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vielen, großzügigen Stiftungen gefunden. In der obersten Mauerreihe (seit 1653) links vom Eingangstor, das sich damals noch in der Rosenstraße befand, erkennt man eingemeißelt in den Stein einen hebräischen Vers aus Hiob 3,22: „Sie sind fröhlich, dass sie ein Grab bekommen“, was zeigt, dass Juden das irdische Leben nur als Vorbereitungszeit für das Ewige Leben sehen. Auf dem Friedhof gibt es keinen Blumenschmuck, da Blumen nur die Lebenden erfreuen, und nachdem der Grabstein ein Jahr nach dem Begräbnis gesetzt wurde, wird dieser, gleich dem ganzen Areal, der Natur überlassen. Am 11. November 1607 wurde der Vorsänger Ascher Anschel Herrlingen als Erster auf dem Leichenacker begraben. Am 15. Februar 1609 wurde in der Rednitzstraße 28 ein Haus gekauft, welches als erster öffentlicher Gebetsraum (Eisig-Schul) für Ju-
den in Fürth diente. Ein zweites Haus folgte 1615 (Rednitzstraße 26), in welchem „der Totengräber“ wohnte, woraus vermutet wird, dass dort damals auch die rituelle Reinigung der Leichen stattfand. Während des Dreißigjährigen Krieges wurden die beiden Häuser aber von den Kroaten zerstört. 1653 wurde ein Stück Feld des Bierbrauers Singer gekauft und der Friedhof somit enorm erweitert. Zudem wurde dieser von einer Mauer aus Quadersteinen umzäunt. Gleichzeitig errichtete man das Haus Rednitzstraße 26 wieder neu und in ihm das erste jüdische Krankenhaus in Deutschland. Dort fand bis 1666 die rituelle Totenreinigung statt, danach wurde ein Leichenhaus (Tahara-Haus) gebaut. Wie viele jiddische Einrichtungen wurde das Krankenhaus durch wohltätige Spenden (haKodesch – das Heilige) finanziert, woraus sich der Name „Hekdesch“ ableitet.
Dies wurde im Volksmund schließlich zu Juden„Heck isch “umgeformt, was die Fürther dann auf den ganzen Friedhof bezogen. Im Laufe der Jahrhunderte kamen leider immer wieder zum Teil massive Gräber- und Friedhofsschändungen vor. Der älteste noch lesbare Grabstein von Moses Fuld ist unbeschadet und noch heute an seiner ursprünglichen Stelle zu finden. 1782 war der alte jüdische Friedhof umgerechnet etwa 7200 qm groß. Dazu existierte das HekdeschDoppelgebäude mit Sukka (Laubhütte), das TaharaHaus in der nord-östlichen Ecke des Friedhofs und ein abgetrennter Bereich für die Kohanim (Priester, die nicht mit den Toten unter einem Dach verweilen dürfen). Bis 1796 wurde das Gelände fast verdoppelt. 1803 wurde das Hospital am Friedhof aufgrund von Einsturzgefährdung renoviert. Bis 1820 wurde der
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Haupteingang nach Osten (Eingang Schlehenstraße) versetzt, durch den man den Friedhof noch heute betritt. Die hygienischen und baulichen Bedingungen des Krankenhauses waren zu dieser Zeit so schlecht, dass 1846 in der Theaterstraße 36 ein neues Hospital, unter anderem von Baruch Berolzheimer gestiftet, errichtet wurde. 1862 war der Friedhof, nach einem weiteren Ankauf einer Fläche von 750 qm des Brauereibesitzers Seyboth, 19175 qm groß. Ab 1906 wurde ein neues Gelände an der Erlanger Straße erworben, worauf nur noch Familienmitglieder auf reservierten Plätzen im alten jüdischen Friedhof begraben wurden. Nachdem der Verleger Adolph Simon Ochs 1930 nach Fürth kam, um die Gräber seiner Familie zu besuchen, gab er eine Renovierung und eine Dokumentation aller Grabsteine im „Haus des Lebens“ in Auftrag.
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