese privatrechtlichen Formen wären zwar theoretisch denkbar gewesen, wurden aber faktisch kaum von den beiden Gemeinden verfolgt. | * Das Zusammengehen einzelner Verwaltungszweige in Form einer AG, GmbH oder eines abgeschlossenen Vertrages. Diese privatrechtlichen Formen wären zwar theoretisch denkbar gewesen, wurden aber faktisch kaum von den beiden Gemeinden verfolgt. | ||
=== Nürnberg macht den | === Nürnberg macht den ersten Schritt === | ||
Den ersten Schritt machte diesmal der 1. Bürgermeister der Stadt [[Nürnberg]], Dr. Hermann Luppe, der dies ebenfalls mit einer Denkschrift begründete. Die konkreten Vorschläge von ihm wurden im ''Ausschuss zur Förderung des Zusammenschlusses'' am [[28. Oktober]] [[1921]] eingebracht, beraten und mit einer Gegenstimme beschlossen (die Gegenstimme kam vom Fürther [[Stadtrat]] und Stadtpfarrer [[Paul Fronmüller|Fronmüller]]). Oberregierungsrat Otto Dorn informierte als Geschäftsführer des Ausschusses in einer Stadtratssitzung am [[1. Dezember]] [[1921]], dass das Bay. Ministerium der Bildung einer ''Einheitsgemeinde'' nicht im Wege stehen würde.<ref name="Schwammberger, S. 106"/> Luppe hatte in der Denkschrift folgende Punkte zur Frage der Rechtsform der Einheitsgemeinde ausgewiesen: | Den ersten Schritt machte diesmal der 1. Bürgermeister der Stadt [[Nürnberg]], Dr. Hermann Luppe, der dies ebenfalls mit einer Denkschrift begründete. Die konkreten Vorschläge von ihm wurden im ''Ausschuss zur Förderung des Zusammenschlusses'' am [[28. Oktober]] [[1921]] eingebracht, beraten und mit einer Gegenstimme beschlossen (die Gegenstimme kam vom Fürther [[Stadtrat]] und Stadtpfarrer [[Paul Fronmüller|Fronmüller]]). Oberregierungsrat Otto Dorn informierte als Geschäftsführer des Ausschusses in einer Stadtratssitzung am [[1. Dezember]] [[1921]], dass das Bay. Ministerium der Bildung einer ''Einheitsgemeinde'' nicht im Wege stehen würde.<ref name="Schwammberger, S. 106"/> Luppe hatte in der Denkschrift folgende Punkte zur Frage der Rechtsform der Einheitsgemeinde ausgewiesen: | ||
# Die Stadt Fürth darf durch die Einheitsgemeinde in ihrer Entwicklung nicht zur Vorstadt oder reinen Arbeiterstadt herabgedrückt werden, sondern muss fortschrittlich zum Großstadtteil weiterentwickelt werden. Der Name der Einheitsgemeinde hat fortan "Nürnberg-Fürth" zu lauten. | # Die Stadt Fürth darf durch die Einheitsgemeinde in ihrer Entwicklung nicht zur Vorstadt oder reinen Arbeiterstadt herabgedrückt werden, sondern muss fortschrittlich zum Großstadtteil weiterentwickelt werden. Der Name der Einheitsgemeinde hat fortan "Nürnberg-Fürth" zu lauten. | ||
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Der [[Stadtrat]], der sich zuvor mit einer 3/4-Mehrheit für den Zusammenschluss entschieden hatte, trat aufgrund des Ergebnisses noch im Februar [[1922]] geschlossen zurück. Das Ergebnis der Volksabstimmung hatte im Vorfeld zu erheblichen Verwirrungen geführt. Einen Zwang zum Rücktritt gab es nicht, da die Abstimmung nur einen informatorischen Charakter hatte. In der Sitzung des Organisations- und Wahlausschusses befasste man sich am [[1. Februar]] [[1922]] mit dem Thema. OB Wild gab in der Sitzung an, dass seiner Auffassung nach der Ausgang der Volksabstimmung den Stadtrat jeder weiteren Sachbehandlung enthebe. Eine neue Beschlussfassung hielt er nicht für zweckdienlich, vielmehr schlug er den Anwesenden vor, geschlossen als Stadtrat zurückzutreten, auch wenn dies die Gemeindeordnung so als Fall nicht vorsieht bzw. gesetzlich nicht geregelt ist. Unklar war zunächst, wie sich die Stadträte verhalten sollen, die bereits im Vorfeld gegen eine Vereinigung Stellung bezogen hatten (11 Stück an der Zahl). Im Anschluss an die Diskussion gaben die 11 betroffenen Stadträte aber in einer gemeinsamen Erklärung bekannt, dass sie mit einer Neuwahl des Stadtrates einverstanden wären und somit ebenfalls zurücktreten. Nachdem auch