Armen- und Waisenschule

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Die Armen- und Waisenschule war eine gemeinnützige Einrichtung zur kostenlosen Unterrichtung von Armen- und Waisenkindern.

Armen- und Waisenschule


Geschichte der Schule

Die Schule wurde im Jahre 1728 auf private Initiative des Kaufmanns Martin Leizmann gegründet. Zu diesem Zweck erwarb Leizmann das "Dittmannische Haus am Schulrattelshof" (Königstraße 19), wo er zunächst zwölf Schulkinder auf eigene Kosten und mit Hilfe von Spenden unterrichten ließ. Seit 1731 gab es gemeindliche Zuschüsse und 1736 kaufte die Gemeinde das Dittmannische Haus.[1] Zur Finanzierung der Einrichtung griff Leizmann auf die damals bekannte Form des Kurrendesingens zurück und ließ die Armen- und Waisenkinder dreimal wöchentlich vor den Häusern begüterter Bewohner singen [2].
Die erste Öffnung der Sammelbüchsen 1731 ergab 6 fl. 4 1/2 Kreuzer. Durch das Singen wurde die Einrichtung in Fürth immer bekannter, sodass im Jahr darauf bereits 103 fl. eingelegt waren. Von diesem Geld konnte dann nicht nur das Dittmann'sche Wohnhaus gekauft werden, sondern auch ein Schuldiener angestellt werden [3].

1754 starb Leizmann. Er hatte in seinem Testament verfügt, dass die Schule bei der Gemeinde bleiben solle.[4] Außerdem bedachte er die Armen- und Waisenschule noch mit einem Legat in Höhe von 500 fl.
Um 1765 wurde mit dem Bau eines eigenen Gebäudes (Königstraße 76) begonnen, das von 1767 bis 1861 als Schule benutzt wurde. Der Bau kostete 8000 Gulden, obwohl die Gemeinde Holz und Steine unentgeltlich lieferte. Ein Teil der Baukosten wurde aus dem Verkaufserlös des alten (Dittman'schen) Schulhauses bestritten. Der Gastwirt Johann Michael Weißel schenkte dem Schulfonds im Jahr 1764 500 Gulden. Der Gastwirt und Weinhändler Paul Stollberg (oder Stollberger) initiierte 1774 durch eine Spende/Stiftung in Höhe von 200 fl. den Bau eines sechseckigen Uhrturms, welcher dann jedoch 1500 fl. gekostet hat. Gastwirt Weißel, der die Summe vorgestreckt hatte, bekam sein Geld 1790 wieder zurück. Im April 1775 und im Mai 1788 wurde der Turm mit zwei neuen Glocken ausgestattet.[5]


Die Denkmünze zur Einweihung 1775

Die Einweihung dieses neuen Schulhauses erfolgte am 25. Juli 1775. Der Fürther Hofmedailleur Johann Christian Reich d. Ä. prägte zu diesem Anlass eine Gedenkmünze, die Vorderseite mit der Ansicht des Schulgebäudes und der Umschrift "Der Herr ist der Vater der Waisen", die Rückseite mit dem Kleeblatt und den Worten:

1728 zur Fürther Armenschule der Anfang ward gemacht
1767, da wurde der neue Bau durch die Gemeinde vollbracht
1774 wurde sie durch Stiftungen mit Turm und Uhr gezieret,
300 Waisen schon in solche eingeführet. [6]

Der Streit um die Schulausrichtung

Außer den Elementarfächern wurde auch Französisch und Latein unterrichtet.[7] Allerdings ging dem seit 1778 ein Streit voraus, als sich die Gemeinde eine Erweiterung der Schulausrichtung mit dem Fach Latein wünschte.

Der Schuladministrator Paulus Ebersperger stand dem, wie auch der nürnbergische Schuladministrator Johann Michael Weißel, ablehnend gegenüber. Als dann 1781 die Gemeinde die Einrichtung einer Stelle für Lateinunterricht beschloss und im Dezember den "damals in Coburg wohnhaften Candidatus Theologiae Johann Christoph Rößner mit den Lateinstunden" [8] betraute, war der Streit so tief, dass die Bürgermeister und Vorsteher Weißel und Ebersperger aus der Schul-Administration entfernen wollten. Da schaltete sich die brandenburg-ansbachische Obrigkeit ein und verfügte, Weißel und Ebersperger seien bis an ihr Lebensende im Amt zu belassen.[8].

Das Zumpe-Vermächtnis

Der nach England ausgewanderte Klavierbauer Johann Christoph Zumpe hinterließ nach seinem Tod 1790 der Schule 100 Pfund Sterling.[9]

1775 logierte bei Johann Michael Weißel im Schwarzen Kreuz eben jener Johann Christoph Zumpe. Diesen brachte Weißel, der zu dieser Zeit Schuladministrator an der Armen- und Waisenschule war, durch einen Gesangsauftritt der Schuljugend dazu, eine testamentarische Verfügung über 100 Pfund Sterling (1168 fl.) für die Einrichtung zu tätigen.[10] Nach dem Tode Zumpes im Jahr 1791 fand man das bereits am 22. Mai 1784 errichtete Testament und zahlte die ansehnliche Summe von 1.168 fl. an die Schuladministratoren Johann Michael Weißel, Paulus Ebersperger und Johann Adam Simon Mennesdörfer in bar aus. [11]

Leopold Krug beschrieb die Schule 1796 folgendermaßen:

... die wichtigste [Schule] ist eine christliche Armenschule für Waisenkinder, in welcher immer 2 bis 400 Kinder im Lesen, Schreiben, Rechnen, Zeichnen, Christenthum, in der lateinischen und französischen Sprache und der Geographie, und zwar mehrentheils unentgeldlich, unterrichtet werden; auch Mädchen werden hier in weiblichen Arbeiten unterrichtet. Es ist ein schönes massives Gebäude mit Thurm und Glocken dazu gebaut, und die Schule hängt einzig und allein von der hiesigen Gemeine ab, und steht unter 3 Administratoren.[12]

Von den drei Administratoren stammte jeweils einer von der dompröbstlichen, von der Nürnberger und von der Ansbacher Seite.

