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Altstadtverein Fürth �

Fortsetzung von Seite 11

ben dem „Roten Ross” hatte. Fertig abgepackt war gar nichts. Die Milch schöpfte sie mit einem Messbecher mit langem Stiel aus den großen blechernen Kannen, die jeden Früh angeliefert wurden, in unsere Milchkanne. Käse wurde abgeschnitten, ausgewogen und eingewickelt. Das Gemüse bekamen wir von der Lassnerin in der Waaggasse, Wurst und Fleisch vom Metzger Gulden, unserem Nachbarn. Obst, z. B. Kirschen, Äpfel oder Pflaumen für den Bedarf in der Backstube wurden mit einem kleinen Handwagen vom Markt auf der Freiheit oder von einem Großhändler beim Stadttheater geholt. Bananen? Orangen? Ananas? Melonen, heutige Alltagsleckereien, gab es nicht, es war ja Krieg! Lediglich die Eier und das Mehl wurden angeliefert. Die Eier brachte der Herr Grotter, der ganz modern - seine Eierkisten mit einem Elektrowagen lieferte und uns Kindern die größte Freu-

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de machte, wenn er uns bis zum nächsten Kunden in seinem „Auto” mitfahren ließ. Das Mehl bezogen wir von der Wolfsgrubermühle, die mit einem richtigen Lastkraftwagen vorfahren konnte. Die Unfallverhütungsvorschriften waren seinerzeit auch anders – heute unvorstellbar –, das Mehl in 2-Zentner-Säcken (100 kg) abgefüllt und die zwei Mann von der Mühle, frühere Schwerathleten, wuchteten sich die Säcke auf die Schultern und trugen sie die Treppe hoch in die Backstube im ersten Stock! Heizungs- und Brennmaterial für den Herd, den Backofen und die Wärme im Winter waren Holz, Kohlen, Koks und Brikett, die wir vom Heerdegen in der Gustavstraße bezogen. Ölheizung gab es noch nirgends, das wäre im Krieg ja auch ein Schwerverbrechen gewesen, wenn man das Öl nur verbrannt hätte! Das Holz wurde in Klötzen geliefert und vom Opa in der Waaggasse klein gehackt und ofenfertig gemacht, das übrige war in

großen, kohlschwarzen Körben zu je einem Zentner gefüllt und wurde vom Wagen durch eine Lucke direkt in den Keller der „Schüpf” (das kleine Gebäude direkt neben der Freibank) geleert, von wo das Material dann eimerweise jeden Abend in die Backstube getragen wurde um früh den Backofen anheizen zu können. In der Schüpf war auch die Waschküche mit dem großen Waschkessel in dem die ganze Geschäfts-, Haushalts- und Leibwäsche regelmäßig gereinigt wurde. Dazu wurde immer eine Wäscherin, die Frau Blendinger, engagiert. Nach der Schule, wenn wir sie besuchten, fanden wir sie oft in Nebel und Dampf eifrig beim Bürsten und ich durfte gelegentlich helfen indem ich mit einem Stampfer die Wäsche im kochenden Kessel unter Wasser drückte: das blubberte immer so schön! Die ganze „Romantik” fand erst ein Ende als wir nach der Währungsreform so circa 1950 eine „Constructa”-

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… weil´s schee macht. 12

Waschmaschine bekamen. Die letzte Einkaufstour des Tages am Abend war meine Aufgabe: ich musste (durfte, denn ich war ja der Größte) für meinen Vater noch Bier holen - auch wenn es schon dunkel war. Die Straßenbeleuchtung blieb ja ausgeschaltet und es herrscht wegen eventueller Bombenangriffe Verdunkelungspflicht. Also bewaffnete ich mich mit einem Maßkrug, bekam Geld und ging zum „Roten Ross”. An der Gassenschänke (einem kleinen Schalter) klingelte ich, das Fenster wurde hochgeschoben und oft bediente die Frau Riedel, die Wirtin, uns persönlich. Uns, weil auch die anderen Jungen aus der Nachbarschaft von den Oberen zum Bierholen geschickt wurden. Und, weil ich ja der Größte war, ließ mich mein Vater ein paar Schluck vom Bier trinken. Geschmeckt hat es mir weniger, es war zu bitter, aber ich musst da durch, es war ja ein Privileg und ich schon ein Mann!