die Ersatzmitglieder von ihrem Recht auf das Nachrücken in den Stadtrat Abstand genommen hatten, war der Stadtrat beschlussunfähig - und musste aufgelöst werden. Die Regierung erkannte den Rücktrittsgrund des Fürther Stadtrates als triftig an und ordnete Neuwahlen für den Rest der laufenden Wahlperiode an - der Stadtrat war am 15. Juni 1919 für Dauer von 5 Jahren gewählt worden. | Der [[Stadtrat]], der sich zuvor mit einer 3/4-Mehrheit für den Zusammenschluss entschieden hatte, trat aufgrund des Ergebnisses noch im Februar [[1922]] geschlossen zurück. Das Ergebnis der Volksabstimmung hatte im Vorfeld zu erheblichen Verwirrungen geführt. Einen Zwang zum Rücktritt gab es nicht, da die Abstimmung nur einen informatorischen Charakter hatte. In der Sitzung des Organisations- und Wahlausschusses befasste man sich am [[1. Februar]] [[1922]] mit dem Thema. OB Wild gab in der Sitzung an, dass seiner Auffassung nach der Ausgang der Volksabstimmung den Stadtrat jeder weiteren Sachbehandlung enthebe. Eine neue Beschlussfassung hielt er nicht für zweckdienlich, vielmehr schlug er den Anwesenden vor, geschlossen als Stadtrat zurückzutreten, auch wenn dies die Gemeindeordnung so als Fall nicht vorsieht bzw. gesetzlich nicht geregelt ist. Unklar war zunächst, wie sich die Stadträte verhalten sollen, die bereits im Vorfeld gegen eine Vereinigung Stellung bezogen hatten (11 Stück an der Zahl). Im Anschluss an die Diskussion gaben die 11 betroffenen Stadträte aber in einer gemeinsamen Erklärung bekannt, dass sie mit einer Neuwahl des Stadtrates einverstanden wären und somit ebenfalls zurücktreten. Nachdem auch die Ersatzmitglieder von ihrem Recht auf das Nachrücken in den Stadtrat Abstand genommen hatten, war der Stadtrat beschlussunfähig - und musste aufgelöst werden. Die Regierung erkannte den Rücktrittsgrund des Fürther Stadtrates als triftig an und ordnete Neuwahlen für den Rest der laufenden Wahlperiode an - der Stadtrat war am 15. Juni 1919 für Dauer von 5 Jahren gewählt worden. | ||
Am [[14. Mai]] [[1922]] fanden die Neuwahlen statt. Die | Am [[14. Mai]] [[1922]] fanden die Neuwahlen statt. Die Sozialdemokraten, die sich für den Zusammenschluss besonders stark gemacht hatten, verloren bei der Wahl ihre Mehrheit.<ref>Das Volk sagte nein, Manfred Mümmler in den Fürther Nachrichten vom 15. Februar 1995</ref> Die Liste der sog. "Fürther Selbständigkeit", ein gemeinsamer Wahlvorschlag der Initiative [[Treu Fürth]] aus mehreren bürgerlichen Parteien, konnte stattdessen 50 % der Sitzplätze im [[Stadtrat]] erobern (20 Sitze von 40).<ref name="Schwammberger, S. 106"/> Obwohl OB Wild sich für die Einheitsgemeinde ausgesprochen hatte, beließen ihn die Treu-Fürth-Anhänger auf seinen Posten des [[Oberbürgermeister]]s und sprachen ihm das Vertrauen aus. | ||
Nürnberg reagierte auf den Volksentscheid mit einer verstärkten Aktivität in Sachen Eingemeindung übriger Nachbargemeinden. Unter anderem wollte Nürnberg die Gemeinde Zirndorf eingemeinden. Nach der Abstimmung in Fürth trat der Zirndorfer Stadtrat sofort mit Nürnberg in Verhandlungen zwecks einer Eingemeindung. Gleichzeitig bot die Stadt Fürth die Eingemeindung Zirndorfs an, die jedoch vom Zirndorfer Stadtrat einstimmig abgelehnt wurde.<ref>Nordbay. Zeitung vom 27. April 1922, Nr. 98 - Dr. Luppe über unseren Vorschlag zur Güte</ref> Allerdings scheiterte die Eingemeindung Zirndorfs nach Nürnberg an dem Veto der Stadt Fürth und der Regierung von Mittelfranken, da nach Auffassung der Regierung die Eingemeindung Zirndorfs nach Nürnberg einen unzulässigen Druck auf Fürth bewirken würde.<ref>StA Fürth: Stadtratsakten, Gegenvorstellung der Stadt Fürth gegen Nürnberger Einverleibung. Protokoll der Sitzung vom 14. April 1923 im Regierungsgebäude in Ansbach</ref> | Nürnberg reagierte auf den Volksentscheid mit einer verstärkten Aktivität in Sachen Eingemeindung übriger Nachbargemeinden. Unter anderem wollte Nürnberg die Gemeinde Zirndorf eingemeinden. Nach der Abstimmung in Fürth trat der Zirndorfer Stadtrat sofort mit Nürnberg in Verhandlungen zwecks einer Eingemeindung. Gleichzeitig bot die Stadt Fürth die Eingemeindung Zirndorfs an, die jedoch vom Zirndorfer Stadtrat einstimmig abgelehnt wurde.