Änderungen

K
keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 22: Zeile 22:  
== Anfang der 1920er Jahre ==
 
== Anfang der 1920er Jahre ==
 
[[Datei:Großgemeinde Nürnberg Fürth 1922.jpg|miniatur|rechts|Die geplante neue Großgemeinde Nürnberg-Fürth, 1922]]
 
[[Datei:Großgemeinde Nürnberg Fürth 1922.jpg|miniatur|rechts|Die geplante neue Großgemeinde Nürnberg-Fürth, 1922]]
[[Bild:Treu Fürth Werbung.jpg|thumb|left|Zeitungsanzeige gegen die Eingemeindung vom 21. Januar 1922]]Aufgrund der politischen Ereignisse Anfang der 1920er Jahre (Kriegsende, Novemberrevolution und der Einführung der Weimarer Republik) wurde ab [[1920]] erneut das Thema Eingemeindung konkreter und ernsthafter als bisher vorangetrieben. Mitentscheidend für die Zusammenlegung beider Städte waren ebenfalls die gerade kommunalpolitisch notwendigen und geplanten Strukturmaßnahmen beider Städte, so dass man sich einen finanziellen Vorteil durch den Zusammenschluss erhoffte (z.B. Neubau von Krankenhäusern, Bau eines gemeinsamen Hafens für die Binnenschifffahrt, gemeinsame Führung der Theater beider Städte etc.). Auch die Chancen für einen Zusammenschluss standen dieses Mal besser, da in beiden Städten klare [[SPD]] Mehrheitsverhältnisse in den Rathäusern gab, so dass keine parteipolitischen Differenzen zu erwarten waren.  
+
[[Bild:Treu Fürth Werbung.jpg|thumb|left|Zeitungsanzeige gegen die Eingemeindung vom 21. Januar 1922]]Aufgrund der politischen Ereignisse Anfang der 1920er Jahre (Kriegsende, Novemberrevolution und der Einführung der Weimarer Republik) wurde ab [[1920]] erneut das Thema Eingemeindung konkreter und ernsthafter als bisher vorangetrieben. Mitentscheidend für die Zusammenlegung beider Städte waren ebenfalls die gerade kommunalpolitisch notwendigen und geplanten Strukturmaßnahmen beider Städte, so dass man sich einen finanziellen Vorteil durch den Zusammenschluss erhoffte (z. B. Neubau von Krankenhäusern, Bau eines gemeinsamen Hafens für die Binnenschifffahrt, gemeinsame Führung der Theater beider Städte, etc.). Auch die Chancen für einen Zusammenschluss standen dieses Mal besser, da es in beiden Städten klare [[SPD]]-Mehrheitsverhältnisse in den Rathäusern gab, so dass keine parteipolitischen Differenzen zu erwarten waren.
    
Folgende Formen der Eingemeindungen waren im Gespräch:<ref>Herbert Schnittger: Die Eingemeindungsverhandlungen zwischen Nürnberg und Fürth von 1900 bis 1933, Inauguraldissertation der Jur. Fakutlät der FAU Erlangen-Nürnberg, Fürth, 1952, S. 3 ff. </ref>
 
Folgende Formen der Eingemeindungen waren im Gespräch:<ref>Herbert Schnittger: Die Eingemeindungsverhandlungen zwischen Nürnberg und Fürth von 1900 bis 1933, Inauguraldissertation der Jur. Fakutlät der FAU Erlangen-Nürnberg, Fürth, 1952, S. 3 ff. </ref>
 
* Die reine Form der Eingemeindung - eine Varianten, die vorsah, "dass 2 selbständige Gemeinden in der Regel auf Grund eines zwischen ihnen abgeschlossenen Vertrages durch Verfügung der Staatsgewalt derart miteinander vereinigt werden, dass sie von dem hierfür bestimmten Zeitpunkt an nur noch als eine Gemeinde in Betracht kommt." Eine Lösung, die durchaus Sympathien in Nürnberg fand, aber in Fürth große Skepsis hervorrief, da dies einer Selbstauflösung gleich gekommen wäre.  
 
