Altstadtverein Fürth �
Fortsetzung von Seite 29
dem jüdischen Kulturkreis stammte, denn dem hätte die untergegangene christliche Kapelle egal sein können. Der Widerspruch zwischen Müllners Nachricht und Albrechts Darstellung lässt sich daher zur Zeit nicht aufklären. Die Frage bleibt aber, ob beide die selben Überresten überhaupt gemeint haben, da sie von verschiedenen Voraussetzungen in ihrer Darstellungsform ausgegangen sind und jeder nur auf sein eigenes Thema fixiert war, das den jeweils anderen Aspekt weg gelassen haben könnte. Zwischen Müllners Aufzeichnungen und Albrechts Flusskarte sind mehr als 27 Jahre an Zeit verstrichen. Auch dadurch kann Albrechts Darstellung nicht als Beleg für Müllners Kapellenhinweis herangezogen werden. Festzuhalten bleibt aber, dass die beiden Zeitzeugen Müllner und Albrecht schon damals anscheinend unterschiedlicher Auffassung darüber waren was die ruinösen Gebäudeteile auf der anderen Rednitzseite anbelangt. 1632
Zu einer ganz anderen Ansicht ist der schwedische Reichskanzler Axel Oxenstjerna gelangt, nachdem sich die Kampfhandlungen des Dreißigjährigen Krieges auf die Umgebung Fürths verlagert hatten. Er beschreibt am 2.9.1632 die andere Flussseite Fürths „mit einer kleinen Befestigung, dort wo Regnitz und Pegnitz zusammenkommen und wo zwei Brücken sind ...“ (Altstadtblädd30
48 – 14/15
la Nr. 46, 2012/13, S. 46 mit Abb. 5). Der vom Kriegswesen beeinflusste Oxenstjerna hatte bei seinen Beobachtungen zu keinem Zeitpunkt eine ruinöse Kapelle im Sinn. Wir haben es folglich mit einer dritten Version der Interpretationsreihe zu tun, was sich in der Rednitzaue auf der anderen Seite des Flusses befunden haben könnte. Die Bezeichnung „Befestigung“ schließt dennoch aus, dass es sich um die Überreste des alten „sannd Merteins kirchoff“ gehandelt haben kann, weil sonst zerstörte Grabsteine beobachtet worden wären. Eine frühere Auflassung des Friedhofs hätte die geophysikalische Untersuchung sichtbar gemacht. Völlig offen bleibt, ob alle Personen immer von den selben Relikten gesprochen haben. Wenn aber tatsächlich unterschiedliche Überreste in der Rednitzaue vorhanden gewesen wären, dann gibt es keine Quelle, die alle gleichzeitig verzeichnet oder erwähnt hätte. 1679
Nach dem Dreißigjährigen Krieg nahm Pfarrer Karl Friedrich Lochner den Hinweis Müllners über das alte „Gemäuer von einer Kapell“ wieder auf und machte am 29.8.1679 eine Anzeige beim Nürnberger Landalmosenamt, dass der „von Quaderstucken aufgeführte Giebel“ nun einsturzgefährdet sei. Neu an den Ausführungen Lochners ist, dass er plötzlich den Patron der „Kapelle“ kennt und sie als die „mutmaßlich in dem Markgräf. Krieg zerstörte St. Mar-
tins Capell“ bezeichnet. Da Müllner die ältesten Relikte der Ansiedlung aufgrund des Ortsnamen in der Nähe der Furt vermutet hat, scheint Lochner daraus zu schließen, dass die dabei erwähnte Kapelle dann auch das älteste nachweisbare Patrozinium besessen haben müsste. Auf seinem Kirchenplatz standen schließlich die St. Michaelskirche und die Heiliggrabkapelle in dem von Müllner vermuteten jüngeren Siedlungsteil. Es geht aus den Unterlagen leider nicht hervor, ob architektonische Merkmale für eine Kapelle auch tatsächlich vorhanden waren. Dazu kommt noch die Tatsache, dass auch bei Lochner nicht deutlich wird welche Überreste eigentlich gemeint waren. Einerseits ist von einer baufälligen Giebelwand die Rede wie sie auf der Darstellung Albrechts deutlich zu sehen ist, andererseits soll sie direkt neben der „gewöhnlichen Fuhrstraße“ gestanden haben, die aber bei Albrecht neben dem Giebel nicht eingetragen ist. Der Bearbeiter des Lochnerschen Dokuments Josef Hoffmanns (Fürther Heimatblätter 39. Jg., Anm. 5 auf S. 47) vertritt die Meinung, dass es sich dabei nicht um die heutige Würzburger Straße gehandelt haben kann, die als einzige Straße damals auf allen Kartenskizzen erscheint. Dazu ist folgendes zu sagen: Unzweifelhaft ist der Gebäuderest, den Albrecht dargestellt hat, sowie die Befestigungsanlage, die Graf Oxenstjerna beschrieben hat, in irgendeiner Form einmal zu-
gänglich gewesen. Deutlich wird das auf der Skizze aus dem Dreißigjährigen Krieg (Altstadtbläddla Nr. 46, Abb. 5 auf S. 46). Der Eingang der Anlage zeigt nach Süden was nur dann Sinn macht, wenn auch ein Weg dorthin von der nach Frankfurt führenden Straße vorhanden gewesen wäre. Am einfachsten lässt sich dieser Zugangsweg mit der späteren Kapellenstraße in Einklang bringen, an deren Ecke zur Würzburger Straße die Gastwirtschaft „Würzburger Hof“ gestanden hat. Die Frage ist doch, ob dieser Zugangsweg von Lochner als „gewöhnliche Fuhrstraße“ bezeichnet gewesen sein kann, der noch heute als Feldweg am Denkmal vorbeiführt und damals als Anbindung zum so genannten Bremenstall gesehen werden muss. Weder Albrecht noch Oxenstjerna haben aber ihre Überreste als verfallene Kapelle erkannt. Hat Lochner etwa doch eine Ruine direkt an der Straße nach Frankfurt gemeint? Da er beantragt hat, die Giebelwand einzureißen, kann es sein, dass nach 1679 an der Straße nach Frankfurt nichts Identifizierbares mehr sichtbar war. Für die Zeit davor gibt es nur die Aussage Müllners, die den davon unabhängigen Angaben Albrechts und Oxenstjernas entgegensteht. Es bleibt daher unklar, ob die sagenhafte Kapellenruine auch an der Straße nach Frankfurt gestanden haben kann. 1704 bis 1709
Als Johann Alexander Boener nach 1705 sein Werk