<ref>Nordbay. Zeitung vom 27. April 1922, Nr. 98 - Dr. Luppe über unseren Vorschlag zur Güte</ref> Allerdings scheiterte die Eingemeindung Zirndorfs nach Nürnberg an dem Veto der Stadt Fürth und der Regierung von Mittelfranken, da nach Auffassung der Regierung die Eingemeindung Zirndorfs nach Nürnberg einen unzulässigen Druck auf Fürth bewirken würde.<ref>StA Fürth: Stadtratsakten, Gegenvorstellung der Stadt Fürth gegen Nürnberger Einverleibung. Protokoll der Sitzung vom 14. April 1923 im Regierungsgebäude in Ansbach</ref> | ||
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Fürth feiert die erfolgreiche Volksabstimmung vor 100 Jahren mit einem Veranstaltungsprogramm und der Ausstellung ''"Fürth & Nürnberg / 100 Jahre gescheiterte Vereinigung - hunderte Jahre gemeinsame Geschichte"'' im [[Stadtmuseum]]. Als Auftakt einer Veranstaltungsreihe wurden am [[22. Januar]] [[2022]], auf den Tag genau 100 Jahre nach der Volksabstimmung, in Fürth folgende [[Weiß-grünes Fürth 2022|Gebäude Weiß-Grün]] angestrahlt: [[Rathaus]], [[Feuerwache]], [[Amtsgericht]], [[Kirche "Zu Unserer Lieben Frau"]], [[Hauptbahnhof]], [[Volksbücherei]], [[VHS]], [[Sozialrathaus]], [[Kohlenmarkt 3]] und [[Kirche St. Michael]].<ref>fn: Jubiläum der Nicht-Eingemeindung: Fürther Gebäude erstrahlten in Weiß und Grün. In: Fürther Nachrichten vom 23. Januar 2022 - [https://www.nordbayern.de/region/fuerth/1.11753309 online]</ref> Parallel dazu eröffnete bereits am 20. Januar 2022 im [[Stadtmuseum]] eine Ausstellung, die die Eingemeindungsbestrebungen und die Volksabstimmung aus dem Jahr 1922 zum Thema hatte. | Fürth feiert die erfolgreiche Volksabstimmung vor 100 Jahren mit einem Veranstaltungsprogramm und der Ausstellung ''"Fürth & Nürnberg / 100 Jahre gescheiterte Vereinigung - hunderte Jahre gemeinsame Geschichte"'' im [[Stadtmuseum]]. Als Auftakt einer Veranstaltungsreihe wurden am [[22. Januar]] [[2022]], auf den Tag genau 100 Jahre nach der Volksabstimmung, in Fürth folgende [[Weiß-grünes Fürth 2022|Gebäude Weiß-Grün]] angestrahlt: [[Rathaus]], [[Feuerwache]], [[Amtsgericht]], [[Kirche "Zu Unserer Lieben Frau"]], [[Hauptbahnhof]], [[Volksbücherei]], [[VHS]], [[Sozialrathaus]], [[Kohlenmarkt 3]] und [[Kirche St. Michael]].<ref>fn: Jubiläum der Nicht-Eingemeindung: Fürther Gebäude erstrahlten in Weiß und Grün. In: Fürther Nachrichten vom 23. Januar 2022 - [https://www.nordbayern.de/region/fuerth/1.11753309 online]</ref> Parallel dazu eröffnete bereits am 20. Januar 2022 im [[Stadtmuseum]] eine Ausstellung, die die Eingemeindungsbestrebungen und die Volksabstimmung aus dem Jahr 1922 zum Thema hatte. | ||
== Eingemeindungsbestreben im Nationalsozialismus == | ==Eingemeindungsbestreben im Nationalsozialismus== | ||
Der nächste Versuch beide Städte zusammenzuführen kam im Frühjahr [[1935]] vom Oberbürgermeister [[Willy Liebel]] aus [[Nürnberg]].<ref>Protokoll der geheimen Stadtratssitzung vom 16.01.1935, Stadtarchiv Nbg C 7/IX, Nr. 570</ref> Beide Städte wurden inzwischen durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten durch Parteimitglieder der [[NSDAP]] geführt. [[Willy Liebel]] regte eine Arbeitsgemeinschaft beider Kommunaladministrationen an, was jedoch in Fürth auf Ablehnung stieß. Hintergrund dieses Anliegens waren erneut gemeinsame Stadtentwicklungsprogramme, wie z. B. ein gemeinsames Theater, die Straßenbahnnutzung. In einer öffentlichen Stadtratssitzung am [[15. Juli]] [[1936]] gab Liebel bekannt, dass im Falle einer Eingemeindung der Nachbarstadt "''ja wohl nur Nürnberg den Schaden hätte''".