* Die reine Form der Eingemeindung - eine Varianten, die vorsah, "dass 2 selbständige Gemeinden in der Regel auf Grund eines zwischen ihnen abgeschlossenen Vertrages durch Verfügung der Staatsgewalt derart miteinander vereinigt werden, dass sie von dem hierfür bestimmten Zeitpunkt an nur noch als eine Gemeinde in Betracht kommt." Eine Lösung, die durchaus Sympathien in Nürnberg fand, aber in Fürth große Skepsis hervorrief, da dies einer Selbstauflösung gleich gekommen wäre.  
* Die sog. Einheitsgemeinde, in unterschiedlichen Ausprägungen - so verlieren beide fusionierende Gemeinden ihre Rechtsstellung als eigenständige Gemeinde, stattdessen entsteht eine neue Rechtspersönlichkeit - sprich - eine neue Gemeinde, die u.a. die gemeinsamen Aufgaben in einer gemeinsamen neu geschaffenen Verwaltung zusammen löst, währen z.B. ortsteilbezogene Aufgaben in den ehemaligen Kommunen durch dezentrale bestehende Verwaltungen aufrechterhalten werden könnten. Letztere Variante war meist Gegenstand der kommenden Diskussionen, wenn es um die Fragestellung der Eingemeindung beider Städte ging.  
+
* Die sog. Einheitsgemeinde, in unterschiedlichen Ausprägungen - so verlieren beide fusionierende Gemeinden ihre Rechtsstellung als eigenständige Gemeinde. Stattdessen entsteht eine neue Rechtspersönlichkeit - sprich - eine neue Gemeinde, die u. a. die gemeinsamen Aufgaben in einer gemeinsamen neu geschaffenen Verwaltung zusammen löst, während z. B. ortsteilbezogene Aufgaben in den ehemaligen Kommunen durch dezentrale bestehende Verwaltungen aufrechterhalten werden könnten. Letztere Variante war meist Gegenstand der kommenden Diskussionen, wenn es um die Fragestellung der Eingemeindung beider Städte ging.  
* Die sog. Samtgemeinde - ein eher fiktiver Vorschlag, der in der Diskussion kaum eine Rolle gespielt hat. Bei der sog. Samtgemeinde ist dann die Rede, wenn mehrere Gemeinden lose zusammenfasst werden zu einer eigenen Rechtspersönlichkeit mit einer übergeordneter kommunalen Einheit. Dabei ist der Aspekt der Dezentralisation stark betont.  
+
* Die sog. Samtgemeinde - ein eher fiktiver Vorschlag, der in der Diskussion kaum eine Rolle gespielt hat. Von der sog. Samtgemeinde ist dann die Rede, wenn mehrere Gemeinden lose zusammenfasst werden zu einer eigenen Rechtspersönlichkeit mit einer übergeordneten kommunalen Einheit. Dabei ist der Aspekt der Dezentralisation stark betont.
 
* Der Zweckverband wurde vor allem von Fürther Seite aus favorisiert und immer wieder ins Spiel gebracht. Unter dem Zweckverbandsgedanken wurde die Vereinigung kommunaler Körperschaften verstanden, welche die gemeinsame Wahrnehmung einzelner Aufgaben durch eigene Verwaltungsorgane unter Ausschaltung der einzelnen Gemeindeverwaltungen verstand. Der Zweckverband wäre als Organisation völlig selbständig geblieben und hätte eine eigene Rechtspersönlichkeit dargestellt.  
 
