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→‎Militärlazarett und Internierungslazarett vom April 1945 bis April 1947: Verschiebung des Themas aus dem Schulartikel in einen eigenen Artikel nur über Lazarette.
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Damit das Gebäude wieder als Schulhaus genutzt werden konnte, setzte sich der Stadtrat mit einem Protestschreiben an die Ministerien in München ein, damit die Schule alsbald von den Häftlingen wieder geräumt würde. Als dies vermutlich Ende 1946 erfolgte, musste das Gebäude zunächst umfassend Instand gesetzt werden, so dass ein Schulbetrieb ab Mai 1947 wieder möglich war.
 
Damit das Gebäude wieder als Schulhaus genutzt werden konnte, setzte sich der Stadtrat mit einem Protestschreiben an die Ministerien in München ein, damit die Schule alsbald von den Häftlingen wieder geräumt würde. Als dies vermutlich Ende 1946 erfolgte, musste das Gebäude zunächst umfassend Instand gesetzt werden, so dass ein Schulbetrieb ab Mai 1947 wieder möglich war.
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In Fürth der Nachkriegszeit gab es vier Reservelazarette (RL) unter einer Verwaltung beim Stadtkrankenhaus: Das RL Stadtkrankenhaus, das RL in der Maischule, das RL in der Mädchenoberschule, Tannenstraße 19, und das RL in der Oberschule für Jungen an der Kaiserstraße. Die Gesamtbettenzahl betrug 1500. Im September 1945 waren durchschnittlich noch 1200 belegt, bis März 1946 reduzierte sich dies auf 1066 Betten. Im Juli 1946 gab es noch 309 belegte RL-Betten des Stadtkrankenhauses und der Oberrealschule. Aufgelöst wurde das RL Maistraße am 21.7.1946, das RL Mädchenoberschule und das RL Stadtkrankenhaus am 25.7.1946. Im RL Oberrealschule gingen die belegten Betten auf 249 Betten im August und auf 234 Betten im September 1946 zurück. Im Oktober 1946 stieg die Zahl auf 266 belegte Betten. Als Reservelazarett wurde es am 10.11.1946 aufgelöst.
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Ab diesem Zeitpunkt, November 1946, wurde es aber als Krankenhaus des Internierten- und Arbeitslagers Nürnberg-Langwasser bestimmt, somit als Häftlingslager. Die Kosten für Personal und Unterhaltung übernahm das Sonderministerium in München und damit das Land Bayern. Als Chefarzt fungierte ein Dr. Siegert. Zuständig war nun der Staatsminister für Sonderaufgaben Dr. Anton Pfeiffer und in der Sonderabteilung IV „Lagerverwaltung“ ein Ministerialdirektor Höltermann. Dieser Zuständigkeitsverlagerung lagen Anordnungen des Innenministeriums und der amerikanischen Militärregierung zugrunde.
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Die beiden Vorgenannten im Münchener Ministerium waren nun die Adressaten von Protestschreiben des Stadtrates Fürth mit Oberbürgermeister Dr. Hans Bornkessel und dem Leiter der Oberschule Dr. Hans Cramer. Letzterer musste am 20. Mai 1945 das Dienstwohnhaus [[Kaiserstraße 94]] räumen und eine Notwohnung in Fürth beziehen. Dieses freistehende Gebäude unmittelbar neben dem Schulgebäude Kaiserstraße 92 mit angrenzender Turnhalle wurde mit Ärzten und Personal belegt und diente als Wachlokal. Sämtliche 80 Räume im Schulgebäude und die Turnhalle werden als Kriegsgefangenen-Lazarett beansprucht. In den Untergeschossräumen wurde eine Küche eingerichtet. Selbst der Raum für die große biologische Sammlung musste geräumt werden.
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Was den Schulleiter und die Bevölkerung aber besonders empörte, war die Tatsache, dass Angehörige der vom Internationalen Militärtribunal in Nürnberg als verbrecherisch beurteilten Organisationen, d. h. erkrankte SS-Offiziere und –Dienstgrade als Kriegsgefangene in einem der besten Schulhäuser Bayerns untergebracht und betreut wurden. Diese Kriegsverbrecher, so hieß es, sollten in Lagern, in Lazarettbaracken bleiben. Ein Zeitungsbericht vom 16.11.1946 titelte: ''Oberschule soll SS-Dauerlazarett werden – Scharfer Protest des Stadtrats''.