<ref>Protokoll der öffentlichen Stadtratssitzung vom 15. Juli 1936, Stadtarchiv Nbg, C 7/IX, Nr. 595</ref> Zu weiteren Gesprächen kam es zunächst nicht mehr, da Reichsmarschall [[Hermann Göring]] sich ablehnend über eine Eingemeindung geäußert hatte.<ref>Protokoll der geheimen Stadtratssitzung vom 21.10.1937, Stadtarchiv Nbg, C7/IX, Nr. 620</ref> Hintergrund dieser Ablehnung waren vermutlich die Erinnerungen seiner Schulzeit von [[1898]] bis [[1903]] in Fürth.<ref>Wikipedia: [http://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_G%C3%B6ring#Zeit_des_Nationalsozialismus Hermann Göring], Stand: 21.12.12, 17:52 Uhr</ref> | Der nächste Versuch beide Städte zusammenzuführen kam im Frühjahr [[1935]] vom Oberbürgermeister [[Willy Liebel]] aus [[Nürnberg]].<ref>Protokoll der geheimen Stadtratssitzung vom 16.01.1935, Stadtarchiv Nbg C 7/IX, Nr. 570</ref> Beide Städte wurden inzwischen durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten durch Parteimitglieder der [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] geführt. [[Willy Liebel]] regte eine Arbeitsgemeinschaft beider Kommunaladministrationen an, was jedoch in Fürth auf Ablehnung stieß. Hintergrund dieses Anliegens waren erneut gemeinsame Stadtentwicklungsprogramme, wie z. B. ein gemeinsames Theater, die Straßenbahnnutzung. In einer öffentlichen Stadtratssitzung am [[15. Juli]] [[1936]] gab Liebel bekannt, dass im Falle einer Eingemeindung der Nachbarstadt "''ja wohl nur Nürnberg den Schaden hätte''".<ref>Protokoll der öffentlichen Stadtratssitzung vom 15. Juli 1936, Stadtarchiv Nbg, C 7/IX, Nr. 595</ref> Zu weiteren Gesprächen kam es zunächst nicht mehr, da Reichsmarschall [[Hermann Göring]] sich ablehnend über eine Eingemeindung geäußert hatte.<ref>Protokoll der geheimen Stadtratssitzung vom 21.10.1937, Stadtarchiv Nbg, C7/IX, Nr. 620</ref> Hintergrund dieser Ablehnung waren vermutlich die Erinnerungen seiner Schulzeit von [[1898]] bis [[1903]] in Fürth.<ref>Wikipedia: [http://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_G%C3%B6ring#Zeit_des_Nationalsozialismus Hermann Göring], Stand: 21.12.12, 17:52 Uhr</ref> | ||
[[Datei:Liebel, Willy.JPG|mini|right|Nürnberger Oberbürgermeister Willy Liebel]]Im Januar [[1940]] startete OB Liebel erneut einen Versuch der Eingemeindung Fürths, dieses Mal direkt über Berlin. Nach seinem bisherigen Scheitern vor Ort und dem Wissen, dass eine Eingemeindung unter "demokratischen Vorzeichen" (Volksbegehren vom [[19. Januar]] [[1922]]) nicht zu erreichen ist, hatte Liebel offensichtlich unter den neuen Bedingungen einer Diktatur gar nicht vor auf die Betroffenen Rücksicht zu nehmen. Adolf Hitler selbst hatte bereits mehrfach Beschwerden Liebels entgegengenommen, und so wird Liebel von Hitler wie folgt zitiert: "''Die Fürther bezeichnet er als Schmarotzer und findet tausend Gründe dafür, dass die Fürther die Stadt Nürnberg betrügen. Wenn es auf ihn ankäme (Liebel), würde die Stadt mindestens eingemeindet, wenn nicht ausgerottet''".<ref>Werner Jochmann (Hrsg.), Monologe im Führerhauptquartier 1941 - 1944, Gespräch vom 17.12.1941, Albrecht Knaus Verlag 1986, S. 154 ff.</ref> Am [[10. Januar]] [[1940]] beantragt Liebel die Eingemeindung in einem persönlichen Gespräch beim Staatssekretär des Reichsinnenministeriums, [[wikipedia:Hans Pfundtner|Hans Pfundtner]]. Dieser lehnt zwar grundsätzlich einen solchen Antrag ab, schließt jedoch eine Prüfung nicht aus. Hierzu werden in der Folge der Reichsinnenminister [[wikipedia:Wilhelm Frick|Wilhelm Frick]], der Staatssekretär und ehem. Regierungspräsident Ober- und Mittelfrankens [[wikipedia:Hans Georg Hofmann|Hans Georg Hofmann]], Reichsstatthalter [[wikipedia:Franz Ritter von Epp|Franz Xaver Ritter von Epp]] in die Prüfung mit einbezogen, sowie der Chef der Reichskanzlei [[wikipedia:Hans Heinrich Lammers|Hans Heinrich Lammers]] und der Reichsminister und Leiter der Parteikanzlei [[wikipedia:Martin Bormann|Martin Bormann]].