24.353
Bearbeitungen
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
K (Rechtschreibung geprüft) |
||
Zeile 5: | Zeile 5: | ||
==Leben und Laufbahn== | ==Leben und Laufbahn== | ||
[[Datei:Franz Jakob.jpg|miniatur|rechts|Franz Jakob 1933]] | [[Datei:Franz Jakob.jpg|miniatur|rechts|Franz Jakob 1933]] | ||
Franz Jakob kam [[1891]] in Veitsaurach bei Bad Windsheim als Sohn des Lehrers Jakob zur Welt<ref>Fürther Anzeige, Oberbürgermeister Franz Jakob, 27.03.1939 </ref>. In Amberg besuchte er das dortige Gymnasium. [[1910]] trat er freiwillig in den Militärdienst ein und nahm [[1914]] bis [[1918]] am 1. Weltkrieg teil. [[1918]] trat er aus dem Militärdienst aus und arbeitete vorübergehend in einer Munitionsfabrik in Fürth - vermutlich in der [[Dynamit-Nobel]]. Von [[1918]] bis [[1921]] war Jakob Mitglied der [[SPD]], | Franz Jakob kam [[1891]] in Veitsaurach bei Bad Windsheim als Sohn des Lehrers Jakob zur Welt<ref>Fürther Anzeige, Oberbürgermeister Franz Jakob, 27.03.1939 </ref>. In Amberg besuchte er das dortige Gymnasium. [[1910]] trat er freiwillig in den Militärdienst ein und nahm [[1914]] bis [[1918]] am 1. Weltkrieg teil. [[1918]] trat er aus dem Militärdienst aus und arbeitete vorübergehend in einer Munitionsfabrik in Fürth - vermutlich in der [[Dynamit-Nobel]]. Von [[1918]] bis [[1921]] war Jakob Mitglied der [[SPD]], verließ diese aber wieder, da er den Einfluss der Spartakisten innerhalb der [[SPD]] kritisierte. Ab [[1919]] trat er bei der Reichsbahn die Beamtenlaufbahn an und war hier zuletzt als Reichsbahnobersekretär bis [[1928]] tätig. Als Beamter der Reichsbahn wurde er für sein Mandat im Landtag freigestellt bzw. beurlaubt. | ||
[[1925]] tritt er in die [[NSDAP]] Ortsgruppe Fürth ein und wird ebenfalls seit [[1925]] als SA Führer der Ortsgruppe Fürth und Kreisleiter der Organisation benannt. Seit [[1929]] war er Mitglied und Fraktionsführer der [[NSDAP]] im [[Stadtrat]] der Stadt Fürth, ein Jahr zuvor (1928) wurde er erstmals für die [[NSDAP]] in den Landtag gewählt. Seit [[1929]] wird Jakob auch zum Bezirksführer benannt. [[1932]] zieht er erneut für die [[NSDAP]] in den Landtag ein und wird zum Kreisleiter ernannt. | [[1925]] tritt er in die [[NSDAP]]-Ortsgruppe Fürth ein und wird ebenfalls seit [[1925]] als SA-Führer der Ortsgruppe Fürth und Kreisleiter der Organisation benannt. Seit [[1929]] war er Mitglied und Fraktionsführer der [[NSDAP]] im [[Stadtrat]] der Stadt Fürth, ein Jahr zuvor (1928) wurde er erstmals für die [[NSDAP]] in den Landtag gewählt. Seit [[1929]] wird Jakob auch zum Bezirksführer benannt. [[1932]] zieht er erneut für die [[NSDAP]] in den Landtag ein und wird zum Kreisleiter ernannt. | ||
== Machtergreifung in Fürth == | == Machtergreifung in Fürth == | ||
