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| {{Gebäude | | {{Gebäude |
| |Bild=V.l.n.r. Mohrenstraße 30,28. Neuschul, Eingangstor Schulhof, 26, 1934.jpg | | |Bild=V.l.n.r. Mohrenstraße 30,28. Neuschul, Eingangstor Schulhof, 26, 1934.jpg |
− | |Gebäude=Schulhof 2 | + | |Gebaeude=Schulhof 2 |
− | |Straße=Schulhof | + | |Strasse=Schulhof |
| |Hausnummer=2 | | |Hausnummer=2 |
| |Objekt=Synagoge, Scharre, Frauen-Mikwe und Wohnung | | |Objekt=Synagoge, Scharre, Frauen-Mikwe und Wohnung |
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| |lat=49.47855 | | |lat=49.47855 |
| |lon=10.98583 | | |lon=10.98583 |
− | |Gebäude besteht=Nein | + | |GebaeudeBesteht=Nein |
− | |Denkmalstatus besteht=Nein | + | |DenkmalstatusBesteht=Nein |
| |Abbruchjahr=1939, nach Niederbrennen 1938 | | |Abbruchjahr=1939, nach Niederbrennen 1938 |
| }} | | }} |
− | Das Gebäude '''Schulhof 2''', die sog. ''Kaalsschul'' oder ''Neuschul'' befand sich im sog. [[Gänsberg]]viertel. Das Gebäude bestand aus einem Quadersockel, über dem sich ein zweigeschossiger Fachwerkbau erhob.<ref>"Mehr als Steine" - Synagogen-Gedenkband Bayern, Band II, Seite 275</ref> In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Fachwerkbau verschiefert.<ref>Die Verschieferung des Fachwerks folgte in Fürth einer allgemeinen Mode. Siehe auch: Baraba Ohm: "[[Durch Fürth geführt (Buch)|Durch Fürth geführt]]", Band I.; Seite 31</ref> | + | Das Gebäude '''Schulhof 2''', die sog. ''Kaalschul'' oder ''Neuschul'' befand sich im sog. [[Gänsberg]]viertel. Das Gebäude bestand aus einem Quadersockel, über dem sich ein zweigeschossiger Fachwerkbau erhob.<ref>"Mehr als Steine" - Synagogen-Gedenkband Bayern, Band II, Seite 275</ref> In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Fachwerkbau verschiefert.<ref>Die Verschieferung des Fachwerks folgte in Fürth einer allgemeinen Mode. Siehe auch: Baraba Ohm: "[[Durch Fürth geführt (Buch)|Durch Fürth geführt]]", Band I.; Seite 31. Auf dem Stich von |
| + | [https://api.digitale-sammlungen.de/iiif/image/v2/bsb10503851_00394/pct:7.12347,16.99588,87.10991,22.6749/full/0/default.jpg G. Löwensohn] aus dem Jahr 1839 ist noch das Fachwerk zu sehen.</ref> |
| Der Bau beinhaltete im 1. Stock eine Synagoge und im Erdgeschoss ursprünglich die [[wikipedia:Scharre|Scharre]], später den Abgang zur Frauen-Mikwe und eine Wohnung. Im Zuge der [[wikipedia:Novemberpogrome 1938|Reichsprogromnacht]] wurde das Gebäude am 10. November [[1938]] niedergebrannt und [[1939]] die Ruine abgerissen. Im Kartenausschnitt in der Faktenbox auf der rechten Seite wird der ungefähre ehemalige Standort des Gebäudes im aktuellen Stadtplan angezeigt. | | Der Bau beinhaltete im 1. Stock eine Synagoge und im Erdgeschoss ursprünglich die [[wikipedia:Scharre|Scharre]], später den Abgang zur Frauen-Mikwe und eine Wohnung. Im Zuge der [[wikipedia:Novemberpogrome 1938|Reichsprogromnacht]] wurde das Gebäude am 10. November [[1938]] niedergebrannt und [[1939]] die Ruine abgerissen. Im Kartenausschnitt in der Faktenbox auf der rechten Seite wird der ungefähre ehemalige Standort des Gebäudes im aktuellen Stadtplan angezeigt. |
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| [[Datei:1 Gänsberg-Plan roh Schulhof 2.jpg|mini|330px|right|Gänsbergplan Schulhof 2 rot markiert]] | | [[Datei:1 Gänsberg-Plan roh Schulhof 2.jpg|mini|330px|right|Gänsbergplan Schulhof 2 rot markiert]] |