<ref>Matthias Klaus Braun, Hitlers liebster Bürgermeister: Willy Liebel, Nbg. Werkstücke zur Stadt und Landgeschichte Band 71, Nürnberg 2012, S. 790 ff.</ref> In einer Unterredung am darauffolgenden Tag ([[11. Januar]] [[1940]]) zwischen Frick und Bormann wird die Aussage getroffen, dass Hitler die fränkische Städtevereinigung "''so bald als möglich erledigt''" sehen wolle. Trotz der Bedenken Fricks mit einer Ausnahmegenehmigung, wolle er sich dem Wunsch Hitlers nicht widersetzen. Der Staatssekretär Pfundtner soll auch aufgrund der "''hinreichend bekannten besonderen Verhältnisse hier in Nürnberg''" schnellstens die Städtevereinigung umsetzen. Damit war wohl die Absetzung Julius Streichers gemeint, der zuvor am [[16. Februar]] [[1939]] in der sog. "Göring Kommission" als Gauleiter abgesetzt wurde mit dem Befund: ''Zur Menschenführung ungeeignet''.<ref>Anonym (Benno Martin), Neuer Kurier, "Wie Streicher gestürzt wurde!", 03.12.1949</ref> | [[Datei:Liebel, Willy.JPG|mini|right|Nürnberger Oberbürgermeister Willy Liebel]]Im Januar [[1940]] startete OB Liebel erneut einen Versuch der Eingemeindung Fürths, dieses Mal direkt über Berlin. Nach seinem bisherigen Scheitern vor Ort und dem Wissen, dass eine Eingemeindung unter "demokratischen Vorzeichen" (Volksbegehren vom [[19. Januar]] [[1922]]) nicht zu erreichen ist, hatte Liebel offensichtlich unter den neuen Bedingungen einer Diktatur gar nicht vor auf die Betroffenen Rücksicht zu nehmen. Adolf Hitler selbst hatte bereits mehrfach Beschwerden Liebels entgegengenommen, und so wird Liebel von Hitler wie folgt zitiert: "''Die Fürther bezeichnet er als Schmarotzer und findet tausend Gründe dafür, dass die Fürther die Stadt Nürnberg betrügen. Wenn es auf ihn ankäme (Liebel), würde die Stadt mindestens eingemeindet, wenn nicht ausgerottet''".<ref>Werner Jochmann (Hrsg.), Monologe im Führerhauptquartier 1941 - 1944, Gespräch vom 17.12.1941, Albrecht Knaus Verlag 1986, S. 154 ff.</ref> Am [[10. Januar]] [[1940]] beantragt Liebel die Eingemeindung in einem persönlichen Gespräch beim Staatssekretär des Reichsinnenministeriums, [[wikipedia:Hans Pfundtner|Hans Pfundtner]]. Dieser lehnt zwar grundsätzlich einen solchen Antrag ab, schließt jedoch eine Prüfung nicht aus. Hierzu werden in der Folge der Reichsinnenminister [[wikipedia:Wilhelm Frick|Wilhelm Frick]], der Staatssekretär und ehem. Regierungspräsident Ober- und Mittelfrankens [[wikipedia:Hans Georg Hofmann|Hans Georg Hofmann]], Reichsstatthalter [[wikipedia:Franz Ritter von Epp|Franz Xaver Ritter von Epp]] in die Prüfung mit einbezogen, sowie der Chef der Reichskanzlei [[wikipedia:Hans Heinrich Lammers|Hans Heinrich Lammers]] und der Reichsminister und Leiter der Parteikanzlei [[wikipedia:Martin Bormann|Martin Bormann]].<ref>Matthias Klaus Braun, Hitlers liebster Bürgermeister: Willy Liebel, Nbg. Werkstücke zur Stadt und Landgeschichte Band 71, Nürnberg 2012, S. 790 ff.</ref> In einer Unterredung am darauffolgenden Tag ([[11. Januar]] [[1940]]) zwischen Frick und Bormann wird die Aussage getroffen, dass Hitler die fränkische Städtevereinigung "''so bald als möglich erledigt''" sehen wolle. Trotz der Bedenken Fricks mit einer Ausnahmegenehmigung, wolle er sich dem Wunsch Hitlers nicht widersetzen. Der Staatssekretär Pfundtner soll auch aufgrund der "''hinreichend bekannten besonderen Verhältnisse hier in Nürnberg''" schnellstens die Städtevereinigung umsetzen. Damit war wohl die Absetzung Julius Streichers gemeint, der zuvor am [[16. Februar]] [[1939]] in der sog. "Göring Kommission" als Gauleiter abgesetzt wurde mit dem Befund: ''Zur Menschenführung ungeeignet''.<ref>Anonym (Benno Martin), Neuer Kurier, "Wie Streicher gestürzt wurde!", 03.12.1949</ref> | ||
