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Bei der Chorfensterreihe der Poppenreuther Kirche St. Peter und Paul handelt es sich um einen Leben-Jesu-Zyklus, einer bemerkenswerten Arbeit für die 80er Jahre des 19. Jahrhunderts. Entworfen wurden die Fenster von Professor [[Friedrich Wilhelm Wanderer|Friedrich Wanderer]]<ref> Professor Friedrich Wanderer, am 10.9.1840 in München geboren und ebenda am 7.10.1910 gestorben, war Schüler der Nürnberger Kunstgewerbeschule und wurde sonderlich von August von Kreling beeinflußt. Später war er selbst Professor an der Nürnberger Kunstgewerbeschule. In Nürnberg wurde „keine Kunstfrage behandelt, ohne daß sein Rat eingeholt wurde.“ (Künstlerlexikon Thieme - Becker ( Hans Vollmer), Leipzig 1942 - Artikel zu „Friedrich Wanderer“; S. 142) – Die nach seinen Entwürfen und Kartons ausgeführten Glasmalereien sind wichtige Dokumente der alles beherrschenden retrospektiven Richtung (der farbige Karton zum Kaiserfenster in der Nürnberger Lorenzkirche wurde auf der Münchner Kunstausstellung 1879 mit der Goldenen Medaille ausgezeichnet) der 1870er und 80er Jahre.
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Bei der Chorfensterreihe der Poppenreuther Kirche St. Peter und Paul handelt es sich um einen Leben-Jesu-Zyklus, einer bemerkenswerten Arbeit für die 80er Jahre des 19. Jahrhunderts. Entworfen wurden die Fenster von Professor [[Friedrich Wilhelm Wanderer|Friedrich Wanderer]]<ref> Professor Friedrich Wanderer, am 10.9.1840 in München geboren und ebenda am 7.10.1910 gestorben, war Schüler der Nürnberger Kunstgewerbeschule und wurde sonderlich von August von Kreling beeinflusst. Später war er selbst Professor an der Nürnberger Kunstgewerbeschule. In Nürnberg wurde „keine Kunstfrage behandelt, ohne daß sein Rat eingeholt wurde.“ (Künstlerlexikon Thieme - Becker (Hans Vollmer), Leipzig 1942 - Artikel zu „Friedrich Wanderer“; S. 142) – Die nach seinen Entwürfen und Kartons ausgeführten Glasmalereien sind wichtige Dokumente der alles beherrschenden retrospektiven Richtung (der farbige Karton zum Kaiserfenster in der Nürnberger Lorenzkirche wurde auf der Münchner Kunstausstellung 1879 mit der Goldenen Medaille ausgezeichnet) der 1870er und 80er Jahre; siehe auch [https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Wanderer Wikipedia]</ref> in den Jahren 1881 bis 1883 und ausgeführt von der Glaswerkstätte Klaus in Nürnberg.
Siehe auch [https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Wanderer Wikipedia]</ref>
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in den Jahren 1881 bis 1883 und ausgeführt von der Glaswerkstätte Klaus in Nürnberg.  
   
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Bevor das Thema „Leben Jesu“ für die Chorfenster festgelegt wurde, gab es Überlegungen zu zwei Evangelistenfenstern. Das verkürzte Fenster an der Chorsüdseite sollte mit einer „Hl-Geist Taube“ ausgestattet werden. Im Pfarrarchiv befinden sich noch die Entwurfszeichnungen für diese Chorfensterplanung.
 