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− | ==Geschichte<ref>Gottlieb Wunschel: "Alt-Fürth", Häuserchronik zu Schulhof 2, 1940</ref>== | + | ==Geschichte<ref>Soweit nicht anders angegeben: Gottlieb Wunschel: "Alt-Fürth", Häuserchronik zu Schulhof 2, 1940</ref>== |
− | * 1697: Erbauung der sogenannten "Kaalsschul"<ref>קהילה [[wikipedia:Kahal|Kahal]] bzw. Kehilla = Gemeinde</ref> oder "Neuschul"<ref>1697 wird als wahrscheinliches Erbauungsdatum am häufigsten angenommen; so Gisela Naomi Blume: "Mikwen in Fürth - Die Kellerquellenbäder der Israelitinnen" 2.Teil, in: Fürther Geschichtsblätter 3/11, S. 63 und dabei bezugnehmend auf: ''StAN Katasterselekt Steuergemeinde Fürth Nr. 1, Güterverzeichnis der Stadt Fürth 1808'', ebenso Barbara Ohm: "[[Geschichte der Juden in Fürth (Buch) (Ohm)|Geschichte der Juden in Fürth]]", S. 56, auch Hugo Barbeck [[Geschichte der Juden in Nürnberg und Fürth (Buch)]], S. 61, ebenso Salomon Haenle [[Geschichte der Juden im ehemaligen Fürstenthum Ansbach (Buch)|Geschichte der Juden im ehemaligen Fürstenthum Ansbach]], S. 181 und Andreas Würfel: "Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth", S. 28 - demgegenüber steht als Erbauungsdatum 1647, bei Friedrich Marx [[Fürth in Vergangenheit u. Gegenwart (Buch)|Fürth in Vergangenheit u. Gegenwart]], S. 106, oder J. Sax: "[[Synagoge#Artikelserie "Die Synagoge in Fürth"|Die Synagoge in Fürth]]", dritte Seite zweite Spalte. Die [[Fronmüllerchronik]] gibt verwirrend beide Daten an, siehe S. 99 und S. 112.</ref>. Der Synagogenraum befand sich im ersten Stock, darunter die [[wikipedia:Scharre|Scharre]]. | + | * 1697: Als die jüdische Gemeinde in Fürth sehr schnell wuchs, erbaute man die sogenannte "Kaalschul"<ref>קהילה [[wikipedia:Kahal|Kahal]] bzw. Kehilla = Gemeinde</ref> oder "Neuschul"<ref>. 1697 wird als wahrscheinliches Erbauungsdatum am häufigsten angenommen; so Gisela Naomi Blume: "Mikwen in Fürth - Die Kellerquellenbäder der Israelitinnen" 2.Teil, in: Fürther Geschichtsblätter 3/11, S. 63 und dabei bezugnehmend auf: ''StAN Katasterselekt Steuergemeinde Fürth Nr. 1, Güterverzeichnis der Stadt Fürth 1808'', ebenso Barbara Ohm: "[[Geschichte der Juden in Fürth (Buch) (Ohm)|Geschichte der Juden in Fürth]]", S. 56, auch Hugo Barbeck [[Geschichte der Juden in Nürnberg und Fürth (Buch)]], S. 61, ebenso Salomon Haenle [[Geschichte der Juden im ehemaligen Fürstenthum Ansbach (Buch)|Geschichte der Juden im ehemaligen Fürstenthum Ansbach]], S. 181 und Andreas Würfel: "Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth", S. 28 - demgegenüber steht als Erbauungsdatum 1647, bei Friedrich Marx [[Fürth in Vergangenheit u. Gegenwart (Buch)|Fürth in Vergangenheit u. Gegenwart]], S. 106, oder J. Sax: "[[Synagoge#Artikelserie "Die Synagoge in Fürth"|Die Synagoge in Fürth]]", dritte Seite zweite Spalte. Die [[Fronmüllerchronik]] gibt verwirrend beide Daten an, siehe S. 99 und S. 112.</ref>. Der Synagogenraum befand sich im ersten Stock, darunter die [[wikipedia:Scharre|Scharre]]. |
