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Ebene des Wiesengrundes aber die Überreste einer Kapelle erkannt haben. Was dort gestanden hat wurde noch nicht mit dem Martinspatrozinium oder Karl dem Großen in Verbindung gebracht sondern vorsichtig als Grundlage eines sehr alten Ortskerns interpretiert und vermutlich als Standort aus dem Ortsnamen abgeleitet. Die archäologischen Untersuchung geben Müllner Recht was die Größe der Ansiedlung auf der Anhöhe zwischen den Flüssen anbelangt. Eine noch ältere Siedlung im Wiesengrund oder der Aueninsel lässt sich aber bis heute nicht nachweisen und bleibt daher legendär. Aus welchem Grund auch hätten Markgraf oder Reichsstadt 1449/50 in Fürths Wiesen eine Kapelle zerstören sollen, denn alle Kirchenrechte lagen inzwischen bei St. Lorenz in Nürnberg oder St. Michael auf der Anhöhe. Sie wäre gerade mal 200 Jahre alt geworden, wenn man die Steinhebetechnik mittels Zangenlöcher auf Boeners Abbildung vorsichtig in die Mitte des 13. Jahrhunderts datiert (Abb. 3). Was hätten die Folgen einer Zerstörung beiden Seiten gebracht? Als einziger Hinweis findet sich eine Stelle im Bericht des damaligen Bürgermeisters von Nürnberg Erhard Schürstab über den Markgräflichen Krieg, in dem er sich ca. 1453 darüber beklagte, dass der Markgraf „ ... new ungewonlich uncristenlich ding begangen, kir-

chen und gotzheuser auch verprennen laßen, der von Nürrmberg und des herrn von Heideck und andern den iren leuten zu unpillichen eiden und gelübden im erbshuldung zu ton genötigt und ander grob ungepürlich sach geton“ habe. Ansonsten scheint diesem Bericht zufolge Fürth so etwas wie eine Tabuzone für beide Kriegsparteien gewesen zu sein, obwohl auch hier 1450 einige nürnbergische Häuser angesteckt wurden (siehe Bericht zu Königstr. 17 in diesem Heft). Die Gründe dafür mögen in den grundherrschaftlichen Verhältnissen zum Dompropst von Bamberg gelegen haben so wie es Schürstab für Poppenreuth angegeben hat. Bamberg verhielt sich weitgehend neutral in diesem Krieg. Eine Zerstörung hätte als Provokation einer unbeteiligten Partei ausgelegt werden können. Daher scheint der von Pfarrer Locher vermutete Zeitpunkt ebenfalls nicht realistisch zu sein, denn die abgebrannten Kirchen gehörten nach Müllner zu Wendelstein und Kornburg. Die einzige belegbare Kriegshandlung in unmittelbarer Nähe fand am 11.Nov.1449 statt als Markgraf Albrecht Achilles einem Trupp Nürnberger Landsknechte an der unteren Hard auflauerte und in den Fluss trieb, um ihnen die Beute aus Langenzenn wieder abzunehmen. Es gibt in den Berichten darüber aber keinen Hinweis auf die Zerstörung irgendwelcher Gebäude.

Oder hat man das „Kirchlein“ seit Alters her dem natürlichen Verfall preisgegeben – verstärkt durch auftretendes Hochwasser? Was wären die Überreste den Fürthern dann noch wert gewesen? Mit den Änderungen im Fürther Kirchenwesen seit der Mitte des 13. Jahrhunderts kann der Verfall nicht im Zusammenhang stehen, denn die Heiliggrabkapelle auf dem Kirchenplatz wurde nach allem was sich heute sagen lässt, fast zeitgleich wie die Boenerschen Mauern im Wiesengrund errichtet – zu einem Zeitpunkt als diese Veränderungen bereits erste Auswirkungen zeigten. Selbst das angenommene Baudatum der Michaelskirche wäre älter als die von Boener präsentierte Ruine. Es ist auch unsinnig zu glauben, dass in Fürths Wiesen die Hauptkirche des Pfarrsprengels gebaut worden wäre, um sie gleich wieder verfallen zu lassen für den Neubau einer Kapelle (Heiliggrabkapelle) auf dem Kirchenplatz. War damals als Müllner in Fürth weilte tatsächlich noch soviel Bausubstanz vorhanden, dass sie als ehemalige Kapelle überhaupt erkennbar war, wenn man den an Ruinen üblichen Steinraub ausklammert? Oder steckt ein uralter Mythos hinter den vorhandenen Mauerresten, der von Johannes Müllner zum Ende des 16. Jahrhunderts erstmals erfasst und aufgeschrieben wurde, ohne eine Verbindung mit Altenfurt zu se-

hen oder sehen zu wollen? Auch später hat man eine Ruine als „Kapelle“ bezeichnet, ohne dass sich – trotz bildlicher Wiedergabe (Abb. 3) – irgend etwas kirchliches dort erkennen ließe. Hatte diese in Fürth kursierende Kapellenlegende damit zu tun, dass die Kräfte des Bistums und der Reichsstadt nicht nur die Pfarrrechte sondern auch den damit in Zusammenhang stehenden Ursprung der Pfarrei ins unmittelbare Hoheitsgebiet Nürnbergs verlegt haben könnten? Bereits der namenkundliche Vergleich beider Furt-Orte stellte Altenfurt ja als den vermeintlich älteren heraus. Das aber würde bedeuten, dass alles, was über Karl den Großen und Altenfurt in den Nürnberger Chroniken seit dem Mittelalter verbreitet wurde, eigentlich auf Fürth an der Rednitz hätte bezogen werden müssen, wenn man davon ausgeht, dass das älteste Fürth in der Rednitzaue zu suchen ist. Alles, was dazu nötig gewesen wäre, wären die Überreste einer Kapelle in Furtnähe gewesen, dann hätte man für die Ortsbezeichnung „Furt“ den entsprechenden Siedlungsmittelpunkt gehabt. Wie viel baulichen Sachverstand darf man also dem Ratsschreiber Müllner unterstellen, dass er in diesen Ruinen die Überreste einer Kapelle erkennen konnte und wem außer den Einwohnern Fürths erwies er damit einen besonderen Gefallen? Wollte er sicherstel-

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