Neue Mitte

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Unter dem Arbeitstitel "Neue Mitte" wurde im Juli 2008 der Plan des portugiesischen Investors "Sonae Sierra" bekannt, mitten in der Fürther Innenstadt quer zu Lasten des Baubestands zwischen Rudolf-Breitscheid-Straße und Hallstraße ein großes Einkaufszentrum zu errichten (Neue Mitte I). Am 30. Juni 2009 erklärten Stadt und Investor das Projekt für gescheitert, da der Eigentümer eines zentralen Gebäudes nicht zum Verkauf bereit war. Im zweiten Anlauf (Neue Mitte II) wurden nun unter konkret ausformulierten Rahmenbedingungen neue Investoren gesucht. Auch die Flächensanierung des Gänsbergs trug ursprünglich den Arbeitstitel Neue Mitte.

Erstreckung

Versionen 2009

-> vgl. Hauptartikel Neue Mitte I

Die Pläne umfassen die Überdachung eines Teils der Rudolf-Breitscheid-Straße und der Hallstraße. Zum Abriss stehen gemäß den bekannten Plänen zum einen das traditionsreiche Parkhotel, das Fiedler-Gelände, die Commerzbank, das Kino an der Rudolf-Breitscheid-Straße sowie mehrere denkmalgeschützte Gebäude an dieser Straße. Weitere Gebäude sollen entkernt werden.

Versionen 2011

-> vgl. Hauptartikel Neue Mitte II

Die neuen Gestaltungsvorschläge nutzen im Wesentlichen die gleichen Flächen, jedoch ist die Überdachung der Rudolf-Breitscheid-Straße sowie deren Herausnahme aus dem öffentlichen Raum kein Thema mehr. Die Neuentwürfe nehmen allesamt mehr Rücksicht auf das Stadtbild und auf vorhandene Strukturen, wenn auch der Abriss einzelner historischer Gebäude nach wie vor vorgesehen ist. Ebenso ist das Commerzbank-Gebäude nun nicht mehr Bestandteil der Planungen.

Ablauf

-> bis 2009 vgl. Hauptartikel Neue Mitte I

-> ab 2010 vgl. Hauptartikel Neue Mitte II Der Bekanntgabe im Juli 2008 gingen bereits mehr als einjährige Verhandlungen zwischen Stadt und Investor voraus.

Nach Grundsatzbeschluss des Fürther Stadtrats vom 30. Juli 2008[1] erarbeitete eine vom Investor geladene Auswahl an Architekten in einem "Gutachterverfahren" Konzepte für das Projekt. Über die Frage, ob dieses Verfahren als "Architektenwettbewerb" zu bezeichnen sei, herrschte zwischen Stadt und Kritikern Uneinigkeit. Nach Dafürhalten der Stadt handelte es sich um ein sog. "kooperatives Verfahren", das sich aktuell beim Nürnberger Augustinerhof bewähre. Stadtheimatpfleger Dr. Mayer hielt dem entgegen, dass das Verfahren zu stark vom Investor bestimmt werde, z.B. durch dessen Auswahl der Architekten[2]. Am 12. Dezember 2008 wurde bekannt, dass der bekannte Dresdner Architekt Günter Behnisch den Vorsitz des Preisgerichts übernehmen werde[3]. Behnisch wurde durch den Bau des Münchner Olympiageländes berühmt[4]. Später musste man dahingehend korrigieren, dass sein Sohn derjenige sei, der diese Aufgabe übernimmt.

Insgesamt war die "Neue Mitte" finanziell in einer Größenordnung von 150 Millionen Euro vorveranschlagt. Der Baubeginn wurde vom Investor bereits für Ende 2009 anvisiert, die Eröffnung 2011.

Am 30. April 2009 berichteten die Fürther Nachrichten vom drohenden Scheitern der Pläne, da der Eigentümer eines zentral gelegenen Gebäude, dieses - sein Geburtshaus - nicht veräußern möchte[5].

