Notwohnungen in Stadeln (Baracken)

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Die Notwohnungen in Stadeln wurden vermutlich kurz nach dem Ende des 2. Weltkrieges in Stadeln als Notwohnungen für geflüchtete Menschen aus den Ostgebieten errichtet. Insgesamt existierten mindestens drei Siedlungen in Stadeln, wovon mindestens eine Siedlung als Notquartier für Sinti-Familien genutzt wurde. Letztere war aus aktuell nicht ganz geklärten Umständen u. a. durch eine Zaun mit Stacheldraht gesichert, im Gegensatz zu den beiden anderen Notbaracken-Siedlungen. Alle drei Notwohnungs-Siedlungen wurden spätestens 1962 aufgelöst bzw. durch Neubauten ersetzt.[1] In Abgrenzung zu den Notwohnungen für Kriegsflüchtlinge, die erst nach dem Krieg errichtet worden waren, gab es bereits während des 2. Weltkrieges weitere Baracken in Stadeln. Diese waren unmittelbar vor dem Betriebsgelände der Dynamit-Nobel und wurden für Zwangsarbeiter verwendet. Ob weitere Baracken auf dem Gebiet von Stadeln während des 2. Weltkrieges für Zwangsarbeiter der Firma Dynamit-Nobel genutzt wurden, ist aktuell noch in der Klärung.

Barackensiedlungen

Alle drei Barackensiedlungen wurden vermutlich unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg mit einfachen Mitteln und ohne größere infrastrukturelle Einrichtungen errichtet. Allerdings wurde diese Baracken-Siedlungen ab 1962 durch die Bautätigkeit der Baugenossenschaft Gewo Stadeln und den Neubauten an der Westlichen Waldringstraße 26, 28/30, 32/34, 36/38 sowie an der Östlichen Waldringstraße 45/47 im Laufe der Zeit nach und nach wieder abgerissen. Die ehemaligen Bewohner konnten anschließend in die neu errichteten Wohnungen umgesiedelt werden.[2] Die damit frei gewordenen Flächen wurden somit schnell neu überbaut und sind heute von diesen Nachkriegszuständen in Stadeln kaum noch zu erkennen.

Baracke Fürther Straße (nach dem Bahnübergang)

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Nach dem 2. Weltkrieg gab es in Stadeln drei Bracken-Siedlungen. Das größte der drei Lager lag direkt nach dem früheren schienengleichen Bahnübergang (jetzt Bahnunterführung) an der damaligen Fürther Straße 291 (heute Erlanger Straße) Richtung Stadeln auf der rechten Seite. Dort erstreckte sich die Baracke von der Straße bis hinter zur Bahn in den Wald. Zu dieser Zeit verlief die Bahnlinie noch ebenerdig, so dass man direkt von der Straße durch eine Extrazufahrt in das Lager gelangte. Die tiefe Ausschachtung der jetzigen Unterführung kam erst viel später. Dieses Lager war mit einem hohen Zaun und Stacheldraht umgeben, dessen breites Einfahrtstor während des 2. Weltkrieges vermutlich bewacht wurde. Auf dem umzäunten Gelände stand ein sehr große Baracke, dahinter an den Bahngleisen war ein Hundezwinger.

Ab 1946 wohnte in dieser Baracke die Sinti-Familie des Schaustellers Paul Franz und seiner Frau Dina. Zeitzeugen berichten, dass beim Vorbeigehen am Zaun immer wieder was zu sehen war, z. B. große Autos, oft auch in der Kirchweih-Nebensaison abgestellte Kirchweihgeräte und ähnliche interessante Sachen. Die Kinder der Großfamilie Franz wurden ebenfalls in der Stadelner Schule unterrichtet. Oft gingen die Kinder in Stadeln nur für einige Wochen in den Unterricht, ehe sie dann mit ihren Familien zur nächsten Kirchweih oder zum Rummel in andere Städte weiterzogen.

