Änderungen

9.278 Bytes entfernt ,  15:34, 3. Aug. 2023
keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 10: Zeile 10:  
}}
 
}}
 
"'''''Fiorda'''''" (Hebräisch: פיורדא oder פירדא; Jiddisch: Firta) ist der alte, traditionsreiche, hebräische Name für ''Fürth''. Mit "Kehilla Keduscha ''Fiorda''" (קהילה קדושה פיורדא - dt. "Heilige Gemeinde Fürth") wird die Jüdische Gemeinde Fürth bezeichnet.  
 
"'''''Fiorda'''''" (Hebräisch: פיורדא oder פירדא; Jiddisch: Firta) ist der alte, traditionsreiche, hebräische Name für ''Fürth''. Mit "Kehilla Keduscha ''Fiorda''" (קהילה קדושה פיורדא - dt. "Heilige Gemeinde Fürth") wird die Jüdische Gemeinde Fürth bezeichnet.  
 +
 +
Die Seite '''FIORDA''' ist eine Übersichtsseite und leitet zu Themen weiter, die alle die Jüdische Gemeinde in Fürth betreffen.
    
== Geschichte ==
 
== Geschichte ==
Das erste Mal werden [[1440]] jüdische Einwohner in Fürth erwähnt. Ab [[1528]] unter Markgraf [[Georg der Fromme|Georg dem Frommen]] siedelte sich - zunächst auf 6 Jahre unter hohen Schutzgeldzahlungen an den [[Markgraftum Brandenburg-Ansbach| Markgrafen]] - ein reicher Jude [[Perman|"Perman Juden"]] mit seiner Familie in Fürth an.<ref>[[Salomon Haenle]]: [[Geschichte der Juden im ehemaligen Fürstenthum Ansbach (Buch)|Geschichte der Juden im ehemaligen Fürstenthum Ansbach]], S. 53; andere Quellen - Ansbachische Monatsschrift, Eger und Fronmüller - schreiben von einem Juden namens Männel, Mändel oder Mendel, so auch [[wikipedia:Andreas Würfel|Andreas Würfel]]: [[Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth (Buch)|Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth]], S. 2</ref>
+
* [[Geschichte der jüdischen Gemeinde Fürth]]
Nach der Ansiedlung der ersten Juden [[1528]] in Fürth protestierte die [[Nürnberg| Reichsstadt Nürnberg]] massiv gegen eine Ansiedlung der jüdischen Anwohner, allerdings ohne Erfolg.
  −
 
  −
In der Folgezeit durften sich weitere reiche Juden ansiedeln; zuerst nur im Bereich des Markgrafen, später ab [[1556]] im Bereich der [[Bistum Bamberg| Dompropstei Bamberg]], jeweils unter hohen Schutzgeldzahlungen an die betreffenden Herren. So entwickelte sich ab 1528 eine der bedeutendsten jüdischen Gemeinden im süddeutschen Raum.
  −
 
  −
Da nur wohlhabende Juden in Fürth wohnen konnten, wurden die Juden in Fürth von ihren jüdischen Glaubensgenossen "Fürther Judenadel" genannt. Durch den Umstand, dass die wohlhabenden Juden für ihre weniger wohlhabenden Glaubensgenossen das Schutzgeld an die Herrschaft zahlten, konnten sich allerdings auch weitere, bedürftige jüdische Mitbürger in Fürth ansiedeln.</br>
  −
1582 betrug die Zahl der Juden in Fürth ungefähr 200.<ref>[[Salomon Haenle]]: [[Geschichte der Juden im ehemaligen Fürstenthum Ansbach (Buch)|Geschichte der Juden im ehemaligen Fürstenthum Ansbach]],  Ansbach 1867, S. 55</ref> [[1601]] zählte Fürth bereits 22 jüdische Familien (mit entsprechendem Anhang). Im gleichen Jahr soll der erste Privatgottesdienst stattgefunden haben und [[1607]] errichteten die Bambergischen und Ansbachischen Juden einen gemeinschaftlichen Friedhof.<ref>Leopold Löwenstein: [[Zur Geschichte der Juden in Fürth (Buch)|Zur Geschichte der Juden in Fürth]], Nachdruck 1974, erster Teil, Seite 153</ref>. Ein Jahr vor Ausbruch des [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieges]] wurde die erste Synagoge fertiggestellt.<ref> ''"Kristallnacht" in Fürth'', Sondernummer der [[Fürther Freiheit (Stadtillustrierte)]] November 1988, L. Berthold, Fürth</ref>
      
[[Bild:Synagogenplatz 1920.jpg|mini|right|Ehem. Schulhof mit Synagoge]]
 
