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Toruń war 1231 vom Deutschen Orden gegründet und wurde schnell ein Handels- und Handwerkszentrum.<ref>Wikipedia Thorn, online abgerufen 5. September 2014 | 23:58 Uhr [http://de.wikipedia.org/wiki/Toru%C5%84 online abrufbar]</ref> Vor Ausbruch des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] gab es in Toruń eine aktive jüdische Gemeinde mit knapp 600 - 800 jüdischen Bewohnern. Durch den Einmarsch der deutschen Truppen flohen die meisten Juden vor den anrückenden Truppen. Nur etwa 60 Juden blieben zurück, jedoch kamen kurze Zeit später ca. 200 der geflüchteten Juden wieder zurück, da es kein Entkommen mehr für sie gab.<ref>Anmerkung: Unterschiedliche Quellen berichten von unterschiedlichen Zahlen.</ref> Ende [[1939]] wollten die Besatzungsbehörden Thorn für „Judenfrei” erklären, nachdem sie zunächst die „freiwillige Abwanderung“ durch sog. „Auswanderungsscheine“ forcierten. Wer nicht "freiwillig ging" wurde zwangsweise „umgesiedelt“. Die Juden durften nur Handgepäck mitnehmen, ihr Wohnungsinventar wurde vom „Verwertungsamt sichergestellt“, die Wohnungen selbst an „arische“ Familien übergeben. Zur Jahreswende [[1939]]/[[1940]] wurde die ausgebrannte Synagoge abgerissen.<ref>Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinden im deutschsprachigen Sprachraum. Thorn/Weichsel (Westpreußen) - online abgerufen 5. September 2014 | 23:59 Uhr [http://www.jüdische-gemeinden.de/index.php/gemeinden/s-t/1936-thorn-weichsel-westpreussen online abrufbar]</ref> In einem Transport wurden die letzten Juden von Thorn [[1940]] nach Lodz verbracht. Vor der Stadt Thorn existierten gegen Kriegsende mehrere Außenlager des KZ Stutthof (Baukommando Weichsel und AEG-Außenarbeitslager), in denen ca. 5000 weibliche, meist jüdische Häftlinge, zu Zwangsarbeiten herangezogen wurden.<ref>Wikipedia Liste der Außenlager des KZ Stutthof, Online abgerufen am 5. September 2014 | 23:56 Uhr, [http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Au%C3%9Fenlager_des_KZ_Stutthof online abrufbar]</ref> | Toruń war 1231 vom Deutschen Orden gegründet und wurde schnell ein Handels- und Handwerkszentrum.<ref>Wikipedia Thorn, online abgerufen 5. September 2014 | 23:58 Uhr [http://de.wikipedia.org/wiki/Toru%C5%84 online abrufbar]</ref> Vor Ausbruch des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] gab es in Toruń eine aktive jüdische Gemeinde mit knapp 600 - 800 jüdischen Bewohnern. Durch den Einmarsch der deutschen Truppen flohen die meisten Juden vor den anrückenden Truppen. Nur etwa 60 Juden blieben zurück, jedoch kamen kurze Zeit später ca. 200 der geflüchteten Juden wieder zurück, da es kein Entkommen mehr für sie gab.<ref>Anmerkung: Unterschiedliche Quellen berichten von unterschiedlichen Zahlen.</ref> Ende [[1939]] wollten die Besatzungsbehörden Thorn für „Judenfrei” erklären, nachdem sie zunächst die „freiwillige Abwanderung“ durch sog. „Auswanderungsscheine“ forcierten. Wer nicht "freiwillig ging" wurde zwangsweise „umgesiedelt“. Die Juden durften nur Handgepäck mitnehmen, ihr Wohnungsinventar wurde vom „Verwertungsamt sichergestellt“, die Wohnungen selbst an „arische“ Familien übergeben. Zur Jahreswende [[1939]]/[[1940]] wurde die ausgebrannte Synagoge abgerissen.