* Der Zweckverband wurde vor allem von Fürther Seite aus favorisiert und immer wieder ins Spiel gebracht. Unter dem Zweckverbandsgedanken wurde die Vereinigung kommunaler Körperschaften verstanden, welche die gemeinsame Wahrnehmung einzelner Aufgaben durch eigene Verwaltungsorgane unter Ausschaltung der einzelnen Gemeindeverwaltungen verstand. Der Zweckverband wäre als Organisation völlig selbständig geblieben und hätte eine eigene Rechtspersönlichkeit dargestellt.  
* Das Zusammengehen einzelner Verwaltungszweigen in Form einer AG, GmbHs oder eines abgeschlossenen Vertrages. Diese privatrechtlichen Formen wären zwar theoretisch denkbar gewesen, wurden aber faktisch kaum von den beiden Gemeinden verfolgt.  
+
* Das Zusammengehen einzelner Verwaltungszweige in Form einer AG, GmbH oder eines abgeschlossenen Vertrages. Diese privatrechtlichen Formen wären zwar theoretisch denkbar gewesen, wurden aber faktisch kaum von den beiden Gemeinden verfolgt.  
    
== Nürnberg macht den 1. Schritt ==
 
== Nürnberg macht den 1. Schritt ==
Den ersten Schritt machte diesmal der 1. Bürgermeister der Stadt [[Nürnberg]], Dr. Hermann Luppe, der dies ebenfalls mit einer Denkschrift begründete. Die konkreten Vorschläge von ihm wurden im ''Ausschuss zur Förderung des Zusammenschlusses'' am [[28. Oktober]] [[1921]] eingebracht, beraten und mit einer Gegenstimme beschlossen (die Gegenstimme kam vom Fürther [[Stadtrat]] und Stadtpfarrer [[Paul Fronmüller|Fronmüller]]). Oberregierungsrat Otto Dorn informierte als Geschäftsführer des Ausschusses in einer Stadtratssitzung am [[1. Dezember]] [[1921]], dass das Bay. Ministerium der Bildung einer ''Einheitsgemeinde'' nicht im Wege stehen würde. <ref>Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 106</ref> Luppe hatte in der Denkschrift folgende Punkte zur Frage der Rechtsform der Einheitsgemeinde ausgewiesen:
+
Den ersten Schritt machte diesmal der 1. Bürgermeister der Stadt [[Nürnberg]], Dr. Hermann Luppe, der dies ebenfalls mit einer Denkschrift begründete. Die konkreten Vorschläge von ihm wurden im ''Ausschuss zur Förderung des Zusammenschlusses'' am [[28. Oktober]] [[1921]] eingebracht, beraten und mit einer Gegenstimme beschlossen (die Gegenstimme kam vom Fürther [[Stadtrat]] und Stadtpfarrer [[Paul Fronmüller|Fronmüller]]). Oberregierungsrat Otto Dorn informierte als Geschäftsführer des Ausschusses in einer Stadtratssitzung am [[1. Dezember]] [[1921]], dass das Bay. Ministerium der Bildung einer ''Einheitsgemeinde'' nicht im Wege stehen würde.<ref>Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 106</ref> Luppe hatte in der Denkschrift folgende Punkte zur Frage der Rechtsform der Einheitsgemeinde ausgewiesen:
1) Die Stadt Fürth darf durch die Einheitsgemeinde in ihrer Entwicklung nicht zur Vorstadt oder reinen Arbeiterstadt herabgedrückt werden, sondern muss fortschrittlich zum Großstadtteil weiterentwickelt werden. Der Name der Einheitsgemeinde hat fortan "Nürnberg-Fürth" zu lauten.
+