Heftige Kritik handelte sich Oberbürgermeister Dr. Jung ein, als er am 30. April sein Bedauern über fehlende Möglichkeiten der Enteignung äußerte. Am 1. Mai 2009 verschärfte er diese Aussagen nochmals: Man könne für "jedes Hundeklo" enteignen, aber nicht für Arbeitsplätze. In der Bevölkerung stießen diese Äußerungen auf harsche Kritik, die Fürther Nachrichten druckten am Donnerstag, den 7. Mai, eine komplette Seite mit Leserbriefen, die Bezug auf diese Äußerungen nahmen.

Zum Ablauf seit dem Scheitern des Projektes von Sonae Sierra siehe: -> Neue Mitte II

Kritik (Neue Mitte I)

Während zunächst wenig kritischer Widerhall publik wurde, entwickelte sich im Verlauf der Diskussion teils fundamentale Opposition. Besonders wegen der angestrebten Abrisse mehrerer Baudenkmäler, des schwerwiegenden Eingriffs in das komplette Denkmalensemble und nicht zuletzt durch den Entzug eines Teils der Rudolf-Breitscheid-Straße aus dem öffentlichen Raum wurde und wird von vielen Seiten eine tiefgreifende Veränderung des gesamten Stadtbilds der Innenstadt befürchtet.

Laut den Kritikern lassen sich sowohl in der Planung als auch in der unkritischen Auseinandersetzung große Parallelen zu früheren rigorosen Baumaßnahmen wie der Gänsberg-Sanierung oder dem Bau des City-Centers erkennen, für das damals ein ganzer Block höchst stadtteilprägender Baudenkmäler (siehe auch Geismann-Bräustübl) unwiederbringlich zerstört wurde.

Auch in Fachkreisen fand das Projekt europaweit kritische Aufmerksamkeit: Nach Angaben des Stadtheimatpflegers wurde bislang eine Abordnung des Landesverbands für Heimatpflege durch Fürth geführt, und sogar die UNO-Denkmalschutzorganisation ICOMOS habe sich bei ihm gemeldet. Es wurde befürchtet, das geplante Einkaufszentrum gefährde die Bemühungen um eine Eintragung der Innenstadt in das Unesco-Weltkulturerbe.

Nachdem Überlegungen bekannt wurden, die Fassade des Parkhotels zu integrieren, äußerte sich auch der renommierte Fürther Architekt und seinerzeitige Vorsitzende des Baukunstbeirats Peter Dürschinger in den Fürther Nachrichten dahingehend, die alte Substanz lieber zu bewahren statt eine Fassadenrekonstruktion als Kompromiss einzugehen: «Wir sollten uns bemühen, die Glut am Leben zu halten und nicht die Asche zu bewahren.» [6]. Unterstützung erfuhr er unter anderem vom Architekten Volker Heid und dem Fürther Künstler Ernst-Ludwig Vogel.

Im Stadtrat wurden kritische Stimmen zuweilen scharf attackiert, nach Angaben des Oberbürgermeister standen aber Ende 2008 gut 90 % der Stadträte quer durch alle Parteien hinter den Plänen.

Unklar war, wie die Verkehrserschließung des Zentrums angelegt werden sollte, eine Lieferzufahrt über die Moststraße würde de facto eine weitere Parallelstraße der Öffentlichkeit entziehen.

Bürgerinitiative "Eine bessere Mitte für Fürth"

Logo der Bürgerinitiative

Stadtheimatpfleger Alexander Mayer erwog zunächst öffentlich die Gründung einer Bürgerinitiative. Obwohl Mayer anschließend verkündete, nicht für deren Führung zur Verfügung zu stehen, hat sich am 15. Dezember 2008 die Bürgerinitiative „Eine bessere Mitte für Fürth“ gegründet, die Dr. Mayer ausdrücklich unterstützt[7]. In dieser gemeinsamen Gruppierung sind die beiden bisherigen Gesprächskreisrunden, der "Penelope-Kreis" auf Einladung von Werner Schmidt (benannt nach dem Tagungsort, der Gaststätte Penelope in der Moststraße) einerseits und die des Fürther Sozialforums mit der ALF unter Versammlungsleitung von Stephan Stadlbauer andererseits, aufgegangen.

