Altstadtverein Fürth 22/1986
�42/07
Hausgeschichte
Schießplatz 5
Die „Burg“ am Schießanger
Das erste Schützenhaus auf einer alten Schießscheibe (Foto ???)
Die allgemeine Redensart stimmt wohl, wonach der Mensch ein Gewohnheitstier sei. Wie sehr haben wir uns doch schon daran gewöhnt, dass das stattliche alleinstehende Sandsteingebäude am Rednitzufer des Schießangers liebevoll renoviert ist. Auf gleiche Weise hatte sich der Spaziergänger noch bis vor etwa drei Jahren daran gewöhnt, dass sich dasselbe Gebäude in einem mehr als desolaten Zustand befand: dein Gemäuer, den man sämtliche Spuren seines Alters ansah, nur notdürftig geflickte Fensterscheiben ,ein marodes Dach und ringsum ein Ambiente, das eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Schuttplatz hatte. Acht ramponierte Briefkästen mit Namensschildern kündeten davon, dass trotz allem dort noch Menschen hausten. Gegen himmlisches Nass, welches ungehindert durch die Lücken des Daches eindringen konnten, hatte man sich geschützt, indem der Dachboden mit Matratzen ausgelegt worden war; die saugten das 20
Wasser eine zeitlang auf und gaben in „Trockenzeiten“ die Feuchtigkeit wieder ab – ein ideales Raumklima muss damals geherrscht haben .Es war nur eine Frage der Zeit, wann der Abbruch der Fast-Ruine hätte erfolgen oder ggf. Sogar behördlich angeordnet werden müssen. Daran hatte man sich, wie gesagt, gewöhnt. Allenfalls „träumte“ man davon, dass da einer kommen würde, so ein „Verrückter“ der nicht nach Kosten und Mühen fragen, und der aus der Bruchbude wieder ein Schmuckstück für die Altstadt machen würde – aber bald! Was man sozusagen nur in den kühnsten Träumen zu hoffen gewagt hatte, das geschah: Im Sommer 1983 kam der „Märchenprinz“, der aus bloßem Zufall auf sein Dornröschen stieß, vielleicht auch deswegen, weil er immer schon Freude an alte Sachen gehabt hatte. Mit bloßem „Wachküssen“ war es allerdings nicht getan, darüber war sich auch der seit zehn Jahren in Deutschland lebende amerikanische Staatsbürger Rick Pomerance bald im klaren. Mit der Unbekümmertheit und der Risikobereitschaft, Eigenschaften, die
vor allem jenseits des Großen Teichs immer noch stark vertreten sind, und nicht zu vergessen mit der Unterstützung seiner Frau Petra, stürzte er sich in das Abenteuer. Bei einem solchen Komplex war dies nicht nur ein finanzielles Risiko , über Geld wollen wir hier nicht reden. Schließlich ist auch nicht jeder, der aus dem Lande der unbegrenzten Möglichkeiten kommt, ein Rockefeller oder Vanderbilt. Ob der Retter auch zugegriffen hätte, wenn er die Komplikationen mit dem Denkmalschutzrecht vorausgesehen hätte, wer weiß! Die „Fürther Nachrichten“ vom 16. November 1984 haben jedenfalls anschaulich über die vielen Stolpersteine berichtet: Angeblich sollt aus Gründen des Denkmalschutzes unbedingt von den jetzt eingebauten braun lasierten Fenstern Abstand genommen und statt dessen ein grauweißer Anstrich gewählt werden. Bei 54 Fenstern wäre das pro Fenster mit 100 DM angesetzte Bußgeld ganz schön zu Buch geschlagen und etwa so teuer wie der „Sonderanstrich“ gekommen. Die alte Tür, undicht und kaum mehr renovierungsfähig, sollte erhalten werden. Als dann endlich eine neue genehm war. Fast exakt nach dem Vorbild der alten Tür, sollte sie einen grünen Anstrich bekommen. Nebenbei gesagt, auch mir hätte das Grün ausgesprochen behagt, aber sollte Denkmalschutz bei Objekten „II. Klasse“ (es handelt sich ja nicht um Schloß Pommersfelden) so weit in das individuelle Gestaltungsrecht de Eigentümers eingreifen, das ja schließlich meistens auch die Freude am Gestalten einschließt? Nun, jedenfalls, es ging dank des Durchhaltewillens des Bau-
herrn und der Intervention „höchster Stellen“ der Stadt noch einmal gut ab und auch die ideelle Unterstützung der Bürgervereinigung dürfte ein wenig zu dem Kompromiss mit beigetragen haben. Sicher hat auch die typische Kontrahaltung gegenüber jeglicher Bürokratie und Beschneidung persönlicher Freiheiten, die einem Amerikaner nun einmal mit in die Wiege gelegt ist, etwas mitgeholfen. Es hat sich jedenfalls gelohnt und wir alle, die wir die Außenseite genießen dürfen, freuen uns über den gelungenen Abschluss! Aber auch die Renovierung des Inneren ist gelungen – viel war ja nicht mehr vorhanden und ein großer Teil der Balken musste ausgetauscht werden. Glücklicherweise konnten die den Hauptbalken tragenden Holzsäulen gerettet werden. Überrascht ist man aber vor allem vom Treppenhaus, das einen großzügigen und für Fürther Verhältnisse durchaus hochherrschaftlichen Eindruck macht. Das hölzerne Geländer ist original erhalten. Es wurde zum Zwecke der Renovierung vollständig abgebaut. An den Wänden konnte das Fachwerk freigelegt werden – vielleicht nicht unbedingt die Originallösung, optisch und handwerklich aber auf jeden Fall sehr beeindruckend. Bemerkenswert ist auch der Keller mit seinem Sandsteingewölbe. Den Besitzer stört es jedenfalls nicht, wenn während des Frühjahrshochwassers, dort der Pegel steigt und ebenso wieder verschwindet, ohne Spuren zu hinterlassen. Wir sollten das finanzielle Opfer, welches der stolze Hausherr für seine „Burg“ bringen musste – wie er das Gebäude liebevoll nennt – nicht zu gering achten. Aller-