# Die Stadt Fürth darf durch die Einheitsgemeinde in ihrer Entwicklung nicht zur Vorstadt oder reinen Arbeiterstadt herabgedrückt werden, sondern muss fortschrittlich zum Großstadtteil weiterentwickelt werden. Der Name der Einheitsgemeinde hat fortan "Nürnberg-Fürth" zu lauten.  
2) Die Selbständigkeit der örtlichen Selbstverwaltung muss durch weitgehende Dezentralisation möglichst erhalten bleiben. Behufs Erfüllung der Bedingungen unter 1) hat der Ausbau und die Entwicklung des zu vereinigten Stadtbezirks Fürth wie bei weiterlaufender völlig selbständiger Verwaltung zu geschehen, und ist die Sicherstellung in dieser Richtung durch staatsaufsichtlich garantierten Vereinigungsvertrag bezüglich der verschiedenen Ausbau- und Entwicklungsgebiete der Stadt festzulegen. <ref>Herbert Schnittger: Die Eingemeindungsverhandlungen zwischen Nürnberg und Fürth von 1900 bis 1933, Fürth, 1952, S 74 ff. </ref>
+
# Die Selbständigkeit der örtlichen Selbstverwaltung muss durch weitgehende Dezentralisation möglichst erhalten bleiben.  
   −
Oberbürgermeister Dr. [[Robert Wild]], der inzwischen einer Eingemeindung positiv gegenüber stand, stellte dies im [[Stadtrat]] im Dezember [[1921]] zur Abstimmung. Für eine Eingemeindung fanden sich nach einer fast 20stündigen (!) Debatte 30 Stimmen, dagegen sprachen sich lediglich 12 Stimmen aus <ref>Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 106</ref>.
+
Behufs Erfüllung der Bedingungen unter 1. hat der Ausbau und die Entwicklung des zu vereinigenden Stadtbezirks Fürth wie bei weiterlaufender völlig selbständiger Verwaltung zu geschehen, und ist die Sicherstellung in dieser Richtung durch staatsaufsichtlich garantierten Vereinigungsvertrag bezüglich der verschiedenen Ausbau- und Entwicklungsgebiete der Stadt festzulegen.<ref>Herbert Schnittger: Die Eingemeindungsverhandlungen zwischen Nürnberg und Fürth von 1900 bis 1933, Fürth, 1952, S. 74 ff. </ref>
   −
Die Antwort auf dieses Abstimmungsergebnis ließ nicht lange auf sich warten. Die Nordbayerische Zeitung schrieb kurz darauf: ''Wir wissen, dass Nürnberg bei allen Dingen greifbarer Natur, in denen es mit Fürth zusammenging, immer erst an sich gedacht hat. Es hat sich zwar mit uns an den Verhandlungstisch gesetzt, uns stets hübsch über unsere Absichten und Wünsche ausgefragt und ist dann von dannen gegangen, um uns schließlich in den Rücken zu fallen und die Beute für sich einzuheimsen. Herr Dr. Luppe kennt das wohl nicht, und darum auch nicht den Grad des Mistrauens, der in Fürth gegen alle Nürnberger Versprechungen besteht.'' <ref>Hermann Hanschel, Oberbürgermeister Hermann Luppe, Nürnberger Kommunalpolitiker in der Weimarer Republik, Hrsg. Nürnberger Forschungen Band 21, 1977, S. 109, Anm. 444</ref>  
+
Oberbürgermeister Dr. [[Robert Wild]], der inzwischen einer Eingemeindung positiv gegenüber stand, stellte dies im [[Stadtrat]] im Dezember [[1921]] zur Abstimmung. Für eine Eingemeindung fanden sich nach einer fast 20-stündigen (!) Debatte 30 Stimmen, dagegen sprachen sich lediglich 12 Stimmen aus.<ref>Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 106</ref>
 +
 
