Ultras Fürth 1998
Die Ultras Fürth waren eine Ultra-Gruppierung, tätig im Umfeld der Spielvereinigung Fürth. Gegründet 1998, aufgelöst am 19. Januar 2007.
Geschichte
Hinweis: Der folgende Text stammt aus der Feder der Ultras Fürth und wurde 2007 im Heft "Erlebnis Fussball" veröffentlicht.
Die Anfänge waren ähnlich wie bei vielen anderen Ultra-Gruppen in Deutschland. Man war mehr oder weniger ein kleiner Freundeskreis bei dem der ein oder andere vorher schon in verschiedenen Fanclubs vertreten war. Aus der allgemeinen Stimmungsflaute, gerade bei Heimspielen, entstanden dann die ersten Überlegungen, wie man diese wieder verbessern könnte. So entstand die UF 98 in der Sommerpause zur Saison 98/99, damals bestehend aus ca. 15 Leuten im Alter zwischen 15 und 20 Jahren.
In der ersten Zeit hatte man aber wohl eher mit seinem jugendlichen Leichtsinn zu kämpfen, als das man sich auf fanpolitischer Ebene engagierte, geschweige denn den Aufbau einer eigenen Szene/Kultur im Sinn hatte. Es ging vordergründig um Spaß, Suff und seine Mannschaft zu unterstützen. Mehr steckte da damals nicht dahinter. Aufgrund von Pyro und dem in Fürth "neuen und geschlossenen" Auftreten stieß man damals nicht immer nur auf positives Feedback seitens anderer Fans, geschweige denn der Polizei und des Vereins. Zu den ersten Problemen kam es dann Ende 99/00 als wir aufgrund von Pyroeinsätzen die ersten Stadionverbote zu verkraften hatten. Man durfte dann mit seinen 30 Mann komplett bei den Bullen antanzen und wurde gründlichst auseinandergenommen. Danach entschwand erst einmal die erste Euphorie und bis auf gemeinsames Auswärtsfahren wurde es ruhig um die Ultras Fürth. Erst als 2001 die zweite UF-Generation (Playboys + Jesterheads) das Zepter in die Hand nahm ging es wieder aufwärts.
Der neue Aufbruch ging im ersten halben Jahr vordergründig von der neuen, jungen Generation aus. Wegen früheren Streitereien mit dem alten Kern von UF lief das ganze auch zuerst unter dem Namen Playboys Fürth und man startete mit 40 Jugendlichen auf der Südkurve des Ronhofs, isoliert von der eigentlichen Fantribüne und zog erstmal sein eigenes Ding durch. Erst nach vier Spielen kehrte man Anfang 2002 wieder auf die Nordtribüne zurück und das Verhältnis zu den Älteren entspannte sich. Nach und nach wurde klar, dass man mit den Leuten der ersten Generation und den neuen jungen Leuten einen gemeinsamen Versuch starten konnte Ultrá in Fürth zu etablieren. So wurden erstmalig feste Strukturen mit einem Mitgliedersystem geschaffen. Man entschloss sich das Ganze unter den Namen Ultras Fürth 98 weiterzuführen und zu bündeln. Zum ersten Mal wurde 2002 dann ein Anheizer auf dem Zaun installiert, und man konnte seine ersten eigenen Auswärtsfahrten organisieren.
Die darauffolgenden Jahre 2003 und 2004 waren sicherlich die ereignisreichsten im positiven Sinne in der Geschichte der UF, da machte es einfach noch Spaß zum Fußball zu fahren und man konnte noch etwas bewegen. Bis zum Ende der Saison 2003/2004 wuchs die Gruppe auf 70 Mann an, was logischerweise nicht nur Vorteile mit sich brachte. Neue Mitglieder wurden eben mal in der Kneipe zum unterschreiben des Mitgliedsformulars gebracht und damit hatte sich die Sache. Hintergrundgedanken konnte man den wenigstens Leuten vermitteln, Hauptsache man konnte endlich in UF-Klamotten rumlaufen. Angekotzt von diesem Klientel und dem eigenen Versagen, entschloss man sich im Sommer 2004 zu einem radikalen Trennstrich. Alle Mitglieder wurden rausgeschmissen, und mit einem harten Kern von ca. 30 zuverlässigen (und nur männlichen, weiblichen war es ab hier nicht mehr möglich UF-Mitglied zu sein) Leuten ging man die Zukunft an. Der Weg sollte weg vom Spaß haben hin zu ernstem Bestreben fanpolitische Ziele zu erreichen und in Fürth eine unabhängige Fankultur zu etablieren. Mit den jetzigen Mitgliedern konnte man mit dem nötigen Ernst an die Sache herangehen und seine neu gesteckten Ziele angreifen. So wurde im Verein erstmalig ein vernünftiger Ansprechpartner gefunden, der sich ernsthaft mit uns auseinander setze. Verschiedene Missstände konnten aufgezeigt werden, und zu Beginn der Saison 2004/2005 konnten wir unsere eigene Hütte im Stadion eröffnen. In dieser Hinsicht lief also alles zu unserem Besten. Natürlich gab es aber auch eine dunkle Seite, die sich erstmals seit Jahren in größeren Problemen mit der Staatsmacht zeigte. Wegen Vorfällen in Duisburg und Haching waren wir das erste mal seit 99/00 wieder von Stadionverboten betroffen.
