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Altstadtverein Fürth �

47 – 13/14

DE SACELLO LOCI FURTI DICTI Robert Grüning

Der nachfolgende Text ist die Schilderung zu einem äußeren Gestaltungselement der Heiliggrabkapelle Fürths auf dem Stich Johann Alexander Boeners aus dem frühen 18. Jahrhundert. Im Rahmen der Diskussion um die Standorte der bekannten Kapellen in der Arbeitsgruppe Archäologie des Altstadtvereins ist es Ende 2012 während digitaler Vergrößerungsarbeiten erstmals aufgefallen. Der Nürnberger J. A. Boener fertigte bis 1708 einen Bildband über den Marktflecken Fürth unter dem Titel „Kurzer Bericht von dem Alterthum und Freyheiten des freyen Hof=Markts Fürth samt denen Prospecten des Hof=Marktes, der Kirchen, der vornehmsten Gebäue und der umligenden Gegend an den Tag gelegt von Johann Alexander Boener 1705“. Auf dem Prospekt „St. MichaelisKirch von mitternacht samt der Capelle Zum Heiligen Grab“ sind die Heiliggrabkapelle, die Pfarrkirche St. Michaelis mit Grabstätten und einige Fachwerkhäuser aus nördlicher Richtung mit Blick nach Süden abgebildet. Der Schattenwurf auf dem Bild verdeckt die Eingangsseite der Kapelle erheblich und deutet darauf hin, dass die Szene wahrscheinlich an einem frühen Morgen oder vormittags im Sommer gefertigt wurde. Von der Kapelle ist die Eingangsseite und die nördliche Seitenwand dar30

Ausschnitt aus einem Boener-Stich 1705; Repro Grüning

gestellt. Das Gebäude ist von einer hölzernen Absperrung umgeben, sodass der Zutritt nur an der Eingangstür möglich ist. An der Seitenwand sind zwei Fensterbögen im romanischen Stil mit Versatz von der Eingangsseite eingelassen. Hoch über der Tür befindet sich im Giebel ebenfalls ein romanischer Fensterbogen. Die Fenster sind eindeutig als Butzenscheibenfenster erkennbar. Auf dem Dach sind an der Eingangsseite ein bedachtes Glockentürmchen mit Wetterfähnchen und ein Kreuz an der entgegengesetzten Seite angebracht. Girlandenartige Ausschmückungen befinden sich unterhalb den Fenstern. Die bisher nicht erkannte gestalterische Besonderheit direkt über der Tür ist ein Figurenpaar, das im Folgenden genauer betrachtet wird.

Auf dem oberen Türrahmen sitzen zwei Figuren, deren Beine zur jeweiligen Seite neigen und angewinkelt sind. Die linke Figur fasst mit ihrer linken Hand ihr linkes Knie und stützt sich mit der rechten Hand nach hinten hin ab. Der Kopf neigt sich leicht zur linken Schulter. Dagegen hat die rechte Figur den linken Arm zum Bauch hin geführt und stützt sich mit ihrer rechten Hand ab. Zwischen beiden sitzenden Figuren scheint sich ein Objekt zu befinden, welches etwa die Größe eines Kopfes jener Figuren hat. Merkmale, die Rückschlüsse auf das Geschlecht zulassen, sind nicht erkennbar. Ebenso sind keine Gegenstände auffindbar, die als Erkennungsmerkmale zur Identifizierung der Figuren herangezogen werden können.

Es stellt sich die dringende Frage nach der Identität der Figuren: Wer wurde hier abgebildet? Engel werden üblicherweise mit Flügeln dargestellt, die hier fehlen. Apostelfiguren halten zumeist Gegenstände, die sie erkennbar machen, z.B. ein Schlüssel für Petrus. Die Haltung der Dargestellten wirkt mehr zart als kraftprotzend. Die angewinkelten Beine und die Hand am Knie könnten ein Hinweis sein, dass es sich um weibliche Charaktere handelt. Dass keine Attribute zu erkennen sind, kann der künstlerischen Genauigkeit oder der tatsächlichen Platzierung der Attribute geschuldet sein. Zweifelhaft wäre die Annahme, dass das Figurenpaar Sapientia (Weisheit) und Scientia (Wissenschaft) abgebildet sei. Dagegen würde das Paar Ecclesia (Neues Testament) und Synagoge (Altes Testament), das auch am Bamberger Dom beispielsweise zu beobachten ist, gerade in Fürth mit seiner jüdischen Gemeinde zu einer spannenden Diskussion führen. Eine andere Möglichkeit ist, dass es sich um trauernde Frauen handelt – vergleichbar den Klageweibern. Beispiele hierfür sind am Grabmonument für Urban VIII. in der Peterskirche (Rom), am Grabmal für Kardinal Richelieu in der Chapelle de la Sorbonne (Paris) und auch am Grabmal des Fürstbischofs F. Christian