Baracke Landstraße nach Kronach

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Eine weitere große Barackensiedlung war mitten aus dem Wald nach dem 2. Weltkrieg herausgeschlagen worden. Diese befand sich an der Landstraße nach Kronach beim heutigen Platanenweg, nahe des ehemaligen Bahnüberganges (jetzige Theodor-Heuss-Brücke). Es waren ca. 10 Baracken, die hoch auf Steinen um einen sandigen Appellplatz gebaut waren. In der Mitte stand eine Brunnenhandpumpe, die die Wasserversorgung aller Baracken sicherstellen sollte. Nach dem Krieg wurden die Baracken über eine lange Zeit mit Flüchtlingen aus den Ostgebieten belegt, hauptsächlich aus Schlesien, da es häufig keine anderen Wohnquartiere mehr gab. Heute sind die Baracken nicht mehr vorhanden. Der Platz wurde inzwischen überbaut, so dass nur noch die älteren Stadelner dessen Geschichte und Existenz kennen.

Baracke Fürther Straße (bei der Waldschänke)

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Eine dritte sehr lange Baracke lag zwischen der jetzigen Gaststätte Waldschänke und der Firma Gmöhling. Sie erstreckte sich von der Stadelner Hauptstraße (damals Fürther Straße) bis hinter zum Wohnblock An der Waldschänke 5. Der Barackentyp war ca. 50 Meter lang, hatte einen durchgehenden Mittelgang und rechts und links zweigten die Zimmer ab. Dieses Gebäude wurde genauso genutzt, wie die große Barackensiedlung am Kronacher Bahnübergang und war meist mit Flüchtlingen aus den Ostgebieten überbelegt. Anschließend wurde das Gebäude als Gaststätte genutzt. Nach dem Neubau der Gaststätte 1955 direkt daneben wurde die Baracke noch einige Jahre als Flaschenbierhandlung genutzt bevor sie in Folge einer Gasexplosion zerstört wurde.

Zeitzeugenberichte

Sinti-Barackenlager am Bahnübergang (Fürther Straße):

Nach meiner Erinnerung gab es in Stadeln mit der Ansiedlung dieser Großfamilie keinerlei Probleme. Man hörte ja was die Eltern so sprachen. Das Familienoberhaupt, Paul Franz, war ein grauhaariger Patriarch der alleine in der „Waldschänke“ eine Halbe trank, dabei seine große Pfeife rauchte und auch beim Schafkopfen als Kartelpartner gerne gesehen war. Eine sehr respektable Person in Stadeln. Ich erinnere mich auch an interessante Gespräche mit einigen, vor allem wo die damals schon waren. Europaweit waren sie als Artisten u. a. unterwegs, während wir mit unseren Ausflügen mit dem Siedlerverein, beispielsweise nach Dinkelsbühl oder Bamberg, die Provinzialität unsererseits erahnen konnten. Die Familie und ihre Nachkommen sind bis heute mit Stadeln verbunden, was man auch unter anderen an den prachtvollen Gräbern am Stadelner Friedhof sehen kann.[3]

Barackenlager am Kronacher Bahnübergang:

Ein Schulkamerad wohnte hier mit 7 Geschwistern auf engsten Raum und einfachsten Bedingungen, heute nicht mehr vorstellbar.

Baracke an der Waldschänke:

Vom Spielen mit einem Jungen aus dieser Baracke ca. 1953 weiß ich heute noch wie er erzählte, dass er morgen mit seiner Mutter (Vater war gefallen) in die USA auswandert und er davor Angst hat. Aber seine Mutter sei über ihre jetzige Lage so verzweifelt und sah keine Zukunft, so dass sie und ihr Sohn diesen Weg gehen müssen. Denke oft an diese Begegnung zurück und hoffe, dass sie gut da drüben angekommen sind, Fuß fassten und gute Amerikaner geworden sind.[4]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Festschrift Gewo-Stadleln, Vorwort vom Bürgermeister Willi Müller, 1970, S. 2
  2. Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft Stadeln GmbH 1960 bis 1970 (Broschüre) - Fürth, Eigenverlag, 1970
  3. Zeitzeugenbericht von Benutzer Nobbi48, 28. April 2019
  4. Zeitzeugenbericht von Benutzer Nobbi48, 28. April 2019

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