Fiorda
"Fiorda" ( ), ist der traditionsreiche altehrwürdige eigene hebräische Namen für Fürth und ihrer Jüdischen Gemeinde.
Begrifflichkeit
"Kehilla Keduscha Fiorda" (dt. "Heilige Gemeinde Fürth"), so wurde die Jüdische Gemeinde Fürth genannt. Dieser Name zusammen mit dem Kleeblatt wurde weltbekannt. Auch heute noch wird dieser Name in der jüdischen Welt mit der Stadt Fürth und ihrer altehrwürdigen Gemeinde ehrfürchtig mit Trauer und mit Dank in Verbindung gebracht.
Geschichte
Das erstemal werden für 1440 einige Juden in Fürth wohnend erwähnt. Ab 1528 unter Markgraf Georg den Frommen siedelten sich unter hohen Schutzgeldzahlung an den Markgrafen reiche Juden in Fürth an ("Perman Jud"). In der Folgezeit durften sich dann auch reiche Juden im Bereich der Dompropstei Bamberg unter hohen Schutzgeldzahlungen an den Dompropst von Bamberg ansiedeln. Da nur reichbegüterte Juden in Fürth wohnen durften, wurden die Juden in Fürth von ihren jüdischen Glaubensgenossen "Fürther Judenadel" genannt. Aber da die reichbegüterten Juden für ihre ärmeren Glaubensgenossen das Schutzgeld an die Herrschaft zahlten, konnten sich auch andere Juden ansiedeln. Seit 1528 bis heute wohnen ununterbrochen Juden in Fürth.
Es entwickelt sich ab 1528 daraus eine der bedeutendsten jüdischen Gemeinden in Deutschland, die bedeutendste jüdische Gemeinde in Süddeutschland.
Das Zentrum der Jüdischen Gemeinde Fürth entwickelte sich von Anfang an im Bereich des Gänsberg-Viertel.
Mit eigenen Rabbinern, als erster Rabbinner ist Rabbiner Aron Schmuel Kremnitz (vor 1607) belegt. Und mit eigenen Synagogen, Talmudschule, Druckerei, Krankenhaus, Friedhof, Schächterei und eigener Verwaltung mit niederer und religiöser Gerichtsbarkeit.
In Fürth gab es nie ein Judenviertel oder ein Judenghetto, alle Fürther wohnten zusammen.
Im Jahre 1719 vereinbarten der Domprobst von Bamberg und die Jüdische Gemeinde Fürth das "Reglement für gemeine Judenschafft" (gemeine = allgemeine) schriftlich fixiert. Es hatte bestand für die ganze Jüdische Gemeinde Fürth bis 1820 das Bayerische Judenedikt in Fürth durchgesetzt wurde. Der Domprobst verfasste das 39 Bestimmungen umfassende Regelwerk gemeinsam mit zwei Vertretern der Gemeinde Fürth. Das Reglement schrieb alte Recht der Fürther Juden fest. Die wichtigsten Rechte waren:
- Alle religösen Freiheiten wurden bestätigt: Freier Synagogenbau, freie Rabbinerwahl und andere Gemeindebediensteten.
- Als Kaufleute wurden die Juden gleichgestellt.
- Die Gemeinde dürfte die Neuaufnahme von Gemeindmitgliedern selbst Regeln (Vermögensnachweis über 5.000 Reichstaler und ein Leumundszeugnis). Die Gemeinde führte die Schutzgelder an den Herren ab.
- Die Jüdische Gemeinde durfte zwei stimmberechtigte Vertreter in die Gemeindeversammlung schicken.
Dieses Regelwerk war einmalig zur damaligen Zeit!
Die Fürther Gemeinde hat sogar ihren eigenen "Fürther Ritus" ("Minhayim", erstmals gedruckt 1762) in der öffentlichen Ausübung ihres Glaubens. Auch eigene Vorschriften für häusliche Fest (Hochzeiten, Beschneidung) und für die Bekleidung. Sie sollten den übermäßigen Luxus eindämmen und machte den hohen Lebensstandard der Fürther Juden deutlich ("Tekunos-Büchlein" von 1728./ "Fürther Bescheidenheit".).
Diese Entwicklung, zu dieser großen und bedeutende Gemeinde, ist auf die Dreiherrschaft in Fürth zurückzuführen.
Durch die Zugehörigkeit von Fürth zu Bayern ab 1806 wurde die Entwicklung gestört. Im Zuge der Durchsetzung des Bayerischen Judenediktes organisierte sich die Jüdische Gemeinde Fürth ab 1822 als Religionsverein: "Israelitische Kultusgemeinde Fürth".
Das jüdische Leben in Fürth wurde durch das Bayerische Judenedikt, und dann völlig und brutal durch den Naziterror zerstört: es überlebten nur 23 Juden in Fürth.
Gleich 1945 entstand wieder eine kleine Jüdische Gemeinde mit eigenem Rabbiner. Sie wurde u.a. von Rabbiner David Spiro, der der erste Rabbiner wurde, und dem jüdischen Fürther Jean Mandel, der der erste Gemeindevorsitzende wurde, wieder begründet. Ab 1947 organisierte sie sich dann wieder als "Körperschaft des Rechts" als: "Israelitische Kultsgemeinde Fürth".
Nach auf und ab in ihrer Mitgliederzahl, hat heute (Stand 2007) die "Israelitische Kultusgemeinde Fürth" wieder rund 500 Mitglieder.
Die gesamte Stadt Fürth hat ihren jüdischen Mitbürger viel zu verdanken. Die jüdischen Mitbürger waren zum großen Teil am Aufschwung und Wachstum, durch ihre Strebsamkeit und nicht zuletzt ihrer Stifterfreude (z. B. Heinrich Berolzheimer und Alfred Louis Nathan und Familie Krautheimer) bis heute, beteiligt.
Die jüdischen Fürther waren auch sehr stark in der Emanzipation der Juden in Bayern und damit auch in Deutschland beteiligt, davon zeugt u.a. der erste jüdische Rechtsanwalt (Dr. Grünsfeld), der erste jüdische Landtagsabgeordnete (Dr. David Morgenstern), der erste jüdische (Handels-)Richter (Salomon Berolzheimer), der erste jüdische Schulrektor an einer staatlichen Schule (Dr. Brentano). Auch der jüdischer Chefarzt am neuen Krankenhaus auf der Schwand (Dr. Jakob Frank), sowie das erste jüdische Waisenhaus in Deutschlands seien hier beispielhaft genannt.
Zitat aus alter Zeit
"Da erhob sich ein Sturmwind und trug mich in die heilige Gemeinde Fürth, eine kleine Stadt, in meinen Augen jedoch so groß wie Antiochien, denn hier versammelten sich gelehrte Leute zum täglichen Studium."
So beschreibt der neue Fürther Rabbiner Schabbatai Scheftel Horovitz (Rabbiner von 1628 bis 1632) in poetischen Worten, seine ersten Eindrücke über die "Kehilla Keduscha Fiorda".
Literatur und Medien
- Kleeblatt und Davidstern, Heymann Werner J. (Herausgeber), Verlag Maria Mümmler, Emskirchen, 1990.
- Durch Fürth geführt - Band 3 - Auf den Spuren der Fürther Juden, Ohm Barbara, GH Druck Fürth, Fürth, 2005
- Geschichte der Juden in Fürth, Geschichte für Alle e.V. -Historische Spaziergänge-, Sandberg Verlag, Nürnberg, 2005.
- Dokumentarfilm: „Ein fränkisches Jerusalem“ -"Unter unserem Himmel"-, Bayerisches Fernsehen, Zeilinger Friedrich R., München, 1987.