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Moniert wurde, dass 930 Schüler auf andere Notquartiere in unzulänglichen Räumen angewiesen waren, während bei den 350 Lazarettinsassen nur ein geringer Teil bettlägerig war. Diesen Protesten konnte man sich bald in München nicht mehr verschließen. Den Kampf um die „Rückgewinnung des Anstaltsgebäudes“ führte der Schulleiter Dr. Cramer auch als Ministerialbeauftragter des Staatsministeriums für Unterricht und Kultur. Ebenfalls war die amerikanische Militärregierung vom OB schriftlich um Unterstützung gebeten. Major Abbott brachte dies höheren Orts vor und vermerkte unbürokratisch auf dem Schreiben der Stadt Fürth: “Effort being made by Military Government to have school released. Information reported to Munich”. ("Die Militärregierung bemüht sich um die Freilassung der Schule. Informationen an München gemeldet".)
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Das Internierungslazarett wurde nach einem halben Jahr am 21. April 1947 gänzlich geräumt. Ab März nahm man verstärkt Entlassungen und Verlegungen in andere Lager und in die Lazarette Augsburg, Herrsching und Garmisch vor. Der Chefarzt wurde nach Garmisch versetzt. Am 23.4.1947 wurde das Schulgebäude an die Stadt übergeben. Nach der Begehung und Aufnahme des noch vorhandenen Mobiliars und Inventars schätzte man in einer „Übergabeverhandlung“ zwischen Lagerleiter Karg und dem städtischen Hochbauamt Instandsetzungskosten von 30.000 Reichsmark. Tatsächlich fielen ab Mai Kosten von rund 60.000 RM an. Die Forderung vom August 1948 an den Staat wurde vom Wirtschaftsministerium 1950 abgelehnt. Sie seien noch in der Reichsmark-Zeit angefallen.
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Im Schulgebäude als Lazarett und folgendem Internierungslager hielten sich in der Nachkriegszeit auch Prominente auf: Franz von Papen, ehemaliger deutscher Reichskanzler, weilte kurz im Lazarett. Er saß zusammen mit den anderen Angeklagten 17 Monate lang im [[Wikipedia:Zellengefängnis Nürnberg|Nürnberger Gerichtsgefängnis]]. Der Internationale Militärgerichtshof in Nürnberg sprach Franz von Papen sowie Hjalmar Schacht und Hans Fritzsche frei. Eine Nürnberger Spruchkammer verurteilte Schacht aber im Februar 1947 zu acht Jahren Arbeitslager. Als Vizekanzler 1933/34 habe er die Politik der Nationalsozialisten gedeckt.
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[[Franz Seldte]] (*29.6.1882 in Magdeburg) konnte nicht mehr in Nürnberg verurteilt werden. Der Reichsminister a.D. verstarb am 1. April 1947 im Internierungslazarett der Oberrealschule. Seldte war Mitbegründer und Bundesführer des Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten, einer paramilitärischen Organisation in der Weimarer Republik, NSDAP-Politiker und von 1933 bis 1945 Reichsarbeitsminister, obwohl er diese Funktion nicht mehr ausübte.
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Seine Frau lebte mit den Kindern in Rottach-Egern. Die Sterbeanzeige an das Standesamt Fürth für das „Krankenhaus des Internierungs- und Arbeitslagers Nürnberg“ in Fürth, Kaiserstraße 92, hatte Chefarzt Dr. Bittner erstattet.
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Hitlers Leibarzt Karl Brandt wirkte im OR-Lazarett schon in der Nazizeit. Im Nürnberger Prozess gegen die Nazi-Mediziner ab 21.11.1946 wurde er am 20.8.1947 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Tod durch den Strang verurteilt. Vollstreckt wurde dies im Juni 1948. Brandt, war chirurgischer Begleitarzt von Adolf Hitler ab 1934. Er wurde als Generalkommissar für das Sanitäts- und Gesundheitswesen der Euthanasie-Verbrechen in den NS-Tötungsanstalten für schuldig befunden. Er war Ranghöchster unter den Angeklagten im Nürnberger Prozess gegen Mediziner. Verhaftet wurde er am 16.4.1945 von den alliierten Truppen in Flensburg (zusammen mit der Regierung Dönitz). Er ist am 2.6.1948 in Landsberg am Lech hingerichtet worden.
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<ref>Recherche: Peter Frank, Dez. 2012.</ref>
      
== »Zeitverschiebung« ==
 
== »Zeitverschiebung« ==
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