Bevor das Thema „Leben Jesu“ für die Chorfenster festgelegt wurde, gab es Überlegungen zu zwei Evangelistenfenstern. Das verkürzte Fenster an der Chorsüdseite sollte mit einer „Hl-Geist Taube“ ausgestattet werden. Im Pfarrarchiv befinden sich noch die Entwurfszeichnungen für diese Chorfensterplanung.
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* Bild unten: „Geburt Christi“<br/>
 
* Bild unten: „Geburt Christi“<br/>
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Nachdem 1881 und 1882 alle übrigen Fenster des Leben Jesu Zyklus verwirklicht worden waren, blieb nur noch dieses halblinke, sogenannte Weihnachtsfenster. Bemerkenswerterweise war ausgerechnet das von der Gemeinde am besten einzusehende Fenster bis dahin unbearbeitet geblieben. Nach den finanziellen Kraftanstrengungen der vorhergehenden Jahre 1881 und 1882 schien die endgültige Fertigstellung aus Eigenmitteln nur noch schwer möglich. So beschloss dann der Kirchenvorstand aus den „überflüssigen vasa sacra“ einen kleinen, verzierten und einen größeren, zerbrochenen Kelch zu verkaufen und den „Erlös zum Altar- und Kirchenschmuck“ zu verwenden.<ref>Christian Schmidt-Scheer „Die Chorfenster der Kirche St. Peter und Paul in Poppenreuth“ in [[Fürther Heimatblätter]] 1999/4, Seite 128</ref>
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Nachdem 1881 und 1882 alle übrigen Fenster des Leben Jesu Zyklus verwirklicht worden waren, blieb nur noch dieses halblinke, sogenannte Weihnachtsfenster. Bemerkenswerterweise war ausgerechnet das von der Gemeinde am besten einzusehende Fenster bis dahin unbearbeitet geblieben. Nach den finanziellen Kraftanstrengungen der vorhergehenden Jahre 1881 und 1882 schien die endgültige Fertigstellung aus Eigenmitteln nur noch schwer möglich. So beschloss dann der Kirchenvorstand aus den „überflüssigen vasa sacra“ einen kleinen, verzierten und einen größeren, zerbrochenen Kelch zu verkaufen und den „Erlös zum Altar- und Kirchenschmuck“ zu verwenden.<ref name="Scheer">Christian Schmidt-Scheer: „Die Chorfenster der Kirche St. Peter und Paul in Poppenreuth“. In: [[Fürther Heimatblätter]] 1999/4, Seite 128</ref>
In Vorverhandlungen hatte Dr. Justus Brinkmann aus Hamburg, Direktor des Hamburgischen Museums für Kunst und Gewerbe, mit 500 RM das beste Angebot unterbreitet. Nach einer Regierungsentschließung gab das königl. Bezirksamt Fürth am 11. November [[1882]] grünes Licht für den Verkauf.<ref> Christian Schmidt-Scheer, ebenda</ref>
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In Vorverhandlungen hatte Dr. Justus Brinkmann aus Hamburg, Direktor des Hamburgischen Museums für Kunst und Gewerbe, mit 500 RM das beste Angebot unterbreitet. Nach einer Regierungsentschließung gab das königl. Bezirksamt Fürth am 11. November [[1882]] grünes Licht für den Verkauf.<ref name="Scheer"/>
 
[[Datei:PPP Weihnachtsfenster .jpg|thumb|right|oben: Taufe Jesu, unten: "Pfingsten unter dem Stern von Bethlehem"]]
 
[[Datei:PPP Weihnachtsfenster .jpg|thumb|right|oben: Taufe Jesu, unten: "Pfingsten unter dem Stern von Bethlehem"]]
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===Pfingsten unter dem Stern von Bethlehem===
 
===Pfingsten unter dem Stern von Bethlehem===
Leider ist die Weihnachtsszene mit jenem historischen Datum (10. November 1883; siehe oben) im Zweiten Weltkrieg bei einem Tieffliegerangriff am 8. März auf 9. März 1943 verloren gegangen. Die Kirche selbst wurde zwar nicht von Bomben getroffen, doch die Druckwellen zerstörten etliche Teile der Fenster bei einem Angriff auf eine nahegelegene Flakstellung. Einstweilen wurden die Lücken durch Furnierholz und Pappe notdürftig geschlossen.<ref>vgl. Kirchenvorstandsprotokoll „KV Poppenreuth“ vom 28. März 1943</ref>
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Leider ist die Weihnachtsszene mit jenem historischen Datum (10. November 1883; siehe oben) im Zweiten Weltkrieg bei einem Tieffliegerangriff am 8. März auf 9. März 1943 verloren gegangen. Die Kirche selbst wurde zwar nicht von Bomben getroffen, doch die Druckwellen zerstörten etliche Teile der Fenster bei einem Angriff auf eine nahegelegene Flakstellung. Einstweilen wurden die Lücken durch Furnierholz und Pappe notdürftig geschlossen.<ref>Vgl. Kirchenvorstandsprotokoll „KV Poppenreuth“ vom 28. März 1943</ref>
 