| * 1717: Die Scharre wurde geschlossen, darin ein Umkleidezimmer und darunter eine [[wikipedia:Mikwe|Mikwe]] errichtet. Bis zum Wasserspiegel soll es 12,35 m in die Tiefe über 50 Stufen gegangen sein.<ref>siehe Gisela Naomi Blume: "Mikwen in Fürth - Die Kellerquellenbäder der Israelitinnen" 2.Teil, in: Fürther Geschichtsblätter 3/11, S. 65</ref><ref>Andreas Würfel: "Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth", S. 28 beschreibt: "''§ 13. Gegen der alten Haupt=Schul, Mittag wärts, stehet die neue Kahls=Schule, welche Ao. 1697 darum ist erbauet worden, weil die alte Haupt=Schul, die Zahl der Juden nicht mehr kunte fassen. (Wagenseil de ciuit., Nor.c. XVIII. p.m. 125, III) Dabey ist eine Weiber=Schul.''</br> | | * 1717: Die Scharre wurde geschlossen, darin ein Umkleidezimmer und darunter eine [[wikipedia:Mikwe|Mikwe]] errichtet. Bis zum Wasserspiegel soll es 12,35 m in die Tiefe über 50 Stufen gegangen sein.<ref>siehe Gisela Naomi Blume: "Mikwen in Fürth - Die Kellerquellenbäder der Israelitinnen" 2.Teil, in: Fürther Geschichtsblätter 3/11, S. 65</ref><ref>Andreas Würfel: "Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth", S. 28 beschreibt: "''§ 13. Gegen der alten Haupt=Schul, Mittag wärts, stehet die neue Kahls=Schule, welche Ao. 1697 darum ist erbauet worden, weil die alte Haupt=Schul, die Zahl der Juden nicht mehr kunte fassen. (Wagenseil de ciuit., Nor.c. XVIII. p.m. 125, III) Dabey ist eine Weiber=Schul.''</br> |
| ''§ 14. Unter dieser neuen Kahls-Schule ist eine מקוה mikveh eine Tuk. Die hat den Namen Kahls-Mikveh. Dahin werden die Bräute, den Tag vor der Copulaton das erste mal von den Weibern begleitet. Über dieser Kahls-Mikveh ist noch eine Bad-Stube für die Weiber. Dieses Bädlein war vorhin das קצבות Kazuphus das Schlacht=Haus. Das Merkmal hievon ist, daß man noch eine vermauerte Thür siehet.''"</ref> Bis dahin war die einzige Mikwe in Fürth in der [[Mühlstraße 2]], das sog. [[Duckla]]. | | ''§ 14. Unter dieser neuen Kahls-Schule ist eine מקוה mikveh eine Tuk. Die hat den Namen Kahls-Mikveh. Dahin werden die Bräute, den Tag vor der Copulaton das erste mal von den Weibern begleitet. Über dieser Kahls-Mikveh ist noch eine Bad-Stube für die Weiber. Dieses Bädlein war vorhin das קצבות Kazuphus das Schlacht=Haus. Das Merkmal hievon ist, daß man noch eine vermauerte Thür siehet.''"</ref> Bis dahin war die einzige Mikwe in Fürth in der [[Mühlstraße 2]], das sog. [[Duckla]]. |
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| * 1834: Offensichtlich Auftrag einer neuen Mikwe in [[Schulhof 1]], aber weitere Benutzung in Schulhof 2, bis zu einem Unglücksfall mit drei ohnmächtigen Frauen.<ref>Ursächlich war wohl "''Kohlendampf''", aufgrund defekter Heizung oder eines geplatzten Rohres. Gisela Naomi Blume: "Mikwen in Fürth - Die Kellerquellenbäder der Israelitinnen" 2.Teil, in: Fürther Geschichtsblätter 3/11, S. 68.</ref> Am [[15. Mai]] [[1834]] ließ Bäumen die Mikwe sofort schließen und die Tür versiegeln. | | * 1834: Offensichtlich Auftrag einer neuen Mikwe in [[Schulhof 1]], aber weitere Benutzung in Schulhof 2, bis zu einem Unglücksfall mit drei ohnmächtigen Frauen.<ref>Ursächlich war wohl "''Kohlendampf''", aufgrund defekter Heizung oder eines geplatzten Rohres. Gisela Naomi Blume: "Mikwen in Fürth - Die Kellerquellenbäder der Israelitinnen" 2.Teil, in: Fürther Geschichtsblätter 3/11, S. 68.</ref> Am [[15. Mai]] [[1834]] ließ Bäumen die Mikwe sofort schließen und die Tür versiegeln. |