[[Bild:Synagogenplatz 1920.jpg|mini|right|Ehem. Schulhof mit Synagoge]]
Das Zentrum der Jüdischen Gemeinde Fürth entwickelte sich von Anfang an im Bereich des [[Gänsberg|Gänsberg-Viertels]] mit dem [[Schulhof]], eigenen Rabbinern (als erster Rabbiner ist Rabbiner Aron Schmuel Kremnitz, vor [[1607]], belegt) und mit eigenen [[Synagoge| Synagogen]], einer [[Talmudschule|Talmudhochschule]], [[Hebräische Druckereien|Druckerei]], eigenem [[Jüdisches Krankenhaus|Krankenhaus]], [[Jüdischer Friedhof|Friedhof]], einer Schächterei und eigener Verwaltung mit niederer und religiöser Gerichtsbarkeit.
  −
  −
Ein reines Judenviertel oder Ghetto entstand in Fürth nie. Christliche wie jüdische Glaubensanhänger wohnten stets nachbarschaftlich zusammen in der Altstadt Fürth.
  −
  −
''Im Jahre [[1716]] sind zwischen 350 - 400 steuerbare jüdische Familenväter aufgeführt. Aus diesem Verzeichnis ist ersichtlich, dass aus allen Gegenden Deutschlands Juden nach Fürth gezogen waren, so aus Frankfurt, Mainz, Hamburg, Wien, Prag und Naumburg.''<ref>[[Fronmüllerchronik]], 1871, S. 127 f</ref> Insgesamt waren zu dieser Zeit bereits über 1&#x202F;500 jüdische Einwohner zu zählen.
  −
  −
Im Jahre [[1719]] vereinbarten der Dompropst von Bamberg und die Jüdische Gemeinde Fürth das "''Reglement für gemeine Judenschafft''" (gemein = allgemein), darin wurden die Rechte und Pflichten der hier lebenden Juden schriftlich genau fixiert. Der Dompropst verfasste das 39 Bestimmungen umfassende Regelwerk gemeinsam mit zwei Vertretern der Gemeinde Fürth. Es hatte für die Jüdische Gemeinde Fürth Bestand, bis [[1820]] das Bayerische Judenedikt in Fürth durchgesetzt wurde.
  −
Das Reglement schrieb alte Rechte der Fürther Juden fest. Die wichtigsten Rechte waren:
  −
* Alle religiösen Freiheiten wurden bestätigt: Freier Synagogenbau, freie Wahl des Rabbiners und anderer Gemeindebediensteter.
  −
* Als Kaufleute wurden die Kaufleute jüdischen Glaubens den christlichen Kaufleuten gleichgestellt.
  −
* Die Gemeinde durfte die Neuaufnahme von Gemeindemitgliedern selbst regeln (Vermögensnachweis über 5.000 Reichstaler und ein Leumundszeugnis). Die Gemeinde führte die Schutzgelder an den Herrn ab.
  −
* Die Jüdische Gemeinde durfte zwei stimmberechtigte Vertreter in die Gemeindeversammlung schicken.
  −
  −
Die Privilegien wurden der Jüdischen Gemeinde Fürth am [[2. März]] [[1719]] vom Dompropst [[Otto Philipp Freiherr von Guttenberg| Otto Philipp von Guttenberg]] gewährt. Selbstverständlich war dafür Schutzgeld zu zahlen. Doch war dieses Regelwerk zur damaligen Zeit einmalig.
   
[[Bild:Synagoge innen.jpg|mini|left|Innenansicht der [[Synagoge|Hauptsynagoge]] 1705]]
 