<ref>Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinden im deutschsprachigen Sprachraum. Thorn/Weichsel (Westpreußen) - online abgerufen 5. September 2014 | 23:59 Uhr [http://www.jüdische-gemeinden.de/index.php/gemeinden/s-t/1936-thorn-weichsel-westpreussen online abrufbar]</ref> In einem Transport wurden die letzten Juden von Thorn [[1940]] nach Lodz verbracht. Vor der Stadt Thorn existierten gegen Kriegsende mehrere Außenlager des KZ Stutthof (Baukommando Weichsel und AEG-Außenarbeitslager), in denen ca. 5000 weibliche, meist jüdische Häftlinge, zu Zwangsarbeiten herangezogen wurden.<ref>Wikipedia Liste der Außenlager des KZ Stutthof, Online abgerufen am 5. September 2014 | 23:56 Uhr, [http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Au%C3%9Fenlager_des_KZ_Stutthof online abrufbar]</ref> | ||
[[Datei:Brücke Thorn 1940.jpg|miniatur|links|Weichselbrücke in Thorn, ca. 1940]] | [[Datei:Brücke Thorn 1940.jpg|miniatur|links|Weichselbrücke in Thorn, ca. 1940]] | ||
Jakob kam direkt nach dem Überfall auf Polen nach Toruń und wurde zunächst als komm. Statthalter eingesetzt. Ab dem [[1. April]] [[1940]] übertrug man ihm die Stelle offiziell. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit bestellte er zwei Stadtplaner (Dipl.-Ing. Hans Döllgast und Prof. Gruber) zur Umgestaltung und zum Ausbau der Stadt. Hans Döllgast berichtete im Spruchkammerverfahren gegen Jakob [[1947]] von seinen Tätigkeiten in Toruń: ''Bei allen Einschränkungen infolge der Kriegsverhältnisse wurden fast gleichzeitig ein Reihe technischer und kultureller Vorhaben in Angriff genommen: Der Ausbau der städtischen Gasversorgung, die zweite Weichselbrücke, Wohnungen in übernommenen Rohbauten, Aufforstungen. Unter den kulturellen Aufgaben stand die Rathauserhaltung und –erneuerung oben an. Gleichzeitig Stadttheater und Artushof. Die bauliche Betreuung der drei großen Stadtkirchen wurde weitergeführt, die städtischen Sammlungen geordnet und wesentlich ausgebaut, die Galerie durch Ankäufe erweitert, die Denkmalspflege gründlich ausgeübt, das Gästehaus der Stadt neu errichtet, Friedhof, Krankenhaus und Polytechnische Schule baureif geplant.''<ref>Spruchkammerakten Jakob Franz Sprk Fü 2 J, Bestätigung Dipl.-Ing. Hans Döllgast vom 25. April 1945</ref> Dass Jakob von der Vertreibung der Juden, dem Abriss der Synagoge, der "Zwangseindeutschung" und den Lagern mit jüdischen Gefangenen vor der Stadt nichts gewusst haben will, ist völlig ausgeschlossen. Stattdessen stellte sich Jakob später in dem Spruchkammerverfahren gegen ihn als "Opfer" dar, der gar gegen das NS-Regime gearbeitete hätte. Nach eigenen Angaben war er bei der polnischen Bevölkerung wegen seiner Loyalität äußerst beliebt, weswegen man ihm den Spitznamen "Jakobsky" gab.<ref>Spruchkammerakten Jakob Franz Sprk Fü 2 J, Schreiben Bamberger Theater, ab 1. August Leitung: Heinz Denies</ref> | Jakob kam direkt nach dem Überfall auf Polen nach Toruń und wurde zunächst als komm. Statthalter eingesetzt. Ab dem [[1. April]] [[1940]] übertrug man ihm die Stelle offiziell. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit bestellte er zwei Stadtplaner (Dipl.