Administratoren

Die ersten Administratoren waren:


Rektoren und Lehrer

Der "deutsche Schullehrer" erhielt neben seinem festen Gehalt, das ihm die Gemeinde für die Unterrichtung der Armen- und Waisenkinder bezahlte, zusätzlich noch Schulgeld von etwa 200 "Zahl-Kindern". Die Stelle war somit recht einträglich und er konnte sich sogar zwei Amtsgehilfen leisten.[14]

Uhrturm/Glocken

Etliche Quellen berichten, dass der Uhrturm (oder zumindest die ursprünglichen Glocken bzw. die Stiftung), der sich heute auf dem gegenüber liegenden Gebäude des Wirtshauses zum roten Roß befinden, von hier stammt:

  • In einem Reiseführer von 1869 wird berichtet: "Die auf dem angetragenen Thürmchen seit 1775 befindlich gewesenen Glocken wurden auf das gegenüberliegende Schrannengebäude übertragen."[15]
  • Fronmüller schreibt in seiner Chronik 1871: [Der Uhrturm] "Befindet sich gegenwärtig auf dem Schranenlokale."[16]
  • Wüstendörfer berichtet in seinen "Wanderungen durch Fürth" 1898, dass das "Thürmchen [...] nebst Glocke im Jahre 1861" auf das Rothe Roß "transferiert" wurde.[17]

Literatur

  • Peter Bezold: Stiftungen für die Fürther Armen- und Waisenschule. In: Fürther Heimatblätter, 1959/2 S.19 - 21
  • Hadrian Silberer: „ein erbauliche Erklärung denen sämmbtlichen Kindern“. Zur Entwicklung der Fürther Armen- und Waisenschule. In: Fürther Geschichtsblätter, 2/2015, S.27 - 45 und 3/2015, S. 67 - 86

Siehe auch

Weblinks

  • Christoph Gottlieb Richter: "Rede zur Einseegnung und Uebergabe an Gott des neuerbauten Waisen- und Armen-Schul-Hauses in dem Hofmarkt-Flecken Fürth: abgehalten den 22. April 1767" als Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek online

Einzelnachweise

  1. Adressbuch von 1819, S. 196
  2. Peter Bezold Stiftungen für die Fürther Armen- und Waisenschule in: Fürther Heimatblätter 1959/Nr. 2; Seite 19.
  3. Peter Bezold Stiftungen für die Fürther Armen- und Waisenschule in: Fürther Heimatblätter 1959/Nr. 2; Seite 19.
  4. Fronmüller-Chronik, S. 138
  5. Fronmüller-Chronik, 1871, S. 150 ff und S. 161
  6. Peter Bezold Stiftungen für die Fürther Armen- und Waisenschule in: Fürther Heimatblätter 1959/Nr. 2; Seite 20.
  7. Armen- und Waisenschule. In: Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 27
  8. 8,0 8,1 Hadrian Silberer: "ein erbauliche Erklärung denen sämmbtlichen Kindern" - Zur Entwicklung der Fürther Armen- und Waisenschule. In: Fürther Geschichtsblätter, 2015/3, S. 78
  9. Adressbuch von 1819, S. 206f
  10. Peter Bezold Stiftungen für die Fürther Armen- und Waisenschule in: Fürther Heimatblätter 1959/Nr. 2; Seite 20
  11. Peter Bezold Stiftungen für die Fürther Armen- und Waisenschule in: Fürther Heimatblätter 1959/Nr. 2; Seite 20.
  12. Leopold Krug: "Topographisch-Statistisch-Geographisches Wörterbuch der sämmtlichen preußischen Staaten oder Beschreibung aller Provinzen, Kreise, Distrikte, Städte, Aemter, Flecken, Dörfer, Vorwerke, Flüsse, Seen, Berge ... in den preußischen Staaten" Halle, 1796, S. 249. - online-Digitalisat der Universität Greifswald
  13. E. A. Saueracker: Versuch einer Chronologisch-Diplomatisch-Statistischen Geschichte des Hofmarks Fürth und seiner zwölf einverleibten Ortschaften. Vierter und letzter Theil. Nürnberg, 1789, S 398. - online
  14. E. A. Saueracker: Versuch einer Chronologisch-Diplomatisch-Statistischen Geschichte des Hofmarks Fürth und seiner zwölf einverleibten Ortschaften. Vierter und letzter Theil. Nürnberg, 1789, S 399. - online
  15. Nürnberg-Fürth: Zuverlässiger Fremdenführer durch die Schwesterstädte und deren Umgebung...", Nürnberg, 1869, S. 29 - online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek
  16. Fronmüller-Chronik, 1871, S. 151
  17. Georg Wüstendörfer: Wanderungen durch Fürth, 1898, S. 120

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