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Weshalb ich Balletteur werden will

S

o der Lehrkörper will, werde ich in Bälde mit dem Abitur die Schule verlassen, und, da das so üblich ist, mit irgendeiner Beschäftigung Geld verdienen müssen.

Fragte man mich bisher nach meinem zukünftigen Beruf (mit Betonung auf "berufen"), so reichten die Reaktionen auf meine Antwort von Entrüstung (je nach Temperament und Alter des Fargera) bis zu sprachloser Bestürzung. Nein, nicht etwa Kommunist, Gammler oder Frauenarzt wollte ich werden, vielmehr wußte ich es einfach nicht. Es folgten regelmäßig Vorwürfe, die in mir, Zartbe­ saitetem, schwerste Komplexe und Gewissensbisse her­ vorriefen. Kurz, ich entschloß mich einen Beruf zu suchen. Ich stellte keinerlei Ansprüche. Er sollte nur der Univeraalbildung entsprechen, die ich mir während meines Lebens und Wirkens am hiesigen Hum.Gymnasium hätte erwerben sollen. Also kaufte ich mir die nötige Fach­ literatur (Höhere Schule urld Beruf, 12 Bände Brockhaus), schloß mich ein und büfflte acht Tage und Nächte, bis ich an den Rand der Verzweiflung und zu folgenden Er­ gebnissen gekommen wart Die sogenannten akademischen Berufe gliedern sich in freie und beamtete auf, unter die letzteren fallen Volksschul-, Gymnasial-, usw.-Lehrer. Daher wandte ich mich (als freiheitlich Gesinnter) besonders den freien Berufen zu. Nicht in Frage kamen* Arzt, - ich kann kein Blut sehen. Jurist, - leider ermangelt mir die Kunst der freien Rede. Naturwissenschaften, >- schon immer mein schlechtestes Fach, und ebensowenig ein Volkswirtschaftsstudium + politische Laufbahn - ich werde beim Lügen immer rot... Von diesen Aussichten so beunruhigt konnte ich einfach keinen Schlaf mehr finden, lief mit rotgeränderten Augen umher und schluckte alle möglichen Tabletten und Haus­ mittel. Als alles das nichts mehr half, griff ich zur ultima ratio, d.h. ich schaltete den Fernseher ein. Doch was ich hier sah, ließ mich unter Jubelrufen aufspringent in großen Sprüngen huschten Balletteure über den Schirm. - Ich hatte meinen Idealberuf, meine Berufung gefunden! Wie entspricht eine solche "Arbeit" meinen Vorstellungen und Neigungen! Was hat, ein Balletteur zu tun? In erster Linie muß er schön sein (was ja nicht weiter schwerfällt). Weiter hat er nicht viel zu leisten* Das Rumhüpfen würde ich bald erlernt haben. Die dritte und Hauptaufgabe ei­ nes Balletteurs ist Mädchen in die Luft zu werfen und wiederaufzufangen. Und dieser Punkt führt nun schon zu den Vorteilen dieses Berufes* Ballettmädchen, konsumiert nur von Kennern. Doch auf nähere Erläuterungen möchte ich hier nicht eingehen, sondern sie vielmehr der Phantasie des einzelnen Lesers überlassen.

Nun weiter. Nicht zuletzt darf man übersehen, daß, wie oben schon erwähnt, der Balletteur fast täglich seinen Fernsehauftritt hat. Inwiefern wird dieser Beruf aber der neunjährigen Ausbildung am FUrther Gymnasium gerecht? Nach reiflicher Überlegung und langen Beobachtungen kam ich zu dem Schluß, daß ein in der Schule oft zitier­ ter, in den Pennalen oft verbesserter Spruch, der einem alten Philosophen in den Mund bzw. zur Last gelegt wird, nicht etwa "pro vitam discimus", nein, vielmehr "pro pantomium discimus" heißen muß. Zu diesem Beweis möchte ich unter tausend Beispielen nur eines herausgreifen» Die Haltung des Balletteure während seiner Darbietungen* Er verzieht dabei keine Miene. Wer bisher dachte, die Anpöbelungen und Be­ schimpfungen unserer Lehrer, die wir stillschweigend ertragen müssen, seien rein emotionaler Natur, hat sich darin getäuscht. Sie dienen allein dazu, uns auf diesen Beruf vorzubereiten. Ich schließe mit dieser Ermahnung* Deutschlands Schüler, seid schlau, geht zum Ballett. -kg-

TIPS

f ür Lehrer und solche die es werden wollen!

Achte einen Schüler,der immer schlecht vorbereitet ist - er ist ein mensch mit Grundsätzen Zeige Dich niemals abweisend,wenn Dir ein Erstkläßler vertrauen^ voll einen Kaugummi anbietet. Der Nimbus der Jugendverbundenheit wird Dich daraufhin umwehen. Es ist ein Oharakterzug des Schülers,daß er in allen Dingen maß­ voll sein will - Denke daran,wenn Du Hausaufgaben stellst. schläft ein schüler in Deiner Stunde ein,dann frohlocke innerlich - beweist es doch, daß Deine Erscheinung ungemein beruhigend wirkt. Sclafen alle Schüler in Deiner stunde ein - ach,das gibt es nicht. Wird eine Klasse bei deinem Eintritt lauter statt leiser,dann mer­ ke Dir ein totsicheres Mittel:Dreh Dich um und verlasse die Klasse wieder! Weißt Du einmal auf eine Schülerfrage nicht die richtige Antwort, so sage auf jeden Fall: Ja, Kinder, wir sind alle nur Menschen!