 +
Die Antwort auf dieses Abstimmungsergebnis ließ nicht lange auf sich warten. Die Nordbayerische Zeitung schrieb kurz darauf: ''Wir wissen, dass Nürnberg bei allen Dingen greifbarer Natur, in denen es mit Fürth zusammenging, immer erst an sich gedacht hat. Es hat sich zwar mit uns an den Verhandlungstisch gesetzt, uns stets hübsch über unsere Absichten und Wünsche ausgefragt und ist dann von dannen gegangen, um uns schließlich in den Rücken zu fallen und die Beute für sich einzuheimsen. Herr Dr. Luppe kennt das wohl nicht, und darum auch nicht den Grad des Misstrauens, der in Fürth gegen alle Nürnberger Versprechungen besteht.''<ref>Hermann Hanschel, Oberbürgermeister Hermann Luppe, Nürnberger Kommunalpolitiker in der Weimarer Republik, Hrsg. Nürnberger Forschungen Band 21, 1977, S. 109, Anm. 444</ref>  
    
[[Bild:Treu Fürth Werbung 1.jpg|thumb|left|Zeitungsanzeige gegen die Eingemeindung]]
 
[[Bild:Treu Fürth Werbung 1.jpg|thumb|left|Zeitungsanzeige gegen die Eingemeindung]]
 
[[Bild:Vereinigung Werbung.jpg|thumb|rigth|Zeitungsanzeige für die Eingemeindung Fürths nach Nürnberg]]
 