[[Bild:Synagoge innen.jpg|mini|left|Innenansicht der [[Synagoge|Hauptsynagoge]] 1705]]
Die Fürther Gemeinde hatte sogar ihren eigenen "''Fürther Ritus''" ("[[Minhagimbuch|Minhagim]]", erstmals gedruckt 1762) in der öffentlichen Ausübung ihres Glaubens, im Feiern der Gottesdienste in den Synagogen.
  −
  −
Auch eigene Vorschriften für häusliche Feste (Hochzeiten, Beschneidung) und für die Bekleidung. Sie sollten den übermäßigen Luxus eindämmen und machten den hohen Lebensstandard der Fürther Juden deutlich ("''[[Tekunos-Büchlein]]''" von 1728 / "''Fürther Bescheidenheit''".). Die Entwicklung zu einer großen und bedeutenden jüdischen Gemeinde in Fürth ist auf die [[Dreiherrschaft]] in Fürth zurückzuführen, wo vieles loyal geregelt wurde.
  −
  −
Wie sich die Juden selbst fühlten, dazu gibt es ein satirisches Bonmot:
  −
Woraus bestehe ich? Aus 25 % Mojre (Furcht), 25 % Dawke (Widerspruchsgeist), 25 % Chuzpe (Dreistigkeit), 3 % Zucker. Die restlichen 22 % sind undefinierbar.
  −
  −
Die Stadt Fürth hat ihren jüdischen Mitbürgern viel zu verdanken. Die jüdischen Mitbürger waren zum großen Teil durch ihre Strebsamkeit und ihre Stifterfreude (z. B. [[Heinrich Berolzheimer]], [[Alfred Louis Nathan|Alfred Louis Nathan]] und Familie [[Krautheimer]]) am Aufschwung und Wachstum von Fürth beteiligt.
  −
  −
Die Juden waren von Anfang an in Fürth selbstverständlich in das normale Alltagsleben fest mit eingebunden. Als Grundbesitzer in Fürth waren sie auch in alle gemeindlichen Aufgaben und Ämter mit eingebunden. In der [[Dreiherrschaft]] stellten sie während einiger Jahre bis 1652 auch [[Bürgermeister (Dreiherrschaft)| Bürgermeister]].<ref>Dass Juden auch Bürgermeister in Fürth stellten ist z. B. für die Jahre 1623, 1624, 1625, 1626, 1629, 1643 und 1648 aus den Rechnungsbüchern nachzuweisen.</ref>
  −
  −
Die jüdische Hochschule zeigte sich sehr offen und weltlich und wurde von Leopold Krug 1796 folgendermaßen beschrieben: "Junge Leute werden auf der hiesigen Universität in Wissenschaften, Handelsgeschäfften und fremden Sprachen unterrichtet, wozu bisweilen auch christliche Lehrer genommen werden." <ref>Leopold Krug: ''"Topographisch-Statistisch-Geographisches Wörterbuch der sämmtlichen preußischen Staaten oder Beschreibung aller Provinzen, Kreise, Distrikte, Städte, Aemter, Flecken, Dörfer, Vorwerke, Flüsse, Seen, Berge ... in den preußischen Staaten"'' Halle, 1796, S. 249. - [http://ub-goobi-pr2.ub.uni-greifswald.de/viewer/image/PPN82553206X/256/ Online-Digitalisat der Universität Greifswald]</ref>
  −
  −
Durch die Zugehörigkeit von Fürth zu Bayern ab [[1806]] wurde die Entwicklung gestört. Im Zuge der Durchsetzung des Bayerischen Judenedikts organisierte sich die Jüdische Gemeinde Fürth ab [[1822]] als Religionsverein "'''Israelitische Kultusgemeinde Fürth'''". Aus alter Tradition heraus waren selbst nach dem Einschnitt zu Beginn der bayerischen Zeit jüdische Fürther sehr stark bei der Emanzipation der Juden in Bayern und damit auch in Deutschland beteiligt, davon zeugt u.a. der erste jüdische Rechtsanwalt ([[Sigmund Grünsfeld|Dr. Sigmund Grünsfeld]]), der erste jüdische Landtagsabgeordnete ([[David Morgenstern|Dr. David Morgenstern]]), der erste jüdische (Handels-)Richter ([[Salomon Berolzheimer]]), der erste jüdische Schulrektor an einer staatlichen Schule (Dr. [[Heinrich Brentano]]). Auch der jüdische Chefarzt am neuen [[Krankenhaus]] auf der [[Schwand]] ([[Jakob Frank|Dr. Jakob Frank]]) sowie das erste [[jüdisches Waisenhaus|jüdische Waisenhaus]] in Deutschland seien hier beispielhaft genannt.
  −
[[Bild:Pogromnacht.jpg|mini|right|Ruine des Schulhofs nach der Pogromnacht]]
  −
  −
Das jüdische Leben in Fürth wurde nicht nur in Folge des bayerischen "Judenedikts" von [[1813]] einschneidend verändert, sondern in der NS-Zeit völlig und brutal durch den Naziterror zerstört: Es überlebten nur 23 Juden in Fürth.
  −
  −
Nach dem Kriegsende [[1945]] entstand wieder eine kleine jüdische Gemeinde mit eigenem Rabbiner. Sie wurde von dem ersten Fürther Rabbiner nach dem Zweiten Weltkrieg [[David Spiro]] und dem ersten jüdischen Gemeindevorsitzenden [[Jean Mandel]] neu begründet. Ab [[1947]] organisierte sie sich dann wieder als "Körperschaft des Rechts", als "Israelitische Kultusgemeinde Fürth".</br>
  −
Nach einem Auf und Ab in ihrer Mitgliederzahl hatte die "Israelitische Kultusgemeinde Fürth" 2014 rund 330 Mitglieder.
      
=== Zitate aus alter Zeit ===
 
=== Zitate aus alter Zeit ===
17.816

Bearbeitungen