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Am [[19. April]] [[1945]] trafen sich gegen 7 Uhr morgens der kommisarische [[Oberbürgermeister]] [[Karl Häupler|Dr. Häupler]] mit seinen noch verbliebenen Referenten im [[Rathaus]] zur Lagebesprechung. Die Alliierten Streitkräfte waren inzwischen schon bis zum [[Obstmarkt]] vorgedrungen. Dort standen auch inzwischen mehrere Hundert Fürther und beobachteten scheinbar den Ausgang der Situation. Unter den Neugierigen war auch ein 70-jähriger Rentner namens [[Friedrich Froschauer]], der nach dem Krieg in der [[Hardstraße]] 12/I wohnte. Froschauer schilderte das Gesehene wie folgt:
 
Am [[19. April]] [[1945]] trafen sich gegen 7 Uhr morgens der kommisarische [[Oberbürgermeister]] [[Karl Häupler|Dr. Häupler]] mit seinen noch verbliebenen Referenten im [[Rathaus]] zur Lagebesprechung. Die Alliierten Streitkräfte waren inzwischen schon bis zum [[Obstmarkt]] vorgedrungen. Dort standen auch inzwischen mehrere Hundert Fürther und beobachteten scheinbar den Ausgang der Situation. Unter den Neugierigen war auch ein 70-jähriger Rentner namens [[Friedrich Froschauer]], der nach dem Krieg in der [[Hardstraße]] 12/I wohnte. Froschauer schilderte das Gesehene wie folgt:
[[Datei:Hitlerbüste Zerstörung US Soldat 1945.jpg|miniatur|links|Zerstörung einer Hitler-Büste vor Gebäude Vacher Str.6/8, April 1945]]
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[[Datei:Hitlerbüste Zerstörung US Soldat 1945.jpg|miniatur|links|Zerstörung einer Hitler-Büste vor Gebäude Vacher Str. 6/8, April 1945]]
 
:"Am Donnerstag, 19. April 1945, waren ich und einige hundert andere Personen schon in aller Frühe auf der Stadtseite der Maxbrücke postiert, um zu sehen, wie sich die Dinge abspielen. Plötzlich kam ein amerikanischer Soldat auf mich zu und frug mich auf deutsch, ob ich wisse, wo der Oberbürgermeister von Fürth wohne. Als ich das bejahte, forderte er mich auf, mit ihm zum amerikanischen Major zu gehen; es passiere mir nichts. Das tat ich. Beim Major angekommen, gab dieser mir einen Zettel und sagte, ich möge diesen Zettel dem Oberbürgermeister überbringen, lesen lassen und ihm den Zettel wieder bringen.... Im Rathaus angekommen, frug ich nach dem Sitzungssaal. Man wies mich dorthin und ich trat ein. Den Oberbürgermeister kannte ich persönlich nicht. Ich ging deshalb auf den mir bekannten [[Stadtkämmerei|Stadtkämmerer]] [[Adolf Schwiening|Schwiening]] zu, gab ihm den Zettel und sagte, diesen Zettel soll ich im Auftrag des amerikanischen Majors dem Oberbürgermeister geben... Stadtkämmerer Schwiening las den Zettel und wandte sich sofort an einen Herren und sagte: Herr Oberbürgermeister, lesen Sie bitte und gehen Sie doch gleich mit dem Überbringer dieses Zettels zu dem amerikanischen Major. Der Oberbürgermeister ging dann auch sofort mit mir und einem Sanitäter (Hr. Hühnlein), den ich nicht kannte, aus dem Rathaus hinaus in Richtung Maxbrücke... Bei der Maxbrücke angekommen, ging ich zu dem amerikanischen Major, gab ihm den Zettel zurück und sagte, der Oberbürgermeister ist auch dabei. Der Herr Major bedankte sich und ich ging wieder hinaus."<ref>Gottlieb Wunschel: Die Kapitulation von Fürth am 19. April 1945. Fürther Heimatblätter, 1/1965, S. 13 f.</ref>   
 