| [[Datei:J.P. Haas Querschnitt mit Almemor und Ha-Kodesch 1853 .jpg|mini|right|Querschnittszeichnung von [[Johann Paul Haas|J.P. Haas]] für die Neuschul mit [[wikipedia:Almemor|Almemor]] und [[wikipedia:Aron Ha-Kodesch|Aron Ha-Kodesch]], 1853]] | | [[Datei:J.P. Haas Querschnitt mit Almemor und Ha-Kodesch 1853 .jpg|mini|right|Querschnittszeichnung von [[Johann Paul Haas|J.P. Haas]] für die Neuschul mit [[wikipedia:Almemor|Almemor]] und [[wikipedia:Aron Ha-Kodesch|Aron Ha-Kodesch]], 1853]] |
− | * 1853/54 grundlegende Renovierung; nach den Vorlagen und Zeichnungen von [[Johann Paul Haas]] sollte die Ausstattung des Gottesdienstraumes im neugotischen Stil erfolgen. Die Synagogenstände sollten durch [http://www.zeno.org/Brockhaus-1911/A/Subsellien Subsellien] ersetzt werden. Manches wurde aus Kostengründen abgelehnt. Was dann tatsächlich von den aufwändig projektierten Einbauten und Zierarbeiten von Haas verwirklicht wurde, ist nicht zweifelsfrei überliefert.<ref>''Mehr als Steine'' - Synagogen-Gedenkband Bayern, Band II, Seite 293</ref> | + | * 1853/54 grundlegende Renovierung; nach den Vorlagen und Zeichnungen von [[Johann Paul Haas]] sollte die Ausstattung des Gottesdienstraumes im neugotischen Stil erfolgen. Die Synagogenstände sollten durch [http://www.zeno.org/Brockhaus-1911/A/Subsellien Subsellien] ersetzt werden. Manches wurde aus Kostengründen abgelehnt. Was dann tatsächlich von den aufwändig projektierten Einbauten und Zierarbeiten von Haas verwirklicht wurde, ist nicht zweifelsfrei überliefert.<ref>''Mehr als Steine'' - Synagogen-Gedenkband Bayern, Band II, Seite 293</ref> Am 15. September 1854 wurde die Neuschul von Rabbiner [[Isaak Loewi]] wieder eingeweiht.<ref>siehe Bericht [[Fürther Tagblatt]] vom 19. September 1854</ref> |
− | * Vermutlich zweite Hälfte des 19. Jh.: Verschieferung des Fachwerks. Die Eintretende Feuchtigkeit spielte bereits bei den Renovierungsmaßnahmen 1853 eine Rolle, sodass man die Behebung dieses Mangels ab diesem jahr ansetzen kann. | + | * Vermutlich zweite Hälfte des 19. Jh.: Verschieferung des Fachwerks. Die eintretende Feuchtigkeit spielte bereits bei den Renovierungsmaßnahmen 1853 eine Rolle, sodass man die Behebung dieses Mangels ab diesem Jahr ansetzen kann. |
| [[Datei:A 10693 a.jpg|mini|right|zerstörte Neuschul nach der [[wikipedia:Reichsprogromnacht|Reichsprogromnacht]]]] | | [[Datei:A 10693 a.jpg|mini|right|zerstörte Neuschul nach der [[wikipedia:Reichsprogromnacht|Reichsprogromnacht]]]] |
− | * 10. November 1938 Zerstörung in der [[wikipedia:Reichsprogromnacht|Reichsprogromnacht]] | + | * 10. November 1938 Zerstörung in der [[wikipedia:Reichsprogromnacht|Reichsprogromnacht]]: Ende der Neuschul (''Kaalschul'') und anschließende Abräumung der Ruine. |
− | : Das Ende der Neuschul (''Kaalsschul'') und anschließender Abräumung der Ruine. | |
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| ==Siehe auch== | | ==Siehe auch== |
| + | * [[Memorbuch der Neuschul]] |
| * [[Schulhof]] | | * [[Schulhof]] |
| * [[Synagoge]] | | * [[Synagoge]] |
| * [[Gänsberg#Straßen des Gänsbergs|Straßen des Gänsbergs]] | | * [[Gänsberg#Straßen des Gänsbergs|Straßen des Gänsbergs]] |
| + | * [[Fiorda]] |
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| ==Literatur== | | ==Literatur== |