Am [[16. März]] [[1933]] wurde der vormalige [[Oberbürgermeister]] [[Robert Wild|Dr. Robert Wild]] von der [[NSDAP]] zum Rücktritt gezwungen, da er stets eine ablehnende Haltung gegenüber dem [[Nationalsozialismus]] und Adolf Hitler hatte und als Vertreter der Weimarer Republik von der [[NSDAP]] verhasst war. So weigerte sich [[Robert Wild|Wild]] z.B. bis zuletzt Adolf Hitler am Flughafen in [[Atzenhof]] in seiner Funktion als [[Oberbürgermeister]] der Stadt Fürth mit allen Ehren zu empfangen, was die [[Nationalsozialisten]] ihm mehrfach negativ auslegten. [[Robert Wild|Dr. Wild]] wird zunächst beurlaubt | Am [[16. März]] [[1933]] wurde der vormalige [[Oberbürgermeister]] [[Robert Wild|Dr. Robert Wild]] von der [[NSDAP]] zum Rücktritt gezwungen, da er stets eine ablehnende Haltung gegenüber dem [[Nationalsozialismus]] und Adolf Hitler hatte und als Vertreter der Weimarer Republik von der [[NSDAP]] verhasst war. So weigerte sich [[Robert Wild|Wild]] z. B. bis zuletzt Adolf Hitler am Flughafen in [[Atzenhof]] in seiner Funktion als [[Oberbürgermeister]] der Stadt Fürth mit allen Ehren zu empfangen, was die [[Nationalsozialisten]] ihm mehrfach negativ auslegten. [[Robert Wild|Dr. Wild]] wird zunächst beurlaubt und ab dem [[1. Mai]] [[1933]] in den dauerhaften Ruhestand versetzt. Ihm folgt zunächst kom. Jakob als [[Oberbürgermeister]], 2. Bürgermeister wurde Herrmann Friedrich, 3. Bürgermeister wurde Heinrich Schied. | ||
[[Datei:Jakob Forster.jpg|thumb|left|OB Franz Jakob vor dem Rathaus]]Am [[19. Oktober]] [[1933]] wurde Jakob einstimmig als | [[Datei:Jakob Forster.jpg|thumb|left|OB Franz Jakob vor dem Rathaus]]Am [[19. Oktober]] [[1933]] wurde Jakob einstimmig als berufsmäßiger [[Oberbürgermeister]] durch den [[Stadtrat]] gewählt. Zuvor hatte er bereits am [[17. März]] [[1933]] die Stelle des [[Oberbürgermeister]]s kommissarisch übernommen und im Anschluss den gewählten [[Stadtrat]] abgesetzt und durch einen handverlesenen [[Stadtrat]] eigenständig neu besetzt. Als [[Oberbürgermeister]] war er gemeinsam mit [[Hans Sandreuter]] maßgeblich an den Arisierungsaktionen in Fürth beteiligt, so auch an der Arisierung der [[Bergbräu|Brauerei Mailaender / Berg Bräu]]. | ||
== Amtszeit in Fürth == | == Amtszeit in Fürth == | ||
[[Datei:Jakob Streicher Parkhotel 1935.jpg|miniatur|rechts|Gauleiter Streicher mit OB Jakob vor dem Parkhotel, ca. 1932]] | [[Datei:Jakob Streicher Parkhotel 1935.jpg|miniatur|rechts|Gauleiter Streicher mit OB Jakob vor dem Parkhotel, ca. 1932]] | ||
Jakobs Amtszeit in Fürth belief sich von [[1933]] bis [[1939]]. Auf Grund diverser Verfehlungen im Amt wurde er am [[28. Oktober]] [[1939]] nach Thorn im damaligen Westpreußen, dem heutigen Toruń in Polen, versetzt. Bei internen Ermittlungen der [[NSDAP]] gegen die Gauleitung in Franken wurde Jakob wegen persönlicher Bereicherung auf Kosten der [[NSDAP]] von seinem Amt [[Bemerkung::in die sog. Ostgebiete "weggelobt"]]. Auch wenn | Jakobs Amtszeit in Fürth belief sich von [[1933]] bis [[1939]]. Auf Grund diverser Verfehlungen im Amt wurde er am [[28. Oktober]] [[1939]] nach Thorn im damaligen Westpreußen, dem heutigen Toruń in Polen, versetzt. Bei internen Ermittlungen der [[NSDAP]] gegen die Gauleitung in Franken wurde Jakob wegen persönlicher Bereicherung auf Kosten der [[NSDAP]] von seinem Amt [[Bemerkung::in die sog. Ostgebiete "weggelobt"]]. Auch wenn mit großen Worten in Fürth verabschiedet, wurde er aus Fürth entfernt, weil er wegen persönlicher Bereicherungen und vieler Frauengeschichten nicht einmal mehr für seine Parteigenossen tragbar war<ref>Barbara Ohm: Fürth. Geschichte der Stadt. Fürth, 2007, S. 309</ref>. | ||