Pfundtner selbst, der grundsätzlich solchen Eingemeindungen skeptisch gegenüber stand<ref>Anmerkung: Laut Pfundtner stellten Sonderbestimmungen generell eine Gefahr für einen einheitlichen und effizienten Verwaltungsapparat dar und sind deshalb grundsätzlich abzulehnen. Die Ablehung hatte somit nichts mit den Fürther oder Nürnberger Verhältnissen zu tun. Es gab in dieser Zeit noch mehr Bestrebungen der Eingemeidungen, z. B. München und Starnberg.</ref>, schenkte diesen Aussagen scheinbar nicht allzu viel Glauben und versuchte sich direkt beim Reichskanzleramt über den Wahrheitsgehalt zu erkundigen.<ref>Peter Diehl-Thiele: Partei und Staat im Dritten Reich, Beck München 1971, S. 190 ff.</ref> Auch der Innenminister Wilhelm Frick erkundigte sich am [[16. Februar]] [[1940]] in einem Schreiben an den Chef der Reichskanzlei Hans Heinrich Lammers, ob es wirklich Hitlers Wunsch entspräche, wenn beide Städte zusammengefasst werden.<ref>Schreiben Reichsinnenminister an den Chef der Reichskanzlei vom 16.02.40, Bundesarchiv Berlin B 43/II, Nr. 576</ref> Zwar wurde dieses Ansinnen dann von Bormann bestätigt, aber inzwischen hatte sich in der Angelegenheit noch ein "Fürther Sohn" an Adolf Hitler gewandt: kein Geringerer als der in Fürth geborene Gauleiter und Reichsstatthalter in Danzig [[Albert Forster]]. | Pfundtner selbst, der grundsätzlich solchen Eingemeindungen skeptisch gegenüber stand<ref>Anmerkung: Laut Pfundtner stellten Sonderbestimmungen generell eine Gefahr für einen einheitlichen und effizienten Verwaltungsapparat dar und sind deshalb grundsätzlich abzulehnen. Die Ablehung hatte somit nichts mit den Fürther oder Nürnberger Verhältnissen zu tun. Es gab in dieser Zeit noch mehr Bestrebungen der Eingemeidungen, z. B. München und Starnberg.</ref>, schenkte diesen Aussagen scheinbar nicht allzu viel Glauben und versuchte sich direkt beim Reichskanzleramt über den Wahrheitsgehalt zu erkundigen.<ref>Peter Diehl-Thiele: Partei und Staat im Dritten Reich, Beck München 1971, S. 190 ff.</ref> Auch der Innenminister Wilhelm Frick erkundigte sich am [[16. Februar]] [[1940]] in einem Schreiben an den Chef der Reichskanzlei Hans Heinrich Lammers, ob es wirklich Hitlers Wunsch entspräche, wenn beide Städte zusammengefasst werden.<ref>Schreiben Reichsinnenminister an den Chef der Reichskanzlei vom 16.02.40, Bundesarchiv Berlin B 43/II, Nr. 576</ref> Zwar wurde dieses Ansinnen dann von Bormann bestätigt, aber inzwischen hatte sich in der Angelegenheit noch ein "Fürther Sohn" an Adolf Hitler gewandt: kein Geringerer als der in Fürth geborene Gauleiter und Reichsstatthalter in Danzig [[Albert Forster]]. In einer Unterredung mit dem Diktator entrüstete sich Forster über die Pläne einer Eingemeindung und sagte: "''dass der alte Gegensatz zwischen Nürnberg und Fürth nach wie vor bestände, dass also die Fürther keineswegs begeistert die Vereinigung ihrer Stadtverwaltung mit der Nürnberger begrüssen würden''".<ref>Schreiben Martin Bormann an Hans Heinrich Lammers vom 26.02.1940, Bundesarchiv Berlin R 43/II, Nr. 576</ref> Nach einer persönlichen Unterredung Bormanns mit Lammers und Hitler kam im März [[1940]] prompt die Antwort zu Ungunsten Liebels: "''Der Führer wünscht während des Krieges weder eine Zusammenlegung der Stadtgemeinden [[Nürnberg]] und Fürth, noch eine kommissarische Verwaltung der Stadt Fürth durch den [[Oberbürgermeister]] der Stadt der Reichsparteitage''".<ref>Schreiben Hans Heinrich Lammers an Martin Bormann vom 19.03.1940 (Entwurf), Bundesarchiv Berlin R. 43/II, Nr. 576</ref> Warum Hitler seine Zustimmung noch aus dem Januar [[1940]] im März zurückzog, ist nicht geklärt; die Hinweise [[Albert Forster|Forsters]] auf vermeintliche Widerstände aus der Bevölkerung und der nach wie vor schwelende Konflikt um die sog. "Holz-Aktion" (Arisierung jüdischen Eigentums) bzw. der Absetzung Streichers als Gauleitung mögen hier sicherlich mit eine Rolle gespielt haben. Hans Ott findet einige Indizien dafür und schließt: ''Da nun Liebel durch jahrelanges Intrigieren gegen Streicher schließlich dessen Sturz erreicht hatte, rächte sich Hitler nun offenbar an Liebel dafür, dass er seinen Dutzfreund Julius hatte aufgeben müssen ...''<ref>Hans Ott: ''Die versuchte Eingemeindung Fürths nach Nürnberg 1939''. In: [[Fürther Heimatblätter]], 1991/1</ref> | ||