-Ing. Hans Döllgast und Prof. Gruber) zur Umgestaltung und zum Ausbau der Stadt. Hans Döllgast berichtete im Spruchkammerverfahren gegen Jakob [[1947]] von seinen Tätigkeiten in Toruń: ''Bei allen Einschränkungen infolge der Kriegsverhältnisse wurden fast gleichzeitig ein Reihe technischer und kultureller Vorhaben in Angriff genommen: Der Ausbau der städtischen Gasversorgung, die zweite Weichselbrücke, Wohnungen in übernommenen Rohbauten, Aufforstungen. Unter den kulturellen Aufgaben stand die Rathauserhaltung und –erneuerung oben an. Gleichzeitig Stadttheater und Artushof. Die bauliche Betreuung der drei großen Stadtkirchen wurde weitergeführt, die städtischen Sammlungen geordnet und wesentlich ausgebaut, die Galerie durch Ankäufe erweitert, die Denkmalspflege gründlich ausgeübt, das Gästehaus der Stadt neu errichtet, Friedhof, Krankenhaus und Polytechnische Schule baureif geplant.''<ref>Spruchkammerakten Jakob Franz Sprk Fü 2 J, Bestätigung Dipl.-Ing. Hans Döllgast vom 25. April 1945</ref> Dass Jakob von der Vertreibung der Juden, dem Abriss der Synagoge, der "Zwangseindeutschung" und den Lagern mit jüdischen Gefangenen vor der Stadt nichts gewusst haben will, ist völlig ausgeschlossen. Stattdessen stellte sich Jakob später in dem Spruchkammerverfahren gegen ihn als "Opfer" dar, der gar gegen das NS-Regime gearbeitete hätte. Nach eigenen Angaben war er bei der polnischen Bevölkerung wegen seiner Loyalität äußerst beliebt, weswegen man ihm den Spitznamen "Jakobsky" gab.<ref>Spruchkammerakten Jakob Franz Sprk Fü 2 J, Schreiben Bamberger Theater, ab 1. August Leitung: Heinz Denies</ref> Dieser Behauptung stehen folgende Fakten gegenüber: | ||
* Kurz nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Thorn wurden mit Hilfe der Gestapo und der Wehrmacht vom 17. Oktober bis 21. Oktober 1939 eine "Säuberungsaktion" der "...politisch nicht einwandfreien Elemente, die besonders der führend Schicht angehören, statt..". Dabei wurden ca. 1.200 Personen bestehend aus Priestern, Ärzten, Rechtsanwälten und Richtern, Politikern sowie Intelektuelle festgenommen. Zusätzlich zur polnischen Oberschicht wurde ein Großteil der jüdischen Bevölkerung ebenfalls festgenommen. Der Gefangenen wurden mit Lkws in das Fort VII "Friedrich der Große" vor der Stadt Thorn verbracht. Es folgte nach dem Verhör der Gefangenen die Einstufung in: Erschießung, Deportation ins nahegelegene KZ Stutthof bei Danzig oder die Entlassung. Bereits kurz nach den ersten Verhaftungen erfolgten die Massenerschießungen im nahegelegenen Wald Barbarka. In insgesamt acht Massengräbern konnten über 1.000 tote Personen nach dem Krieg gefunden werden, lediglich 300 Personen konnten namentlich identifziert werden.<ref>Torsten Harrseim: Im Himmlers SS-Sicherheitsdienst und Mielkes Staatssicherheit. Edition Winterwork, 2015, S. 101 ff.</ref> <ref>Klaus-Michael Mallmann, Jochen Böhler, Jürgen Matthäus: Einsatzgruppen in Polen, Darstellung und Dokumentation. Hrsg. im Auftrag des Dt. Historischen Instituts Warschau und der Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart, Bd. 12, Wissenschaftliche Buchgesellschaft (WBG) 2008, S. 172 ff.</ref> | |||
[[Datei:Jakob Forster Goebbels 1942.jpg|miniatur|rechts|Die "Volksliste" zur Eindeutschung, unter Leitung von Jakob Frank, 1941]] | |||