:"Am Donnerstag, 19. April 1945, waren ich und einige hundert andere Personen schon in aller Frühe auf der Stadtseite der Maxbrücke postiert, um zu sehen, wie sich die Dinge abspielen. Plötzlich kam ein amerikanischer Soldat auf mich zu und frug mich auf deutsch, ob ich wisse, wo der Oberbürgermeister von Fürth wohne. Als ich das bejahte, forderte er mich auf, mit ihm zum amerikanischen Major zu gehen; es passiere mir nichts. Das tat ich. Beim Major angekommen, gab dieser mir einen Zettel und sagte, ich möge diesen Zettel dem Oberbürgermeister überbringen, lesen lassen und ihm den Zettel wieder bringen.... Im Rathaus angekommen, frug ich nach dem Sitzungssaal. Man wies mich dorthin und ich trat ein. Den Oberbürgermeister kannte ich persönlich nicht. Ich ging deshalb auf den mir bekannten [[Stadtkämmerei|Stadtkämmerer]] [[Adolf Schwiening|Schwiening]] zu, gab ihm den Zettel und sagte, diesen Zettel soll ich im Auftrag des amerikanischen Majors dem Oberbürgermeister geben... Stadtkämmerer Schwiening las den Zettel und wandte sich sofort an einen Herren und sagte: Herr Oberbürgermeister, lesen Sie bitte und gehen Sie doch gleich mit dem Überbringer dieses Zettels zu dem amerikanischen Major. Der Oberbürgermeister ging dann auch sofort mit mir und einem Sanitäter (Hr. Hühnlein), den ich nicht kannte, aus dem Rathaus hinaus in Richtung Maxbrücke... Bei der Maxbrücke angekommen, ging ich zu dem amerikanischen Major, gab ihm den Zettel zurück und sagte, der Oberbürgermeister ist auch dabei. Der Herr Major bedankte sich und ich ging wieder hinaus."<ref>Gottlieb Wunschel: Die Kapitulation von Fürth am 19. April 1945. Fürther Heimatblätter, 1/1965, S. 13 f.</ref>   
[[Datei:Zerstörte Maxbrücke 1945.jpg|mini|right|Dt. Gefangene maschieren über die gesprengte Maxbrücke]]
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[[Datei:Zerstörte Maxbrücke 1945.jpg|mini|right|Dt. Gefangene marschieren über die gesprengte Maxbrücke]]
 
Der Sanitätshauptführer Hühnlein von der [[Rotes Kreuz|Sanitätskolonne]] Fürth schildert in Ergänzung:  
 
Der Sanitätshauptführer Hühnlein von der [[Rotes Kreuz|Sanitätskolonne]] Fürth schildert in Ergänzung:  
 
: "... Nach Eintritt in das Zimmer stellte sich Dr. Häupler als Oberbürgermeister der Stadt Fürth vor, worauf man ihm einen Stuhl anbot, den Dr. Häupler dankend ablehnte. Der amerikanische Kommandant eröffnete dann die Aussprache, die englisch erfolgte, welche der mitanwesende Dolmetscher übersetzte. Der amerikanische Kommandant verlangte die bedingungslose Übergabe der Stadt. Hierauf gab Oberbürgermeister Dr. Häupler dem Sinne nach folgende Erklärung ab: Meine Herren! Ich stehe hier als deutscher Mann und als Oberbürgermeister. Sie wissen, was mir bevorsteht, wenn ich den Befehl zur Hissung der weißen Fahne gebe. Was aus mir und meiner Familie wird, brauche ich nicht weiter zu sagen, nachdem ich nichtwaffentragender SS-Mann bin. Daraufhin klopfte ihm der amerikanische Kommandant auf die Schulter und sagte, sie stehen unter amerikanischem Schutz. Nun zog der Kommandant seine Uhr und sagte: Jetzt ist es 10 Uhr 20 Minuten. In einer Stunde erwarte ich eine bestimmte Antwort. Lautet diese ablehnend, werde ich die Beschießung von Fürth befehlen und außerdem noch Flieger anfordern, die schon nachmittags eintreffen und dann Fürth dem Erdboden gleich machen werden. Darauf befiel Dr. Häupler ein kleiner Schwächeanfall, der aber bald wieder vorüber war. Dr. Häupler bat dann um Schonung der Stadt und seiner Bevölkerung...Hierauf verließen Dr. Häupler, ich und der Obmann für die Fürther Militärlazarette <ref>Anmerkung: Es handelte sich hierbei um Dr. [[Fritz Gastreich]], der inzwischen dazu gekommen war und eine zentrale Rolle bei der Kapitulation von Fürth im Verborgenen gespielt hatte</ref> den Verhandlungsraum und begaben uns zurück zum Rathaus... Im Rathaus angekommen unterrichtete Dr. Häupler seine auf ihn wartenden Referenten von der Übergabe der Stadt und veranlaßte sie, die inzwischen vorgefahrenen amerikanischen Autos zu besteigen und die Bevölkerung von der erfolgten Übergabe zu verständigen. Innerhalb einer halben Stunde war der Auftrag ausgeführt." <ref>Gottlieb Wunschel: Die Kapitulation von Fürth am 19. April 1945. Fürther Heimatblätter, 1/1965, S. 15 f.</ref>  
 
