Fürther Sprache

Aus FürthWiki

Version vom 11. November 2024, 03:09 Uhr von Gustav moenus (Diskussion | Beiträge) (Ergänzungen)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Die „Fürther Sprache“ - die Mundart, die von den Fürthern gesprochen wird, ist das Färdderisch.

Herkunft und Zugehörigkeit

Das Färdderisch gehört zum Ostfränkischen. Ostfränkisch ist die südöstliche Dialektgruppe der fränkischen Mundarten und gehört als Hochfränkisch innerhalb des Dialektkontinuums zum Übergangsbereich zwischen dem mitteldeutschen und oberdeutschen Sprachraum, wobei es in der Regel letzterer Gruppe zugerechnet wird. Das ostfränkische Sprachgebiet erstreckt sich von den Regionen Heilbronn-Franken und Tauberfranken in Baden-Württemberg über die bayerischen Regierungsbezirke Mittel-, Unter- und Oberfranken, Südthüringen über das bayerische Vogtland bis in den Übergangsbereich des sächsischen Vogtlands. In Hessen spricht man Ostfränkisch vor allem im Bereich der Rhön. Bis zur Vertreibung der Deutschböhmen nach dem Zweiten Weltkrieg reichte das ostfränkische Dialektgebiet bis in die heutige Tschechische Republik. Im Volksmund werden die ostfränkischen Dialekte, insbesondere die mainfränkischen Mundarten, schlicht Fränkisch genannt.

Der Sprachforscher Herbert Maas urteilt: "Die Nachbarstädte Nürnberg und Fürth scheinen auf den ersten Blick die gleiche Mundart zu sprechen. Das ist verwunderlich und nicht verwunderlich zugleich. Verwunderlich, weil die Geschichte der Reichsstadt und des vor ihren Toren gelegenen, zum Hoheitsgebiet des [Ansbacher] Markgrafen gehörenden Fleckens grundverschieden verlaufen ist. Die lange politische Trennung, ja die häufige Feindschaft der Territorien und die starke Industriekonkurrenz im 19. Jahrhundert haben zu allem anderen als guten Beziehungen in alter Zeit geführt. Heute noch sagt der Nürnberger spöttisch „vo Färd raaf kummd nix Gescheids“, eine Bemerkung, die sich nicht allein auf die aus dem Westen heraufziehenden Gewitterwolken bezieht. Der schlimmste Tadel für einen schlechten Nürnberger Fußballspieler ist "mer maand grood, der is vo Färd". Und eine ganz böse Abwertung klingt aus dem Nürnberger Volkswitz heraus: Mid än Färder delefonier i ned amal."

Das Färdderisch hat wie alle fränkische Mundarten auch seine eigenen Besonderheiten. Es unterscheidet sich in einigen grammatikalischen Konstruktionen und Vokabeln, vor allem auch von der sehr nahe gelegenen Nürnberger Mundart. Markante Beispiele sind der im Nürnbergerischen fehlende Plural, sowie die ( eher geschlossen gesprochene ) Endung auf 'e' ( vgl.: "schee" ) gegenüber dem Fürtherischen ' ( ä ) i' ( z. B. in "schäi" ). Aufgrund der vielfältigen Migrationsbewegungen zwischen den eng benachbarten Städten findet sich aber häufig selbst in Fürther Publikationen auch heimatpflegerischer Vereine und Autoren seit Jahrzehnten vermehrt das Nürnberger Idiom.

Einen Spaß machen sich die Einheimischen gern mit Besuchern, die keine Mundart-Kenntnisse haben. Sie stellen die Frage: "Wissn´s wos a ohzullds Buddlasba is?" Auf das Schulterzucken folgt dann die Aufklärung: "Des is ein abgenagtes Hühnerbein!"

Grammatikalische Besonderheiten

Während in Nürnberg die Pluralbildung komplett entfällt, bildet man im Fürtherischen diesen zumeist mit einem "i".

Beispiele
Hochdeutsch Fürtherisch Nürnbergerisch
ein Mädchen, zwei Mädchen a Madla, zwa Madli a Madla, zwa Madla
ein Halbliterbierglas, zwei ... a Seidla, zwa Seidli a Seidla, zwa Seidla

Fürther Begriffe und "Flickworte"

Beispiele
Hochdeutsch Fürtherisch Nürnbergerisch
Wäscheklammer Boggerli Zwigger
zwei Brötchen zwa Semmerli zwa Weggla

Beispiele

"Gengas halt zou - härn´s halt auf! Was bedeutet das "halt" eigentlich? Dialektforscher Eugen Berthold nennt es ein Flickwort und bringt dazu das schöne Beispiel: "Halt halt [= doch] endli dei Maul!" Oder: "I hab halt gmaant!" Der Nürnberger Herbert Maas meint, es sei ein beliebtes Flickwort im einschränkenden Sinn: "Dou halt ä weng langsam! Gäi halt a weng aufd seidn!" Ein übliches Flickwort ist auch "weng" (für wenig). Das gebrauchte eine Frau, die sich mühsam vor der Bar in der Gustavstraße zwischen Laternenpfahl und Stühle hindurchzwängte und ausrief: "Des is scho a weng eng!"