Die Bürgerinitiative lehnt den Bau des Shoppingcenters nicht generell ab, sondern plädiert im Wesentlichen für eine größenreduzierte Ausführung bei gleichzeitiger Erhaltung der Rudolf-Breitscheid-Straße und deren historischer Bausubstanz.

O-Ton: "Neue Verkaufsflächen sind auf ein für Fürth verträgliches Maß zu beschränken."

Im Februar 2009 stellte die Bürgerinitative einen stadtbild- und denkmalschutzverträglichen Gegenentwurf zu den Investorenplänen vor[8]

Zeitweises Scheitern der Pläne

Als bekannt wurde, dass der Erwerb des Gebäudes Rudolf-Breitscheid-Straße 12 durch den Investor nicht zu Stande kommt, erbat sich Sonae Sierra zunächst eine Bedenkzeit für eine Umplanung. Da man zu keiner offeneren Ausführung des Centers gewillt war, die den Erhalt des Gebäudes ermöglicht hätte, erklärte die Stadt Fürth das Vorhaben "Neue Mitte" am 30. Juni 2009 für gescheitert. Die Bemühungen gelten seitdem einer Reaktivierung des City-Centers, an das sich dann eventuelle eine kleinere Neubaumaßnahme konzeptionell angliedern sollte[9].

Literatur / Medien

  • Einkaufsstadt Fürth – quo vadis?. Fernsehreportage der Redaktion point, Otto-Seeling-Promenade 2-4, 90762 Fürth, März 2010
  • Videos von den Präsentationen der Investoren für einen neuen »Einkaufsschwerpunkt« in Fürth - Weblog-Beitrag der_Medienpraxis e. V., Juli 2011

Lokalberichterstattung

  • Johannes Alles: Neue Mitte: Front gegen die historische Kulisse. Fürther Architekten würden dem Neubau des Einkaufszentrums nicht die Fassade des Park-Hotels verpassen. In: Fürther Nachrichten vom 20. November 2008
  • Thomas Nagel: «Neue Mitte» Fürth. Experten raten zu offenem Konzept. In: Nürnberger Zeitung Nr. 13 vom 17. Januar 2009, S. 17
  • Stephan Sohr: Planungen für «Neue Mitte« beginnen fast von vorne. Fürth will um «Jahrhundertchance« kämpfen. In: Nürnberger Zeitung Nr. 102 vom 5. Mai 2009, S. 13 - NZ
  • Thomas Nagel: Bürger sollen entscheiden. Fürth: «Neue Mitte« oder «bessere Mitte«? In: Nürnberger Zeitung Nr. 110 vom 14. Mai 2009, S. 16 - NZ
  • Thomas Nagel: Eine neue Analyse zur Einkaufssituation in Fürth. Überschätzte «Neue Mitte»? In: Nürnberger Zeitung Nr. 118 vom 25. Mai 2009, S. 14 - NZ

Siehe auch

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Weblinks

  1. "Chance für die «Neue Mitte«", Fürther Nachrichten vom 31. Juli 2008
  2. "Streit um die Neue Mitte schwelt weiter", Fürther Nachrichten vom 29. 11. 2008
  3. Jury für Neue Mitte trifft sich, Fürther Nachrichten vom 13.12.2008
  4. Siehe Artikel zu Günter Behnisch in der Wikipedia.
  5. Wolfgang Händel: "Neue Mitte in Fürth vom Aus bedroht", Fürther Nachrichten, Hier abrufbar
  6. "Neue Mitte: Front gegen die historische Kulisse", Fürther Nachrichten vom 20.11.2008
  7. Einladungsschreiben zur Gründung der Bürgerinitiative
  8. Wolfgang Händel: "Gegenentwurf soll die «bessere Mitte« bringen", Fürther Nachrichten vom 12. Februar 2009. Hier abrufbar.
  9. Wolfgang Händel: "Pläne für die Neue Mitte haben sich erledigt", Fürther Nachrichten vom 1. Juli 2009, hier abrufbar.