platzenden Schulhäuser. Ergebnis: Für das Helene-Lange-Gymnasium war ein kompletter Neubau unumgänglich. Ein Architektenwettbewerb sollte deshalb in den nächsten Tagen ausgeschrieben werden. Man besuchte auch die „Krautheimer Krippe“, wo die städtische Realschule und das Helene-Lange-Gymnasium Ausweichzimmer unterhielten. Die Wände waren so dünn, dass man den Musikunterricht in allen Räumen mitbekam. Der Direktion des Hardenberg-Gymnasiums konnte man nur zu Schichtunterricht raten, bis neue Pavillons im Schulhof die Raumsituation entschärfen konnten. Freitag, 19. Juni 1970 Der Brauch, den Feiertag des 17. Juni mit pathetischen Phrasen zur Wiedervereinigung zu feiern, war überholt. In der Aula der Berufsschule II an der Theresienstraße kam es deshalb nur zur „Bestandsaufnahme der aktuellen Diskussion“. Der als Redner eingeladene Berliner Stadtrat Kohlberger aus dem Stadtteil Kreuzberg meinte deshalb resignierend: „Was in den verflossenen 17 Jahren anfangs Massen bewegt hatte, interessiert heute nur noch einen kleinen Kreis von Leuten“. Zu sehen auch in Fürth. Im Filmprogramm zur Monatsmitte u.a.: „Asterix und Kleopatra“ (Admiral), „Tödliche Begierde“ mit Janine Lenan, Joanna Mills und Steve Hollister (Bambi), „Django: Den Colt an der Kehle“ (City) und „Hexen bis aufs Blut gequält“ mit Herbert Fux und Olivera Vuco (Park). Samstag, 20. Juni 1970 Die Schüler aus der schottischen Patenstadt Paisley kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus, als sie als Gäste in den Klassen Fürther Gymnasien saßen. Dass auf den Schulhöfen offen geraucht wurde, nahmen sie noch verwundert hin. Dazwischenreden und diskutieren wäre jedoch an schottischen Schulen undenkbar. OB Scherzer bat hohe amerikanische Offiziere ins Fürther Rathaus. Die Übergriffe amerikanischer Soldaten sollten durch die US-Befehlshaber energisch abgestellt werden. Die dafür Verantwortlichen sicherten dem Fürther Stadtoberhaupt zu, bereits Sofortmaßnahmen eingeleitet zu haben. Auch die Militärpolizei wurde personell verstärkt. Man wollte von beiden Seiten auch das gute Verhältnis zueinander nicht aufs Spiel setzen. Die Häuser Maxstraße 34, 36 und 38 konnten nicht so schnell abgerissen werden wie geplant. Manche Mietverträge liefen noch bis Jahresende. Ein Teil der Wohnungen stand allerdings schon leer. Die Stadtsparkasse Fürth musste also noch auf ihren zentralen Neubau Ecke Maxund Schwabacher Straße etwas warten. Montag, 22. Juni 1970 „So a Hitz!“ stöhnten die Fürther und suchten bei 34 Grad Celsius Abkühlung im Sommerbad am Scherbsgraben. Das Bad erlebte am abgelaufenen Wochenende einen Ansturm wie selten zuvor. Es wurde das längste Vogelschießen in der Geschichte der Fürther Schützengesellschaft. Nachfolger des bisherigen Schützenkönigs Hermann Wägner wurde Ernst Uldschmidt. Ihm gelang der Abschuss der Seelenachse erst beim 820. Schuss – unter Flutlicht! OStD Dr. Lebbe vom Helene-Lange-Gymnasium verabschiedete feierlich seine Abiturienten. Das „Erntedankfest“ fand im würdigen Rahmen des Stadttheaters statt. Die provokante Abiturrede einer Schülerin stellte die Lernerfolge der neunjährigen Schulzeit in den Vordergrund: Spicken und Seilhüpfen. Kenntnisse der Sexualkunde musste man sich dagegen selbst erarbeiten. Im Wochenprogramm des Fürther Stadttheaters: Das Schauspiel „Endspiel“ von Samuel Beckett, u.a. mit Sofie Keeser, Leo Bieber, Jürgen Cziesla und Georg Wille. Ferner als Wiederholung die Operette „Der Vogelhändler“ in der bisherigen Besetzung. Dienstag, 23. Juni 1970 Für den in Ruhestand gegangenen Amtmann Leupold wurde Stadtamtmann Merdes in geheimer Sitzung zum neuen Leiter des Standesamtes Fürth bestimmt.
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