[[Bild:Vereinigung Werbung.jpg|thumb|rigth|Zeitungsanzeige für die Eingemeindung Fürths nach Nürnberg]]
   −
Gleichzeitig formierte sich der Widerstand gegen eine Zusammenlegung beider Städte. An der Spitze des Widerstandes stand der [[1918]] gegründete Verein "[[Treu Fürth]]" mit den Vorsitzenden [[Paul Fronmüller]], Isaak Löw Weiskopf und [[Babette Bauer]], der [[1919]] zwei Sitze im 42köpfige Stadtratsgremium erstmals errungen hatte. Ebenfalls dem Widerstand angeschlossen waren der Grund- und Hausbesitzerverein, die Vereinigten Innungen, der "''Interessenverband für gesamte Gewerbe und dem Kleinhandel''" sowie der "''Verein zum Schutze für Handel und Gewerbe''". Sie gründeten gemeinsam einen Arbeitsausschuss "''Zur Erhaltung der Selbständigkeit der Stadt''" Fürth.<ref>Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 106</ref>  
+
Gleichzeitig formierte sich der Widerstand gegen eine Zusammenlegung beider Städte. An der Spitze des Widerstandes stand der [[1918]] gegründete Verein "[[Treu Fürth]]" mit den Vorsitzenden [[Paul Fronmüller]], Isaak Löw Weiskopf und [[Babette Bauer]], der [[1919]] erstmals zwei Sitze im 42-köpfigen Stadtratsgremium errungen hatte. Ebenfalls dem Widerstand angeschlossen waren der Grund- und Hausbesitzerverein, die Vereinigten Innungen, der "''Interessenverband für gesamte Gewerbe und dem Kleinhandel''" sowie der "''Verein zum Schutze für Handel und Gewerbe''". Sie gründeten gemeinsam einen Arbeitsausschuss "''Zur Erhaltung der Selbständigkeit der Stadt''" Fürth.<ref>Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 106</ref>  
   −
Während in Fürth die Anteilnahme der Bevölkerung und Politik sehr hoch war, sah es in Nürnberg ganz anders aus. Das Interesse der Nürnberger Bevölkerung an dem Thema der Eingemeindung stieß nur auf geringes Interesse. Auch bei der Beratung im Nürnberger Stadtrat hielt sich das Interesse an dem Thema gering, einige Stadträte waren nicht einmal zur Beratung in der Sitzung erschienen. Die Entscheidung wurde schließlich von beiden Seiten bewußt in einer Volksabstimmung gesucht.
+
Während in Fürth die Anteilnahme der Bevölkerung und Politik sehr hoch war, sah es in Nürnberg ganz anders aus. Bei der Nürnberger Bevölkerung stieß das Thema der Eingemeindung nur auf geringes Interesse. Auch bei der Beratung im Nürnberger Stadtrat hielt sich das Interesse an dem Thema in Grenzen, einige Stadträte waren nicht einmal zur Beratung in der Sitzung erschienen. Die Entscheidung wurde schließlich von beiden Seiten bewusst in einer Volksabstimmung gesucht.
   −
Am Tag der Abstimmung hatte Treu Fürth die Stadt in den Stadtfarben dekorieren lassen. Gleichzeitig fuhren durch die Stadt Lastwägen und Pferdefuhrwerke mit der Aufschrift: "Wir sind Fürther und bleiben Fürther". In der nun folgenden Volksabstimmung am Sonntag, den [[22. Januar]] [[1922]] stimmten von 10 bis 17 Uhr alle Wahlberechtigten Fürths mit bayerischer Staatsangehörigkeit über 20 Jahren und seit sechs Monaten in Fürth lebend wie folgt ab: 64,8 % stimmten gegen einen Zusammenschluss der Städte Fürth und Nürnberg. <ref>Anmerkung: Fürth hatte zu diesem Zeitpunkt 42.297 stimmberechtige Einwohner. 33.485 gaben Ihre Stimme ab (79% Wahlbeteiligung!) - davon entfielen für den Zusammenschluss 11.801 (~ 35,24 %), gegen den Zusammenschluss 21.684 (~ 64,75 %), 91 Stimmen waren ungültig.</ref> <ref>Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 106 </ref> Das Ergebnis überraschte viele, da im Vorfeld drei sozialistische Parteien und die Gewerkschaften in Fürth die Bevölkerung zu einer Zustimmung der Vereinigung ausgesprochen - und ihre Mitglieder aktiv zur Zustimmung aufgerufen hatte.  
+