: "... Nach Eintritt in das Zimmer stellte sich Dr. Häupler als Oberbürgermeister der Stadt Fürth vor, worauf man ihm einen Stuhl anbot, den Dr. Häupler dankend ablehnte. Der amerikanische Kommandant eröffnete dann die Aussprache, die englisch erfolgte, welche der mitanwesende Dolmetscher übersetzte. Der amerikanische Kommandant verlangte die bedingungslose Übergabe der Stadt. Hierauf gab Oberbürgermeister Dr. Häupler dem Sinne nach folgende Erklärung ab: Meine Herren! Ich stehe hier als deutscher Mann und als Oberbürgermeister. Sie wissen, was mir bevorsteht, wenn ich den Befehl zur Hissung der weißen Fahne gebe. Was aus mir und meiner Familie wird, brauche ich nicht weiter zu sagen, nachdem ich nichtwaffentragender SS-Mann bin. Daraufhin klopfte ihm der amerikanische Kommandant auf die Schulter und sagte, sie stehen unter amerikanischem Schutz. Nun zog der Kommandant seine Uhr und sagte: Jetzt ist es 10 Uhr 20 Minuten. In einer Stunde erwarte ich eine bestimmte Antwort. Lautet diese ablehnend, werde ich die Beschießung von Fürth befehlen und außerdem noch Flieger anfordern, die schon nachmittags eintreffen und dann Fürth dem Erdboden gleich machen werden. Darauf befiel Dr. Häupler ein kleiner Schwächeanfall, der aber bald wieder vorüber war. Dr. Häupler bat dann um Schonung der Stadt und seiner Bevölkerung...Hierauf verließen Dr. Häupler, ich und der Obmann für die Fürther Militärlazarette <ref>Anmerkung: Es handelte sich hierbei um Dr. [[Fritz Gastreich]], der inzwischen dazu gekommen war und eine zentrale Rolle bei der Kapitulation von Fürth im Verborgenen gespielt hatte</ref> den Verhandlungsraum und begaben uns zurück zum Rathaus... Im Rathaus angekommen unterrichtete Dr. Häupler seine auf ihn wartenden Referenten von der Übergabe der Stadt und veranlaßte sie, die inzwischen vorgefahrenen amerikanischen Autos zu besteigen und die Bevölkerung von der erfolgten Übergabe zu verständigen. Innerhalb einer halben Stunde war der Auftrag ausgeführt." <ref>Gottlieb Wunschel: Die Kapitulation von Fürth am 19. April 1945. Fürther Heimatblätter, 1/1965, S. 15 f.</ref>  
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Am Donnerstag Nachmittag wehten in den Straßen Fürths überall weiße Fahnen. Auch auf dem Rathausturm war eine riesige weiße Fahne zu sehen, die die Widerstandsgruppe "Obst" & "Doktor" bereits im Vorfeld angefertigt hatte. Der Nürnberger Flaksender kommentierte die Kapitulation Fürths wie folgt: "''Fürth hat schmachvoll kapituliert. Nürnberg hält sich. Es wird von Erlangen und Erlenstegen angegriffen. Die Schmach der Stadt Fürth wird für alle Zeiten in die Geschichte eingehen.''"<ref>Klaus Tiefel: Mannesmut vor Königsthorn. Gespräch mit dem ehemaligen Kampfkommandanten von Fürth Georg Flierl, 1975/1991, S. 1 f.</ref>
 
Am Donnerstag Nachmittag wehten in den Straßen Fürths überall weiße Fahnen. Auch auf dem Rathausturm war eine riesige weiße Fahne zu sehen, die die Widerstandsgruppe "Obst" & "Doktor" bereits im Vorfeld angefertigt hatte. Der Nürnberger Flaksender kommentierte die Kapitulation Fürths wie folgt: "''Fürth hat schmachvoll kapituliert. Nürnberg hält sich. Es wird von Erlangen und Erlenstegen angegriffen. Die Schmach der Stadt Fürth wird für alle Zeiten in die Geschichte eingehen.''"<ref>Klaus Tiefel: Mannesmut vor Königsthorn. Gespräch mit dem ehemaligen Kampfkommandanten von Fürth Georg Flierl, 1975/1991, S. 1 f.</ref>
 