[[Bild:Karl Häupler - A7255.jpg|mini|right|Fürther komm. Oberbürgermeister Dr. Karl Häupler]]OB Liebel, noch nicht wissend um die endgültige Ablehnung, versuchte durch einen weiteren Umstand die Karten zu seinen Gunsten zu mischen. Kurz zuvor wurde der Fürther Oberbürgermeister und Amtskollege [[Franz Jakob]] am [[28. Oktober]] [[1939]] in das damalige Westpreußen versetzt. Dies geschah nicht zuletzt zum Schutz der Partei vor Ort aufgrund seiner Verfehlungen und der maßlosen persönlichen Bereicherungen durch die Enteignung jüdischen Eigentums (Arisierung). Die dadurch vakant gewordene Stelle des Oberbürgermeisters wurde zunächst nur kommissarisch durch Dr. [[Karl Häupler]] besetzt. Liebel versuchte, einer dauerhaften Übertragung der Stelle entgegenzuwirken, zumal ihm [[Franz Jakob|Jakob]]s Nachfolger viel zu selbstbewusst auftrat. Stattdessen sollte [[Karl Häupler|Häupler]] im Juni [[1941]] nach Liebels Vorstellung lieber nach Straßburg als 1. Beigeordneter wechseln, damit einer Eingemeindung nichts im Wege steht.<ref>Schreiben Häupler an den Regierungspräsidenten Ober- und Mittelfrankens vom 26.08.1940, Stadtarchiv Fürth, HG 025, Nr. 415</ref> [[Karl Häupler|Häupler]] lehnte dankend ab mit der Begründung "''er werde während des Krieges in Fürth gebraucht''" und forcierte seine Bemühungen zum ordentlichen Oberbürgermeister ernannt zu werden<ref>Schreiben Karl Häupler an den Reichsstatthalter in Bayern vom 4.12.1941 (Entwurf), Stadtarchiv Fürth HG 025, Nr. 415</ref> - auch um eine Eingemeindung Fürths nach [[Nürnberg]] zu erschweren. Weder im Bay. Ministerium noch im Reichsministerium war man jedoch gewillt, die Frage der Städtevereinigung während des Krieges abschließend zu klären, zumal es inzwischen eine klare Entscheidung des Diktators in Berlin gab. Der letzte Versuch am [[31. Mai]] [[1940]] durch einen schriftlichen Antrag Liebels an das Reichsinnenministerium wurde demzufolge konsequent abgelehnt: ''da im Krieg nur wichtige Ausnahmen eine solche Veränderung der Gemeindegrenzen rechtfertigt''.<ref>Aktenvermerk Ministerialrat Reihling im Reichsministerium des Innern vom 14. Juni 1940, Bundesarchiv Berlin R 1501, Nr. 1303</ref> | [[Bild:Karl Häupler - A7255.jpg|mini|right|Fürther komm. Oberbürgermeister Dr. Karl Häupler]]OB Liebel, noch nicht wissend um die endgültige Ablehnung, versuchte durch einen weiteren Umstand die Karten zu seinen Gunsten zu mischen. Kurz zuvor wurde der Fürther Oberbürgermeister und Amtskollege [[Franz Jakob]] am [[28. Oktober]] [[1939]] in das damalige Westpreußen versetzt. Dies geschah nicht zuletzt zum Schutz der Partei vor Ort aufgrund seiner Verfehlungen und der maßlosen persönlichen Bereicherungen durch die Enteignung jüdischen Eigentums (Arisierung). Die dadurch vakant gewordene Stelle des Oberbürgermeisters wurde zunächst nur kommissarisch durch Dr. [[Karl Häupler]] besetzt. Liebel versuchte, einer dauerhaften Übertragung der Stelle entgegenzuwirken, zumal ihm [[Franz Jakob|Jakob]]s Nachfolger viel zu selbstbewusst auftrat. Stattdessen sollte [[Karl Häupler|Häupler]] im Juni [[1941]] nach Liebels Vorstellung lieber nach Straßburg als 1. Beigeordneter wechseln, damit einer Eingemeindung nichts im Wege steht.