Nach diesen Vorfällen wurde uns bewusst, dass wir mit der kleinen Anzahl von Leuten für die Polizei viel zu leicht angreifbar und durchschaubar waren und man auch langfristig nichts dagegen ausrichten könnte. So entschied man sich in der Winterpause die Gruppe schrittweise wieder zu öffnen und langsam wieder neue Leute mit einem speziellen Patensystem zu integrieren.
Die Stadionverbote schwächten unsere Gruppe sehr, da die betroffenen Personen alle entweder aus der Führungscrew oder aus dem harten Kern waren. Die Organisation und Führung der Gruppe im Stadion musste neu koordiniert werden und auch die Abstimmung zwischen den verschiedenen Generationen litt darunter. Allerdings konnte man die Verbote auch bis zur Auflösung nicht vollständig kompensieren. Zusätzlich raubt es einem natürlich teilweise die Motivation und verbittert, wenn man mit ansehen muss wie Freunde fast daran zu zerbrechen, wenn sie aus der Kurve ausgesperrt werden.
Durch die Öffnung kamen viele neue Junge Leute die mit Motivation, neuen Ideen und unbescholten an die Sache rangingen. Dadurch konnte noch einmal ein frischer Wind in die Gruppe gebracht werden. Im Jahr 2006 war es vor allem die Jugend die uns noch über Wasser hielt, denn Rückschläge gab es weiterhin jede Menge. Immer wenn man meinte, man könnte sich wieder auf die wesentlichen Ziele konzentrieren und hätte ein Problem abgeschlossen, kam unser Freund und Helfer mit neuen Aktionen und Repressionen daher und machte uns das Leben schwer. Man schwor sich zwar immer wieder nie aufzugeben und weiterzukämpfen, aber es verloren doch immer mehr alte Leute die Motivation. Die Jugend konnte dies zwar teilweise ausgleichen, aber sie waren noch lange nicht so weit um in unsere Fußstapfen zu treten.
Auflösung
Wie in der Stellungsnahme zur Auflösung geschrieben, hatte die Auflösung vor allem zwei Gründe. Einmal die ständige Repression durch die Polizei und anderseits die Entfremdung von „unserem“ Verein. Wie oben bereits erwähnt, ging das Jahr 2006 für uns schon ein mal gut los, nach dem Vorfall in Regensburg hatten wir einige Stadionverbote und Anzeigen wegen lächerlicher Vorfälle zu verkraften. Davon waren natürlich wieder der harte Kern der Gruppe betroffen und man überlegte damals bereits ob dies alles noch Sinn macht, wenn man wegen Kleinigkeiten schon derartig gefickt wird. Damals war jedoch schnell klar, dass es weitergehen würde, eine Auflösung oder ähnliches nach kurzer Bedenkzeit völlig undenkbar. Jedoch folgten Woche für Woche neue Vorfälle mit der Fürther Polizei.