Nach kommissarischer Tätigkeit wurde Jakob am [[1. April]] [[1940]] in Thorn offiziell bis zum Kriegsende als | Nach kommissarischer Tätigkeit wurde Jakob am [[1. April]] [[1940]] in Thorn offiziell bis zum Kriegsende als Statthalter eingesetzt<ref>Fürther Anzeiger, Stadtkommissar Kreisleiter Jakob in Thorn eingetroffen, 28.10.1939</ref>. Dorthin ließ er auch [[Adolf Schwammberger]] in die Stadtverwaltung nachholen, der dort ebenfalls bis zum Kriegsende arbeitete. Die frei gewordene Stelle des [[Oberbürgermeister|Oberbürgermeisters]] übernahm bis Kriegsende [[Karl Häupler]]. | ||
=== Zwangsenteignung / Arisierung === | === Zwangsenteignung / Arisierung === | ||
In Franken erfolgte die sog. „wilde Arisierung“ bereits ab [[1933]]. Diese Zwangsenteignungen erfolgten ohne gesetzliche Grundlage und | In Franken erfolgte die sog. „wilde Arisierung“ bereits ab [[1933]]. Diese Zwangsenteignungen erfolgten ohne gesetzliche Grundlage und wurden in der Regel nicht geahndet. Bis [[1937]] konnten die betroffenen Juden meist noch „eigenständig“ zu marktüblichen Preisen ihr Eigentum verkaufen. Nach der Pogromnacht [[1938]] wurden reichsweit Gesetze erlassen, die die Arisierung legalisierten, aber auch strukturierten, da der organisierte Raubzug jüdischen Eigentums selbst für die [[NSDAP]] besorgniserregende Ausmaße annahm. Hierzu zählte vor allem auch das Vorgehen der Städte Fürth und Nürnberg gegen die jüdische Bevölkerung, die von Jakob nicht nur gebilligt, sondern auch aktiv gefördert wurde. | ||
=== Beteiligung am Pogrom 1938 === | === Beteiligung am Pogrom 1938 === | ||
Jakob war aktiv am Pogrom des [[9. November]] [[1938]] gegen die jüdische Bevölkerung beteiligt, "''Jakob habe sowohl direkt angewiesen, die Fürther Synagoge in Brand zu setzen, als auch verboten, das Gotteshaus zu löschen.''<ref>Stadtsarchiv Nbg, Spruchkammerakte Jakob, Spruchkammer Fürth II J 45</ref>". Spätere Zeitzeugen (z.B. [[Johanes Rachfahl]], Feuerwehrkommandant) schilderten u.a. die Rolle Jakobs wie folgt: | Jakob war aktiv am Pogrom des [[9. November]] [[1938]] gegen die jüdische Bevölkerung beteiligt, "''Jakob habe sowohl direkt angewiesen, die Fürther Synagoge in Brand zu setzen, als auch verboten, das Gotteshaus zu löschen.''<ref>Stadtsarchiv Nbg, Spruchkammerakte Jakob, Spruchkammer Fürth II J 45</ref>". Spätere Zeitzeugen (z. B. [[Johanes Rachfahl]], Feuerwehrkommandant) schilderten u. a. die Rolle Jakobs wie folgt: | ||
:''Am 10. November 1938 früh um ½ 1 Uhr wurde ich zum Kaffee Fink zum OB Jakob befohlen. Als ich dort ankam stand derselbe auf der Straße in Gegenwart einer anderen Person ... Jakob eröffnete mir, dass in dieser Nacht die Synagoge brennen würde und auch verschiedene andere jüdische Anwesen wie das jüd. Waisenhaus. Ich fragte ihn ob er wohl scherze. Als er mir wiederholt erklärte, dass es sein voller Ernst ist, stellte ich ihm vor Augen, dass das unmöglich sei weil ich nicht genügend Löschmannschaften hätte um dann jeweils die umliegenden Gebäude zu schützen. Auf diese Weise konnte ich ihn dann auch von diesem Vorhaben abbringen, so dass es dann nur bei der Synagoge verblieb. Er sagte mir, ich