* Nach der ersten Säuberungwelle folgte die zweite Säuberungswelle. Alle "nicht-arischen Polen" wurden zu einer Kommission vorgeladen, zur Klärung der Frage der sog. "Eindeutschung". Diese Kommission, auch genannt die "Volksliste", hatte das Ziel die Menschen in vier Kategorien/ Listen einzuteilen: 1) Deutsche Reichsbürger und deutsche Staatsbürger, also Bürger die unzweifelhaft deutscher Abstammung waren oder sich aktiv für das "Deutschtum" eingesetzt hatten (Liste 1 & 2); 2) Deutschstämmige, die zwar einer "Polnisierung erlegen" waren, sich jedoch nicht "antideutsch" verhielten - z.B. in Mischehen (Liste 3); 3) sog. Schutzangehörige mit beschränkten Rechten, also fremde Volkszugehörige (Liste 4). Vorsitzender dieser Kommission war der Oberbürgermeister Franz Jakob, der mit der Verwaltung diese Aufgabe übernahm. Während die Zusteilung zu Liste 1 & 2 relativ unproblematisch umsetzbar war, und die Zuordnung zur Liste 4 keine Relevanz hatte, entzündete sich ein Streit über die Zuordnung zur "Liste 3 Menschen". Wer nicht in dieses Schema passte wurde "aus dem Reichsgau entfernt, sei es durch Deportation, Einweisung in ein Konzentrationslager oder durch Exekution".<ref>Dieter Schenk: Danzig 1930 - 1945. Das Ende einer freien Stadt. Ch. Links Verlag GmbH 2013, 149 ff.</ref> | |||
Somit steht fest aus heutiger Betrachtung fest, dass Franz Jakob, der ab Ende Oktober 1939 in Thorn abkommandiert war, zumindest von den laufenden Hinrichtungen vor der Stadt zumindest Kenntnis haben musste, während er gleichzeitig in der zweiten Säuberungswelle aktiv als Kommissionsleiter unmittelbar über das Schicksal der polnischen Bevölkerung mitentschied. | |||
Seine Amtszeit endete im Februar [[1945]], durch den Vormarsch der russischen Truppen. Jakob selbst sagte über den Ausgang seiner Amtszeit in Thorn in der Spruchkammer: ''"Ich war in Thorn, der Russe kam 1945 im Jänner immer näher, da bekam ich die Erlaubnis aus der Stadtverwaltung mit meinen Beamten abzuziehen, ich selbst blieb aber dort, weil noch sehr viel Zivilisten in der Stadt waren, die ausgeliefert worden wären, ich sorgte für die Lebensmittelausgabe, öffnete die Depots und habe mich von den Russen mit einschließen lassen, 14 Tage lang. Dann kämpften wir uns mit den dortigen Truppen als Rotkreuz-Soldaten durch."''<ref>Spruchkammerakten Jakob Franz Sprk Fü 2 J, Protokoll der öffentlichen Sitzung der Lagerspruchkammer am 23.6.1948 / Aktz: 3411 </ref> | Seine Amtszeit endete im Februar [[1945]], durch den Vormarsch der russischen Truppen. Jakob selbst sagte über den Ausgang seiner Amtszeit in Thorn in der Spruchkammer: ''"Ich war in Thorn, der Russe kam 1945 im Jänner immer näher, da bekam ich die Erlaubnis aus der Stadtverwaltung mit meinen Beamten abzuziehen, ich selbst blieb aber dort, weil noch sehr viel Zivilisten in der Stadt waren, die ausgeliefert worden wären, ich sorgte für die Lebensmittelausgabe, öffnete die Depots und habe mich von den Russen mit einschließen lassen, 14 Tage lang. Dann kämpften wir uns mit den dortigen Truppen als Rotkreuz-Soldaten durch."''<ref>Spruchkammerakten Jakob Franz Sprk Fü 2 J, Protokoll der öffentlichen Sitzung der Lagerspruchkammer am 23.6.1948 / Aktz: 3411 </ref> |