Die Spitze des Eisberges bestand darin, dass Polizeibeamte bewusst Falschaussagen machten um eines unserer wichtigsten Leute unschuldig ins Gefängnis zu bringen. Mitglieder wurden nach Treffen observiert, nach Kleben von Aufklebern verhaftet, Hausdurchsuchungen fanden statt. Nach diesen Ereignissen im Februar 2006 schaltete man einen Gang zurück und legte fast alle Aktivitäten (FanNews, Fanstand, Choreos usw) bis auf den Support auf Eis. Es war eine Bedenkzeit nötig, wie es weiter gehen sollte. Sonstige Aktionen in dieser Zeit gingen eigentlich nur von der UF Jugend aus. Ende 2006 sollte es langsam wieder losgehen, man wollte wieder geballt loslegen, das erste Duftzeichen wurde in Augsburg gesetzt, eine eigene Kneipe war in Planung.
Als wir dann Ende der Hinrunde in Karlsruhe spielten, erging es uns ähnlich wie jetzt den Kölnern. In KA angekommen, von einer Hundertschaft empfangen, durfte man sich nur auf Anweisung fortbewegen, den ganzen Tag wurde man von hinten bis vorne überwacht. Am Eingang besonders gründliche Kontrollen mit Hoserunterlassen usw., durch Zeigen unseres SKBs wurden Leute unter dem Vorwand der Gefahrenabwehr festgenommen. Die Geschichte dürfte mitterlweile jedem bekannt sein, als Konsequenz trat man nach der Halbzeit die Heimreise an. Auf der Heimfahrt herrschte bereits eine sehr seltsame und gedrückte Stimmung im harten Kern. Keiner wusste mehr wie es weitergehen sollte, unbändige Wut herrschte, und eine bisher nicht gekannte Hilflosigkeit. In der Nachbetrachtung stellten sich für uns zwei Fragen: 1. Ist das, was UF momentan darstellt, das was wir darstellen wollen – die Antwort lautete nein. Und 2.: Ist das alles, was im letzten Jahr passiert ist, es noch wert?
Mit der zweiten Frage kommen wir auch schon zu einem weiteren Grund der Auflösung. Der Verein SpVgg Greuther Fürth. Jedem von uns, zumindest den Älteren war schon längere Zeit das Gefühl verloren gegangen, was man hat wenn sein Verein, seine Mannschaft das Spielfeld betritt, die Emotionen, die Leidenschaft. Es waren in den letzen zwei bis drei Jahren soviel Falsches und Schlechtes in diesem Verein passiert, soviel Veränderungen, dass wir diesen Verein nicht mehr wieder erkennen. Waren in den ersten Jahren nach dem Beitritt des TSV Vestenbergsgreuth es für uns immer noch die Fürther bzw.das Kleeblatt, ist der Verein durch den Präsidenten nur noch ein Verein mit dem Greuther Image ohne echte Werte, ohne Ansätze zur Identifikation. Auch bei dieser Frage hieß die Antwort eigentlich nein, das ist nicht mehr unser Verein also für was sollen wir uns das immer noch Woche für Woche antun.
Die letzten Jahren hatte man sich bei Zweifeln immer mit dem Glauben an die Gruppe und die eigene Kultur motivieren können, aber nun gelang auch dies nicht mehr. Über die Winterpause gab man sich noch Bedenkzeit, denn selbstverständlich wird so eine Entscheidung nicht einfach über Nacht getroffen. Aber auch im Januar hatte sich nichts an unserer Meinung geändert, man sah keinen sinnvollen Weg unseren Gedanken weiterzuführen, so gab es am 19.01.2007 nur einen ehrlichen Weg: die Auflösung. Die ausführliche Stellungnahme zur Auflösung ist unter www.ultras-fuerth.de abrufbar.
Identifikation mit dem Verein
Das Greuther bzw. der TSV Vestenbergsgreuth wurde als notwendiges Übel empfunden, das den Verein vor der Insolvenz rettete. Die meisten dachten sich zu Zeiten des Beitritts, dass das Greuther nach ein paar Jahren von selbst verschwunden wäre. Von Fanseite wurde der neue Name, die Symbolik oder die Marke nie angenommen. Es war für uns immer der dreimalige Deutsche Meister, die SpVgg Fürth. Wir haben bei unseren kompletten Material und Aktionen immer nur die Symbole und Titel der SpVgg Fürth verwendet. Greuth interessierte niemanden, höchstens machte man sich selbst darüber lustig. Erst als nach und nach immer mehr von unserer Spielvereinigung verschwand und das Greuther in den Vordergrund rückte wurde dies zu einem echten Problem. Auch kam erst mit der Zeit die Vorstellung unseres Präsidenten über die neue Außendarstellung des Vereins ans Licht. Was man auch nebenbei und erst Jahre später erführ ist, das die kompletten Pokale und Trophäen der SpVgg nach dem Beitritt auf dem Müll landeten und nur durch einen Fürther Sammler gerettet werden konnten. Dies soll nur als ein Beispiel dienen, wie sehr die jetzige Vereinsführung auf Tradition Wert legt und wirklich am Fortbestand der SpVgg interessiert ist. Man versuchte auch etwas zu unternehmen bzw. auch frühzeitig Kritik zu äußern, jedoch hat sich der Präsident in der Satzung des Vereins so abgesichert, das eine Änderung des Vereinsnamen und des Logos fast unmöglich ist.
