(24.) Die Einweihung der St. Heinrichskirche in Fürth. [Erzbischof Dr. v. Abert wurde am Samstag, aus Bamberg kommend, von der gesamten hiesigen katholischen Geistlichkeit mit Stadtpfarrer Stenger an der Spitze, am Staatsbahnhof empfangen. In einer in eine Kapelle umgewandelten Bauhütte neben der Kirche wurde das Allerheiligste aufbewahrt und über Nacht von Gemeindemitgliedern bewacht. Am Sonntag fand um 9 Uhr die Konsekration statt, an die sich ein Hochamt anschloss. Nachmittags reiste der Erzbischof wieder ab und die Gemeinde feierte abends im festlich geschmückten Saal des Gesellenhospizes.] Möge das neue Gotteshaus für die katholische Kirchengemeinde reichen Segen ausströmen und zu einem Hort werden, an dem der schöne konfessionelle Friede in der Stadt Fürth eine weitere Pflegestätte findet. (26.) Gestern ist ein auswärts wohnender Meerettighändler in der Erlanger Straße vom Schlage gerührt worden und tot auf der Straße zusammengebrochen. Heute nachts gegen 10 Uhr wurde nun die Leiche von einem Bauernwägelchen aus Röthenbach bei Erlangen, welches mit einem Pferde bespannt war, vom Friedhof abgeholt und sollte in die Heimat des Verstorbenen verbracht werden. Der Kutscher und der Begleiter dieses Fuhrwerks fuhren vor die Latteyer’sche Wirtschaft an der Erlanger Straße. Der Kutscher fütterte dort seinen Gaul, worauf sich die beiden Leute in die Wirtschaft begaben, um auch sich gehörig für die Heimfahrt zu stärken. Unterdessen schien dem Pferd die Zeit zu lange geworden sein, denn es ließ den Futterbarren stehen und zog mit seiner ungewöhnlichen Ladung von dannen. Als der Lenker des Fuhrwerks des Vorganges gewahr wurde, lief er entsetzt in der Richtung Stadeln davon, um das Fuhrwerk und Ladung wieder einzuholen. Bei Vach wurde das Leichenfuhrwerk, das vollständig intakt war, wieder eingeholt. Jedenfalls hat ein Spaßvogel das Pferd mit dem Fuhrwerk auf die Straße geführt und angetrieben, so dass es seinen Trott weiter machte, bis es stillstehend angetroffen wurde. (27.) Der Magistrat hat heute das Projekt zur Erstellung eines Realschulneubaues genehmigt... November 1910 (1.) Die Nürnberger und Fürther Elektromonteure sind in eine Lohnbewegung eingetreten. (4.) Die vom 13.-20. Oktober dahier vorgenommene Zählung des Briefpostverkehrs ergab folgendes Resultat: Aufgegeben 123.202 (828.052 in Nürnberg) Briefpostsendungen, davon nach dem Orts- und Landbezirk, sowie Bayern 59.927 (500.105 Nbg.), nach der Reichspost 47.449 (240.197 Nbg.), nach Württemberg 3428 (29.192 Nbg.), nach dem Ausland 12.399 (58.588 Nbg.)... (6.) Die am 15. Oktober durchgeführte Erhebungen über die Milchversorgung der Stadt Fürth hatte folgendes Ergebnis: Wenn man die zu Futterzwecken und zum Buttern bestimmte, sowie die über die Stadtgrenze hinaus verkaufte Milch (231 Liter) in Abzug bringt, ergibt sich für die Stadt ein Milchverbrauch von täglich 24.586 Liter, d. i. pro Kopf der Bevölkerung 0,37 Liter Milch. Im Stadtbezirk waren 133 Milchkuhbesitzer vorhanden. Die Zahl der Milchkühe betrug 795... An der Milchzufuhr von auswärts waren 169 Personen beteiligt... Zum Transport der Milch wurden 62 Pferde-, 1 Kuhgespann und 106 Handfuhrwerke verwendet... Die Zulieferung mit der Bahn erfolgte von 13 verschiedenen Versandstationen aus einer Entfernung von 5 bis 230 km... Der Verkaufspreis für das Liter Vollmilch schwankt zwischen 15-22 und für das Liter Magermilch zwischen 14-16 Pfennigen; für das Liter Vorzugsmilch wurden 30-50 Pfennige, für Flaschenmilch 30 Pfennige und für Rahm je nach Fettgehalt 40-120 Pfennige pro Liter bezahlt. (9.) Den Laternenanzündern ist wegen Einführung der Fernzündung an den Straßenlaternen zum 1. Dezember der Dienst gekündigt worden. Das Gemeindekollegium hat der Magistratsvorlage, welche die Verhältnisse der entbehrlich werdenden Laternenanzünder in wohlwollender Weise regelt, zugestimmt. (17.) Die Fleischerinnung und die Magistratsmitglieder der fortschrittlichen Volkspartei haben bei dem Magistratsrat den Antrag gestellt, „man wolle beschließen, das k. Staatsministerium des Innern zu ersuchen, beim Bundesrat dafür zu wirken, dass zur Behebung der Fleischnot nach Fürth ca. 25 Stück Schlachtochsen und 25 Schweine aus Frankreich bis auf weiteres allwöchentlich eingeführt werden dürfen.“ Der Magistrat ist damit einverstanden und zwar mit unbeschränkter Stückzahl der Viehgattungen... (19.) Die Höhlen in dem Hügel bei der Wilhelmshöhe wurden heute vormittag von Herren des Stadtbauamtes einer eingehenden Besichtigung unterzogen. Die Herren sind der Ansicht, dass lediglich Sandausgrabungen nicht die Ursache der Höhlengänge sind, sondern dass eben doch vielleicht zur Zeit der Schwedenschlacht 1632 diese Gänge in den Felsen von den Truppen gehauen wurden. Es ist sichergestellt, dass diese Anhöhe nur aus Felsen besteht... (24.) Die städtische Einrichtung der Müllabfuhr tritt am 1. Januar 1911 in Wirksamkeit. (25.) Die Höhlengänge unter der Hochstraße bei der Wilhelmshöhe besichtigten der Direktor der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg, prakt. Arzt Dr. Bernet, und der Sekretär der Gesellschaft, Hörmann, und am gleichen Tag nachmittags nahmen Augenschein Archivar Dr. Mummenhoff in Nürnberg und Konservator Dr. Schulz vom Germanischen Museum. Die Herren sind der Ansicht, dass die Höhlen aus dem 12. oder 13. Jahrhundert stammen und als Versteck in Kriegsnöten dienten, nicht aber für Wohnzwecke... (26.) Die Höhlengänge wurden heute von Major a. D. Neischl von Erlangen, Hofrat v. Forster und Frau von Nürnberg und einer Anzahl Herren besichtigt. 83
Seite:Käppner-Chronik 1887-1910.pdf/83
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