Am Tag der Abstimmung hatte Treu Fürth die Stadt in den Stadtfarben dekorieren lassen. Gleichzeitig fuhren durch die Stadt Lastwagen und Pferdefuhrwerke mit der Aufschrift: "Wir sind Fürther und bleiben Fürther". In der nun folgenden Volksabstimmung am Sonntag, dem [[22. Januar]] [[1922]] stimmten von 10 bis 17 Uhr alle Wahlberechtigten Fürths mit bayerischer Staatsangehörigkeit über 20 Jahren und seit sechs Monaten in Fürth lebend wie folgt ab: 64,8 % stimmten gegen einen Zusammenschluss der Städte Fürth und Nürnberg.<ref>Anmerkung: Fürth hatte zu diesem Zeitpunkt 42.297 stimmberechtige Einwohner; 33.485 gaben ihre Stimme ab (79 % Wahlbeteiligung!) - davon entfielen für den Zusammenschluss 11.801 (~ 35,24 %), gegen den Zusammenschluss 21.684 (~ 64,75 %), 91 Stimmen waren ungültig</ref><ref>Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 106</ref> Das Ergebnis überraschte viele, da im Vorfeld drei sozialistische Parteien und die Gewerkschaften in Fürth die Bevölkerung zu einer Zustimmung der Vereinigung - und ihre Mitglieder aktiv zur Zustimmung - aufgerufen hatten.
   −
Der [[Stadtrat]], der sich zuvor mit einer 3/4 Mehrheit für den Zusammenschluss entschieden hatte, trat aufgrund des Ergebnisses noch im Februar [[1922]] geschlossen zurück. Das Ergebnis der Volksabstimmung hatte im Vorfeld zu erheblichen Verwirrungen geführt. Einen Zwang zum Rücktritt gab es nicht, da die Abstimmung nur einen informatorischen Charakter hatte. In der Sitzung des Organisation- und Wahlausschusses befasste man sich am [[1. Februar]] [[1922]] mit dem Thema. OB Wild gab in der Sitzung an, dass seiner Auffassung nach der Ausgang der Volksabstimmung den Stadtrat jeder weiteren Sachbehandlung enthebe. Eine neue Beschlussfassung hielt er nicht für zweckdienlich, vielmehr schlug er den anwesenden vor, geschlossen als Stadtrat zurückzutreten, auch wenn dies die Gemeindeordnung so als Fall nicht vorsieht bzw. gesetzlich geregelt ist. Unklar war, wie sich die Stadträte verhalten sollen, die bereits im Vorfeld gegen eine Vereinigung ausgesprochen hatten (11 Stück an der Zahl). Im Anschluss an die Diskussion gaben die 11 betroffenen Stadträte aber in einer gemeinsamen Erklärung bekannt, dass sie mit einer Neuwahl des Stadtrates einverstanden wären und somit ebenfalls zurücktreten. Nachdem auch die Ersatzmitglieder von ihrem Recht auf das Nachrücken in den Stadtrat Abstand genommen hatten, war der Stadtrat beschlussunfähig - und musste aufgelöst werden. Die Regierung erkannte den Rücktrittsgrund des Fürther Stadtrates als triftig an und ordnete Neuwahlen für den Rest der laufenden Wahlperiode an - der Stadtrat war am 15. Juni 1919 für Dauer von 5 Jahre gewählt worden.
+
Der [[Stadtrat]], der sich zuvor mit einer 3/4-Mehrheit für den Zusammenschluss entschieden hatte, trat aufgrund des Ergebnisses noch im Februar [[1922]] geschlossen zurück. Das Ergebnis der Volksabstimmung hatte im Vorfeld zu erheblichen Verwirrungen geführt. Einen Zwang zum Rücktritt gab es nicht, da die Abstimmung nur einen informatorischen Charakter hatte. In der Sitzung des Organisations- und Wahlausschusses befasste man sich am [[1. Februar]] [[1922]] mit dem Thema. OB Wild gab in der Sitzung an, dass seiner Auffassung nach der Ausgang der Volksabstimmung den Stadtrat jeder weiteren Sachbehandlung enthebe. Eine neue Beschlussfassung hielt er nicht für zweckdienlich, vielmehr schlug er den Anwesenden vor, geschlossen als Stadtrat zurückzutreten, auch wenn dies die Gemeindeordnung so als Fall nicht vorsieht bzw. gesetzlich nicht geregelt ist. Unklar war zunächst, wie sich die Stadträte verhalten sollen, die bereits im Vorfeld gegen eine Vereinigung Stellung bezogen hatten (11 Stück an der Zahl). Im Anschluss an die Diskussion gaben die 11 betroffenen Stadträte aber in einer gemeinsamen Erklärung bekannt, dass sie mit einer Neuwahl des Stadtrates einverstanden wären und somit ebenfalls zurücktreten. Nachdem auch die Ersatzmitglieder von ihrem Recht auf das Nachrücken in den Stadtrat Abstand genommen hatten, war der Stadtrat beschlussunfähig - und musste aufgelöst werden. Die Regierung erkannte den Rücktrittsgrund des Fürther Stadtrates als triftig an und ordnete Neuwahlen für den Rest der laufenden Wahlperiode an - der Stadtrat war am 15. Juni 1919 für Dauer von 5 Jahren gewählt worden.
