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Altstadtverein Fürth 33/1998

Hausgeschichte

Blaue Glocke Entsprechend einem Bericht der Fürther Nachrichten vom 2. Juli 1998 soll im Rahmen der Umge­staltung der Billinganlage die Blaue Glocke abgerissen wer­den. Wir protestieren hiergegen und haben an der Billinganlage ein entsprechendes Plakat ange­ bracht. Der kunsthistorische Wert des schmucklosen Baus Würzburger Str. 9 ist sicherlich nicht überragend. Wir halten es aber für falsch, wenn in Fürth nach wie vor funktionale und technokratische Aspekte die Stadtplanung beherrschen, ästhetische und historische Ge­ sichtspunkte jedoch weitgehend ausgeblendet werden. In Fürth ist und bleibt der Abriß eines Baudenkmals anscheinend der Königsweg, um Neuplanungen zu verwirklichen. Der westliche Eingang von Fürth musste in jüngster Vergangenheit in vielem leiden. Lässt man ein­mal das östliche Rednitzufer au­ßer acht, so sind u.a. zu nennen der Abriss von: Fischhäusla (Würzburger Str. 1), Teile von Würzburger Str. 4, Würzburger Hof (Würzburger Str. 10), Würz­ burger Str. 12, Puadignibh erostrud enis (Foto: ???)

Würzburger Str. 40 und Wü r zbu rger Str. 108/ 110. Allesamt waren „denkmalgeschützt“ und sind dennoch inzwischen ver­ schwunden. Es folgt auf diesem Weg demnächst die Kapel­lenstraße 15. Auf dem Gebiet der Zerstörung historischer Bausub­stanz ist die Stadt Fürth wahrlich nicht zu schlagen, in den letzten 40 Jahren ging nun bald mehr Bausubstanz wie im Dreißigjäh­rigen Krieg verloren (1958: Stadtratsbeschluß zur Gäns­berg-“Sanierung“: Abriss von 132 Häuser und damit 1/3 der Altstadt). Ein Ende ist nicht abzusehen. In den letzten 10 Jahren reißt vor allem die Stadt wieder vermehrt denkmalge­ schützte Häuser ab oder lässt verunstaltende Neubauten zu, wie z.B. Mathildenstr. 26. Das 1815 errichtete, 1892 mit Mansarddach und Neurenais­ sancegauben ausgestattete An­ wesen Würzburger Str. 9 ist ein Relikt des ehemaligen vorstädti­ schen Charakters der Billingan­ lage, die kleinen Vorstadthäuser Billinganlage 4 und 6 an der Nordseite und das Garten­ schlößchen Vacher Str. 3 (Sey­ fried-Schlößla) wurden schon vor längerer Zeit abgebrochen. Bemerkenswert ist auch das noch von ländlicher Lebenswei­ se geprägte Rückgebäude, das in einem eigentümlichen Kon-

trast zum Hochhaus Cadolzburger Str. 1 steht. Die Erfahrung lehrt, dass Neu­ bauten in ihrer ästhetischen Qualität der historischen Bau­substanz nicht entsprechen, in den meisten Fällen nicht einmal nahekommen. Die Funktion und das Baumaterial bestimmen heute die Architektur, nicht Kunstauffassungen und Stilrich­ tungen. Damit verliert die gebau­te Umwelt zunehmend ihren Reiz, die Unwirtlichkeit unserer Stadt nimmt zu, auch wenn sich die materiellen Leb ensbedin­ gungen verbessern. Jedes ver­ schwundene Baudenkmal ist ein kleiner Schritt zu einer zuneh­ mend geschichts- und gesichts­losen Stadt. Man kann sicherlich geteilter Meinung über die Erhaltung hi­ storischer Gebäude sein, wenn Puadignibh erostrud enis (Foto: ???)

Puadignibh erostrud enis (Foto: ???)

sie Planungen im Wege stehen, die eventuell dem Allg­ emeinwohl dienen. Die letzt­ endliche Abwägung bleibt den Mandatsträgern vorbehalten. Der Altstadtverein versteht sich als Interessengruppe, die ganz bestimmte Ziele offensiv vertritt. Dies tun wir auch im Falle der Blauen Glocke. Im übrigen können wir nicht er­ sehen, wie durch den Abriss der Blauen Glocke angesichts der Verkehrsbelastung von 40.000 Kraftfahrzeugen pro Tag eine „lebenswerte Billinganlage“ ge­schaffen werden kann. Dies ist doch eine Kopfgeburt, die der Realität nie standhalten wird. Aus all diesen Gründen prote­stieren wir gegen den Abriss der Blauen Glocke.� Dr. Alexander Mayer

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