In der unmittelbaren Nachkriegszeit wurde das kürzere Pfingstfenster an die Stelle der ursprünglichen Weihnachtsszene eingesetzt, um zumindest den farblichen Eindruck zu bewahren. Deutlich zu erkennen ist diese Umsetzung an der lila gehaltenen Randbordüre, die im ursprünglichen Weihnachtsfenster nach rot wechselt. Da der Stern das Einzige ist, das noch an die alte Weihnachtsszene erinnert, steht heute im Poppenreuther Fensterzyklus die Pfingstgeschichte unter dem Stern von Bethlehem.  
 
In der unmittelbaren Nachkriegszeit wurde das kürzere Pfingstfenster an die Stelle der ursprünglichen Weihnachtsszene eingesetzt, um zumindest den farblichen Eindruck zu bewahren. Deutlich zu erkennen ist diese Umsetzung an der lila gehaltenen Randbordüre, die im ursprünglichen Weihnachtsfenster nach rot wechselt. Da der Stern das Einzige ist, das noch an die alte Weihnachtsszene erinnert, steht heute im Poppenreuther Fensterzyklus die Pfingstgeschichte unter dem Stern von Bethlehem.  
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Die dritte Dimension wird durch die transparent-durchscheinenden Teile wiedergegeben. Hier dringt etwas von der Außenwelt ins Innere der Kirche – taucht sie in ein mildes Goldgelb. Diese drei Ebenen finden sich auch in drei Glasschichten wieder, denn Joachim Dorn verwendet für die Farbgebung auch die Schutzverglasung.
 
Die dritte Dimension wird durch die transparent-durchscheinenden Teile wiedergegeben. Hier dringt etwas von der Außenwelt ins Innere der Kirche – taucht sie in ein mildes Goldgelb. Diese drei Ebenen finden sich auch in drei Glasschichten wieder, denn Joachim Dorn verwendet für die Farbgebung auch die Schutzverglasung.
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Die goldgelbe Farbgebung deutet in besonderer Weise das Thema eines zusammenfassenden Christusfensters und steht damit in Kontrast zu den bunten Wandererfenstern. Einerseits ist Gelb die Farbe des Göttlichen und weist auf die Überwindung des Todes hin. Auch in der Predellaplastik von [[Heinz Heiber]] wird der Auferstandene in das Gold des Sieges getaucht. Andererseits ist Gelb auch die Farbe der Verachteten. Das 4. Lateran-Konzil von 1215 beschloss, dass Andersgläubige (besonders Juden) sich durch ihre Kleidung von Christen unterscheiden sollten. Diese Kennzeichnung übernahm in den meisten Ländern Europas ein gelber Fleck aus Stoff, der an der Brust sichtbar getragen werden musste.  
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Die goldgelbe Farbgebung deutet in besonderer Weise das Thema eines zusammenfassenden Christusfensters und steht damit in Kontrast zu den bunten Wanderer-Fenstern. Einerseits ist Gelb die Farbe des Göttlichen und weist auf die Überwindung des Todes hin. Auch in der [[Die Predella-Plastik im Poppenreuther Altar|Predellaplastik]] von [[Heinz Heiber]] wird der Auferstandene in das Gold des Sieges getaucht. Andererseits ist Gelb auch die Farbe der Verachteten. Das 4. Lateran-Konzil von 1215 beschloss, dass Andersgläubige (besonders Juden) sich durch ihre Kleidung von Christen unterscheiden sollten. Diese Kennzeichnung übernahm in den meisten Ländern Europas ein gelber Fleck aus Stoff, der an der Brust sichtbar getragen werden musste.  
    