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== Widerstandsgruppe Obst & Doktor ==
 
== Widerstandsgruppe Obst & Doktor ==
 
Die ''Widerstandsgruppe Obst'' und/oder ''Doktor'' wird immer in der Literatur benannt, ohne jedoch die genauen Protagonisten und deren Wirken zu schildern. Der Name Dr. [[Fritz Gastreich]] fiel in dem Zusammenhang häufiger, auch wenn Dr. Gastreich stets bemüht war, seinen Namen aus der Berichterstattung herauszuhalten. Einen tieferen Einblick in das Wirken der Gruppen und deren Verdienste für die Stadt Fürth gelang erst durch [[Heimatforscher]] und Vorstandsmitglied des [[Geschichtsverein Fürth|Geschichtsvereins Fürth]], Peter Frank, im Jahr [[2008]]. In einer ausführlichen Abhandlung über den "''Widerstand gegen das NS-Regime und das Kriegsende 1945 in Fürth''" beschrieb Frank erstmalig ausführlich die Beteiligten der Widerstandsgruppen und deren Aktivitäten zur Kapitulation der Stadt Fürth während des [[Zweiter Weltkrieg|2. Weltkrieges]]. So hat Frank inzwischen nachweisen können, dass Dr. [[Fritz Gastreich]] mit seinen Mitstreitern bereits im Mai [[1944]] erste Verhandlungen mit der Stadtspitze führte, um Fürth zur "''freien Stadt''" zu erklären, z. B. durch die Ausweisung Fürths als Lazarettstadt. Das Gelingen dieser Maßnahme hätte zur Folge gehabt, dass die Stadt von Kampfhandlungen weitestgehend verschont geblieben wäre, z. B. auch vor Luftangriffen der alliierten Bomberverbände. Auch wenn dies bis zuletzt nicht gelang, so hatte Dr. Gastreich mit seinen Mitstreitern in den entscheidenden Apriltagen [[1945]] eine wesentliche Rolle zur (fast) kampflosen Übergabe der Stadt an die [[US Army| US-Streitkräfte]] gespielt. Nähere Erläuterungen zu den [[Widerstandsgruppen Obst / Doktor|Widerstandsgruppen Obst/Doktor]] werden noch in einem eigenen Artikel beschrieben.
 
Die ''Widerstandsgruppe Obst'' und/oder ''Doktor'' wird immer in der Literatur benannt, ohne jedoch die genauen Protagonisten und deren Wirken zu schildern. Der Name Dr. [[Fritz Gastreich]] fiel in dem Zusammenhang häufiger, auch wenn Dr. Gastreich stets bemüht war, seinen Namen aus der Berichterstattung herauszuhalten. Einen tieferen Einblick in das Wirken der Gruppen und deren Verdienste für die Stadt Fürth gelang erst durch [[Heimatforscher]] und Vorstandsmitglied des [[Geschichtsverein Fürth|Geschichtsvereins Fürth]], Peter Frank, im Jahr [[2008]]. In einer ausführlichen Abhandlung über den "''Widerstand gegen das NS-Regime und das Kriegsende 1945 in Fürth''" beschrieb Frank erstmalig ausführlich die Beteiligten der Widerstandsgruppen und deren Aktivitäten zur Kapitulation der Stadt Fürth während des [[Zweiter Weltkrieg|2. Weltkrieges]]. So hat Frank inzwischen nachweisen können, dass Dr. [[Fritz Gastreich]] mit seinen Mitstreitern bereits im Mai [[1944]] erste Verhandlungen mit der Stadtspitze führte, um Fürth zur "''freien Stadt''" zu erklären, z. B. durch die Ausweisung Fürths als Lazarettstadt. Das Gelingen dieser Maßnahme hätte zur Folge gehabt, dass die Stadt von Kampfhandlungen weitestgehend verschont geblieben wäre, z. B. auch vor Luftangriffen der alliierten Bomberverbände. Auch wenn dies bis zuletzt nicht gelang, so hatte Dr. Gastreich mit seinen Mitstreitern in den entscheidenden Apriltagen [[1945]] eine wesentliche Rolle zur (fast) kampflosen Übergabe der Stadt an die [[US Army| US-Streitkräfte]] gespielt. Nähere Erläuterungen zu den [[Widerstandsgruppen Obst / Doktor|Widerstandsgruppen Obst/Doktor]] werden noch in einem eigenen Artikel beschrieben.
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