solle nach Hause gehen bis ich gerufen werde ... Gegen ½ 4 Uhr kam ein Fahrer von Jakob ... und verständigte mich dass es brennt. Daraufhin ging ich sofort zur Wache und löste den Alarm aus. ... Gleich nach ½ 4 Uhr kam ich mit den Löschzügen am Brandplatz an. In diesem Moment brannte bereits die Synagoge in vollem Umfange... Jakob habe mir verboten, die brennende Synagoge zu löschen... Die Löschtätigkeit wurde durch den Pöbel gestört. Trotzdem gelang es, die umliegenden Häuser zu retten... Soviel ich mich noch entsinne wurde ich gegen ½ 9 ... zu Jakob geholt. Der OB gab mir den Befehl, dass das Hausmeisterhaus auch noch wegmüsse. Sie sorgen mir persönlich dafür dass das Haus wirklich abbrennt. Ich sagte, ich habe keinen Brennstoff dabei. Er sagte dann, dann sorgen Sie dafür, dass welcher geholt wird.'' <ref>Spruchkammerakten Jakob Franz Sprk Fü 2 J, Vernehmung J. Rachfahl Oktober 1946</ref> Das Hausmeisterhaus stand laut Jakob angeblich den Plänen des lokalen Straßenbaus im Weg<ref>Ulrich Schuh: Die Entnazifizierung in Mittelfranken - Vorhaben, Umsetzung und Bilanz des Spruchkammerverfahrens in einer vielfältigen Region. Nürnberg, 2013. S. 74 f.</ref>. | :''Am 10. November 1938 früh um ½ 1 Uhr wurde ich zum Kaffee Fink zum OB Jakob befohlen. Als ich dort ankam stand derselbe auf der Straße in Gegenwart einer anderen Person ... Jakob eröffnete mir, dass in dieser Nacht die Synagoge brennen würde und auch verschiedene andere jüdische Anwesen wie das jüd. Waisenhaus. Ich fragte ihn ob er wohl scherze. Als er mir wiederholt erklärte, dass es sein voller Ernst ist, stellte ich ihm vor Augen, dass das unmöglich sei weil ich nicht genügend Löschmannschaften hätte um dann jeweils die umliegenden Gebäude zu schützen. Auf diese Weise konnte ich ihn dann auch von diesem Vorhaben abbringen, so dass es dann nur bei der Synagoge verblieb. Er sagte mir, ich solle nach Hause gehen bis ich gerufen werde ... Gegen ½ 4 Uhr kam ein Fahrer von Jakob ... und verständigte mich dass es brennt. Daraufhin ging ich sofort zur Wache und löste den Alarm aus. ... Gleich nach ½ 4 Uhr kam ich mit den Löschzügen am Brandplatz an. In diesem Moment brannte bereits die Synagoge in vollem Umfange... Jakob habe mir verboten, die brennende Synagoge zu löschen... Die Löschtätigkeit wurde durch den Pöbel gestört. Trotzdem gelang es, die umliegenden Häuser zu retten... Soviel ich mich noch entsinne wurde ich gegen ½ 9 ... zu Jakob geholt. Der OB gab mir den Befehl, dass das Hausmeisterhaus auch noch wegmüsse. Sie sorgen mir persönlich dafür dass das Haus wirklich abbrennt. Ich sagte, ich habe keinen Brennstoff dabei. Er sagte dann, dann sorgen Sie dafür, dass welcher geholt wird.'' <ref>Spruchkammerakten Jakob Franz Sprk Fü 2 J, Vernehmung J. Rachfahl Oktober 1946</ref> Das Hausmeisterhaus stand laut Jakob angeblich den Plänen des lokalen Straßenbaus im Weg<ref>Ulrich Schuh: Die Entnazifizierung in Mittelfranken - Vorhaben, Umsetzung und Bilanz des Spruchkammerverfahrens in einer vielfältigen Region. Nürnberg, 2013. S. 74 f.</ref>. | ||
Der ehem. Hausmeister der Synagoge berichtete zu dem Vorfall: | Der ehem. Hausmeister der Synagoge berichtete zu dem Vorfall: |