Neben dem Ostersieg übernimmt Christus auch diese Rolle in der Passionsliturgie. Das Gottesknechtlied aus Jesaja 53 spricht es an:<br/>
 
Neben dem Ostersieg übernimmt Christus auch diese Rolle in der Passionsliturgie. Das Gottesknechtlied aus Jesaja 53 spricht es an:<br/>
''„Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, dass man das Angesicht vor ihm barg; darum haben wir ihn für nichts geachtet.“'' (Jesaja 53,3 ff)
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''„Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, dass man das Angesicht vor ihm barg; darum haben wir ihn für nichts geachtet.“'' (Jesaja 53,3 ff.)
 
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Diese Glaswappenscheiben waren schon damals sehr defekt. Sie wurden von Professor Friedrich Wanderer ergänzt und nach der großen Chorfensterumgestaltung zu weiteren Wappen an der Kirchenschiffsüdseite gleich neben der Kanzel mit zugegeben und dort zusammengefasst. Auf diese Weise wurde durch die Umsetzung noch ein sechstes mit Glasmalereien geziertes Fenster als Wappenfenster erzielt. Als oberste Glastafel kam in dieses Wappenfenster eine runde Scheibe mit dem Psalm 27,4 „Eins bitte ich vom Herrn .... zu schauen die schönen Gottesdienste des Herrn und seinen Tempel zu besuchen“.  
 
Diese Glaswappenscheiben waren schon damals sehr defekt. Sie wurden von Professor Friedrich Wanderer ergänzt und nach der großen Chorfensterumgestaltung zu weiteren Wappen an der Kirchenschiffsüdseite gleich neben der Kanzel mit zugegeben und dort zusammengefasst. Auf diese Weise wurde durch die Umsetzung noch ein sechstes mit Glasmalereien geziertes Fenster als Wappenfenster erzielt. Als oberste Glastafel kam in dieses Wappenfenster eine runde Scheibe mit dem Psalm 27,4 „Eins bitte ich vom Herrn .... zu schauen die schönen Gottesdienste des Herrn und seinen Tempel zu besuchen“.  
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Im Jahr [[2014]] wurde dieses Fenster durch zwei ehemalige Wappenscheiben ergänzt, die nur noch als Glasfragmente existierten. Dabei handelt es sich um eine Scheibe der Familie Löffelholz/Baumgärtner, die im 18. Jahrhundert im Herrenhaus zu Steinach residierten und damit Gemeindemitglieder von St. Peter und Paul Poppenreuth waren. Die zweite Scheibe zeigt das Wappen des Patriziers Imhoff von Mörlach, der etwa zur gleichen Zeit als Landalmospfleger für die Kirche in Poppenreuth zuständig war. Beide wieder hergestellten Wappenscheiben wurden zuunterst eingesetzt.
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Im Jahr [[2014]] wurde dieses Fenster durch zwei ehemalige Wappenscheiben ergänzt, die nur noch als Glasfragmente existierten. Dabei handelt es sich um eine Scheibe der Familie Löffelholz/Baumgärtner, die im 18. Jahrhundert im [[Steinach 7; Steinach 7a; In Steinach|Herrenhaus zu Steinach]] residierten und damit Gemeindemitglieder von St. Peter und Paul Poppenreuth waren. Die zweite Scheibe zeigt das Wappen des Patriziers Imhoff von Mörlach, der etwa zur gleichen Zeit als Landalmospfleger für die Kirche in Poppenreuth zuständig war. Beide wieder hergestellten Wappenscheiben wurden zuunterst eingesetzt.
    
==Siehe auch==
 
==Siehe auch==
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