Nichts destotrotzt, war unserer gesamte Fanpolitik und unser Auftreten immer auf die Nichtakzeptanz von Greuther Fürth ausgerichtet. Wir haben immer versucht Aufklärungsarbeit zu leisten, wann immer es uns möglich war haben wir den momentanen Zustand in unseren FanNews, bei Fan Treffen usw. angeprangert. Jedem Jugendlichen in unserem Einflussgebiet haben wir eingebläut, dass es nur die SpVgg gibt, und sonst nichts.
Verhältnis zu Verein und Fanszene
Dinge wie der eigene Stand im Stadion, die Abschaffung von vereinsfarbenfremden Trikots, ein Konzept zur Bündelung des Supports, ein Gästefankonzept und eine Sensibilisierung in Sachen Stadionverboten konnten im Dialog mit dem Verein erreicht werden. Beim letzten Punkt der Aufzählungen kommen wir aber zum Knackpunkt der bis dahin als gut zu bezeichnenden Verhältnisses. Uns wurde zugesichert, dass im Falle eines drohenden Stadionverbotes erst eine Anhörung der Betroffenen stattfindet wird und der Grundsatz der Unschuldsvermutung auch für die Vergabe von Stadionverboten zählt. Dieses Versprechen erwies sich im Nachhinein als ein reines Lippenbekenntnis. Als im Dezember 2005 wegen einen Vorfalls in Regensburg beim Besuch der Amateure die Fürther Polizei acht Stadionverbote forderte, stellte der Verein diese ohne wenn und aber und ohne jegliche Rücksprache mit uns aus. Die Verbote konnten zwar wegen der darauf folgenden Proteste und Boykotte gegen die Ableistung von Arbeitsstunden auf Bewährung ausgesetzt werden, das Verhältnis zum Verein beschränkte sich jedoch ab diesem Zeitpunkt auf das nötigste und man beschloss wieder seinen eigenen Weg zu gehen (Anm. Zum Großenteil wurden die Stadionverbote vom Richter wieder verhängt.). Im Nachhinein betrachtet, hatte man teilweise wohl auch bis dahin ein zu enges und zu vertrauenswürdiges Verhältnis, in der man auch den ein oder andere Kompromiss zuviel einging.
Das Verhältnis zu dem Rest der Fanszene muss man differenziert sehen. In Fürth ist die Fanszene sehr gespalten. Es gibt im wesentlichen zwei Gruppen, einmal die Offiziellen Fanclubs (die auch sehr vereinsnah stehen und selten etwas hinterfragen) und die aktiven und kritischen Fans, wie die Sportfreunde Ronhof, die auf der selben Wellenlänge wie wir waren bzw. sind. Den off. Fanclubs waren wir aufgrund von unserer „Privilegien“ im Stadion, dem guten Verhältnis zum Verein und unserem Anspruch die Fanszene unter unserer Führung zu vereinen ein Dorn im Auge. Das änderte sich auch trotz mehrmaligen Bemühungen um Entspannung bis zum Ende nicht. Bei jeder Gelegenheit prallten die Meinungen aufeinander, was die gegenseitige Verachtung bis zum heutigen Tage anwachsen ließ. Da trafen eben grundsätzlich verschiedene Lebenseinstellungen aufeinander, das Höchstmaß an Toleranz war da schon das gegenseitige Ignorieren. Das Verhältnis zu dem restlichen Teil der aktiven Fanszene war sehr gut und von gemeinsamen Aktionen geprägt. Bei den inaktiven Zuschauern war man natürlich als Choreo- und Supporttruppe gern gesehen, wurde aber auch natürlich wegen Dingen wie Gewalt oder Graffiti immer kritisch beäugt.