   −
Am [[14. Mai]] [[1922]] fanden die Neuwahlen statt. Die [[SPD|Sozialdemokraten]], die sich für die Eingemeindung besonders stark gemacht hatten, verlor bei der Wahl ihre Mehrheit <ref>Das Volk sagte nein, Manfred Mümmler in den Fürther Nachrichten vom 15. Februar 1995</ref>. Die Liste der sog. "Fürther Selbständigkeit", ein gemeinsamer Wahlvorschlag der Initiative [[Treu Fürth]] aus mehreren bürgerlichen Parteien konnte stattdessen 50 % der Sitzplätze im [[Stadtrat]] erobern (20 Sitze von 40).<ref>Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 106</ref> Obwohl OB Wild sich für die Einheitsgemeinde ausgesprochen hatte, beließen ihn die Treu-Fürth Anhänger auf seinen Posten des [[Oberbürgermeister]]s und sprachen ihm das Vertrauen aus.  
+
Am [[14. Mai]] [[1922]] fanden die Neuwahlen statt. Die [[SPD|Sozialdemokraten]], die sich für die Eingemeindung besonders stark gemacht hatten, verloren bei der Wahl ihre Mehrheit.<ref>Das Volk sagte nein, Manfred Mümmler in den Fürther Nachrichten vom 15. Februar 1995</ref> Die Liste der sog. "Fürther Selbständigkeit", ein gemeinsamer Wahlvorschlag der Initiative [[Treu Fürth]] aus mehreren bürgerlichen Parteien, konnte stattdessen 50 % der Sitzplätze im [[Stadtrat]] erobern (20 Sitze von 40).<ref>Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 106</ref> Obwohl OB Wild sich für die Einheitsgemeinde ausgesprochen hatte, beließen ihn die Treu-Fürth-Anhänger auf seinen Posten des [[Oberbürgermeister]]s und sprachen ihm das Vertrauen aus.
   −
Nürnberg reagierte auf den Volksentscheid mit einer verstärkten Aktivität in Sachen Eingemeindungen der übrigen Nachbargemeinden. Unter anderem wollten Nürnberg die Gemeinde Zirndorf eingemeinden. Nach der Abstimmung in Fürth trat der Zirndorfer Stadtrat sofort mit Nürnberg in Verhandlungen zwecks einer Eingemeindung. Gleichzeitig bot die Stadt Fürth die Eingemeindung Zirndorf an, der jedoch vom Zirndorfer Stadtrat einstimmig abgelehnt wurde.<ref>Nordbay. Zeitung vom 27. April 1922, Nr. 98 - Dr. Luppe über unseren Vorschlag zur Güte</ref> Allerdings scheiterte die Eingemeindung Zirndorfs nach Nürnberg an dem Veto der Stadt Fürth und der Regierung von Mittelfranken, da nach Auffassung der Regierung die Eingemeindung Zirndorfs nach Nürnberg einen unzulässigen Druck auf Fürth auswirken würde.<ref>StA Fürth: Stadtratsakten, Gegenvorstellung der Stadt Fürth gegen Nürnberger Einverleibung. Protokoll der Sitzung vom 14. April 1923 im Regierungsgebäude in Ansbach</ref>
+
Nürnberg reagierte auf den Volksentscheid mit einer verstärkten Aktivität in Sachen Eingemeindung übriger Nachbargemeinden. Unter anderem wollte Nürnberg die Gemeinde Zirndorf eingemeinden. Nach der Abstimmung in Fürth trat der Zirndorfer Stadtrat sofort mit Nürnberg in Verhandlungen zwecks einer Eingemeindung. Gleichzeitig bot die Stadt Fürth die Eingemeindung Zirndorfs an, die jedoch vom Zirndorfer Stadtrat einstimmig abgelehnt wurde.<ref>Nordbay. Zeitung vom 27. April 1922, Nr. 98 - Dr. Luppe über unseren Vorschlag zur Güte</ref> Allerdings scheiterte die Eingemeindung Zirndorfs nach Nürnberg an dem Veto der Stadt Fürth und der Regierung von Mittelfranken, da nach Auffassung der Regierung die Eingemeindung Zirndorfs nach Nürnberg einen unzulässigen Druck auf Fürth bewirken würde.<ref>StA Fürth: Stadtratsakten, Gegenvorstellung der Stadt Fürth gegen Nürnberger Einverleibung. Protokoll der Sitzung vom 14. April 1923 im Regierungsgebäude in Ansbach</ref>
    
== Eingemeindungsbestreben im Nationalsozialismus ==
 
== Eingemeindungsbestreben im Nationalsozialismus ==
22.534

Bearbeitungen