<ref>Schreiben Häupler an den Regierungspräsidenten Ober- und Mittelfrankens vom 26.08.1940, Stadtarchiv Fürth, HG 025, Nr. 415</ref> [[Karl Häupler|Häupler]] lehnte dankend ab mit der Begründung "''er werde während des Krieges in Fürth gebraucht''" und forcierte seine Bemühungen zum ordentlichen Oberbürgermeister ernannt zu werden<ref>Schreiben Karl Häupler an den Reichsstatthalter in Bayern vom 4.12.1941 (Entwurf), Stadtarchiv Fürth HG 025, Nr. 415</ref> - auch um eine Eingemeindung Fürths nach [[Nürnberg]] zu erschweren. Weder im Bay. Ministerium noch im Reichsministerium war man jedoch gewillt, die Frage der Städtevereinigung während des Krieges abschließend zu klären, zumal es inzwischen eine klare Entscheidung des Diktators in Berlin gab. Der letzte Versuch am [[31. Mai]] [[1940]] durch einen schriftlichen Antrag Liebels an das Reichsinnenministerium wurde demzufolge konsequent abgelehnt: ''da im Krieg nur wichtige Ausnahmen eine solche Veränderung der Gemeindegrenzen rechtfertigt''.<ref>Aktenvermerk Ministerialrat Reihling im Reichsministerium des Innern vom 14. Juni 1940, Bundesarchiv Berlin R 1501, Nr. 1303</ref> | ||
Ironie des Schicksals: so verdankt letztendlich die Stadt Fürth zwei brutalen Kriegsverbrechern und Massenmördern ihre Selbständigkeit - | Ironie des Schicksals: so verdankt letztendlich die Stadt Fürth zwei brutalen Kriegsverbrechern und Massenmördern ihre Selbständigkeit - Albert Forster und Adolf Hitler. | ||
== Eingemeindungsbestrebungen nach 1945 == | ==Eingemeindungsbestrebungen nach 1945== | ||
[[Bild:Feier Stadtgrenze 1990.jpg|mini|left|Umwidmung Nürnbergs in Fürth-Ost]]Unmittelbar nach dem Krieg wurden erneut Stimmen laut, beide Städte zu fusionieren. Sowohl diese Stimmen, als auch alle weiteren Bestrebungen und Initiativen in den darauf folgenden Jahrzehnten, sind stets am Widerstand der Bevölkerung beider Städte gescheitert - sie sind ein Garant für einen "kommunalpolitischen Selbstmord". | [[Bild:Feier Stadtgrenze 1990.jpg|mini|left|Umwidmung Nürnbergs in Fürth-Ost]]Unmittelbar nach dem Krieg wurden erneut Stimmen laut, beide Städte zu fusionieren. Sowohl diese Stimmen, als auch alle weiteren Bestrebungen und Initiativen in den darauf folgenden Jahrzehnten, sind stets am Widerstand der Bevölkerung beider Städte gescheitert - sie sind ein Garant für einen "kommunalpolitischen Selbstmord". | ||
[[Bild:PM Fürth-Ost 03101990.jpg|mini|right|Pressemitteilung zur "Wiedervereinigung beider Städte"]]Den letzten, wenn auch nicht wirklich ernst gemeinten, Versuch der "[[Wiedervereinigung Deutschlands|Wiedervereinigung]]" beider Städte unternahmen die [[Die Grünen|Grünen]] im Jahr [[1990]] anlässlich der Feierlichkeiten zum Tag der deutschen Einheit am [[3. Oktober]] [[1990]]. Hierzu luden die [[Die Grünen|Grünen]]-Kreisverbände der Städte Fürth und Nürnberg zu einer Vereinigung der beiden Städte an die "ehem. Stadtgrenze" ein mit Freibier - um Nürnberg in Fürth-Ost umzutaufen. Das Motto der Veranstaltung lautete: "''Jetzt wächst zusammen, was immer schon daneben war.''"<ref>Die Grünen, Kreisverband Fürth & Nürnberg, Pressemitteilung vom 1. Oktober 1990</ref> Nicht unerwähnt bleiben sollte in diesem Zusammenhang, dass die [[Patrizier Brauerei]] hierzu ein 50-Liter-Fass Bier spendierte.<ref>Die Grünen, Kreisverband Fürth, Rundbrief Januar 1991, S. 24</ref> | [[Bild:PM Fürth-Ost 03101990.jpg|mini|right|Pressemitteilung zur "Wiedervereinigung beider Städte"]]Den letzten, wenn auch nicht wirklich ernst gemeinten, Versuch der "[[Wiedervereinigung Deutschlands|Wiedervereinigung]]" beider Städte unternahmen die [[Die Grünen|Grünen]] im Jahr [[1990]] anlässlich der Feierlichkeiten zum Tag der deutschen Einheit am [[3. Oktober]] [[1990]]. Hierzu luden die [[Die Grünen|Grünen]]-Kreisverbände der Städte Fürth und Nürnberg zu einer Vereinigung der beiden Städte an die "ehem. Stadtgrenze" ein mit Freibier - um Nürnberg in Fürth-Ost umzutaufen. Das Motto der Veranstaltung lautete: "''Jetzt wächst zusammen, was immer schon daneben war.''"<ref>Die Grünen, Kreisverband Fürth & Nürnberg, Pressemitteilung vom 1. Oktober 1990</ref> Nicht unerwähnt bleiben sollte in diesem Zusammenhang, dass die [[Patrizier Brauerei]] hierzu ein 50-Liter-Fass Bier spendierte.<ref>Die Grünen, Kreisverband Fürth, Rundbrief Januar 1991, S. 24</ref> |
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