Der Sprachforscher Herbert Maas räumt auch auf mit der Missdeutung der Redewendung "Mach kane Fisimadendn!" Mit einer Einladung französischer Soldaten an Mädchen bzw. Frauen ihr Zelt zu besuchen (visité ma tent) habe dies nichts zu tun. Laut Maas gehe das Wort auf Ausflüchte zurück über das Wort "visament" (=Aussehen, Zierrat). Über diese Bedeutungsbrücke der unnötigen Zutaten komme man also auf die Bedeutung "Mach keine Umstände!" Eine andere Erklärung weist auf den lateinischen Ausdruck "visae patentes" hin, was bürokratische Schwierigkeiten bedeuten soll. Es komme somit aus der Amts- und Rechtssprache.

Eine andere, vielleicht plausiblere Erklärung liefert Josef Martin Bauer in "Auf gut bayerisch - Eine Fibel unserer eigenen Sprache" aus 1969: Er meint, dass es "mit einiger Wahrscheinlichkeit dem Spanischen zuzuschreiben ist. Die Marktschreier dort haben ihre angebotenen Waren ausgeschrieen mit dem Ruf "Vise ma tente! Schaut euch mein Zelt an!"

Unterschiedliche Deutungen gibt es auch für „Polanti“ im Sinne von „I mach doch ned dein Bolandi!“ Herbert Maas meint, die Redensart bedeute, dass sich jemand nicht als Diener bzw. Untergebener missbrauchen lassen will. Er lasse sich nichts befehlen. Es sei vermutlich ein Wort aus der Zigeunersprache mit der ursprünglichen Bedeutung „Nachtwächter“. Eugen Berthold weist hin auf „voluntas“, im Lateinischen freier Wille; jemand der ohne Entgelt arbeite, also ein `Mädchen für alles´. Und er bringt dazu den schönen Dialog, wie ein Mann zu seiner Frau sagt: „Lang mer amol die Schäer häer!“ Worauf diese antwortet: „Du mᾱnst gwieß, i mach dein Polanti. Hullders doch selber!“

Eine weitere Beispiel: Was ist unter „dalkert“ zu verstehen? Das bezieht sich sowohl auf das körperliche Benehmen, als auch auf die Sprache. Eugen Berthold bringt dazu sowohl „unbeholfen“ im Auftreten, als auch „daherreden“. Herbert Maas bezeichnet damit, wie sich ein ungeschickter Mensch benimmt. Das Ansbacher Wörterbuch von Hermann Dallhammer wird noch deutlicher: Es nennt die Eigenschaften „täppisch“, „tolpatschig“ sowie „ungeschickt (schwatzen)“. Also können wir beim Auftritt solch eines Menschen getrost zu ihm sagen: „A su wos dalgerts wie dich hobbi werkli nonni gseeng!“

Als weitere Expertin für´s Fränkische ist Irene Reif zu nennen. Von ihr gibt es das Buch "Fränkisch wie es nicht im Wörterbuch steht" (Societäts-Verlag, Frankfurt a.M., 1972). Sie lässt darin die fränkischen Burschen sagen: "Di Franken Mädla senn su schöi, ich moch mit kanner andan göih!"

Als Experte kann sich nur fühlen, wer diese Begriffe deuten kann: Droddoaa / Schallosie / Kannabee / Schäßlong / Boddmonee / Hoddwolee / Grawitschgo. Zum letzten Ausdruck ein schönes Beispiel: Es wurde einstmal im Stadtrat verwendet, als ein StR-Mitglied zu einem Bauvorhaben meinte, das Projekt werde "auf Grawitschgo gmacht", also aufs Geradewohl, Ungewisse und daher unordentlich.

Entlehnungen aus dem Französischen

Der Ursprung ist im 18. Jh. zu suchen. Da haben sich die Regenten an Frankreich orientiert und alles Französische kopiert. Die feinen Leute (Hautevolée) haben französisch geredet. Die "kleinen" Leute haben in ihre Mundart französisch geprägte Wörter aufgenommen. So war der Nachttopf der Potschamber (pot de chambre), der Gehsteig das Trottoar (frz. trottoir), der Geldbeutel das Portmonee (frz. portemonnaie), der Regenschirm der Parablü (frz. parapluie). Und abends saß man auf dem Kanapee, dem Sofa mit Rückenlehne.

Literatur

  • August Häußler: Fürther Mundartdichtung. In: Fürther Heimatblätter, 1939/2 - 3, S. 11 - 24
  • Josef Martin Bauer: Auf gut bayerisch. Eine Fibel unserer eigenen Sprache. Franz Ehrenwirth Verlag München, 1969.
  • Erika Jahreis: Wie ich zum Schreiben kam. In: Fürther Heimatblätter, 1974/1, S. 8 - 10
  • Eugen Berthold: "Dei hulli alli o!", 1975 im Selbstverlag, 299 S.
  • Herbert Maas: Wou die Hasen Hoosn und die Hosen Huusn haaßn, Verlag Nürnberger Presse, 3. Auflage 1978.
  • Ernst Sperk: Unsere Fürther Mundart. In: Fürther Heimatblätter, 1979/1, S. 1 - 7
  • Martin Rassau u. Volker Heißmann: "Blouss dasd wos sagsd", Fürth, Franken-Ticket GmbH, 61 S.

Siehe auch

Weblinks

  • Ostfränkisches Wörterbuch - online

Bilder