Fürther Gesangvereine). Die Sänger und dahinter die Veteranenvereine ziehen unmittelbar hinter dem Militär durch die Stadt zum Rathaus, Lampionträger begleiten sie.25 Oberbürgermeister Kutzer bedauert in seiner Festrede den Regenten: „... die Lust, zu gebieten, findet ihre entsagungsreiche Grenze in der Verfassung und in den Mächten, die diese auslösten.“ Luitpold sei zudem Beispiel für die notwendige körperliche Ertüchtigung des Volkes: „Wir sind lange allzu intellektuell gewesen; nach den Stunden der Arbeit habe wir Erholung fast ausschließlich in geistiger Unterhaltung oder in weichlichen Vergnügungen gesucht; unser Volk fängt an schwächlich zu werden.“ Dann stellt Kutzer die Entwicklung der Stadt Fürth in den 25 Jahren der Regentschaft dar (also von 1886 bis 1911): Wachstum der Einwohnerzahl: 35.500 auf 66.500 (um 90%); Steuersoll: 275.000 auf 840.000 Mark (Verdreifachung). Einlagenstand der „Sparkassa“: 1 1/4 Millionen auf nahezu 8 Millionen (Versechsfachung) Gaserzeugung: 1.380.000 cbm auf rund 6.400.000 cbm (Vervierfachung); Volksschule: 73 auf 179 Klassen (4.900 auf 9.500 Schulkinder); Anwachsen der Stiftungen: 340.000 Mark auf 2.900.000 Mark (anläßlich des 90. Geburtstages kommen 258.000 Mark hinzu).26 12. „Die Stadt prangt im Flaggenschmuck, fast sämtliche Schaufenster in den Verkehrsstraßen sind in blau-weißen Farben prächtig dekoriert und mit Büsten oder Bildern des großen Prinzregenten Luitpold geschmückt. Eine nach tausenden zählende Menge Menschen wogt in den Straßen, Fürth begeht den 90zigsten Geburtstag des geliebten Regenten.“ Gottesdienste in den Kirchen und Synagogen, Garnisonsparade, Festmahl im Hotel National „bei dem auch Damen willkommen sind“, Festvorstellungen im Stadttheater, Festabende der Krieger- und Militärvereine („Auch Damen haben Zutritt“), Prinzregenten-Schießen der Schützenvereine, Ehrenessen für Veteranen, Speisung von Bedürftigen. 27 „Die Tage des Prinzregenten sind nun vorbei... Beginn und Verlauf haben gezeigt, daß der Patriotismus hier tiefe Wurzeln geschlagen u. die Liebe zum Hause Wittelsbach, dem Fürth seit 1806 angehört, alle Volksschichten durchdringt. Möge es immer so bleiben. G.P.R. [Georg Paul Rieß]“28 18. Fertigstellung des städtischen Amtsgebäudes in der Hirschenstraße (Bauamt, städt. Sparkasse, Postfiliale).29 19. Dr. med. Prager, 1. Vorstand des Bürgervereins Fürth, wird in den Zentralausschuß der nationalliberalen Partei gewählt. - Oberingenieur Kraus stellt eine Planung für die vom Brückenbauverein Nordost geplante Überbrückung der Pegnitz (von der Jakobinenstraße aus) vor.30 21. Die Holzarbeiter und Schneidergehilfen fordern eine Verbesserung des Tarifes.31 22. Anläßlich des Jahresberichtes des Stadttierarztes wird festgestellt, daß der Fleischkonsum der Bevölkerung von 109,4 Pfund im Jahre 1909 auf 99,3 Pfund im Jahre 1910 zurückgegangen ist. - Schülerstand in der Realschule: 380. - Ein Löwenpaar aus weißem karrarischen Marmor (gestiftet von Alfred Nathan) wird im „neuen“ Stadtparkteil zu beiden Seiten des Eingangsportals aufgestellt (Die Umwandlung des aufgelassenen Friedhofes begann mit den Planierungsarbeiten am 27. September 1910).32 25. Das kgl. Postamt Fürth erläßt ein Rundschreiben, demzufolge es in Fürth immer noch eine Reihe von Firmen gibt, die dem „Postscheckverkehr ferne stehen“.33 26. Der Ausschank von Geismanns Frühlings Doppelbier wird nach 15 Tagen eingestellt, im Geismanns-Saal waren täglich 40-45 Hektoliter ausgeschenkt worden.34 27. Die Holzarbeiter lehnen die Angebote der Arbeitgeber ab (vgl. 21.03.).35 29. 6. Jahresbericht des Arbeitersekretariats Fürth: Das Gewerkschaftskartell führt Klage über die ungünstigen Gewerbsverhältnisse. An das Kartell waren zum vorletzten Jahresbeginn 33 Gewerkschaften mit 9.300 Mitgliedern (7.734 männliche und 2.163 weibliche) angeschlossen, Ende des Jahres 1910 stieg die Zahl auf 10.159.36 30. Masernepedemie vor allem im Stadtteil an der Rednitz-, Bad-, Erlen-, Dengler- und Bogenstraße. - Endgültiges Scheitern der Verhandlungen zwischen Holzarbeiter und Arbeitgeber, von 31. an treten die 1.500 Holzarbeiter in den Streik (vgl. 21.3. u. 27.3.).37 Bericht des städtischen Arbeitsnachweises für März: 743 Gesuche, 912 Angebote, 545 besetzte Stellen; guter Geschäftsgang in allen Branchen, vor allem in der Holzindustrie und im Baugewerbe. Ein Mangel zeigte sich bei den Schmieden, Schuhmachern, Tünchern und Metallschlägern.38 Die Gewerbliche Statistik für den März verzeichnet abgesehen von der lebhaft beginnenden Bautätigkeit und dem Beginn der Holzarbeiterbewegung keine große Veränderungen, die Konjunktur hat sich abgesehen von der Glasindustrie noch weiter verbessert.39
April 1911 1. Die Diakonen-Station für männliche Krankenpflege übergibt ihren 9. Jahresbericht (gegründet November 1901, in 40 der Station werden Notleidende kostenlos gepflegt). 41 3. Die Ofensetzer treten in den Streik, da die Meister sämtliche Forderungen ablehnten. 4. Das Großherzogtum Hessen führt das direkte und geheime - aber ungleiche - Wahlrecht ein. Wahlberechtigt sind nur Steuerzahler, mit Vollendung des 50. Lebensjahres erhalten sie eine Zusatzstimme. 6. Nahrungsmitteluntersuchungen zeitigten schlechte Ergebnisse bei Wein, beim Bier gab es keine 52